PDs völlig daneben am Hörer

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Ich bin zwar kein studierter Psychologe, aber eines habe ich in der Praxis festgestellt:

Die Hörer, die in den letzten Jahren von unserem örtlichen Lokalradio abgesprungen sind, nachdem ihre oft wirklich konstruktive Kritik nicht gehört wurde, sind allesamt der etwas höher gebildeten Bevölkerungsschicht zuzuordnen.
Wenn man bei einer OFF-Air Veranstaltung mit dem Publikum plaudert, dann mancht man folgende Erfahrung: Alle mehr oder weniger einfältigen und naiven Leute ( ohne jemand beleidigen zu wollen) finden das Radio unisono einfach toll und klasse. Wenn man sie fragt, WAS sie denn so toll finden, wissen sie nichts zu sagen, sondern sagen immer : ALLES ! Ihr seid einfach alle Spitze ! Die Musik so toll usw.! Konstruktive Kritik und auch spezielles Lob für bestimmte Programmteile, Beiträge, Spezialsendungen - so es sie noch gab, fand man früher immer bei den etwas intelligenteren Hörern. Die sind in den letzten Jahren aber immer weniger geworden.
Scheinbar ist die einfältige, naive, unkritische Hörer-Masse der bevorzugte Quotenbringer !
 
Werbung versucht in der Regel nicht, eine Entscheidungsfindung auf Basis von Fakten herbeizuführen, sondern, wie gesagt, das Produkt mit einem Image zu verbinden, mit dem sich der Beworbene identifiziert.

So ein Image kann durchaus auch intelligenter Natur sein (FAZ-Werbung: 'Dahinter steck fast immer ein kluger Kopf!').

Wenn ich mir aber mal so einen Werbeblock beim Formatdudler antue, muss ich Dir leider schon wieder Recht geben, Berlinreporter. Die Images, auf die dort abgezielt wird, sind sehr sehr selten die von intelligenten Menschen - interessanterweise ganz im Gegensatz zur Werbung in Printmedien oder Teilen der TV-Werbung.

Es bleibt also vorerst bei Deiner These: Radio ist das Medium für die Doofen.
 
EINSPRUCH!

Radio ist nicht das Medium für Doofe, sondern das Unterhaltungsmedium, welches nebenbei läuft. Ergo kommt uns nicht die Aufmerksamkeit zu, welche der FAZ-Leser seiner Zeitung widmet. Die Werbeformen unterscheiden sich deshalb, ohne Aussagen zur Intelligenz der Konsumenten treffen zu können.

Ich würde "desinteressierter Hörer" dem Begriff "dummer Hörer" vorziehen. Mitunter ist es sehr angenehm im Auto zu sitzen und sich einfach mit Musik zududeln zu lassen. Es liegt aber in meiner Verantwortung, es nicht dabei zu belassen, sondern mich mal auf weiteren Wegen zu informieren. Das Angebot ist bekanntlich riesig. Eine kritische Haltung zu Werbebotschaften und Informationen kann man mit Interesse am Weltgeschehen und ein bisschen Hinterfragen lernen, oder im umgekehrten Falle auch verlernen. Glaubt Ihr, jedem unserer Hörer ist klar, dass niemand etwas zu verschenken hat und hinter jedem Sonderangebot eine klar kalkulierte Idee steckt??
Insofern (@Honk) muss ich Dir widersprechen. Selbst in den mir bekannten Chefetagen wird vom "dummen Hörer" gesprochen, was als Äquivalent zur "unkritischen Masse" gilt. Die ist sowohl für die Quote als auch für die Werbung die interessanteste. Das hat mit Arroganz nichts zu tun. An diesem Zustand könnte der Mensch nämlich selbst etwas ändern...
 
Einspruch gegen den Einspruch:

Es ist erwiesen, daß die Radiohörer immer "dümmer" werden, bzw. bald nur noch eine unkritische, an Inhalten uninteressierte und aber auch immer weniger kaufkräftige Masse werden.

Es gibt nicht wenige Moderatoren, die entnervt sagen: "Dauernd rufen bei jeder CD, die wir verlosen, nur noch dieselben Sozialhilfeempfänger an, haben wir denn keine anderen Hörer mehr ?"

