PDs völlig daneben am Hörer

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Das ist genau der Punkt: Letztlich kann man, so weh es auch tun mag, das Ergebnis zu hören, den Privaten nicht vorwerfen, daß sie das Prinzip der Gewinnmaximierung verfolgen. Aber die ÖRs, mit Aufträgen zur Grundversorgung und zur Bildung versehen, sind verdammt noch mal verpflichtet, dagegen zu halten und sich nicht auf einen Wettkampf um das flacheste Programm einzulassen.

Warum tun sie es nicht? Weil sie ebenfalls der Werbekohle hinterherhecheln. Einzige Lösungsmöglichkeit: Striktes Werbeverbot (incl. Sponsoring) für die Öffis. Wer nicht wirbt, muß keine Quote machen und kann daher auch anspruchsvolleres Programm machen. Und mir kann niemand erzählen, das sei mit jährlich zweistelligen Euromilliarden an Gebühren nicht zu finanzieren.

Übrigens: In der "Schönen Woche" auf Radio EINS haben Robert & Volker eben rund 20 Minuten nicht eine Note Musik gespielt, weil sie sich bei ihrem "Eimer-Spiel" ausgemehrt haben. Und das Tolle daran: Es war nicht eine Sekunde langweilig, sondern witzig, spontan und unterhaltsam, so daß ich es richtig schade fand, als das Spiel vorbei war und sie wieder Musik spielten.

Insofern gilt für den Moderationsanteil des Programms dasselbe, wie für Beiträge: Er ist nie zu lang, höchstens langweilig und das im Zweifel auch, wenn er nur 20 Sekunden dauert. Ich bin sicher, daß die Hörer, jedenfalls diejenigen, die zu intelligent sind, im Rahmen eines Gewinnspiels ihr Badezimmer zu zertrümmern, sowohl längere Beiträge, als auch längere Moderationen goutieren, WENN SIE GUT GEMACHT SIND. Aber welcher der sogenannten "Moderatoren" in den meisten Funkhäusern ist denn schon noch im Stande, interessant zu erzählen und ohne Gagautoren witzig zu sein (die meisten sind es nicht mal, obwohl sie Gagautoren haben)?

A propos "zerdepperte Badezimmer": Ich habe mir vorhin mal die Homepage von Kreklau & Fitzek angeschaut und das Grausen bekommen. Abgesehen davon, daß die Testimonials ihrer Kunden genauo peinlich sind, wie die getürkten Testimonials von deren "Hörern", wirkt die ganze Seite, als hätten K&F ihr 08/15-Radiokonzept einfach auch für ihre Klitsche übernommen. Der Tenor: Wir sind die besten, tollsten und einfallsreichsten und die einzigen, die Euch geben, was Ihr braucht.

Am schlimmsten fand ich jedoch den an die Geschäftsführung gerichteten Satz, "Wir haben alle das selbe Ziel: Mehr Gewinn". Gut und schön. Aber hätten sie nicht wenigstens alibihalber schreiben können "mehr Gewinn mit einem guten Programm"? Aber von Qualität ist auf der ganzen Website nicht einmal die Rede. "Wie mache ich meinen Moderator zum Star?", "Wie errege ich bundesweite Aufmerksamkeit?", bla, bla, bla. Nicht ein winziges Pünktchen zu der Frage "Wie mache ich gutes Radio?" oder "Wie schaffe ich es, daß meine Moderatoren nicht klingen, wie aufgezogene Mickymäuse auf Speed?".

Es geht nur noch um die Verpackung des Produktes und nicht um das Produkt selber. Das ist einerseits deprimierend, andererseits aber auch ein Hoffnungsschimmer: Schokolade kann noch so toll verpackt sein und noch so sehr als Trendprodukt gehypet werden - wenn sie scheiße schmeckt, wird sie auf Dauer nicht gekauft. Vielleicht läßt sich diese Marktregel ja auch auf das Produkt Radio anwenden, denn dann ist das Ende des Beraterunwesens und damit des Ultraflachfunks nur eine Frage der Zeit.

<small>[ 02-05-2003, 17:21: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
@hexe: tut mir leid, wollt nicht gemein werden, war der alk dran schuld

das qualifikationsproblem ist wirklich das zentrale. die leute, die hier rumpfuschen, sind fast alle schlecht ausgebildet und in ihrem tun unsäglich. wer ein bisschen was kann, geht zum tv und holt sich dort die guten tagessätze ab. und selbst dort ist noch soviel abschaum, dass es zum himmel schreit.

nichts gegen die kollegen! die meisten sind sehr nett und viele sind anständig trinkfest und in der kneipe gut zu ertragen. aber sie kriegen keinerlei weiterbildung und keine inspiration von ihren chefs, weil die oft selbst kein fünkchen davon haben.
 
@ radiohexe
Ich finde es toll, daß Du so diskutierst und Annäherungspunkte suchst. So eine Diskussion – bei aller
Verschiedenheit der Meinungen – gefällt mir. Daher versuche ich zwischen Deinem Text meine Antworten
einzufügen:

ich glaube, ich habe sogar einen Punkt gefunden, an dem wir uns annähern: wieviel Inhalt darf ein Moderator bringen? In den Sendelisten steht in der Regel bloß der Platz für eine Bewerbung, einen Claim... Ich kenne eine Moderatorin, die bringt es in ihrer Sendung fertig, diese Vorgaben so zu verpacken, dass sie aktuelle Sachen aufgreift, informieren kann (Natürlich im Rahmen der Modzeit), und sich eine wirkliche Personality geschaffen hat.
Sicher ! Auch im Sendeuhren-Schema-Formatradio zeigt sich, was ein guter Moderator ist. Gute Mods. schaffen es, daß Sie immer noch irgendeine Info, einen guten Spaß unterbringen.
ABER: Diese Art von Radio hat es auch schlechten Moderatoren ermöglicht, eine Sendung zu fahren und sich Radiomoderator zu nennen. Titel, Uhrzeit und 3Ebs den ganzen Tag runterleiern kann nun wirklich jeder.
Niemals hätten solche Stimmen, solche geistigen Niveaus wie jetzt noch vor 15 Jahren im Radio – auch nicht im kleinsten Privatradio eine Chance gehabt.
Aber das Korsett, das zwar ein guter Moderator lange Zeit persönlich ausreizen kann, irgendwann stößt auch er an die Grenzen. Nur ein paar Beispiele:
Die Vorgabe ist: Niemals die Musik zu ändern, immer die Musik gut positionieren. Auf die Tagesbefindlichkeit gut eingehen und die Beiträge interessant anmoderieren. Das kling zunächst ja ganz vernünftig, aber hat sehr oft ( ich habe das x-mal notiert) zu ähnlichem Beispiel geführt:
Heißer Sommertag, Hitze-Bade-Platsch-SFX-Jingles über tollen Sonntag usw.
Beitrag: Die überfüllten Freibäder im Sendegebiet. Der Moderator spielt die passenden Elemente- heiss-
Eis schlecken, Kinder plantschen, dann ein gefakter Beitrag eines „Live-Einstieges“ aus einem Freibad.
Abmod. – und was folgt dann musikalisch: Schön brav die Selectorreihenfolge „It`s raining !!!“
Irgendwann tauchen bei diesem System immer die geplanten Störfaktoren auf. Es entsteht irgendwann immer der Eindruck des Unharmonischen, des Unpassenden, des geplanten Unsinns. Genau das Pervertierte, das man vermeiden wollte ! Formatradio ist Planwirtschaft !
Laßt doch den guten, verantwortungsvollen, musikbewanderten Moderator mehr GESTALTEN ! Auch in der Musik !
Ich habe seinerzeit, wenn ich bei Hitze im Sommer ins Studio mußte, mir die ganzen Splish-Splash Platten, vom knallroten Gummiboot und Eisschlecker-Song bis Baden mit und ohne mitgenommen, ich habe unverblümt ohne Vorwarnung irgendwelche Bademeister angerufen und habe Hörer aufgerufen, mich anzurufen, wo es noch Abkühlungsmöglichkeiten gibt. Daß die mich haufenweise angerufen haben und bei der Gelegenheit noch Plattenwünsche geäußert haben, kann man sich denken.
Heute wäre das undenkbar bei den meisten Sendern , denn der Musik-PD hat schon Tage die Musik vorausgeplant und nicht gedacht, daß am Sonntag nachmittag Hitzestimmung ist. Die anderen Sendeuhrenbeiträge standen auch schon fest und kaum ein Moderator traut sich, sowas umzuschmeissen.
Das ist erstarrtes Formatradio, das an den Hörern vorbeigeht. Allerdings muß man sagen, daß viele heutige
Moderatoren es nicht schaffen würden , adäquate Musik auszusuchen und dann noch ordentliche Live-Gespräche on air zu führen. Heute wird doch nur noch gefaked und gekünstelt und irgendwann merkt das auch der Nebenbeihörer.

