Nachwuchsmangel im Lokalfunk

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@ Mixdown:

Keine Angst: Beschimpfungstiraden gehören hier nicht her.
Bist du Berufsfreier?
Dann verstehe ich, was du meinst.
Viele Freie haben aber Ambitionen auf feste Stellen (so wie ich einstmals). Und dann sieht die Situation GANZ anders aus.
 
Sicherlich, 80 Mark für einen gebauten sind definitiv zu wenig. Das sage ich jetzt, nachdem ich jahrelang ohne mit der Wimper zu zucken genau diese Summe pro BmE bekommen habe. Mehrere Dinge sind jedoch zu beachten: 1. parallel zu dieser Zeit war ich Student und anstatt Kisten zu stapeln oder Txi zu fahren war das voll okay.
2. Dieses Honorar (oder sogar noch weniger) zahlen unsere kleinen Lokalen Stationen. Gemessen an der Hörerzahl und verglichen mit den Honoraren und Hörerzahlen der landesweiten Anstalten also in gewisser Weise verständlich.
3. Ich habe das Geld gerne genommen; bin aber noch lieber auf Termine gegangen, habe im Studio rumgebastelt und kurzum meine Erfahrungen gemacht und gelernt, was mir heute ungeheuer zugute kommt.

Die Frage ist aber: Rechtfertigt das die Honorarzahlungen eines Senders, der professionell zu arbeiten vorgibt? Anders gesagt: Natürlich läßt sich mit diesen Argumenten ein Honarar in Höhe von 80 Mark vertreten, wenn man "erstmal" anfangen will - der Sender, der dieses Honorar zahlt, sieht sich aber keineswegs als "Ausbildungszentrum", sondern als ein Wirtschaftsunternehmen, das bestenfalls Gewinne einfährt - bestenfalls auch mit Hilfe von Beiträgen (die eben "nur" 80 Mark kosten).
Demnach müßte ein Sender immer nur nach Anfängern suchen und die herangezogenen Nachwuchsleute ziehen lassen - dorthin, wo reale Honorare für ihre Arbeit gezahlt werden. Denn wie bereits oben gesagt, mit 80 Mark pro Beitrag kommt auf auf den Stundensatz eines Supermarkt-Palettenauffüllers (habe ich auch schon gemacht) - der hat aber sicherlich weniger Spaß.
Ihr merkt, die Argumentation dreht sich im Kreis, es kommt aber auf das Verständnis an, welches ein Freier von sich und seiner Arbeit hat und das Verständnis des Senders über seine Ziele und seine erbrachten Leistungen gegenüber des Teams.

Ach und noch was
@AvB: ich denke schon, das es irgendwann auf jeden Fall ums Geld geht. Man selber möchte eine reelle Entlohnung für seine (hoffentlich gute) Arbeit haben. Es gibt bestimmt weniger gute Reporter als gute Paletten-Stapler. Außerdem soll es ja auch Leute geben, die ihre Arbeit im Radio als erstes daraus begründen, daß mit ihrem Einsatz Geld gemacht wird und Arbeitsplätze gesichert werden. Schon mal von dieser Argumentation gehört?
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Hey, ihr redet alle von BMes für 80 DM, unser Sender zahlt lediglich 70 Mark. Das ist nicht viel, aber man kann ja zum Thema auch noch ne Nachricht schreiben und einen extra Ton einholen. 70 Mark ist definitiv zu wenig, wenn ich bedenke, dass da auch noch die Fahrtkosten mit drin sind.
Andererseits, ich hab lange eben auch einen Studentenjob gemacht bei dem ich 14 Mark/Stunde bekam und da ist das schon ganz ok.
Ausserdem, wer macht den BmE´s, in der Woche doch meistens die festen und am WE die Freien und das sind nun mal größtenteils Studenten die "Lernen".
Zudem, wer einmal in die Moderations oder Nachrichtenschiene rutscht ist ja ganz gut dabei. Meiner Meinung nach kann man auch nur den Schnitt sehen und wenn der stimmt ist es doch ok.
"Es kann ja nicht jeder Glück beim ÖR haben, ich habs jedenfalls nicht"
 
Beachtlich, daß an dieser Stelle nicht Berlin als "großes" Vorbild genannt wird. Dort gibt es für einem Beitrag 30-50 Mark. Für eine Stunde Moderation im schlimmsten Fall 30-60 Mark.

Das Geld wird dort dann lieber für viele Plakate ausgegeben.
 
Noch ein paar mehr Zahlen gefällig?

einige NRW-Locals: 100 Mark pro Beitrag
einige bayersiche Locals: 30 Mark pro Moderationsstunde
ein ostbelgischer Ex-Sender: 15 Mark pro Moderationsstunde
ich selber bei meinem ersten Moderationsjob: 0 Mark pro Stunde (aber hin und wieder ein paar CD's als "Entschädigung")

Noch Fragen?
 