Nur noch 4% der Hörer wissen, was sie überhaupt im Radio gehört haben und von diesen 4% sind es wieder die Hälfte, die wegen eines Gewinnspieles gerade zugehört haben.
Liebe PDs: Seid ihr mit einer solchen "Zielgruppe" wirklich zufrieden ??

Aus meiner Lebenspraxis kann ich drastische Beispiele vor Augen führen, wie das Radio verloren hat:
Noch in den Achtziger Jahren bezahlte etwa ein großes Autohaus DM 15000.- Programmkostenzuschuß, wenn ein großer öffentlich-rechtlicher Sender eine Stunde lang eine Livesendung aus der neuerbauten Ausstellungshalle sendete.
Unter den Zuhörern waren damals eben auch eine erhebliche Anzahl potentieller Kunden.
Der heutige Nachfolgedirektor dieses Autohauses, auf die Frage, warum er heute keine Livesendung mehr bestellen würde.
"Wer hört dann heute noch beim Radio zu ? Glauben Sie, ich werfe mein Geld für diesen Radio-Gewinnspiel-Pöbel raus. Richtig zuhören tut doch keiner mehr und schon gar nicht unsere Kunden."

Auch wenn noch so mit Reichweiten und "Hörerzahlen" von den Radiomachern geworben wird. Immer mehr kommen drauf, daß diese Nebenbeiberieselungs-nur noch auf Gewinnspiel wartende-unkritische Hörermasse keine ( bzw. schwache) potentiellen Kunden sind.

Sicherlich ist Radio AUCH und sehr häufig ein Nebenbeimedium. Aber das Radio hat durch eigenes Zutun die Rosinen unter den Hörern verloren, und das sind nunmal die ZUHÖRER und nicht die Nur-Einschalter-aber nicht Zuhörer !

Das Radio hat in der Werbewirtschaft an Image und Reputation verloren. Das ist Tatsache !
Irgendwann kommt auch der unkritischte Werbekunde drauf: "Wer soll sich denn diesen ewig gleichen Schwachsinn auf Dauer anhören !"

Ein einziger aufmerksamer Zuhörer, dem man für ein Produkt überzeugen konnte, ist tausendmal mehr wert, als tausende Hintergrundberieselte, die nichts mitbekommen haben.
Aber es muß wohl noch mehr Pleiten geben, bis es alle begriffen haben.

Ich möchte nun bei Gott nicht die oben genannten heutigen Radiobenützer menschlich abwerten, aber man muß halt irgendwelche Worte wählen, um verständlich zu sein.
Jetzt wird sicherlich wieder irgendwer sagen, ich kenne aber einen intelligenten Arzt, der hört dauernd unser Hitradio. Sicherlich, das gibt es schon noch, aber an den Reaktionen kennt man den TREND: Das Radio hat nicht mehr das Publikum, wie vor 20 Jahren. Nur mal täglich 5 Minuten Nachrichten hören und mal über ARI eine Verkehrsdurchsage erwischen, aber sonst kriege ich vom heutigen Radio nichts mehr mit - das ist zu wenig für die Werbung im Radio.
 
@ Pirni:

Gut gebrüllt, Löwe! Bin völlig Deiner Meinung. Die Frage ist nur, wie ändern wir diesen Zustand?

Vermutlich eher gar nicht, so lange PDs und GFs nur auf die mehr oder weniger tumbe Masse schielen und auf die MA-Zahlen, von denen nun wirklich jeder weiß, daß sie im Grunde Verarschung sind.

Also wird das Radio weiter den Dödeln hinterherlaufen. Oder?
 
vielleicht einfach mal was zum hinhören senden? inhalt. wort. gut konzipiert, recherchiert und produziert. sowas gibts doch an jeder ecke fürn appel undn ei.
 
Gerade habe ich den unten verlinkten Artikel entdeckt. Er ist zwar von 2001, scheint mir aber aktueller denn je. Und interessant ist er zudem:

<a href="http://www.radiomanager.de/21stcentury/medientage.htm" target="_blank">Radiomanager.de</a>
 
Wenn ich mich kurz mal einmischen darf, ich hab auch nur eins zwei Fragen an das werte Leserteam:

Warum heisst es ZUhörer? Macht der Hörer die Ohren ZU? Zu.. vom vielzitierten Ichdenkeindenkopfandererhinein-Theorien heisst es im Unterbewusstsein ZUmachen.. nichts mehr aufnehmen...

