Patricia Schlesinger tritt als ARD-Vorsitzende und rbb-Intendantin zurück

Peanuts. Wirklich.
Ein wirklich schwerer Fall aus der Vergangenheit. Man achte auf die "Staatsferne": Ein drittrangiger CDU-Mensch verlangt den Kopf des schuldigen NDR-Mitarbeiters...

 
Sagen wir es mal so: Friedhelm Ost war damals Chef der Bundespressekonferenz. Von drittrangig würde ich da eher nicht sprechen. Und er war bis 1985 Redakteur und Moderator beim ZDF, was vielleicht ein Stück weit seine Reaktion erklären könnte. Einige Jahre später wiederholte sich dieses "Posten-Spiel" in Person von Steffen Seibert, der inzwischen übrigens, von der Öffentlichkeit eher unbemerkt, deutscher Botschafter in Israel ist.
 
Habt ihr bei Dieter Nuhrs Jahresrückblick viel gelacht? Ich dann zum ersten Mal schallend beim Abspann, denn da stand: Eine Produktion der NuhrTV GmbH im Auftrag des rbb. Da habe ich dann auch vollstes Verständnis für ihn, dass neben Layla, Rastazöpfen und dem Marzahner Gesundheitsamt kein Platz mehr für eine Nuhrsche Spitze zur Patricia-Affäre war.
 
Sagen wir es mal so: Friedhelm Ost war damals Chef der Bundespressekonferenz. Von drittrangig würde ich da eher nicht sprechen. Und er war bis 1985 Redakteur und Moderator beim ZDF, was vielleicht ein Stück weit seine Reaktion erklären könnte.
Nein, das erklärt leider gar nichts. Am 9. November 1989 war Helmut Kohl mit einer Delegation in Warschau, der SFB natürlich ebenfalls mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Mauer fällt. Kohl wollte also schnell nach Berlin, um sich dort feiern ausbuhen zu lassen. Schlechte Bilder.

Günther von Lojewski, ehemaliger Indendant des SFB:
Ein Treppenwitz der Weltgeschichte auch, dass derselbe Bundeskanzler, für den in Warschau alles gerichtet ist, sich am nächsten Tag beschwert, dass in Berlin der SFB Übertragungskapazitäten nur noch für eine (peinlich gestörte) Kundgebung vor dem Schöneberger Rathaus bereitstellen kann, nicht aber für eine spätere Veranstaltung der CDU am Breitscheidplatz.

Natürlich hat das Kohl geärgert - das kann jeder verstehen. Er hat sich aber darüber beschwert, wohl, "weil er es kann" und er der Meinung war, daß der SFB "Hofberichterstattung" machen sollte.

Und das ist halt ein Problem des ÖRR: Die Einflußnahme ("Vereinnahmung", "Unterwanderung") durch die Parteien.

 
Das läßt sich aber nur schwer miteinander vergleichen. Das eine war ganz offensichtlich tatsächlich ein Versehen, welches Kohl ungeahnte Aufmerksamkeit bescherte. Denn mal ganz ehrlich, wer hört schon genau hin, wenn Kanzler Neujahrsansprachen halten? Die erzählen doch seit Jahrzehnten alle Jahr für Jahr dasselbe. Das der Mauerfall in dieser Form stattfand, wie er dann am Ende passierte, konnte glaube ich keiner irgendwie vorhersehen. Insofern würde ich da schon Unterschiede machen.

Natürlich hat das Kohl geärgert - das kann jeder verstehen. Er hat sich aber darüber beschwert, wohl, "weil er es kann" und er der Meinung war, daß der SFB "Hofberichterstattung" machen sollte.
Das ja, das ist ja gar keine Frage. Trotzdem glaube ich, dass er sich über die Neujahrsansprachen-Panne insgeheim gut amüsiert hat. Es ist halt was anderes als wenn der berühmte "Wind der Geschichte" um die Nase weht und kein Kamerateam da ist. Über eine solche Panne würde sich vermutlich jeder ärgern, und das durchaus zu Recht. Unterm Strich hatte Kohl ja ohnehin, je länger seine Kanzlerschaft dauerte, ein ziemlich gespaltenes Verhältnis zu den Medien insgesamt.
 