80 Mark für einen Beitrag, wow!!
Bin damals mit meiner Ente den ganzen Tag für Sportreportagen unterwegs gewesen und habe am Ende 30 Mark bekommen. Heute arbeite ich bei einem viel größeren Sender, für den das Wort "Beitrag" aber schon längst ein Fremdwort ist!! Und es werden aus nachvollziehbaren Gründen immer mehr Sender, die Beiträge aus dem Programm kippen...
Also seid doch froh, daß Ihr bei Sendern arbeitet, die noch Beiträge im Programm haben. Und mal ehrlich, wenn Ihr einen guten Job macht, bleibt am Ende des Monats doch ein nettes Sümmchen über, oder?!
 
@ MAA
Ein freund von mir hat in berlin gearbeitet. Dabei ging es ihm finanziell gar nicht so schlecht. Er hat pauschal für eine Sendung 300 Mark bekommen. Pro Monat bekm er 15 Sendungen zugesichert. Meistens kamen noch ein paar Einsätze hinzu. So hatte er immer zwischen 5000 und 6000 Mark. Außer um seine Sendung hatte er sich um nichts zu kümmern. Das haben andere gemacht. Um so viel Geld zu machen muss man in NRW weit mehr krücken. Also sieht es in Berlin bei weitem nicht so düster aus, wie viele NRW-Lokalfunker denken.
 
80-100 Mark für einen Beitrag. Welche Lokalstation kann denn mehr Geld zahlen??? Das ist nunmal (fast) nirgendwo drin, wenn der Sender auch noch wirtschaftlich arbeiten soll. Dann wirds demnächst wohl nur noch einen Bme am Tag für 250 Mark geben und der Rest mit billigen TIs und Mods aufgefüllt. Folglich keine Arbeit mehr für die Reporter - und schon sind wir wieder beim Thema: Nachwuchsmangel, weil die Kasse leer ist...
 
@Lauscher
Ich habe selbst lange in Berlin gearbeitet.
Natürlich gibt es Sender die gut bezahlen. Als Freier bei ÖR verdient man sehr gut. Auch die großen Privaten sind nicht arm. Aber dort kommt kaum der Nachwuchs (um den geht es ja in diesem Forum) zum Zuge.

Der Nachwuchs in Berlin wird deutlich schlechter bezahlt, als der Nachwuchs in NRW. Für "Gestandene" MItrabiter sieht das anders aus. Top-Leute in Berlin sind natürlich Top-Verdiener. Allerdings werden TOP-Leute im Lokalfunk auch nicht schlecht bezahlt.

Ursache für Nachwuchsmangel in NRW sind sicherlich nicht fehlenden finanzielle Perspektiven. Es sind die berufliche Perspektiven die fehlen. Überalterte Redaktionen und mangelnde Ausbildungsinhalte machen uns zu schaffen. Auch das Betriebsklima in einigen Redaktionen schreckt Nachwuchs eher ab.

Geld ist wahrlich nicht alles. Du mußt die Perspektive haben, täglich beser werden zu können.
 
Man muß als Freier im Lokalfunk wahrlich nicht verhungern. Wer das System verstanden hat, kann wirklich gut leben. (Siehe bzw höre M. Pesch). Mir ist mal gesagt worden: Melk die Kuh, solange sie noch Milch hat!
Beschwert Euch nicht...für die Kohle die viele Leute aus den Sendern tragen, muß ne junge Frau lange strippen...
Ich habe ne Zeit lang halb und halb gearbeitet. Hatte ne halbe feste Stelle und die andere Zeit habe ich als Pauschalistin gearbeitet. War wunderbar: Urlaubsgeld, Krankengeld und die Versicherung war bezahlt. Wenn ich in den Urlaub gefahren bin, habe ich dafür meine bezahlten Urlaubstage gemommen. Ich kann es nur empfehlen!

[Dieser Beitrag wurde von Pfiffigunde am 02.10.2001 editiert.]
 
@ Pfiffigunde:
ziemlich pfiffig...

@MAA:
Was bedeutet das: "überalterte Redaktion"???
Ab welchem Durchschnittsalter ist die Redaktion denn überaltert? 35? 41? 28?
Ich stelle mal die These auf:
Nicht das Alter im Pass ist entscheidend, sondern das Alter im Kopf.
 
@AVB: So bin ich... ;o)

Ich finde es übrigens eher unangenehm nur so 20-26jährige Überflieger in meiner Umgebung zu haben. AVB hat recht, das Alter im Kopf zählt und das Engegement.
Ich halte die übersättigten Kollegen für ein weit größeres Problem. Machen den Job seit 10 Jahren(was nicht wirklich lange ist) und können/wollen ihn nicht mehr schätzen und sagen super faul zu allem "is doch egal". Das wären die ersten, die sich bei mir ihre Unterlagen holen dürften!
 