Warum sagt der zitierte Autohausbesitzer: Nein, nicht mit der Zielgruppe diese Livesendung?
Kann es daran liegen, das die Radio- und TV-Welt noch nicht begriffen hat, das die in den 70er Jahren entstandene Zielgruppenklassifizierung SO nicht mehr gibt?

Klingt jetzt alles etwas böse - aber ich merke es bei meiner Haupteinnahmequelle, das neue Ideen, solange das Image das alte bleibt, nicht fruchten können, da Werbemaßnahmen gegen den Baum laufen (müssen).
Es ist auch kein Sender mehr bereit, gegen Null Eigenreklame vernüftig zu positionieren - im On und Off Airbereich - Ideen und (kostenlose)Möglichkeiten gäbe es zuhauf. (wer es nicht glaubnt, kann mich ja mal anschreiben)

Solang es aber Berater gibt, die beraten - und zwar um ihres Willen- und die Thesen zeigen, die sich in den 70er, 80er und 90ern Noch rentiert haben, aber auf die neue Lebenswelt nicht eingehen (können), wird es noch lange DIESE Art von "sozialschwachen" Hörern und ZUhörern geben.

Konzepte sind, aus eigener Erfahrung, schnell geschrieben - die Umsetzung, sowohl als PD, als ChfRed oder gar als Gesellschafter sehr schwer.
Zum Schluss noch eine, böse und ironisch (?!) gemeinte Frage:
Ist Euch schon einmal aufgefallen wie eng Gesellschafter und Geselle im deutschen Wortlaut zusammenhängen - zumal wenn der liebe Gesellschafter weit unter 50% der Anteile hält?

MfG
Euer aller oops
 
Vielleicht hat das Uralt- Sprichwort doch noch seine Bedeutung:

"Im Stillen werkt der Meister, der Stümper gebraucht das Maul !"

Vielleicht bewirkt das ständige Claimen und Selbstbeweihräuchern zumindest tiefenpsychologisch so etwas: Die müssen aber schlechte Ware haben, wenn sie diese dauernd do lautstark anpreisen müssen.

Gute Werke spricht von selbst für sich !

Vielleicht kommen immer mehr drauf, daß die Verpackung beim Radio bei weitem nicht mehr adäquat mit dem Inhalt ist !
 
Hallo Pirni,

Du sprichst schöne Worte, und ich möchte Dir gerne recht geben. Ich hoffe persönlich auch sehr, dass die "Masse" mal wieder aufwacht und die Welt mit wirklich offenen Augen betrachten kann. Aber im Moment kann man mit denen noch gut Kohle machen (ja, auch in Zeiten der Werbekrise), eben weil sie konsumieren, ohne zu fragen. Deshalb wird ein PD oder GF im Zweifelsfall lieber auf den Autohändler verzichten und dafür milde lächelnd einen anderen Spot einbuchen.
Erhebliche Zweifel habe ich an dem angeblichen Beweis, dass die Masse immer dümmer wird. Dieses Klientel hat es schon immer gegeben, wenn auch - wie ein Vorposter schon schrieb - die Umstände etwas anders waren. Also: woher nimmst Du die Behauptung, es sei erwiesen?
Die Hexe
 
Liebe Radiohexe !

Als erwiesen, daß sich die "intelligentere" Klientel vom Radio immer mehr abgewendet hat, habe ich ganz einfach in meiner 30 jährigen Tätigkeit beim Radio selbst erfahren.

Nur ein Beispiel aus der Hörerpost:
Stellte man 1970 im Radio eine noch wirklich schwere Quizfrage, dann kamen trotzdem Postsäcke voll vom Postkarten mit richtigen Antworten.
Heute muß man gaaanz leichte Fragen stellen und dann sind am Telefon immer wieder dieselben Dumpfbacken.
Alleine schon bei Hörerveranstaltungen sehe ich doch von Angesicht zu Angesicht, wie sich das Publikum gewandelt hat. Nur ich habe halt den Vergleich mit früher.
Das Niveau von Beiträgen ist immer mehr verflacht, meist nur oberflächliche Spaßgesellschaft - Wortbeiträge.