Gute Leute sind aber eben teuer. Also greift man auf die claimnudler zurück.

Das ist kurzsichtig und macht das ganze Produkt kaputt. Warum tauscht man nicht viele Claimnudler gegen
wenige Profis aus ? Warum senden 12 Radios ein billiges Programm und nicht 4 Radios ein hervorragendes Programm? Wenn der Markt eben nicht viele gute Programme finanzieren kann, dann muß man halt weniger Programme veranstalten, aber nicht viele Programme schlecht werden lassen.
Ich verstehe das bis heute nicht: Die Privatradios schließen sich über RMS zum Werbeverkauf zusammen, aber sie machen keine Programmkooperationen oder nur ganz extrem. In Bayern übernimmt man zwar Mantelprogramme von der BLR, aber das ist ein Abschaltfaktor, weil es dann kein Lokalradio mehr ist,
wenn in Bad Reichenhall eine fränkische Stimme einen Stau in Nürnberg vermeldet und einfach eine fremde Stimme nur von „Unserem Sender“ anonym redet und nie ein Lokalkolorit ausstrahlt. Schließt halt mal am Nachmittag 2 – 4 benachbarte Lokalsender für 3 Stunden zusammen. 4 Sender können sich zusammen einen
besseren Moderator bezahlen und mehr gute Beiträge leisten, als wenn jeder für sich seine Armensuppe kocht.

Mehr als einsdreißig lehne ich als Privatdudler trotzdem ab. Wenn Du über längere Zeit nur nebenbei etwas hören kannst, dann hast Du am Ende vergessen, was am Anfang war und der Beitrag wird unverständlich und verwirrend. Nicht nur, dass der Bus kommt, auch im Büro wird niemand seine Hauptaufgabe - welche doch die meiste Konzentration in Anspruch nimmt - permanent unterbrechen, um Radio zu hören. (Am Ende greifen noch die Chefs ein, und verbieten Radio im Büro, dann haben wir auch nichts gekonnt.

Das ist einfach zu undifferenziert und stimmt nur teilweise. Ich habe viele Hörerbeschwerden bearbeitet und da waren nicht wenige solche: „Ihre Reportagen sind viel zu kurz und oberflächlich. Ich kann doch nicht dauernd am Radio kleben. Oft schon ist es mir passiert, daß sie was Interessantes berichteten, ich laufe zum Radio, drehe lauter und schon ist der Beitrag wieder aus ! „ Gerade im Nebenbeiradio werden ja zu kurze
Beiträge überhört. Ich weiss! Da hilft man sich dann mit dem Teasing ! Aber das wird ja dann auch aus dem gleichen Grund überhört. Derjenige aber, der gerade zufällig aufmerksam zuhört, der sagt dann, die kündigen nur an, aber dann kommt eh nichts Besonderes (weil es ihm dann im Vergleich zur Ankündigung, dann viel zu wenig war). Ich hab mal ausgerechnet, daß ein Sender innerhalb 2 Stunden ganze 110 Sekunden gebraucht hat, einen Beitrag anzukündigen, der selbst dann 50 Sekunden war.
Ein Hörer hat es mal treffend beschrieben: „Ihr sagt einem immer, daß man zum falschen Zeitpunkt eingeschaltet hat. Immer höre ich, daß nächste Stunde, oder heute Mittag oder morgen ganz was Tolles im Radio sein wird. Wenn ich dann dort einschalte, heißt es wieder, daß zu einem anderen Zeitpunkt was Tolles kommt. Das ist doch Verbödung !“ Das ist die Auswirkung der übertriebenen Teaseritis !

Die Entwicklung in der Mediengeschichte hatte einen zweiten Ruck: nämlich mit Einführung des privaten Fernsehens. Seitdem stürzen sich die (elektronischen) Medien auf die bloße Unterhaltungsschiene. Es kam an, die Hausfrau schaute neben dem Bügeln fern, statt Radio zu hören, und wir waren noch weiter in die Ecke der Belanglosigkeit gstellt. Der Beginn der Formatierung kam wenige Jahre später. (Insofern: wir werden nicht bedeutungslos, wir sind es längst. das zu akzeptieren, geht hart ans Ego. Aber damit kann man - wie gesagt - ganz gut Geld verdienen.)
Wie lange noch ? Und sei ehrlich, habt Ihr wirklich so viel verdient ? Nicht jetzt ein paar glückliche Ausnahmen ! Haben die Dudelradios wirklich gut verdient ! Ich höre mehr von Pleiten als von Erfolgen !

Es kommt nicht allein auf das Alter Deiner Zielgruppe an oder auf deren Einkommen, sondern auch auf deren Gewohnheiten. Je älter Menschen werden, desto eingefahrener sind sie in ihren Gewohnheiten. (Das ist, wie sämtliche Statistik, natürlich grob pauschal. Ausnahmen mögen die Regel gern bestätigen...) Der 25jährige steht vor dem Joghurtregal und überlegt, was er nimmt. Der 55jährige greift sich das raus, was er immer ißt. Die "Alten" sind also nicht verknöchert. So sieht sie niemand. Sie können also statistisch mehr Geld ausgeben, aber sie wechseln die Produkte weniger häufig.
Das ist Marketing-Skriptum der Achtziger Jahre ! Erstens sind die Alten jetzt schon jene, die im Zeitalter des Wandels aufgewachsen sind, also ständige Veränderungen gewohnt sind. Weiters das Märchen, daß die Oma einmal Persil und damit immer Persil kauft, das stimmt überhaupt nicht mehr. Wenn das so wäre, hätten auch die ganzen ALDI, Tengelmann- und andere neue Handelsmarken doch keine Chance.
Kaum ist bei Aldi ein neues Joghurt, dann kaufen es die Omas genau so wie die Jungen „Muß ich mal probieren!“ Das ist die Devise. Wie lange sich solche Lehrbuchweiseheiten halten, ist schon unglaublich.
Nur eines ist anders: Die Jungen lassen sich überreden, die Alten nur überzeugen ! Andererseits ist ein
Junger viel flatterhafter. Sie können ihn mit viel Werbeaufwand zu einem neuen Produkt überreden, in einem Monat ist schon wieder was anders in und er reagiert auf den nächsten Werbeangriff. Wenn sie mit
gleichem Werbeaufwand einen erfahrenen Menschen für ein Produkt überzeugen, dann ist er solange ein treuer Kunde, solange die Qualität stimmt. ( siehe auch die neuen Werbeagenturen „Senor Agency“.)
Jeder Werbeaufwand für Kinder und Jugendliche ist Strohfeuer. Werbeaufwand für Ältere erfordert mehr Aufwand, man erhält dann aber wesentlich treuere und kräftigere Kunden.

Ähnliche Charakteristiken gibt es übrigens auch für bestimmte soziale Schichten, die über viel Geld verfügen, und vielleicht der Einfachheit halber "Intelektuell" genannt werden können. Auch die sind für Werbebotschaften weit weniger empfänglich. Obwohl sie viel Geld haben, spielen sie für die Werbeindustrie keine Rolle. Das hat der Berlinreporter zu Beginn des Threads aber viel schöner dargestellt.
Daß soziale Schichten, die über viel Geld verfügen, uninteressant für Werbung sind, das ist der größte Unsinn, den ich hier höre ! Richtig ist, daß diese Schichten sich nicht durch trottelhafte Werbung und
Jung-pubertäres Spaßgehabe beeindrucken lassen.

Zu guter Letzt: Wenn jeder über die mangelnde Auswahl meckert, was machen denn unsere Öffis? Offenbar ist das Risiko, welches an einem Programm zwischen HRA und DLF hängt, so groß, dass auch die Kollegen sich mit den Privaten lieber ein Duell auf der NRJ-Ebene liefern, statt die Hörer mit "Qualitätsseichtfunk" fangen zu wollen. (oder können??)
Die hexe
Da stimme ich zu. Die Öffis sollten mit ihren Gebühren ganz einfach gutes Radio ohne Privat-Dudelcharakter
machen.