Mühselig ernährt sich das Eichhörnchen. Wenn ich auf meinen Vater höre, dann ist das hier eh alles nur „brotlose Kunst“. Irgendwo hat der ja auch recht. Denn um als „Freier“ überleben zu können, benötigt man schon mindestens 160 Mark am Tag.
Wenn ich den Spritverbrauch und alle sonstigen Kosten (eigener Cutmaster, Sony, Mikro, Handy, Versicherungen, Auto,pp... etc) gegenrechne, kann bei den lächerlichen 80 Mark nur von einer Entschädigung gesprochen werden. Meine Freundin arbeitet bei der WAZ. Was soll die nur sagen. Sie bekommt schlappe 30 Pfennige pro Zeile und für ein Foto 20 Mark.
Moderationsstunden werden bei uns mit 50 Mark honoriert.
Eigentlich müssten wir alle streiken. Das blöde ist halt nur, wenn wir streiken, dass sich wieder ein paar Doofe finden, die eben halt nur Profilgeil sind und sich freuen ihren Namen unter einen „Beitrag“ zu kritzeln bzw. zu sülzen.
Mir ist schon klar, dass der gute alte WDR wesentlich besser zahlt, allerdings sind wir hier bei einem Forum über den NRW-Lokalfunk. Und somit war der Kommentar des Kollegen eben hier fehl am Platz.
Oder kennt einer einen NRW-Lokalsender, der 200 Mark für einen 2-Minüter bezahlt ?
Es ist nicht leicht, aber wer nichts investiert, der kommt nicht weit. Schließlich will ich irgendwann einmal irgendwo als Redakteur arbeiten. Und da kommen mir die vielen Beiträge sicherlich ganz gut als Arbeitsproben zur Hilfe.
Sicherlich – der Markt im Hörfunkbereich ist voll – aber irgendwo findet jeder irgendwann seinen Traumjob.
Zum Thema „Alter im Lokalfunk“ nur soviel:
Ein Sender irgendwo im Münsterland stellt nur noch Leute unter 30 ein.
 
@ Funkflöter:

Und die Leute, die im Job 30 werden. Schmeißt der Sender die dann raus?
Wer meint, Radio wäre nur was für jugendliche Grünschnäbel, hat möglicherweise das Durchschnittsalter unserer Zielgruppe aus den Augen verloren.

Ach so, wenn du Redakteur werden willst: es gibt im Moment wirklich wenig Bewerber auf jede einzelne, verdammte Redakteursstelle, die ausgeschrieben wird.
Sieh also das harte Leben als Freier nur als Übergangsphase an. Danach beginnt dann das Milchsaufen und Honigschlecken... :)
 
Überalterte Redaktionen??

Ich frage euch, muss denn ein Journalist, und als solcher will und muss sich ein Lokalfunkredakteur verstehen, unbedingt unter 30 sein??

Ich finde dass muss ausgewogen sein, da gehören ein paar junge Wilde in den Sender genauso wie feste und reife Redakteure.
 
"Alter"

Geistige Flexibilitaet bzw. Mangel daran trifft es IMHO besser. Besonders in Redaktionen, die im Lauf derZeit von ihren guten Mitarbeitern verlassen wurden, entwickeln die in mehrerlei Hinsicht zurueckgebliebenen KollegInnen inzwischen schon fast gruppenpsychotische Verhaltensbilder - Motto: Nur wir sind gut, aber der Hoerer, die Sau, will uns einfach nicht verstehen.

"Nachwuchs"

Ob es derzeit am Engagement mangelt, kann ich mangels direktem Einblick nicht beurteilen. Was die Qualitaet der Newcomer angeht: Vorsicht Leute, auch wir haben mal angefangen - viele von uns in Zeiten, wo es zwar viel Engagement, aber ganz wenig Radio-Know How gab. Und genauso hat sich das ja dann auch angehoert.
 
Zum Glück finden sich immer wieder Leute, die mit großer Begeisterung Radio machen.
Ich habe das Gefühl, dass es in einigen Jahren auf dem "Nachwuchsmarkt" wieder besser aussehen könnte - wenn jetzt daran gearbeitet wird.
Ganz abgesehen davon habe ich den Eindruck, dass besonders zukünftigen ModeratorInnen viel zu viele Steine in den Weg gelegt werden. Das finde ich im NRW-Lokalfunk wirklich extrem.
 
...und dann diese Verlockungen um uns herum...
Nach bis zu fünf Jahren hat man doch alles prima gelernt und dann gehts hinaus in die weite Radiowelt. Denn nicht nur heranziehen ist schwer...Freunde...man muß die Menschen auch halten können. Und irgendwann hat man keine Lust mehr auf die ganze Scheiße, die wir oben ja schon zu Hauf diskutiert haben.
 
Ein Studioleiter hat mal zu mir gesagt:
"Lokalradio ist nur ein Durchlauferhitzer".

Allerdings war das in einer Gegend, wo es mindestens drei landesweite Privatfunker in der Nähe gab, dazu zahlreiche lokale Privatfunker.
Hier in NRW sehe ich gar nicht so eine große Sogwirkung. Es kann ja schließlich nicht jeder zum WDR gehen.
 
Nicht zum WDR??

Das läßt sich immer leicht sagen, denn es wird ja auch nicht jeder dort genommen. Ich hab das Gefühl dass der WDR sogar ein Ding der Unmöglichkeit ist, aber vielleicht zahlt sich Beharrlichkeit ja irgendwann aus.
Der NRW Lokalfunk ist übrigens auch ein lohnenswertes Ziel, denn besser ein guter Lokalredakteur sein als Kabelputzer in irgendeinem großen Sender
 
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