Die wenigen anspruchsvollen Hörer gibt es als Rest noch bei DLF, Bayern4, Ö1..... Aber die erreicht man mit Werbung ja dort nicht.

Da ich im Laufe von jahrzehntelanger Rundfunktätigkeit viele frühere Hörer kenne und sie frage und beobachte, warum sie nicht mehr hören, dann kommt immer dieselbe Antwort: Zu niveaulos, immer dieselbe Musik, zu hektisch, zu schreierisch, zu kindisch.

Daß Radio im Ansehen und in der Nutzung immer mehr verliert, wurde im Jahr 2000 in einer EU-Untersuchung bestätigt: Nur noch 53% hören noch RAdio.
Und gerade dieser TAge flattert mir die neueste EMNID - Untersuchung auf den Tisch. Hier sind es in Deutschland noch 58% der Bevölkerung die Radio hört.
Gleichzeitig spricht aber die RMs von einem Radioboom, gesteigerte Nutzung usw. - Was soll man von solchen divergierenden Statistiken dann noch halten ? Meine eigenen Beobachten stimmen jedoch mit den mehr "amtlichen" Statistiken der EU und Emnid überein, als die der RMS, deren Geschäft ja das Radio ist.
 
Gut, diese EU-Studie klingt ganz interessant. Wobei man dazu ja noch wissen müsste, wer wie befragt wurde und wie die Vergleichszahlen aussehen. Da muss ich mal schauen.
Generell glaube ich aber, dass Du etwas durcheinander haust. Für die Ausrichtung der Radioprogramme sind eben nicht mehr die Stammhörer relevant, sondern die, die still und heimlich jeden Tag einschalten und niemals an einem Quiz teilnehmen und eher selten Off-Air-Veranstaltungen besuchen. Das ist nämlich die weit größere Masse. Und das wiederum ist eindeutig belegt, wobei ich die Zahlen der aktiven Hörer im Vergleich mit den passiven Hörern nicht aus dem Hut weiß. Aber es ist jedenfalls ein verschwindend geringer Anteil. Weil die aber ganz anders Radio hören - nämlich nebenbei - kannst Du die Aussagen von Stammhörern nicht mit jenen Menschen überein bringen. Ganz zu Schweigen von deren Gehabe.
Im Privatfunk geht es - nüchtern betrachtet - um Geld. Und momentan kann die Werbewirtschaft mit der schweigenden Masse eben ganz gut Geld verdienen. Was aber nicht heißt, dass sich dass nicht ändern kann. Es wäre wünschenswert...
Die Hexe
 
@ radiohexe

Ich glaube nicht, daß ich etwas durcheinandergebracht habe. Es ging doch nur um die Frage, ob die Radiohörer "dümmer" geworden sind oder nicht. Wie oben dargestellt und wie mir auch viele ältere Kollegen aus der Branche auch ihre Erfahrungen geschildert haben, hat sich die
"Qualitätsstruktur" des Radiopublikums stark gewandelt.
Daß diese "neue dumpfe Qualität" der Radiohörer eine große Masse ist, wird ja nicht bezweifelt.
Zweifel darf man aber äußern, ob eine große Masse, ohne auf deren Motivation/Intelligenz/Kaufkraft/Aufmerksamkeit zu achten wirklich so ein attraktives Potential für meine Werbung ist.
Ganz drastisch wirklich in einem äußerst überzeichneten extremen Beispiel verdeutlicht:

Möchte ich als Autohändler lieber daß meine Werbung:
a) von 100.000 Sozialhilfeempfängern und Kindern gehört wird
oder
b) von 5000 gut situierten Menschen im Arbeits - und Geschäftsleben gehört wird.

Ich meine, es wird nur blindlings auf eine dumpfe Masse gesetzt, nur die Anzahl zählt, aber nicht die Qualität !
Irgendwann rächt sich das !
Auch verstehe ich nicht, warum Du von "Guten Geschäften" mit der derzeitigen Situation redest, trotz WErbeflaute.
Jeder Banker rät von einer Investition in ein Privatradio ab, das sei eine Branche, in der man eben KEIN Geld verdienen kann und die vielen Radiopleiten bestätigen das ja !
 