Nochwas zur Moderatorenauswahl: Ich habe mal für einen Privatsender ein Casting gemacht. Auf eine winzige Kleinanzeige meldeten sich 125 Leute, die alle glaubten, das Zeug für einen Moderator zu haben.
Es war kein Einziger dabei, von dem ich sagen könnte: Ja, das wird was !
Das ist das Verführerische für die PDs. Sie bekommen Menschenmaterieal noch und noch, weil es ganz einfach so begehrenswert ist, Moderator zu sein. Mit diesen vielen „Möchtegerns“ macht man sich das
Produkt kaputt. Umgekehrt ist es für diese bemitleidenswerten Menschen unfair, ihnen Hoffnungen zu machen. Ich kenne viele Moderatoren, die haben seinerzeit, als Sie beim Sender anfingen, ihr Studium abgebrochen, ihre Berufsausbildung abgebrochen ! ( „Ich bin ja jetzt beim Radio Moderator“) Jetzt stehen
viele von Ihnen ohne Beruf auf der Straße !

Leider ist der Karren völlig im Dreck und das Radio bereits vielfach kaputt gemacht. Die Hörer sind bereits so „erzogen“, daß sie, wenn sie ein Radio 10 Minuten einschalten, sofort auf darauf schließen, daß dieses Radio IMMER so schlecht ist.
Die Entwicklungsgeschichte: Jeweils schaltet Hörer das Radio ein und das was er gerade hört, gefällt ihm nicht:

1975 : Diese Sendung ist nicht mein Geschmack ! Ich schalte aus und höre nächste Stunde wieder rein!
1985: Heute hat dieser Sender kein gutes Programm. Ich probiere es morgen wieder !
1995: Dieser Sender ist furchtbar. Den drehe ich nie wieder auf, ich suche einen anderen.
2005: Radio klingt grauenhaft. Drehe ich nie wieder auf ! Liebling, gib mir mein
UMTS-Handy und einen MP3-Chip mit den neuen Süd-Country-Liedern.
 
Pirni! Pirni!! Pirni!!! PIRNI!!!!
Schreib´ doch bitt´schön endlich ein Buch! Ich bin ein alter Mann, verstehs´t? Meine Augen sind müde und diese Riesenergüsse vom Bildschirm abzulesen, naa, des derpack´ ich einfach nimma!
Ich kauf dann das Buch auch, Paperback tät´ ja erstmal langen!
 
Pirni,

ein Kontra:

Ich überzeugt davon, dass man intelligente Menschen in einem intelligenten Programmumfeld mit wiederum intelligenter/origineller Werbung erreichen kann!!!

Im TV und im Printsektor geht's ja auch! Seht euch mal an, was in FAZ und Spiegel für Anzeigen geschaltet werden. Da sind viele Produkte bei, deren Zielgruppe kaum die Hausfrau oder der Sozialhilfeempfänger ist.

Werbung läuft nicht auf der rationalen, sondern auf der emotionalen Schiene und über Emotionen sind auch intelligente Menschen zu erreichen.

Dummes Geclaime im 10-Minuten-Takt und vom örtlichen Teppichhändler gesponsorte Zeitansagen wirken hingegen abschreckend.
 
Das ist kein Kontra, Grenzwelle !
Das ist auch genaue meine Meinung !

Wenn das Programmumfeld paßt, dann erreiche ich reifere, intelligente Menschen sicher auch mit Werbung !
Aber wie ich schon gesagt habe, mit einem Trottelprogramm und Trottelwerbung erreicht man halt bestimmte Schichten nicht mehr !
 
Hallo Pirni,

bitte verzeihe mir, aber Dein Posting war so lang, dass ich mir jetzt nur einige wichtige Punkte rausgreife, auf die ich antworten will.

1. Du sagst: statt 12 schlechter lieber drei, vier gute Radios. Glaubst Du, das ändert den Einheitsbrei?! Ich würde eher vermuten, dass die Situation dann noch viel verschärfter wird. Denn dann kann der Hörer noch nicht mal zu einem ähnlich klingenden, anderen Radioprogramm umschalten. Ich würde persönlich der Kritik recht geben, dass das Individuelle im Radio fehlt. Aber das kann es aufgrund der Funktionsweise nicht geben, während Du den Geschmack des einen befriedigst, springt Dir der andere ab. Je weiter Du die Schere öffnest (und je individueller Du damit wirst), desto eher stoßen Hörer an ihre Schmerzgrenzen. Insofern würde ich diesen Vorwurf "Wir-tun-keinem-weh-Programm" nicht als Vorwurf sehen.

2. Ja, die Dudler haben mal sehr viel Geld verdient. Und nicht nur die glücklichen Ausnahmen, sondern viele waren eine gute Geldanlage (wir dürfen nicht vergessen, dass es für unsere Gesellschafter genau das ist), die einem mehr, die anderen weniger. Heute ist das nicht mehr so, das hängt aber mit der allgemeinen Wirtschaftsflaute zusammen. Im übrigen hat die Werbewirtschaft generell ein Vorurteil gegen die Radios - von je her gehabt - von wegen sie seien nicht bildhaft genug und Werbung präge sich am besten sozusagen audio-visuell ein. Aber auch das hat mit der Struktur des Privatradios wenig zu tun, nur deshalb trifft uns jetzt die Werbekrise härter als die Medien, welche dem Konsumenten das Audio-Visuelle geben können.

3. Ich habe nicht gesagt, dass Menschen mit viel Geld generell für die Werbung uninteressant sind. Aber wie für das Privatradio gilt auch für die Werbung: Wirtschafltich gut ist es dann, wenn Du ohne Aufwand viel erreichen kannst. Sicher wäre es möglch, mit intelligenter Werbung die "Intelektuellen" zu überreden. Nur: Schauen wir uns doch mal das Durchschittseinkommen der Berufsgruppen in der Mittelschicht an. Alle meckern, aber uns geht es - vergleichsweise - verdammt gut. Du kannst nun also "intelligente" Werbung mit viel Aufwand produzieren, oder Du kannst mit viel weniger Aufwand dasselbe oder gar noch mehr erreichen. Denn zur Mittelschicht gehören wesentlich mehr Menschen als zur Oberschicht.
Mir wäre die Information, dass sich das Konsumverhalten der Menschen ab 50 wesentlich geändert hat, neu. Worauf beziehst Du Dich mit der These? Das ist doch keine Lehrbuch-Weisheit, dass sich mit den Jahren gewisse Gewohnheiten einschleifen, das ist Lebensweisheit. Was nicht heißt, dass Oma Müller keinen neuen Joghurt mehr kauft. Das Beispiel war vielleicht falsch gewählt. Aber bei Kosmetik, Medizin, bestimmten Lebensmitteln (Saft, Tee..) setzen ältere Menschen viel mehr auf bekannte Sachen, eben weil sie nicht mehr jeden Trend mitmachen. Deshalb ist der "Flatterhafte Junge" für die Werbung ideal. Denn er probiert öfter mal was neues aus. Dass er damit nicht dauerhaft bei der einem Marke bleibt, ist erstmal zweitens. (Wenn es ihm schmeckt, kauft er sie immer mal wieder.) Der Wechsel ist einkalkuliert. Werbung hat ja den Zweck, dass sich die Werbenden gegenseitig die Kunden wegschnappen.

4. Viele Sachen im Massenmedium Priatradio sind nicht differenziert. Aber das geht für ein Massenmedium auch nicht. Ich glaube aber, dass es nicht soviel Lärm um unsere Privaten gäbe, wenn die Auswahl auch für die "Nicht-(Immer)-Masse" an individuellen Programmen größer wäre. Jetzt möchte ich aber dagegen halten, dass es bei den Öffis einige Programme gibt, die in ihrem Sendeplan Spezialsendungen mit Country, Jazz... etc. haben. Nur: da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wer diese Musik bevorzugt, der will sie möglichst den ganzen Tag, und nicht nur 2 Stunden/Woche. Er würde aber auch wegschalten, wenn neben seinem Jazz auf einmal Country liefe. Da sind wir wieder beim Individuellen. Ich glaube nicht, dass man es von einem Privatradio verlangen kann, dass es zum Spartenprogramm wird und wirtschaftlich untergeht.