Kulti, mir ging es eigentlich nur um die "Selbstverständlichkeit", mit der Politiker in die Sender eingreifen. Staatsferne ist anders.


BTW: Weiß man denn mittlerweile, wer die 180 "verborgenen" festen Mitarbeiter beim rbb sind, welche Aufgaben sie haben, ob verwandtschaftliche Beziehungen zu höheren Mitarbeitern des rbb, der regionalen Politik etc. bestehen?
 
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Kulti, mir ging es eigentlich nur um die "Selbstverständlichkeit", mit der Politiker in die Sender eingreifen. Staatsferne ist anders.


BTW: Weiß man denn mittlerweile, wer die 180 "verborgenen" festen Mitarbeiter beim rbb sind, welche Aufgaben sie haben, ob verwandtschaftliche Beziehungen zu höheren Mitarbeitern des rbb, der regionalen Politik etc. bestehen?

Hat es denn tatsächlich einen "Eingriff" gegeben? Oder hat sich Kohl einfach nur - so hast Du es vorher geschrieben - geärgert.
Natürlich hat das Kohl geärgert - das kann jeder verstehen. Er hat sich aber darüber beschwert, wohl, "weil er es kann" und er der Meinung war, daß der SFB "Hofberichterstattung" machen sollte.

Wenn er sich geärgert hat, so ist das doch erst einmal nicht Schlechtes, da "die vierte Gewalt" ja auch irgendwie dazu da ist, die Regierung zu ärgern ;) Die Frage ist, ob er irgendetwas an der Berichterstattung des SFB verändern konnte. Ich weiß das nicht.

Und das ist halt ein Problem des ÖRR: Die Einflußnahme ("Vereinnahmung", "Unterwanderung") durch die Parteien.

An welcher Stelle siehst Du diese heute?
(ernst gemeinte Frage)
 
Ach, das wundert mich jetzt aber. Bin richtig empört und enttäuscht:

Im "Spiegel" widerlegen Alexander Kühn und Anton Rainer die These des RBB, dass der Fall Patricia Schlesinger das "bedauerliche Fehlverhalten einer Einzelnen" war. Dem Bericht zufolge wurden 2014 im Sender gegen den RBB-Juristen Michael Kühn von anonymer Seite Vorwürfe laut, er verprasse Geld, etwa für Abendessen und Taxifahrten. Die Spesen-Abrechnungen über 9.000 Euro innerhalb eines Jahres seien nur unzureichend geprüft worden. Daraufhin habe Schlesinger-Vorgängerin Dagmar Reim versuchen wollen, die anonyme Hinweisgeberin im eigenen Haus mit unlauteren Methoden ausfindig zu machen, u.a. mit einem Vergleich von Handschriften.

Auch sonst lassen Kühn und Rainer im "Spiegel" kein gutes Haar an der ARD. Die Arbeitsgrundlage im föderalistisch organisierten Senderverbund laute "Auge um Auge. Zahn um Zahn". Einig seien sich die Anstalten nur darin, "dass jede sich selbst die nächste ist". Insgesamt sei die "Kleinstaaterei, neben der Bürokratie, das größte Manko der ARD. Gäbe es eine Serie über den Senderverbund, hieße sie 'In aller Feindschaft'". (Quelle: turi2)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Arbeitsgrundlage im föderalistisch organisierten Senderverbund laute "Auge um Auge. Zahn um Zahn".
So ähnlich kenne ich das schon als Beschreibung aus einer Anstalt in ihr selbst: "Schlangengrube". Aussage eines Juristen mit Einblicken in diese Anstalt aufgrund seines Bekanntenkreises.

Ethische Vorbilder halt. Und die "untere Ebene", die Programm und Infrastruktur stemmen muss (und will!), leidet darunter.
 
Niemand "muss" da arbeiten, niemand "muss" leiden! Im aktuellen Arbeitsmarkt findet jeder, der was kann, schnell einen neuen Job woanders.
Kann es sein, dass es soooo schlecht gar nicht ist (Bezahlung, Sicherheit, Rahmenbedingungen)?
Oder dass es einfach in jedem großen Unternehmen solche Strukturen gibt, weil Menschen leider so sind (und sich in Führungspositionen auch nicht anders verhalten als die, über die sie immer gemeckert haben)?