Vielleicht kann man die Emnid bzw. EU Studie, daß die Radiohörer unter die 60% Marke der Bevölkerung
gesunken sind, daß die Abschalter ( weils ihnen zu blöd geworden ist) eher die intelligenteren, anspruchsvollen und das sind sehr oft aber auch die kaufkräftigeren Menschen in den höheren beruflichen Etagen sind.
Dem Radio bleibt dieser Art von Programm eben nur noch der unkritische "Pöbel".
 
Dazu kann ich Dir nur sagen, was ich weiter oben schon mal gepostet habe:
Unter der "unkritischen Masse" sind sehr, sehr viele Leute, die zur klassischen Mittelschicht gehören. (Der Sozialhilfeempfänger stellt bei weitem nicht den größten Anteil.) Diese Leute sind für die Werbewirtschft bequem, denn sie glauben viel von dem, was in den Medien steht/erzählt wird und fragen selten nach den Hintergründen (Das ist natürlich grob pauschal gesagt). Sie kaufen also die neue Anti-Falten-Creme XY, obwohl es haufenweise Tests gibt, die besagen, dass solche Cremes in den meisten Fällen in etwa soviel Wirkung haben wie ein Apfel.
Deshalb bleibe ich dabei, dass Du etwas durcheinanderhaust, weil unter den Hörern der Masse - die Du als Sozialhilfeempfänger abtust - genügend gut situierte Menschen mit Geschäftsleben und erträglich viel Geld sind. Ich weiß ja nicht, wo du arbeitest, aber in vielen Sendern werden solche Hörergruppen mit der MA aufgeschlüsselt. Frag doch mal bei Deinen Vermarktern nach.
Den Bäcker interessiert es meistens nicht, an wen er seine Brötchen verkauft, Hauptsache er verkauft sie überhaupt. Für den Autohersteller, das Möbelhaus... gilt das gleiche. Auch in Zeiten der Werbekrise werden diese Gesetze der Betriebswirtschaft nicht aus den Angeln gehoben.
Und zu guter Letzt: Lasst uns doch mal ganz ehrlich sein. Weshalb befürworten die meisten in diesem Forum mehr Wortanteil und ein höheres Niveau? Aus Mitleid mit der armen Masse (die eventuell genau das will, was wir tun) oder weil es in Wirklichkeit um unsere Arbeitsplätze geht?!
 
Radiohexe,

ich bin 'nur' Hörer, kein Macher, vielleicht einer der wenigen mit Hochschulabschluss.

Das meiste, was 'Ihr' inwzischen so fabriziert (GEZ-Kopien der ARD eingeschlossen), empfinde ich als grobe Beleidigung jedes Menschen mit annähernd dreistelligem IQ.
 
@ radiohexe:

Auch als Radiomacher bin ich in erster Linie mal Radiohörer, nicht zuletzt, weil mich das permanente RadioHÖREN in meiner Kindheit erst darauf gebracht hat, Radio MACHEN zu wollen.

Und als Radiohörer finde ich es einfach entsetzlich, mitanhören zu müssen, wie das schnellste und spannendste aller Medien zur Musikabspielmaschine mit Ansagen unterster geistiger Kategorie degradiert wird. Daran, so pathetisch es klingen mag, leide ich und darum geht es mir, nicht um meinen Arbeitsplatz.

<small>[ 28-04-2003, 09:27: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
@ radiohexe

Ich arbeite in einem großen ÖR. Gerade mir, knapp vor der Rente, geht es eben NICHT um meinen eigenen Job bei der Argumentation für mehr Wort, mehr Qualität usw.. Gerade ich kann unbefangen die WAHRHEIT über die Lage der Radionation sagen, weil ich eben nicht abhängig bin. Da ist schon eher das Posting eines jungen Radiomachers, der sein Formatradio lobt, zu hinterfragen, ob seine Meinung nicht eher der Angst um seinen Job entspringt, als objektiver Beurteilung aus eigener Erfahrung und kritischer Auswertung verschiedenster Untersuchungen ( nicht nur der MA der RMS).
Ich bleibe dabei, daß:
1.) Radio an Glaubwürdigkeit und Kompetenz und Image verloren hat. Bei immer mehr erwachsenen Menschen gilt vor allem das Privatradio immer mehr als "Kinderkram".
2.) Radio sich an eine immer weniger intelligente, weniger aufmerksame und weniger kritische Bevölkerungsschicht wendet.
3.) Radio den größten Streuverlust an Werbemaßnahmen hat ! Denn allein 96% der Radio-Einschalter hören die Werbung nicht einmal. Eine Auto-Werbung auf der Motor-Seite einer Zeitung hat den x-fachen Werbeerfolg als irgendwo im Spaßgesellschaft-allerbesten-Hitmix eines Hitradios !
Ich weiß, daß meine Meinung bei heutigen PDs nicht beliebt ist.
 