Über Deine Auflistung am Schluß habe ich geschmunzelt. Für einige trifft das sicher zu. Möglicherweise ist das auch Massenmusik der Zukunft. Dann muss das Medium angepasst werden, durchaus. Aber immer langsam mit den jungen Pferden: Unternehmen funktionieren in den gegebenen Umständen, nicht in vorausgesagten. Letztlich kannst Du nämlich im Voraus überhaupt nicht "gewinnbringend" abschätzen, WOHIN sich die Sache entwickelt. Das mutmaßen wir nur.
Die Hexe

PS: Aus welchem Gebiet kommst Du denn (so ungefähr)? Sollten Sie uns wegen langen Postings und Serververstopfung den Zugang sperren, sollten wir vielleicht beim Bier weiterdiskutieren. <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />
 
@ makeitso:

Ich finde es sehr ehrlich nur zu schreiben: mehr Gewinn. Um mehr geht es in diesen Etagen nämlich wirklich nicht. Alles andere ist Mittel zum Zweck. So erübrigt sich auch "gutes Programm", das ist Definitionssache und wird diesem Falle heißen: Gutes Programm = Programm, mit dem ich möglichst viel Geld verdienen kann.
 
sorry @exhörer, dass ich hier deine Meinung nochmal wieder hole, es sind die Punkte, die nicht oft genug wiederholt werden können.

*"Die Dauer-Rotation von 80902003 bringt weder zum Einschalten, noch zum Zuhören. "
Genau dieser Satz bringt die derzeitige Situation auf den Punkt:
Der als Hörer bezeichnete *Konsument* soll ja gar nicht mehr zuhören, er soll auch gar nicht mehr bewußt einschalten, sondern alles, was die Geschäftsleitung von ihm verlangt, ist...
... NICHT AUSZUSCHALTEN
Hat eigentlich schonmal jemand weitergedacht, was passiert, wenn er dann doch mal versehentlich ausschaltet? Und warum er nicht mehr einschalten wird?*

@Radiohexe,
ob höchster Gewinn als einzige Lebens- und Berufsmaxime richtig oder falsch sind, kann man kaum erstreiten,
aber ein Macht-Medium, wie das Radio derart verantwortungslos gegenüber Mensch und Gesellschaft zu missbrauchen ist meiner Meinung nach äusserst verwerflich.

Gruß
Gallii
 
Radiohexe,

Du schreibst: "Viele Sachen im Massenmedium Priatradio sind nicht differenziert. Aber das geht für ein Massenmedium auch nicht. Ich glaube aber, dass es nicht soviel Lärm um unsere Privaten gäbe, wenn die Auswahl auch für die "Nicht-(Immer)-Masse" an individuellen Programmen größer wäre. Jetzt möchte ich aber dagegen halten, dass es bei den Öffis einige Programme gibt, die in ihrem Sendeplan Spezialsendungen mit Country, Jazz... etc. haben. Nur: da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wer diese Musik bevorzugt, der will sie möglichst den ganzen Tag, und nicht nur 2 Stunden/Woche. Er würde aber auch wegschalten, wenn neben seinem Jazz auf einmal Country liefe. Da sind wir wieder beim Individuellen. Ich glaube nicht, dass man es von einem Privatradio verlangen kann, dass es zum Spartenprogramm wird und wirtschaftlich untergeht."

Nun ist das amerikanische Radio ja genau von dieser Spartenbildung geprägt. In dieser (amerikanischen Radio-) Umgebung macht Hitradio auch wieder Sinn, weil es ja zig Alternativen gibt.
Hier ist gar nicht das Umfeld (an Sendern), zu dem sich ein Hitradio auf natürliche Weise abgrenzen kann.

Spricht doch eigentlich FÜR eine Reform:
Neu-Definition der Aufgaben der WERBEFREIEN ÖRs.
Frequenzneuordung (wie in den NL) und Lizensieren was das Zeug hält.
 
@ radiohexe

Zu. 1.)
Aber 4 sehr gut gemachte Einheitsbrei-Radios mit sehr guten Moderatoren wären auch immer noch besser als 12 schlechte Dödelradios ! Weiters: Wenn man sich eine Minderheitenzielgruppe aussucht, so kann man das mit
der größeren technischen Reichweite ausgleichen. Mehr mit absoluten Zahlen agieren, als mit dubiosen Prozenten!
Beispiel: Ich kenne ein Jugendradio, das hat in seiner Zielgruppe 6% Marktanteil. In der selben Stadt sendet ein
Radio ähnlich Bayern 1 im Format mit Zielgruppe 35+. In der anvisierten Zielgruppe der Älteren hat dieses Radio
33% Marktanteil. Dieses Radio hat aber eigenartigerweise, owohl gar nicht für die Jugend gemacht, auch bei der
Jugend etwa 6% - also gleich viel wie das jugendliche Jugendradio. Da aber die technische Reichweite dieses ÖR-35+ Radio viel größer ist, erreicht es in absoluten Zahlen, also in tausenden Jugendlichen MEHR Jugendliche als das Jugendradio ! Wenn ein Händler eines neuen Jugend-Sportartikels also zu einer Werbeagentur geht und fragt, wo man am besten werben soll, dann heißt es natürlich im „Jugendradio XXX“, da erreichen sie 10.000 Jugendliche zwischen 7 und 8 Uhr morgens. Als ich einem Werbeagenten dann mal vor Augen führte, daß man
im ÖR-Oldiebased Radio 35+XY durch den allgemein größeren Marktanteil und durch die 3x so große Sendeversorgungsfläche ca. 20.000 Jugendliche erreicht hätte, bekommt man nur große Augen und Achselzucken.
Daß man dabei auch noch die Alten zusätzlich erreicht hätte, kommt ja noch dazu !
Außerdem wird immer noch zu viel in Radios-24-stundenflächen gedacht. In meine jetzt nicht, daß man stundenweise zum Sendungsradio zurückkehren muß, aber 24 Stunden denselben Einheitsbrei ist ja wieder das andere Extrem. So sendet das besagte Jugendradio sein Format ja gnadenlos auch dann ,wenn wegen der Schulzeit am Vormittag gar keine Jugendlichen zuhören können. Von den paar Schulschwänzern kann man wirklich nicht leben. Differenzierte Formate muß es geben, genaue Untersuchungen des Sendegebietes !
Ganz langsam begreifen es allmählich ein paar Lokalradios wieder: Ein Radio ist draufgekommen ,daß am Sonntag
Vormittag kaum die eigentliche Zielgruppe ( schon wieder Jugendliche) zuhört. Man hat hier Volksmusiksendungen eingeführt und so sowohl Hörer als auch Werbekunden dazugewonnen und kein einziger Stamm-Format-Hörer geht jetzt sonst während der Woche verloren, nur weil am Sonntag vormittag ein anderes Format ist. Andererseits
hat man am Sonntag eine völlig zufriedene und über den Sender begeistert sprechende zusätzliche Hörerschaft gewonnen, die wohl weiß, daß sie an Werktagen hier nicht einschaltet. Aber das läßt sich positionieren, das hat ja früher auch Jahrzehnte funktioniert, daß man wußte was wann im Radio ist.
Stur, ganz enge Formate 24 Stunden x 365 im Jahr durchziehen kann man nur dort ( wie in USA-Großstädten), wo
dann trotzdem für jeden Geschmack was dabei ist, wenn er herumzappt.
Jeder vergebliche Herumzapper auf den Radiofrequenzen, der öfter schon nichts gefunden hat, ist ein weiterer
Totengräber für das ehemals gute Image des Mediums Radio !

Zu 2.)
Ich glaube Dir sogar, daß die Dudler eine Zeitlang ganz gut verdient haben. Aber das war halt der Neuigkeitsbonus. Es wird sich halt so verhalten, wie der Kneippenwirt, der am Anfang – weil er ein cooles neues Lokal aufgemacht hat – ganz gut besucht war.
Da aber die Qualität seines Bieres nicht so gut war, wie versprochen, hat sich das herumgesprochen und gerade
dann in Sparzeiten gibt niemand mehr Geld für sowas aus und jetzt geht das Geschäft nicht mehr gut und das Bier wurde noch dünner, weil der Wirt eben auch sparen muß und der Teufelskreis kam in Gang.
Das Schlimme daran: Das schale Bier bleibt in Erinnerung, auch dann, wenn die Kunden eines Tages wieder Geld haben.