So lange es keine Kündigungswelle gibt, ist es doch nur Gejammer auf hohem Niveau!
 
Meine "Highlights" aus dem SPIEGEL-Artikel:

Schlesinger selbst scheint das wenig zu scheren, sie ist keineswegs abgetaucht, sondern munter und präsent. Schon ein paar Wochen nach ihrem Rauswurf war sie wieder in der Paris Bar anzutreffen, dem Berliner Promi-Restaurant zum »Sehen und gesehen werden«. Bei der Gedenkfeier für den verstorbenen früheren »Zeit«-Herausgeber Theo Sommer in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi, nahm sie, begleitet von ihrem Mann, in einer der vorderen Reihen Platz. Beim anschließenden Umtrunk grüßte sie freundlich wie eh und je, auch den SPIEGEL-Redakteur, der kritisch über sie berichtet hatte.

...

Seit dem Schlesinger-Schlamassel sind die Intendanten mit Defensive beschäftigt. Bloß keine Fehler machen, bloß nicht als Zampano rüberkommen. Als guter Senderchef gilt bereits, wer seine Spesen sauber abrechnet. »Es geht nichts schief, aber auch nichts voran«, frotzelt ein früherer ARD-Hierarch.

...

Intendant Gniffke, promovierter Politologe, wird konsequent als »Professor Doktor« angesprochen. Er schwört den Rundfunkrat auf zwei Herausforderungen ein: »Wir wollen die Gesellschaft zusammenhalten und, by the way, auch die ARD.« Man weiß nicht, welche der Aufgaben ihm schwieriger erscheint.

...

Auch über funk wird geredet. Philipp Schild, Geschäftsführer der Junge-Leute-Plattform, beklagt, wie wenige Planstellen er habe. Später, in kleiner Runde, rutscht Gniffke ein Satz heraus, der zeigt, wie genervt er selbst zuweilen ist: Schild wisse doch genau, wie schwierig es »in dieser verschissenen ARD« gewesen sei, überhaupt Stellen für funk rauszuholen.
 
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Nachfrage @Adolar #1286:
Meine "Highlights" aus dem SPIEGEL-Artikel:
. Später, in kleiner Runde, rutscht Gniffke ein Satz heraus, der zeigt, wie genervt er selbst zuweilen ist: Schild wisse doch genau, wie schwierig es »in dieser verschissenen ARD« gewesen sei, überhaupt Stellen für funk rauszuholen.
1. Welcher SPIEGEL-Artikel? - Bitte Link oder Heftnummer nachliefern
2. "Verschissene ARD" - Gniffke als aktuellem ARD-Vorsitzenden traue ich das Zitat zu. Er kam von NDR-Tagesschau-Aktuell auf den SWR-Intendanten-Sessel. Da ist zu vermuten, dass der den 'Sumpf', die 'Schlangengruben' in den ARD-Anstalten öffentlichen Rechts kennt.
Ähnlich Schlesinger: Sie wusste aus ihrer NDR Karriere, wie es 'oben' zugeht. Beim RBB in Reimer-Nachfolge konnte sie das: "Ich bin die Intendantin!" ausleben.
 


 
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Leute, ich weiß, hier geht es normalerweise einzig und alleine um die Causa Schlesinger. Selbige ist meiner Meinung nach sowieso die "Mutter aller Skandale" der letzten Jahre rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Trotzdem, aber auch gerade weil es ein schlimmes Beispiel für Verschwendung von Gebührengeldern beim ORF bei mir in Österreich ist, möchte ich dies hier kurz erwähnen - siehe dazu unten angeführten Link

Dazu muß man wissen: Die TV-Rechte für die Formel I bei mir in Österreich haben sich auch im Jahr 2023 der öffentlich-rechtliche ORF und das private SERVUS TV (Österreich) aufgeteilt. Und ja, Anfang Juli 2023 findet der Grand Prix von Österreich in Spielberg statt. Dieses Rennen wird dann auch als einziges des Jahres in beiden Sendern live übertragen.