Ich habe das Privatradio nicht bewertet. Es sind aber Fakten, dass sich kommerzielle Unternehmen - wozu Privatradios nun mal gehören - nach gewissen betriebswirtschaftlichen Gesetzen richten. Bei allem Idealismus können wir das nicht einfach ausblenden. Wie ich selbst dazu stehe, aus meinen Recherchen nur einen Bruchteil verwenden zu können, das spielt hier überhaupt keine Rolle.
Radiomacher haben Insiderwissen, und scheiden deshalb aus der Masse aus, auch wenn sie früher mal reine Radiohörer waren. Time's changing. Wir werden ja sehen, was sich in nächster Zeit so tut. Ich glaube aber nicht, dass wir demnächst wieder flotte 2.30er produzieren dürfen. Dafür sprechen die Zahlen nach der Formatierung einfach eine zu deutliche Sprache. Viele Programme sind genau dadurch erst zu Massenradios geworden. (Dass die Zahlen jetzt wieder zurückgehen, kann einfach einer Übertreibung geschuldet sein, vielleicht loten wir im Moment ja unsere Grenzen aus.) Bitte vergessen wir nicht, dass viele der generellen Abschalter sich stattdessen eine CD einlegen. Das hat sehr wenig mit Wortprogramm zu tun.
Lasst uns die Diskussion doch mal auf ein anderes Feld bringen. In der Sparte Lebensmittel gibt es den "Kampf" zwischen Aldi und den Tante-Emma-Läden. Tante-Emma-Läden bieten mehr Qualität, sind aber teurer. Was macht die Masse? Sie verzichtet auf gewissen Service und rennt zu Aldi. Ich weiß, dass T-E-Verkäufer diese Leute als dumme, unkritische Masse verachten. Ich gehöre zu den Aldi-Käufern, einige andere in diesem Forum sicher auch. Aber mir ist der Service bei T.E. egal, was ich bei Aldi bekomme, reicht mir aus. Wenn ich was spezielles will, kann ich das immer noch bei T.E. kaufen. Was will ich Euch damit sagen? In anderen Berufsgruppen gelten genau wir ebenso als jene Masse, die wir hier so kritisieren. Wir könnten das ändern, aber wollen wir das auch? Wir sollten vielleicht aufhören, den Menschen permanent sagen zu wollen, was sie hören wollen müssen. Zudem sie sich ja theroetisch neben dem Privatfunk und der Bild jederzeit aus anderen Medien informieren könnten. Die Medienlandschaft ist ein Angebot, was der einzelne daraus macht, ist seine ureigenste Sache. Wir müssen nicht alles in einem Programm zusammenhauen, damit ja jeder das Hören muss, was wir gerne sagen würden. Und Radiomachen macht letztlich auch nicht automatisch intellektuell.
 
@Radiohexe:
Du schreibst: "Wir sollten vielleicht aufhören, den Menschen permanent sagen zu wollen, was sie hören wollen müssen."

Entschuldige, aber das ist sehr witzig, oder?
Es sind doch die Hitradios, die uns unablässig erklären, dass wir genau ihre Musik genau jetzt hören müssen, weil sie genau das ist, was "Sie, liebe Hörer" schon immer hören WOLLTEN.