Zu 3.)
Ich möchte bezweifeln, daß der flatterhafte Junge öfter was ausprobiert, als die reiferen Jahrgänge, weil er hat vielleicht den Willen, aber nicht das Geld dazu. Die anderen hätten das Geld, aber man muß mehr um ihren Willen kämpfen. Dieser Werbe-Kampf zahlt sich aber mehr aus, zumindest nicht weniger !
Weiters wird immer nur das Radio als Werbemedium angedacht bei den Geldverdien-Wollenden-Formatradiomachern. Sie vergessen, daß Sie in der Öffentlichkeit damit als Kulturmedium stehen und auch das
Programm viel zur Sympathie und der dort transportierten Werbebotschaften beiträgt. Mit Vernachlässigung des
Programms wird indirekt auch das Image der dort plazierten Werbung vernachlässigt, das wird ganz oft vergessen.
Da wird viel Aufwand für die Produktion des Werbespots getrieben, auch gute Werbesprecher engagiert. Dann aber kommt wieder der Fistelstimme-Dödel-Moderator. Das ist so, als ob ich eine exklusive Ware im schäbigsten Geschäftslokal verkaufen möchte !
Meine Behauptung aus dem Bauch raus: Eine Werbung in einem anerkannt guten Radioprogramm bringt mehr
Erfolg, auch dann , wenn die Zielgruppe für dieses Programm kleiner ist , als ein Dödel-Massenprogramm.
Das Ansehen der Radiostation überträgt sich auf die dort werbenden Kunden ! Es wird blind nur auf die Massenzahl laut MA geachtet und nicht auch den Imagefaktor der Radiostation !

Ad 4.)

Es ist richtig, daß man von einem Privatradio nicht unrentable Spartensendungen verlangen kann. Aber ein Radio NUR aus Spartensendungen und GAR KEINEN ähnlichen Formatflächen, da liegt wohl noch sehr viel dazwischen!
Wie oben das Beispiel mit dem Sonntag vormittag, gibt es schon noch weitere Möglichkeiten für „Sortimentserweiterung“ im Programmangebot. Es braucht da halt eine genaue Analyse, welche Nachfrage noch
unbefriedigt ist. Es gibt schon auch für die Privaten noch Format-Ecken, die wirtschaftlich tragbar sind, insbesonders wenn die Marktlücke größer ist, als das Massenprodukt geteilt durch die Anzahl der Anbieter.
Beispiel: In einem Sendegebiet würden 50% der Radiohörer NEBENBEI ein AC-Hitradio hören. „Nur“ 15 % würden gerne volkstümliche Schlager hören. Für das Hitradio gibt’s 5 Anbieter, also für jeden – wenn er gleich gut wäre – 10% des Kuchens. Da aber NIEMAND am Samstag nachmittag ein volkstümliches Wunschkonzert anbietet und dafür 15% Hörerpotential gewonnen werden könnte, dann wäre das doch ein Gewinn an Hörern zu dieser Zeit. Es kann mir doch niemand erzählen, daß man den Montag-Morgenshow-Hörer verliert, nur weil am Samstag nachmittag mal eine andere Zielgruppe bedient wurde ! Natürlich muß man das gut mitteilen in Programmabdruckern, eigene Programmtrailer usw. !
( Beispiel starkt vereinfacht, es ist natürlich viel komplizierter).

Dann noch ein Irrtum: Es ist NICHT so, daß jemand seine bevorzugte Musikrichtung IMMER hören möchte,
insbesondere dann nicht, wenn sich dauernd die absolut gleichen Titel wiederholen.
Ich kenne Hardrock-Fans, die spielen in der heimatlichen Trachtenmusikkapelle ! Ich habe viele, viele Interviews mit den verschiedensten Musikveranstaltern geführt und oft wird gesagt, daß man die selben Gesichter in den
verschiedensten Konzerten sieht. Ein Hotelier mit Disco: Die beginnen mit diversen Rock-Scheiben und irgendwann kippt es und alle schreien nach Schlagern und DJ-Ötzi.
Es war einmal ein Sender, der hatte ein Schlager-Oldie-Format ( wie Arabella). Nur am Vormittag war noch ein Relikt aus alter Zeit: Echte Volksmusik ! Die Radioberater drängten auf Abschaffung dieser formatstörenden
Sendung ! Nach Abschaffung dieser Sendung und Durchziehen des Formates auf Durchhörbarbeit über den ganzen
Tag änderte sich gar nichts ! Früher hatten scheinbar gleich viele Volksmusikfreunde eingeschaltet, wie Gegner
abgeschaltet hatten. Der Effekt war in der MA-Kurve gleich null ! Jedoch ist die absolute Höreranzahl, die irgendwann mal diesen Sender eingeschaltet hat zurückgegangen, denn die Volksmusikfreunde haben jetzt nie mehr diesen Sender eingeschaltet, weil eben nie mehr für sie was dabei war.
Auch das gibt es: Eine Hörerin sagte sogar: Früher habe ich den ganzen Tag Radio gehört, weil so viel Abwechslung war. Jede Stunde war etwas anders. Jetzt wo das Radio den ganzen Tag gleich klingt, halte ich es nicht länger als 2 Stunden aus ! ( Dabei sollte gerade die Formatierung auf Durchhörbarkeit die Hörer am Abschalten verhindern, bei dieser Hörerin ist genau das Gegenteil eingetreten.)
Bei einer anderen Hörer-Sprechstunde eines Radios monierte ein Hörer, warum man nie Operette mehr im Radio hört. Auf die Frage „Würden Sie gerne ein Operettenmelodie-Radio haben?“ Die Anwort: „ Um Himmels willen, doch nicht den ganzen Tag ! Auch wenn es meine Lieblingsmusik ist, möchte ich nur 2 Stunden pro Woche so etwas hören ! Ich esse doch auch nicht jeden Tag mein Lieblingsessen !“
Das Radio kommt mir so vor wie ein sturer Wirt, den man um eine Änderung im Tagesmenue fragt und er jedesmal sagt: Tut mir leid, wir haben so viel Arbeit und können ihnen den Braten nicht mit Reis statt Pommes servieren.
Aber auch bei wenig Gästeansturm ist er zu dieser Änderung nicht bereit – und damit verzichtet er auf Kunden.

Enges stures Formatradio funktioniert nur in amerikanischen Großstädten, wo man wirklich 40 total verschiedene
Formate zum Auswählen hat. Hier besorgt sich der Hörer selbst das Zappen, bei uns kann er das nicht mangels
Angebot und ist deshalb nicht gut auf das Medium Radio zu sprechen.
Ich erinnere mich noch so gut an die Rundfunkmonopol-Diskussionen Ende der Siebziger Jahre. Alle Privatradiobefürworter sprachen von Meinungsfreiheit und vor allem Angebotsvielfalt ! Es war sogar ein
Schlagwort: Überall so viel Angebot wie im Bodenseegebiet! Dort waren knapp vor Beginn der ersten Privatradios
schon mehr als ein Dutzend Radios der Anstalten ORF,DRS,SF,SWF und BR ( jeder mit 3-4 Prorammen) empfangbar. Die Programme waren damals noch nicht so formatiert. Durch die große Auswahl konnte man immer
eine Spezialsendung nach Belieben finden. Auf irgendeinem der vielen Sender gabs schon „meine“ Lieblings-Radiosendung ! Ich weiß heute noch, wie Privatradiobefürworter die Zukunft rosig malten: Überall im Land soviel
Radiovielfalt wie am Bodensee !“ Leider ist das Gegenteil eingetreten, die Frequenzen sind voller ( und damit Fernempfang unmöglich) und das Angebot ist viel, viel schlechter geworden.

Ich arbeite im Raum Oberbayern, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark.
Maile mir unter operette@aon.at, dann gibt’s genaueres.

Gruß Pirni.
 
Pirni, ich kenn' Dich ja nicht, aber ich will ein Kind von Dir! <img border="0" title="" alt="[Breites Grinsen]" src="biggrin.gif" /> <img border="0" title="" alt="[Breites Grinsen]" src="biggrin.gif" />

Ich versteh' einfach nicht, warum die von Dir vorgebrachten Argumente offenbar so schwer zu begreifen sind, so daß es den sogenannten Beratern immer noch gelingt, den Sendern für teures Geld ihre 08/15-Rezepte anzudrehen. Sind die PDs so dämlich? Dann kann man sie doch gleich abschaffen, denn wozu noch nen PD bezahlen, wenn er sowieso nur das umsetzt, was ihm der Berater vorsetzt?

