Also... aus meinem (sehr bescheidenen) Erfahrungsschatz:
Große Häuser haben freilich auch viel Personal "hinter den Kulissen" im außer-redaktionellen Bereich, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Nach dem, was ich da aus meinem Umfeld kenne, gehts da etwas ruhiger zu als im on air - Bereich, was aber nicht heißen soll, daß man nicht schonmal die Anstalt und den Wohnort wechselt, weil einem der Programmchef nicht paßt oder dir der neue Chef keine Perspektive bietet. Das ist also ein bißchen wie überall im Berufsleben...
Was wird gebraucht?
Sendetechniker gibts immer noch - auch in Zeiten von Selbstfahrstudios. Sie legen heute halt bloß meist keine CDs mehr ein, sondern stehen z.B. zur Mitarbeiterschulung zur Verfügung oder zur Lösung von Produktionsaufgaben, mit denen selbstfahrende Redakteure überfordert wären. Sie produzieren u.U. Dinge, für die keine Redakteure gebraucht werden, schneiden auch mal dies oder jenes auf andere Medien um. In der ehemaligen Baracke von Radio EINS gabs bis vor 2 Jahren einen sogenannten "Formatwandlerraum", da standen einige analoge Bandmaschinen, man hörte zuweilen den seligen ARD-Dreiton, Zuspielungen kamen teils noch auf analogem Wege und wurden von Technikern digitalisiert. Im Grenzbereich zwischen technischen und künstlerischen Belangen produzieren "technisch begabte Künstler" (oder "künstlerisch begabte Techniker"?) Programmelemente: Promos, Jingles usw. Zum Beispiel "Obertonmeister Redlich" (Zitat Grissemann / Stermann) von Radio EINS:
http://www.radioeins.de/_/suche/gefunden/team_jsp/key=r1mgre.html
IT-Service ist sehr wichtig. Wer sich auf DALET, Dira! oder etwas in der Art spezialisiert hat und es im Schlaf beherrscht, dazu noch sicher mit großen Netzwerken und Servern umgehen kann, findet in großen Anstalten womöglich eine Festanstellung. Tätigkeitsbereich: Pflege / Update / Service der Sendesysteme, Projektierung neuer Systeme, Vernetzung z.B. mit anderen Anstalten, Zusammenarbeit mit Fremdfirmen z.B. bei der Ankoppelung der Sendesoftware an neue Mischpulte, Beratung von Redakteuren und Moderatoren. Wenns klemmt, wird man gerufen - rund um die Uhr. Der Job ist so wichtig, daß die Abteilungen oft auch nachts besetzt sind. Und die Leute, die auf diesen Posten arbeiten, haben zuweilen Zugangsberechtigungen zu weit mehr Räumlichkeiten in den Funkhauseingeweiden als jeder leitende Redakteur...
Der NDR sucht beispielsweise gerade jemanden:
http://www.ndr.de/ndr/derndr/stellenangebote/betrieb_16_2004.html . Die Anforderungen an die Bewerber stellen klar: das ist kein Spaßjob, ein abgeschlossenes Studium der Nachrichtentechnik und Erfahrung auf dem Gebiet müssen schon sein.
Andere Ecke: für den Bereich Sendernetzbetrieb / Zusammenarbeit mit T-Systems etc. gibts auch Personal. Die sehen zwar höchst selten mal ein Sendestudio von innen, sind aber dafür verantwortlich, daß der Transfer aus dem Funkhaus zu den Übergabepunkten von T-Systems oder zum Satelliten-Uplink reibungslos funktioniert. Sie verhandeln mit Telekom und SES, sie kooperieren mit den Kollegen anderer Anstalten, wenns z.B. um die Zuführung von TV- und Hörfunkprogrammen zum Playoutcenter geht. Sie arbeiten z.B. mit RBT Nürnberg zusammen und sorgen für die Weiterentwicklung im Bereich der Programmverteilung. Da passiert nichts? Doch, da passiert beinahe täglich etwas. Das DLR Berlin z.B. kommuniziert seit kurzem mit dem ADR-Uplink beim hr über eine datenreduzierte Leitung (Codierung erfolgt bereits in Berlin) mit allen Zusatzinformationen (Radiotext etc.). Vorher lief es über eine 2 MBit-Leitung ohne ZI. Und TV-Programme, die bislang mittels analog-Rückempfang im Playoutcenter auf DVB umgesetzt wurden, haben nun digitale Anbindungen. Im Laufe des letzten halben Jahres erfolgten bei der ARD umfangreiche Untersuchungen an MPEG-Codern, auch da hat sich nach so vielen Jahren Betrieb auf ADR deutlich etwas geändert.
Auch in Zeiten komplett zugekaufter Systeme und komplexer digitaler Studiotechnik gibt es Arbeiten, die individuell auszuführen sind und beinahe wie aus "vergangener Zeit" anmuten. Bei großen Anstalten fällt davon so viel an, daß sie sich wie z.B. der NDR offenbar sogar eine eigene Mechanikwerkstatt leisten:
http://www.ndr.de/ndr/derndr/stellenangebote/tech_14_2004.html .
Und ausgebildet wird auch:
http://www.ndr.de/ndr/derndr/ausbildung/index.html
Daß ich hier den NDR herausgegriffen habe, liegt ausschließlich daran, daß man da ohne viel Sucherei auf die entsprechenden Webseiten gelangt. Es gibt hin und wieder mal Stellen irgendwo bei der ARD zu besetzen, mir ist jemand aus dem technischen Bereich bekannt, der schon in mehreren Häusern gearbeitet hat. Einer seiner Wechsel hatte dabei durchaus auch familiäre Gründe. Ein Indiz dafür, daß man sich seinen Arbeitsort mit etwas Glück sogar heraussuchen kann.
Je kleiner die Sender, umso weniger Personal haben sie für technische Belange. Irgendwann lohnt es, fast alles außer Haus in Auftrag zu geben. Die Wartung der Studios übernimmt dann ein großer Dienstleister (Audio One z.B.), wenn was klemmt, muß man sich über Wasser halten, bis jemand rettend eingreift. Kleinere Wartungsarbeiten werden die Kollegen irgendwann auch selbst können, wenn sie lange genug mit den Systemen gerabeitet haben. Und größere Private haben freilich auch fest angestelltes Personal für Produktion und Technik.
Beste Grüße,
Christian