Dass das betriebswirtschaftlich sinnvoll ist/funktioniert, kommt doch daher, dass der Hörer aus seiner Musik nur noch seine Musik wählen kann und es letzlich kaum Alternativen gibt.
Klar, ein paar ÖR spielen was anderes, weil ihre Zielgruppe 100%ig intellektuell ist oder jenseits der 50. Längere Beiträge spielt schon lange keiner mehr. Und das, obwohl selbst Beraterpapst John Mönninghoff sagt, man könne kaum sinnvoll testen, ob bei Beiträgen wirklich weggeschaltet wird, wie gerne besonders im Privatfunk gesagt wird. Damit ist der Verzicht auf Beiträge eben in Wirklichkeit eine Kostenfrage und keine Hörerfrage.
Deshalb sind die Postings oben auch keine "für den eigenen Arbeitsplatz", sondern vielleicht doch für die Hörer, die im Wesentlichen zwischen Antenne, bigFM, sunshineLIVE, SWR3, hr3, hr XXL, Regenbogen etc. auswählen müssen.

<small>[ 28-04-2003, 13:26: Beitrag editiert von der beobachter ]</small>
 
Liebe Radiohexe, ich möchte mal versuchen zu antworten:

Du schreibst:&gt;&gt;Ich glaube aber nicht, dass wir demnächst wieder flotte 2.30er produzieren dürfen.&gt;&gt;
Auf Bayern 1 gibt es 5 Minuten - Beiträge und es außerdem herrscht auch schon längst wieder die Meinung vor, daß Beiträge nicht zu LANG sondern nur zu LANGWEILIG sein können.
Die ewig wiederholten kurzen 3EBS, Eigenpromos und Positionierungen sind eben nervig und langweilig !

&gt;&gt;Dafür sprechen die Zahlen nach der Formatierung einfach eine zu deutliche Sprache. Viele Programme sind genau dadurch erst zu Massenradios geworden.&gt;&gt;
Wie schon erörtert, sind diese "Massenradios" eben keine Massenradios beim Zuhören, sondern werden in eine Ecke zum Berieseln gestellt und nur 4% hören zu !
Nirgendwoanders in der Wirtschaft wird mit so falschen Interpretationen gearbeitet wie bei der MA ! Man zählt massenhaft Nicht-Zuhörer als Hörer nur deshalb, weil er das Radio stundenlang eingeschaltet hat, auch wenn er nur 5 Minuten zugehört hat und es ihm in der übrigen Zeit gar nicht aufgefallen wäre, wenn jemand den Sender vom Radio in der Werkstattecke verdreht hätte.
Das wäre dasselbe, wenn eine Zeitung auch alle Passanten, die am Kiosk einen Blick auf die Schlagzeile geworfen haben, als "Leser" ausweisen würde.

&gt;&gt;Bitte vergessen wir nicht, dass viele der generellen Abschalter sich stattdessen eine CD einlegen. Das hat sehr wenig mit Wortprogramm zu tun.&gt;&gt;
Ja, genau ! Weil diesen Hörern eben das Musikprogramm auch nicht mehr paßt ! Sie holen sich das nötige Wort aus anderen Medien ( TV, Zeitungen ) bzw. mit nur wenigen Minuten am Tag aus den ÖR-Info-Radios und für die Musik sorgen sie selber. Welche Berechtigung haben diese Radios noch: Das Wort bieten sie mir nicht und ich hole mir das woanders, die Musik bieten sie mir auch nicht, die hole ich mir auch woanders. Das einzige was sie mir bieten: Hintergrundberieselung, wenn ich weder Zeit habe, Wort zu hören noch Zeit habe, eigene Musik aufzulegen. Das Radio hat sich damit selbst degradiert: Es hat SOWOHL die Musikkompetenz ALS AUCH die Wortkompetenz verloren. Es ist einfach was neues entstanden: Ein massenhaft verwendetes Hintergrund-Irgendwas, aber dieses Hintergrundirgendwas hat längst nicht mehr die ehemalige inhaltliche Bezeichung "Radio" verdient.

&gt;&gt;Lasst uns die Diskussion doch mal auf ein anderes Feld bringen. In der Sparte Lebensmittel gibt es den "Kampf" zwischen Aldi und den Tante-Emma-Läden. Tante-Emma-Läden bieten mehr Qualität, sind aber teurer.&gt;&gt;&gt;
Dieser Vergleich ist mit der Radioproblematik völlig irrelevant ! Das sind so typische "Das-ist-der Zug-der-Zeit-Argumente" von Consultern gegenüber Tagungsbesuchern, die die Materie nur sehr oberflächlich kennen. Da wird dann zustimmend genickt, weil man die Hintergründe gar nicht versteht.

