Hallo Philipp,
ich wollte Dir vor Wochen (Monaten?) dazu was ausführlicheres schreiben. Es kommt immer was dazwischen, längere Zeitperioden muss ich derzeit für anderes aufwenden. Also jetzt ganz kurz:
Wenn kein Adobe Audition günstig aufzutreiben ist, tuts wohl auch Audacity zum Montieren der Sendung.
Ich gehe mal von folgendem Workflow aus:
Du nimmst alle Titel, die Du spielen willst, von Vinyl auf (Digitalisieren), hast sie also als Wave. Die Pegel? Nun... nicht so hoch, dass was übersteuert, aber auch nicht so niedrig, dass alles im Rauschen versinkt. Vielleicht nimmst Du ja sogar den Handheld-Recoder (Zoom) dafür, ich finde sowas bequem. Abtastrate so, wie es Alex haben will. Professionell wären 48 kHz, kann aber sein, dass OKs auch 44,1 kHz haben wollen. Auflösung: 16 Bit reichen. Du bläst Dir sonst nur sinnlos die Daten auf.
Dann nimmst Du die Moderationen auf, oder? Also, die sind doch sicher nicht "live" reingefahren beim Zusammenstellen der Sendung. Auch hier: gleiche Daten wie bei der Digitalisierung der Titel.
Dann lädtst Du Dir die Titel einzeln in den Editor, machst sie vorn und hinten sauber (sehr kurz einblenden bzw. wie gewünscht ausblenden) und schaust nach den übelsten Plattenknacksern. Wenn da was siginifikant "oben raus steht" (oder auch "unten raus steht") aus der Wellenform, machst Du das weg. Bei Audition kann man z.B. auf Sample-Ebene reinzoomen und an den einzelnen Samples mit der Maus "herumziehen". Andere Software ermöglicht beim tiefen Reinzoomen dann ein "Übermalen" der Wellenform, mit etwas Übung geht auch das gut. Es sollte kein Knackser mehr Spitzenpegel haben als sonst Spitzenpegel im File ist. Mehr machst Du erstmal nicht an den Titeln. Dann abspeichern, am besten in neue Files in einem neuen Verzeichnis.
Dann lädtst Du die Moderationen einzeln in den Editor und machst sie auch vorn und hinten sauber, chneidest Stellen raus, die raus sollen (wo Du nochmal angesetzt hast etc.). Nun kannst Du - jetzt wirds lern-intensiv) schauen, dass Du Dir in der Software einen leichten Dynamikkompressor bastelst mit vielleicht 1,2:1 oder 1,4:1 Kompressionsrate. Also aus 12 dB oder 14 dB Eingangsdynamik 10 dB Ausgangsdynamik machen. Den auf die Moderationen anwenden, um sie etwas (!!!) "anzufetten". Wieviel, ist abhängig von dem, was Du an Musik in der Sendung hast. Hat die Musik wenig Dynamik (wie heutige Pop-Nummern), wird etwas mehr komprimiert, geht es um alte, dynamikreiche Aufnahmen oder um Klassik, Jazz etc. wird weniger komprimiert. Ziel ist, das Spitzenpegel-Lautheits-Verhältnis zwischen Musik und Sprache etwas (!) zu harmonisieren. Bei aktueller Popmusik schaffst du das aber gar nicht, dann ist es auch nicht das unbedingte Ziel.
Eventuell müssen auch die Pegelspitzen dezent etwas minimiert werden. Mach es so, dass es sauber klingt, aber nicht wildeste Pegelsprünge macht. Dieser Part ist der wohl heikelste, er wird eine lernkurve haben und Zeit brauchen. Nun wieder abspeichern (aber natürlich nicht überschreiben, wer weiß, die originale könnten wir noch gebrauchen).
Jetzt hast Du ein Verzeichnis mit den Elementen, die in die Sendung sollen. Das müsste nun unter Wahrung eines weitgehend homogenen Lautheitseindrucks zusammenmontiert werden.
Kümmern wir uns erstmal vorab um die Lautheit, dann ist das Montieren danach einfacher. Dazu lässt Du dieses Tool über die Dateien aus Deinem "fertig"-Verzeichnis laufen:
R128GAIN is a FFmpeg and SoX based EBU R128 compliant loudness scanner for audio and video files. It helps you normalizing the loudness of your…
sourceforge.net
Die Messung nach R128 ist die, die im TV und teils auch im ARD-Hörfunk seit einigen jahren angewendet wird. Das ist also so etwas wie "Replay Gain für Profis". Die Notwendigkeit entstand, weil die Werbung im TV so brüllend laut war, da sie von den Werbetreibenden maximal komprimiert wurde und dann mit den einst vorgegebenen -9 dBFS Spitzenpegel zu senden war. Da war sie aber viel lauter als Filmton etc. Es musste also ein Lautheitsmaß her, nach dem sich Zulieferer zu richten hatten.
Das Tool wird dabei so eingestellt:
Oben lädtst Du alle Files aus Deinem Verzeichnis rein (Mehrfachauswahl ist möglich, also alle Files gleichzeitig anwählen und übernehmen). Darunter so einstellen wie hier zu sehen und unten auf OK klicken.