Dem öffentlich-rechtlichen ORF kostet dies EUR 2 Mio. (an Gebührengeldern), von denen 1 Mio. EUR die Produktionskosten und 1 Mio. EUR die anteiligen Übertragungsrechte ausmachen.....

Dies ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, egal ob in Ö oder D, alles dafür tut, um nicht aus den negativen Schlagzeilen zu kommen......

Sorry, für diesen "Einwurf" von mir und nun wieder zurück zu Patricia ;)

 
Das gehört zwar nicht hier her, aber was da eine Mio. Produktion kosten soll, wäre schon interessant zu wissen. Das Signal kommt wie überall von der Formula One Group, die seit gefühlten Ewigkeiten die Signale produzieren, die die Sender dann nur übernehmen müssen. Unter anderem deshalb laufen auch auf ServusTV, ORF, RTL und wer das sonst noch überträgt, überall die gleichen Bilder. ORF bzw. ServusTV müssen eigentlich nur die Moderationen selbst machen. Mehr isses nicht. Beim Fußball von der Bundesliga bis zur WM läuft es übrigens ähnlich. Dort wird das zentrale Signal von der Sportcast (Bundesliga) bzw. von der HBS (WM und EM) produziert.
 
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Falls jemand Interesse hat, hier Jörg Wagners Medienmagazin in der Podcast-Version.

In "Aus dem Besteckkasten" wird das rbb-Jahr 2022 nochmals zusammengefasst und dann gleich noch das Interview mit der derzeitigen (nur für ein Jahr, oder doch länger?) rbb-Intendantin Dr. Katrin Vernau

 
Leute, ich weiß, hier geht es normalerweise einzig und alleine um die Causa Schlesinger. Selbige ist meiner Meinung nach sowieso die "Mutter aller Skandale" der letzten Jahre rund um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Trotzdem, aber auch gerade weil es ein schlimmes Beispiel für Verschwendung von Gebührengeldern beim ORF bei mir in Österreich ist, möchte ich dies hier kurz erwähnen - siehe dazu unten angeführten Link

Dazu muß man wissen: Die TV-Rechte für die Formel I bei mir in Österreich haben sich auch im Jahr 2023 der öffentlich-rechtliche ORF und das private SERVUS TV (Österreich) aufgeteilt. Und ja, Anfang Juli 2023 findet der Grand Prix von Österreich in Spielberg statt. Dieses Rennen wird dann auch als einziges des Jahres in beiden Sendern live übertragen.

Dem öffentlich-rechtlichen ORF kostet dies EUR 2 Mio. (an Gebührengeldern), von denen 1 Mio. EUR die Produktionskosten und 1 Mio. EUR die anteiligen Übertragungsrechte ausmachen.....

Dies ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, egal ob in Ö oder D, alles dafür tut, um nicht aus den negativen Schlagzeilen zu kommen......

Sorry, für diesen "Einwurf" von mir und nun wieder zurück zu Patricia ;)

Der Logik nach sollte die ARD nicht mehr übertragen, wenn Eurosport parallel was zeigt? Kam und kommt doch schon vor?!

Falls jemand Interesse hat, hier Jörg Wagners Medienmagazin in der Podcast-Version.

In "Aus dem Besteckkasten" wird das rbb-Jahr 2022 nochmals zusammengefasst und dann gleich noch das Interview mit der derzeitigen (nur für ein Jahr, oder doch länger?) rbb-Intendantin Dr. Katrin Vernau

Jörg Wagner hat sich selbst übertroffen, total genial Minute 3 bis Minute 14:30.
Das Medienmagazin mit ihm sollte die nächsten Jahrzehnte Bestandsschutz haben.

Fast alles steht zur Disposition außer die Flaggschiffe Abendschau/ Brandenburg Aktuell sowie weitere regionale Berichterstattung. Wissenschaft (!) sowie Podcasts sind ganz oben auf Dr. Vernaus Liste, womit der rbb noch punkten könnte. Den Rest kann man sich eigentlich aus den anderen Programmen zusammenklauben. Und das Aquarium vom ORB kennt sie nicht.
 
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Ich hatte längere Zeit damit gerechnet, dass Daniel Bouhs in diese Funktion reinwächst. Aber dann stieg er für mich völlig überraschend aus.
 
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