Warum vertrauen die PDs offenbar blind auf das Marketinggefasel der Berater, anstatt auf ihr eigenes Radiogefühl? Ich meine, um Programmdirektor zu werden, sind die meisten von ihnen doch wohl schon ein paar Jahre beim Radio tätig gewesen. Und dennoch sind sie nicht imstande, eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen? Oder haben sie nur Angst um ihren Job, falls es nicht klappt? Ist ja auch bequem, eventuellen Mißerfolg den Beratern in die Schuhe zu schieben - dann wird halt ein neuer Berater engagiert, aber der PD verliert wenigstens nicht seinen Ledersessel und seinen Dienstwagen.

So gesehen, ist die Krise des Radios eigentlich eine Kleinausgabe der Situation in unserem Land: Keiner, sei es in der Wirtschaft oder der Politik, traut sich mehr was, aus Angst, es könnte schiefgehen. Und so schauen alle gebannt zu, wie der Dampfer auf den Eisberg zurauscht und hoffen, es werde schon irgendwie gut gehen. Es ist zum Heulen...

<small>[ 05-05-2003, 00:36: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
Noch eine Anmerkung zum Musikmix: Meine Freundin ist eher die typische Formatradiohörerin, meistens KISS FM oder Energy. Neulich lief bei mir eine CD mit Songs, die ich aus dem Netz geholt hatte, eine ziemlich wilde Zusammenstellung von "Independence Day" (John Williams) über Aerosmith, Belinda Carlisle, De-Phazz, Valerie Dore, Celtas Cortos, Hamburger Arroganz und Nightwish bis hin zu Willi Bobo & The Bo Gents und "Mamy Blue" von den Pop Tops.

Nachdem die CD fast durch war, sagte sie auf einmal, "Komisch, Musik vermittelt ja immer eine Stimmung und eigentlich sollte es mich total nerven, daß die Stimmung nach jedem Song wechselt - aber ich finde das richtig gut!".

Und das sollen alle anderen Formatradiohörer ganz anders sehen? Könnte es nicht sein, daß auch die es gut fänden, wenn ihnen Abwechslung nicht immer nur versprochen, sondern auch tatsächlich geboten würde?

Eine andere Freundin, Ende 20, hört zu Hause häufig MDR Sputnik, weil sie Techno und andere Dancemukke mag. Im Auto jedoch schaltet sie immer öfter zu Spreeradio, Antenne Brandenburg und Hundert,6 um, weil sie 104.6 RTL, Energy, KISS und die anderen Formatfunker mit ihrer Minirotation nicht mehr erträgt.

Das Beispiel zeigt: Die Formatradios schlagen allmählich sogar ihre ureigene Zielgruppe in die Flucht, weil sie von dem Glauben, "die Hörer wollen das so" einfach nicht wegkommen. Oder nicht wegkommen wollen, weil sie befürchten, etwas falsch zu machen, und sei es nur, daß sie für ein besseres Musikprogramm bessere und damit teurere Musikredakteure und Moderatoren engagieren müßten. Oder nicht wegkommen können, weil die Berater den PDs unverdrossen erzählen, sie seien auf dem richtigen Weg, damit sie ihnen auch weiterhin ihre immer gleichen Ideen verkaufen können.

Und damit zurück in die angeschlossenen Funkhäuser!

<small>[ 05-05-2003, 00:37: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
Hallo Pirni,

ich möchte vielleicht mal ein paar abschließende Worte bringen, oder unsere interessante Diskussion zumindest einengen. Das Problem ist, dass wir beide in unserer Karriere unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Informationen gibt es genug, aber es kommt auf Deine eigene Perzeption an, welche Informationen Du zuläßt und welche nicht. Ich bin ein Kind des Privatfunks, mich fasziniert die Masse (völlig undifferenziert) und die Funktionsweise erscheint mir logisch. Du hast Erfahrungen bei den Öffis, die - was ich insgeheim persönlich mit ein wenig Neid zugebe - mehr Niveau und Abwechslung bringen. Ich würde Dir also auf Deine Argumente wieder etwas erwidern können und Du wieder usw. Möglichweise liegt die Wahrheit mittendrin. Ich glaube, Du hast völlig recht, dass wir mit einer anderen Entwicklung und damit mit einem anderen Format in genau dieser Gesellschaft ein ähnlich gutes, wenn nicht besseres, Ergebnis hätten erzielen können. Die Entwicklung ist aber nun mal so gelaufen. Das Risiko, umzukehren, ist riesig groß. Und am Ende: wenn wir eine andere Masse bedienen würden, wäre wiederum ein Teil der Menschheit da, der sich genau das wünschen würde, was wir heute machen und meckern würde. Alle kann man nicht befriedigen. Zumindest nicht solange die Werbung einfach nur Masse will. Vielleicht hast Du völlig recht, dass Werbung unter den von Dir genannten Umständen mehr Sinn macht - solange die Verantwortlichen auf ihrer Position beharren, müssen wir uns dem aber anpassen. Solange es Erfolg gibt, und der lässt sich momentan nur in den MA-Zahlen messen, finde ich nichts schlechtes dabei, den Weg weiterzugehen.
Ich habe übrigens wirklich die Erfahrung gemacht, dass viele Moderatoren ein Problem damit haben, in der Gesamtheit des Produkts zurückzutreten und sich stattdessen die Starmaschinerie wünschen. Das ist dann der Grund über PD's zu meckern. Ich hoffe, dass wir uns wenigstens in dem Punkt einig sind, dass diese Leute am Besten niemals die Fäden in die Hände bekommen.
Wenn ich mal in der Gegend bin, sag ich Dir Bescheid. So ist es aber doch sehr weit weg.... <img border="0" title="" alt="[L&auml;cheln]" src="smile.gif" />
Die Hexe

PS: Ich hoffe, Du fühltest Dich niemals angegriffen, wie in einem anderen Posting gemeint. Du hast das Diskussionsniveau in diesem Forum erheblich angehoben...

PSS: @ Makeitso: ich habe Dich bisher für einen interessanten Poster gehalten. Aber Deine Meinung, alle PD's seien bescheuert, zeigt mir, dass es Dir ein wenig an Reife fehlen muss. Sorry, aber ich kann Dir versprechen, dass Du diese Meinung im Laufe Deiner Karriere überdenken wirst.
 
Liebe Hexe,

wenn Du meinen Beitrag noch einmal genau liest, wirst Du feststellen, daß ich lediglich die Frage gestellt habe, OB die PDs bescheuert sind, nicht jedoch behauptet habe, DAß sie es sind. Ein recht wichtiger Unterschied.

Im Gegenteil, ich habe den PDs doch angesichts ihrer in der Regel jahrelangen Radioerfahrungen sogar ein gehöriges Maß an Radioverstand zugestanden und dann mein Unverständnis darüber geäußert, daß viele von ihnen offenbar völlig unkritisch den Beratern hinterherrennen, anstatt sich auf diesen ihren eigenen Verstand zu verlassen.

Dabei ging es nicht darum, Programmdirektoren als per se dämliche Spezies hinzustellen, sondern darum, daß ich dieses Verhalten WIRKLICH nicht verstehe und auf Erklärung gehofft habe.

Im übrigen ist es nicht unbedingt ein Zeichen von Reife, daß man sie anderen abspricht...

<small>[ 05-05-2003, 09:26: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
Radiohexe, ich muß dir ein Kompliment machen. Deine Worte klingen ziemlich versöhnlich. Das kann man nicht von jedem Privat-Hitradio-Format-Claim-Vertreter erwarten.
Manchmal denke ich ja auch über meine Meinung zum derzeitigen Radiogeschäft nach und überlege mir, ob ich nicht doch sehr "schräge" Ansichten vom heutigen Radiomachen habe. Leute wie Pirni beweisen mir aber das gegenteil. Und das ist gut so. Denn was doch immer wieder auffällt, wenn wir in diesem Forum über dieses Thema diskutieren: Die Gegner des Dödelradios bringen immer wieder Beobachtungen aus dem Bekanntenkreis an, wo die Leute selbst sagen, sie können die Dödelradios nicht mehr ertragen. Und bei mir ist das nicht anders. Fast jeder sagt: Mir gehen diese Sender auf den Zeiger! Nun weiß ich selbst, dass dies nicht repräsentativ ist. Allerdings habe ich hier noch nie ein Gegenbeispiel gehört. Meine Frage: Gibt es bei euch im Bekanntenkreis auch Leute, die sagen, diese Sender sind spitze? (Ausgenommen alle Mitarbeiter bei solchen Sendern)
Weiter: NRJ Sachsen hatte über Ostern rund um die Uhr ein Studio ind er Disco Nachtcafe in leipzig aufgebaut und von dort gesendet. Es gab kein "Non Stop Music", sondern zwischendurch mindestens 2 Moderationen. Die Rotation in dem Sinne gab es nicht. Es war ein abwechslungsreiches Musikprogramm, das man ruhig 4 Stunden oder länger hören konnte, ohne das im Ohr was wachsen beginnt. Viele Bekannte/ Freunde von mir sagten: Richtig klasse, das nervt nicht und ist richtig angenehm. Also bewegen mich solche Erlebnisse immer wieder dazu, Researchs, die im Auftrag des Privatradios durchgeführt werden, anzuzweifeln. Gibt es denn irgendwo eine UNABHÄNGIGE Untersuchung zum Hörverhalten bzw. zur Zufriedenheit mit dem derzeitigen Programmangebot?