Dann geht eine Kommandozeile auf und das Tool analysiert alle Files auf Lautheit. Die Lautheit wird Dir für jedes File in LUFS angegeben, der Spitzenpegel in "TPFS", was ich eher als "dBTP" - dB bezogen auf TruePeak, bezeichnen würde.
Am Ende hast Du von allen Elementen Deiner Sendung (auch die Alex-Jingles!) LUFS und TruePeak-Werte. Schreib sie Dir auf.
Im ARD-Funk würde man nun alles so pegeln, dass -23 LUFS für jedes Element entstehen. Das ist für Heimanwender gefühlt sehr leise! Aktuelle Pop-Musik (schon seit etlichen Jahren) ist so brutal komprimiert, dass sie kaum noch Spitzenpegel hat, wenn man sie auf -23 LUFS pegelt.
Ein barbarisches Extrembeispiel:
Diese Nummer (auch schon wieder sehr alt) von CD gegrabbt bringt es auf
Der Spitzenpegel liegt bei +2,2 dBTP - also radikal übersteuert (hört man auch, alles verzerrt). Wie gehen positive Spitzenpegel bei digitalen Medien? Natürlich können die einzelnen Samples den Wertebereich des verfügbaren Zahlenvorrates nicht überschreiten, aber wenn man die "analoge" Kurvenform durch die Samples rekonstruiert, dann findet man zwischen den Samples Stellen, an denen der Pegel höher sein müsste, aber nicht sein kann, weil da der Zahlenvorrat zuende ist. R128 nimmt deshalb eine Zwischenwertberehcnung vor (Oversampling) und checkt dort auf Übersteuerungen.
Die Lautheit dieser Aufnahme beträgt -6,3 LUFS. Es steht gleich dahinter in Klammern, um wieviel das abgesenkt werden muss, um auf -23 LUFS zu kommen: um satte 16,7 dB.
Hättest Du diese Aufnahme in der Playliste, wäre nun also "-16,7" zu notieren.
Es kann bei Sprache auch passieren, dass die so dynamikreich ist, dass da was positives steht, dass also die Lautheit unter -23 LUFS liegt und der Pegel angehoben werden muss, um auf -23 LUFS zu kommen. Nehmen wir als Beispiel mal + 3dB. Blöd wird es dann, wenn im Spitzenpegel bereits Werte stehen, die näher als -3 "dBTP" an der Vollaussteuerung sind. Dann könnte man den Pegel des Audio-Elements gar nicht mehr anheben auf das gewünschte Maß, ohne seine Spitzen zu clippen. Deshalb hatte ich vorhin für Sprache die Dynamikbearbeitung ins Spiel gebracht.
Am Ende hast Du also eine Liste, in der für alle Elemente der Sendung steht, um wieviel ihr Pegel anzuheben oder eher abzusenken ist, um auf -23 LUFS zu kommen. Checke die Einträge, falls anzuheben ist, gegen den jeweils maximalen Betrag, um den überhaupt noch angehoben werden kann, ohne zu übersteuern. Ich vermute aber, dass bei Dir sowas bei Musik nie Probleme machen wird, weil Rock/Pop im weitesten Sinne so viel Dynamik nicht hat, um bei -23 LUFS Lautheit punktuell zu übersteuern.
Jetzt lädtst Du Dir die einzelnen Elemente wieder nacheinander in den Editor und wendest die Pegelmodifikation an. Danach einzeln wieder als Wave abspeichern - in ein neues Verzeichnis.
Spaßenshalber kannst Du nun nochmal R128Gain drüberlaufen lassen über diese Files - die sollten nun alle einzeln -23 LUFS Lautheit haben, vielleicht +/- 0,1 LU Abweichung. Sie sind aber seeeehr leise.
Spiele nun willkürlich für Dich mal da und dort hinein, also einfach einzelne Files starten und im PC spielen. Wie wirkt das willkürlich hintereinander? Sollte wesentlich homogener sein vom Lautheitseindruck her.
Und jetzt nimmst Du die Mehrspuransicht Deines Audioeditors und montierst die Sendung. Sie müsste gut harmonisch laufen.
Eventuell kann Sprache oder auch ein einzelner Titel mal vielleicht 1 oder 2 dB höher gepegelt werden, wenn das Gefühl entsteht, es wäre sonst zu leise. Da zählt der Eindruck.
Nun wäre die Frage, wie Alex geliefert haben will. Haben die Zielangaben für den Pegel? Wollen die einen bestimmten Spitzenpegel? Dann wäre nun die komplette Sendung darauf anzupassen. Würdest Du eine Klassiksendung machen, hättest Du bei -23 LUFS vermutlich schon einen Spitzenpegel von vielleicht -3 ... -1 dBTP. Bei aktuellerer Popmusik kann der Spitzenpegel durchaus bei -12 dBTP liegen und die lautheit ist bereits bei -23 LUFS. Aber da dürften die Spitzenpegel der Sprach-Takes trotz etwas Kompression bereits deutlich höher gehen.
Also, spiel mal damit herum. Ich schau, dass ich heute mal Deine Sendung filetiere und nachträglich was draus bastele.
Ich würde auch Geld für Nachhilfe in die Hand nehmen, als falls da Jemand, im berliner Raum, vielleicht Zeit hat?
Wenn ich wieder in Berlin bin, steht eh ein Treffen an (dann hoffentlich auch ich voll geimpft). Das geht ohne Geld...