Der Grund bei Aldi einzukaufen ist: Allein weil ich dort BILLIGER meist DIESELBE WARE bekomme und sonst nichts ! Beim Radio ist das ganz anders !
Beim Radiokonsum habe ich keinen Cent mehr in der Tasche, ob ich ausschalte oder auf einen anderen Sender umschalte. Außerdem können sich die Formatradios niemals als "Aldi" bezeichnen. Nur wenn es so wäre: Bei diesem Aldi gibt es kostenlose Bonbons, große Menschenmassen spazieren ohne etwas zu kaufen da durch, nur 4% kaufen etwas.( Die Bonbons sind die Gewinnspiele und die 4% sind die wenigen, die wirklich zuhören und das sind eben keine Massen).
 
langweilig ist genau das stichwort: wenn ich höre, was hier tag für tag von anderen ard-anstalten aus der leitung tropft... das verdient kaum den namen beitrag, geschweige denn "ard-angebot". da wird gefaselt, genuschelt und gelangweilt und zwar in allen erdenklichen längen.

knackiger, guter news-journalismus mit runden geschichten oder gar gut gebaute kleine features mit hörwert und ein ein bisschen emotionen findet man da selten. leider muß man da den eindruck kriegen, dass die lieben kollegen dienst nach vorschrift machen, anstatt ihre kreativität einzuschalten, falls davon noch was übrig ist. das soll absolut ein vorwurf sein. ich würde mir das als hörer niemals freiwillig antun. die qualität ist einfach oft zu mies, sorry leute.
 
@newsnews:
Mit deiner herben Kritik an vielen ARD-Beiträgen gebe ich dir im Prinzip recht.

Dazu ist aber anzumerken:
Für den Hörer stellt sich die unangenehme Alternative: Höre ich mäßig produzierte Beiträge, - man kann oft auch einfach sagen: lieblos gemachte Beiträge - und bin anschließend einigermaßen informiert oder höre ich das ebenso lieblos und unkreativ gemachte Hitradio-Gedudel und bin nicht informiert?
Schlechte Alternativen für Radiohörer, die sich gerne informieren UND unterhalten lassen wollen.
Kreative Beiträge zu machen, habe ich beim Privatfunk gelernt - und nicht ganz erfolglos -, nachts im Studio, wenn keiner gestört hat und ich basteln und mich austoben konnte. So schlecht waren die Privaten nicht.
Der Kommentar eines ÖR-Programmchefs zu diesen Beiträgen war, "das klingt schon sehr lebendig, harmonisch und schnell, aber bei uns wird das nicht so gemacht. Da gibt es keine Sounds unter Gesprochenem, wenn es bei der Aufnahme nicht da war." Kill the feature? Hörte sich so an.

Was soll man da noch machen, wenn so jemand, die Kreativität und Lebendigkeit bestätigt, aber dann doch im Programm ablehnt?
Zum einen muss man sicherlich zur Ehrenrettung der ÖR sagen, dass es auch richtig geile Reportagen und Features gibt. Zum anderen muss man fragen, was die Privaten dem heute entgegensetzen: Nichts, Nichts und noch einmal Nichts.

Dass sie damit Hörerinteressen nachkommen und aus Berieselten Zuhörer machen, ist nicht anzunehmen.
Dass sie fragen, was Hörer hören wollen, habe ich wiederum noch nie gehört. Bisher fragen sie nur, ob das gesendete Programm OK ist. Und woher soll ein Hörer auch schon sagen, was er gerne hören will, wenn er gar nicht weiß, was im Radio überhaupt möglich ist, wenn er es schon seit Jahren faktisch nicht mehr gehört hat.

der beobachter

PS Ich höre inzwischen fast ausschließlich ÖR, und zwar wegen der Beiträge und Interviews. Denn unterm Strich informieren sie - vom SWR über den HR und WDR bis hin zu D-Radio und dem DLF- immerhin relativ ausführlich und ausgewogen.

<small>[ 28-04-2003, 19:38: Beitrag editiert von der beobachter ]</small>
 
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