Weiter: Das Aushängeschild des Senders ist die Moshow. Wer die Hörer am Morgen nicht bekommt, der bekommt sie den ganzen Tag nicht... Ist das wirklich so? Wie ausgeprägt ist denn das Rumzappen im Radio!? Nach meiner Beobachtung wird genauso rumgezappt wie im TV. Andere wiederum sagen, dass kaum gezappt wird.
Weiters: Warum versuchen Sender, die Einschaltkurve, wie sie nunmal da ist, nicht zu verändern. Zur Zeit: Spitzenzeit zwischen 7 nd 8 Uhr und nachmittags zwischen 16 und 18 Uhr. Warum kann nicht ein Hub meinetwegen auch am Mittag drin sein, weil da eben eine besodners gute Sendung läuft?
Ein Beispiel: Es gab mal einen sächsischen Sender, der hatte zwischen 12 und 15 Uhr lokal auseinandergeschaltet und hatte in dieser Zeit einen Hub in der Kurve. Nachdem die lokale Sendezeit auf 16 - 19 Uhr verlegt wurde, verschob sich diese Kurve auf diese Zeit. Das heißt, die Hörer sind mitgewandert. Zwischen 12 und 15 Uhr ging die Kurve deutlicher nach unten, in der Drive Time schlug die Kurve neben der allgemein um diese Zeit oben befindliche Kurve noch einmal weiter nach oben aus.
Was sagt uns das?
1.) Lokalradio ist gefragt, wenn es lokale Infos gibt
2.) Es kommt dem Hörer schon auch drauf an, WAS in der Sendung angeboten wird. Und es war zu dieser Zeit deutlich mehr, als Moshow-Teasing.

Warum versuchen verschieden Sender nicht, außer der Moshow weitere Programmhighlights zu schaffen, um eben nicht nur am Morgen, sondern auch sonst gut zu sein!?
die Folge wäre doch, dass man die Werbepreise zwischen 12 und 15 Uhr hochsetzen kann, weil da mehr Hörer da sind, als bei der Konkurenz...
 
Danke, liebe Radiohexe, für die sachliche und faire Diskussion trotz gegenteiliger Erfahrungen und Ansichten, das ist hier ja nicht immer so ! Kompliment !

@Sachsenradio

Ich weiß auch von einem amtlich dokumentierten Experiment, wie eine Sendung eine Hörerspitze erzeugten. Nachzulesen in einer Zeitschrift "Tendenzen" der Bayerischen Medienzentrale BLM so ca. 1999, leider finde ich so momentan nicht mehr.
Da wurde versuchsweise einmal eigens der Donnerstag abend vom damaligen Radio Untersberg in einer MA extra ausgewiesen. Da gab es eine "Volkstümliche Hitparade". Diese Sendung von 19 - 20 Uhr hatte MEHR Hörer als die Morningshow !!!
 
OK, letztlich ist es wirklich so, dass wir - bei aller logischer Massenmusik - viele Bedürfnisse unbefriedigt lassen (müssen). Die Frage ist nur: wer werfe den ersten Stein und zeige den anderen, ob eine Alternative ohne erhebliches Risiko wirtschaftlich erfolgreich sein kann?

@ Sachsenradio: Sehr interessante Punkte. Ich habe von Berufswegen viel mit dem stinknormalen Hörer zu tun, den man ja doch nur zufällig trifft und welcher gewöhnlich nicht die Hotline anruft. Darunter gibt es einige, die sich über enge Rotationen beschweren (noch nie habe ich gehört: zu wenig Info, zu viele Claims. Aber das ist subjektiv. Vielleicht habe ich solche Leute bislang nur nicht getroffen.) Sehr viele jedoch loben die Programme und äußern sich begeistert. Natürlich kann man nie einschätzen, ob sie nun nicht nur ihr Fähnlein in den Wind hängen, aber bei den meisten habe ich eher nicht das Gefühl.

Viele Sender legen mittlerweile sehr viel Wert auf ihre Nachmittagsshows. Diesen Trend haben die Sender also durchaus erkannt. (Obwohl dabei immer noch oft auf die Mo-Shows geteast wird). Dort ist auch die Werbung teurer als über den Rest des Tages verteilt.

Lokale Berichterstattung: Das hängt sicher auch davon ab, welches Image Du verkörperst. Eher lokal oder für das ganze Land?! Ich habe jetzt keine Ahnung, wieviel Aufwand es ist, die Programme auseinander zu schalten. Aber ich glaube, dass es auch wieder eine Kosten-Nutzen-Berechnung ist. Ich weiß, welches Programm Du ansprichst. Dort sind mit der Abschaffung erhebliche Personalkosten eingespart worden. In der MA-Erhebung komplett zeigt sich aber kaum ein relevanter Unterschied.
Die Hexe

PS: Hier ist schon häufiger angesprochen worden, dass Radio - neben der Wirtschaftlichkeit - auch einen gesellschaftlichen Auftrag hat. Wo würdet Ihr denn die Grenzen ziehen? (Das mag in jedem Sendegebiet anders sein) Und vor allem: wo liegt subjektiv bei jedem von Euch die Grenze zwischen "Das ist optimal für beide: Hörer und Macher" und "Es geht um meine Meinung und letztlich auch um meine Daseinsberechtigung"?
 
Ach so: Ich würde nicht so viel Bedeutung legen auf Meinungen aus dem Bekanntenkreis. Einen Bekannten beim Radio zu haben ist spannend und deshalb hören die Leute dann automatisch anders zu (und sei es nur, um den Bekannten zu hören). Deshalb ist die Kernzielgruppe des 20-Minuten-Hörers wohl eine andere.
 
@ makeitso Ist ja gut :)

Um mal einen Erklärungsversuch zu starten: Mit zunehmender Erfahrung werden viele Leute gelassener und ziehen Fakten in Betracht und lösen sich damit ein Stück von ihrer eigenen Meinung. Das ist ganz wichtig, denn ich glaube, dass viele Berufsanfänger dazu neigen, ihr eigenes Produkt nach ihrem Geschmack gestalten zu wollen. (Aus welchen Gründen auch immer) Viele geben das nur nicht zu oder wollen es nicht wahrhaben. Mit den Jahren wird man gelassener und stellt fest, dass gewisse Dinge eben keine Lehrbuchweisheiten sind, sondern in dem Zusammenhang "Was will ich erreichen und was muss ich dafür tun" Sinn ergeben. Zu guter Letzt muss sich ein PD zu allerletzt bei seinen Mitarbeitern rechtfertigen. Aus oberer Sicht betrachtet ist ein guter PD vor allem einer, der mit möglichst wenig Aufwand viel erreicht (viele Hörer, viel Geld). Deshalb spiegelt ein Programm nur äußerst bedingt den Geschmack des PD wieder. Letztlich stehst Du vor zwei Problemen: wir müssen mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner möglichst viele Leute erreichen. Und: jeder Mensch nimmt von der tatsächlichen Wirklichkeit nur ein winziges Bisschen auf, welches er sich meistens noch aus subjektiver Sicht zurechtformt. Um ein erfolgreiches Programm zu machen, muss sich der PD also von all dem lösen und auf etwas zurückgreifen, was ihm Objektivität verspricht. Das kann ein Berater sein, der mit Sachen kommt, die erfolgreich ausprobiert worden sind (der Hörer weiß das meist nicht, im Gegensatz zu uns). Oder er greift auf Statistiken und die Forschung zurück. Wir können jetzt lange streiten, wie wissenschaftlich diese Daten erhoben worden sind. Ich nehme für mich auch nicht in Anspruch, mit meiner Wirklichkeit der tatsächlichen Wirklichkeit am nächsten zu sein. Ich bin auch kein PD, möchte es nicht sein.
Dennoch: es gibt wohl keine andere Berufsgruppe, in der soviele Anfänger daherquatschen und jenen Wirklichkeits-Anspruch an sich sehr wohl stellen. Und das ist unreif.
Es tut mir aber leid, wenn ich Dich missverstanden und über den falschen Kamm geschert habe.
 
Pirni & Radiohexe, es ist einfach eine feine Sache, der Diskussion zu folgen und sich hin und wieder einzuschalten. (Zu mehr fehlt mir die Zeit.)

@Radiohexe:
Du hast die zwei Stichworte genannt, die ich für die entscheidenden beim Radio zur Zeit halte:
Risiko und Anpassung. PDs haben kaum Mut zum Risiko und passen sich der vermeintlichen Hörermeinung/-erwartung an.

Allerdings bleibt strittig, ob sie wirklich dir HörerERWARTUNG bedienen, denn es bleibt bei den derzeitigen Abfrageverfahren unklar, was der Hörer erwartet. Es wird nur abgefragt, wie er Bestehendes bewertet.
Du würdest jetzt vermutlich entgegnen, wir müssten das so hinnehmen, denn es sei eine Gegebenheit. Hat was für sich, natürlich.

Anpassung also an das, was der Hörer lediglich in der Summe am wenigsten ablehnt, scheint das Gebot der Stunde zu sein.
Hier wird Radio aber nicht gestaltet sondern abgewickelt, es ist Reaktion, nicht Aktion. Abgesehen davon, dass kreative Radiomacher ihre Fähigkeiten nicht einbringen können - was zunächst mal allein ihr Problem ist -, führt das dazu, dass sich die Kreativen anderen Berufsfeldern zuwenden und für's Radio verloren gehen. Damit schwindet die Möglichkeit für Radiosender, etwas anderes zu machen als MorningShow und deren Backseller gemixt mit dem Radiogedudel, wie wir es eben kennen. Radio ist damit nicht nur unkreativ geworden, es ist auch all zu voraussehbar.
Ich kann meinem Hörer ohne weiteres anhand unserer Playlist nachweisen, dass er keinen Titel zwischen 9 und 22 Uhr zweimal hört. Es ändert aber nichts an seinem Gefühl, dass wir immer dasselbe spielen. Kein Wunder, wenn wir ständig rausdödeln, wir spielten dasBesteder80er90erunddasNeuestevonheute.
Wir erzählen unseren Hörern ständig, dass wir immer dasselbe spielen, und wundern uns schließlich, dass sie uns nur noch nebenher dudeln lassen und unser Image den Bach herunter geht. Das ist aber kein Wunder, sondern (psycho-)logische Konsequenz.
Wir positionieren uns über den kleinsten gemeinsamen Nenner, weil der eben von der Masse geteilt wird, machen uns damit aber nicht massentauglich, sondern gehen in ihr unter, weil uns das Format fehlt, mit dem wir uns herausheben und bemerkt werden.

Natürlich kann man von keinem PD verlangen, mit einem anderen Programm ein Risiko einzugehen und dann böse auf die Schnauze zu fallen. Aber ist es bei dem Image und den Werbeeinnahmen, die im Privatfunk inzwischen erzielt werden, nicht ein viel größeres Risiko, weiter das zu senden, was wir senden?
"Es ist eben kein Geld da", mag man dagegen halten. Die Zahl der Firmenpleiten bestätigt das natürlich, dennoch gibt es auf der anderen Seite reihenweise Unternehmen, die das Geld haben aber horten - wie auch die Kunden, die sie aufgrund zurückgehender Werbung nicht mehr erreichen. Aber viele Unternehmen werben im Radio nicht mehr, weil es aufgrund seiner Entwicklung zu einem Massenmedium ohne relevante Masse uninteressant geworden ist.
Also: RADIO MUSS SICH WIEDER INTERESSANT MACHEN. Sowohl für die Hörer als auch (dadurch) für die Werbewirtschaft.

Soll heißen: Wir (Privat-)funker haben aus der Abhängigkeit von Werbeeinnahmen und der Angst, nicht genug einzunehmen, die Verantwortung abgegeben an die heißgeliebten Berater und aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit eine inhaltliche Selbstentmündigung gemacht.

Das hat uns zuerst Image gekostet, dann Geld und dann Niveau, dann wieder Image, dann wieder Geld etc. WIR müssen den Spieß umdrehen und nicht darauf warten, dass eine andere Branche sich berappelt. Diese totale Abhängigkeit bis zur Selbstentmündigung hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen. Bleiben wir bei dieser Haltung, werden wir zukünftig wieder hier landen. Ein hohes Risiko, oder?

<small>[ 05-05-2003, 13:55: Beitrag editiert von der beobachter ]</small>
 
@ beobachter:
Klasse, Dein Posting ! Da kann ich zustimmen !
Gerae der Ausdruck "Nicht - relevante Masse", der ist mir persönlich nicht eingefallen, das bezeichnet oft das derzeitige unkritische Hörervieh. DAß auch Ansehen und Image des Mediums zum WErbeerfolg zählt, hat man ganz vergessen.
 
radiohexe, ich muß mein Beispiel vom Mittag näher erläutern: Mir geht es NICHT darum, ob Lokales mehr interessiert als Überregionales. Fakt ist: Der sächsische Sender hatte zu der Zeit, als noch lokal gesendet wurde, mehr Hörer, als heute. Die lokale Drive-Time lag bei 120 bis 130 000 Hörern in der Stunde zwischen 17 und 18 Uhr. Das war deutlich mehr, als der Durchschnittswert. Heute hat der Sender um die 70 000 im Durchschnitt, was unter anderem mit der fehlenden Lokalität zu tun hat.(Nur so nebenbei: dieser Sender wurde als LOKAL-Sender lizensiert.) Mir kommt es nur darauf an, darauf hinzuweisen, dass Inhalte und damit auch bestimmte Sendungen durchaus mehr Einschaltquote verursachen können. Der Faktum, dass die Hörer nicht mehr gezielt einschalten, kann also so nicht stehen gelassen werden. Sie würden es durchaus tun, wenn auch nicht mehr in dem Masse wie früher, wenn denn dazu überhaupt ein Anlaß gegeben würde...
 
Ein Einschalt-Anlässe werden immer weniger.
Die Musik als alleiniger Einschalt-Anlaß nimmt mit zunehmender Eigenversorgung von Musik via PC,CD,MP3,MD, Handy usw. ab !
Zwar möchte man gerne Musik hören im Radio, aber man möchte dort mit der Musik nicht alleingelassen werden.
Man hört zwar gerne Musik im Radio, aber letzendlich ist es der Mehrwert, der Zusatz ( Der Mensch, die Info, ...)der einem veranlaßt, die Musik im Radio statt im eigenen CD-Player zu hören.
Menschenleere Musiksender mit Selectorcomputer - und auf das läuft die Entwicklung mancher kostensparender PDs hinaus, haben keine Zukunft.
Wenn ein Sender nicht mit guten MENSCHEN finanzierbar ist, dann soll man es gleich bleiben lassen und nicht durch Dödel-Voice-Tracking-Radiosender das Gesamtimage des Radios runterziehen. Ich wäre sogar so radikal und würde bei der Lizenzerteilung mindestens 16 Stunden am Tag eine reine Computersendung verbieten.
 
@radiohexe:
Ich bin dir ja dankbar für die häufigen Hinweise darauf, dass wir unter den gegebenen Umständen arbeiten müssen. Vermutlich ist das auch deshalb so nötig, weil die Schere zwischen dem, was wir machen wollen/können und dem, was gemacht wird riesig ist.

Aber: Sind wir den Gegebenheiten einfach ausgeliefert?
Haben wir sie nicht selbst mit geschaffen und dann möglicherweise auch die Gelegenheit, die Gegebenheiten wieder abzuschaffen - oder zumindest mit zu verändern?
Können wir wirklich nur in dem engen Rahmen kreativ und hörerdienlich arbeiten, den uns die Werbewirtschaft lässt?
Können wir ihn gar nicht mitbestimmen, agieren statt nur zu reagieren?
 
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