Privater HÖrfunk In Der Krise

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Privater Hörfunk

Die deutschen Privatradios stecken in der Medienkrise. Außer den Anzeigenblättern ist keine andere Mediengattung so stark von Werbeeinnahmen abhängig wie der Privatfunk – mit schlimmen Folgen in Zeiten der Wirtschaftskrise. Einige der 200 Privaten haben bereits aufgeben müssen, andere wurden von kapitalkräftigen Medienunternehmen übernommen. Das Nachsehen haben fast immer die Radiojournalisten: Freie Mitarbeiter bekommen weniger Aufträge und niedrigere Honorare, fest angestellte Redakteure werden entlassen.


Privater Hörfunk in der Krise

Die Medienkrise hinterlässt ihre Spuren im privaten Hörfunk. Von kleinen Einsparungen bis hin zu Insolvenzen reichen die Auswirkungen der gesunkenen Werbeeinnahmen. Allzu oft ziehen die Sender die finanzielle Notbremse bei den Personalkosten – mit unabsehbaren Folgen für die Einschaltquoten und das Werbeaufkommen. Eine Besserung der Lage ist nach Ansicht von Branchenkennern nicht in Sicht, doch so uneinheitlich sich die Struktur des privaten Hörfunks darstellt, so verschieden sind die Versuche, heute zu überleben. Konzepte für die Zukunft sind ebenso rar wie schwierig – und sie sind abhängig vom jeweiligen Standort.

Das Medium Hörfunk kann mit Vorteilen auftrumpfen, nach denen sich andere Gattungen die Finger lecken: schnellste Informationsvermittlung, kostengünstige Produktion, fast überall für die Hörer empfangbar. Seit Mitte der 80er Jahre ist in Deutschland ein Netz aus annähernd 200 lokalen, regionalen und landesweit übertragenden Privatsendern entstanden. Sie erreichten 2002 insgesamt rund 10,7 Millionen Hörer und konnten circa zwei Drittel aller Hörfunk-Werbeeinnahmen für sich verbuchen. Stephan Ohry, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft privater Rundfunk (APR), sieht durch die Erschließung lokaler und regionaler Märkte heute eine „Akzeptanz im grünen Bereich“ für die Privatsender. Für ihn hängt die Überlebensfähigkeit eines Senders eng mit der Wirtschaftskraft des jeweiligen Sendegebietes zusammen.

So begann die finanzielle Schieflage einzelner Anbieter nicht erst mit der Wirtschaftskrise. Sie waren bereits in der Boomzeit defizitär, weil sich mit dem Potential des lokalen oder regionalen Werbemarktes eine solide Finanzierung nicht abdecken ließ. Oder aber weil, wie in Baden-Württemberg und Berlin, zu viele Sendelizenzen für die Regionen vergeben wurden. Diese Abhängigkeit von den Standortfaktoren bestätigt auch das gegenwärtig zu beobachtende Auseinanderdriften der wirtschaftlichen Situation bei den Sendern. „Im Ballungsraum Hamburg mit nur sieben zugelassenen Anbietern verzeichnen Radio Hamburg und Klassik Radio entgegen dem Trend weiter steigende Einnahmen“, berichtet Torsten Giebel von der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM). Dagegen mussten die bayrischen Sender Mega Radio und Hitradio X in diesem Jahr Insolvenz anmelden, das F.A.Z. Business Radio wurde 2002 nach kurzer Sendezeit eingestellt. In Nordrhein-Westfalen steht Radio Heinsberg auf der Kippe. RPR Zwei in Rheinland-Pfalz hat sein Programmkonzept aufgegeben und versucht einen Neustart als Jugendsender. Das für 2003 geplante Informations- und Wirtschaftsprogramm Focus Radio ging aus wirtschaftlichen Erwägungen gar nicht erst auf Sendung. Weitere Insolvenzen werden folgen, wenn der Vorstandsvorsitzende des Tarifverbandes Privater Rundfunk (TPR) Klaus Schunk mit seiner Prognose richtig liegt, dass „die Medienkrise noch mindestens bis 2005 anhält“. Aber dass zu einer Sendelizenz eben auch ein gutes Management gehört, sprich, bei manch einem Sender die finanzielle Schieflage hausgemacht ist, das sieht nicht nur der DJV so. Jüngst zeigte eine Untersuchung im Auftrag der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter Rheinland-Pfalz, dass bisher allenfalls die Hälfte des vorhandenen Werbepotentials von den Sendern abgeschöpft wurde. Ein Grund: die unzureichende Vermarktung des Werbeträgers Hörfunk.

Gegenwärtig sind die Werbeeinnahmen der privaten Hörfunksender im Schnitt auf das Niveau von 1998/99 zurückgefallen. Die vollkommene Abhängigkeit von dieser Einnahmequelle, sie macht zum Beispiel bei Radio NRW 99 Prozent aus, erklärt den immensen Sparzwang. „Mit Sponsoring, Events oder dem Verkauf von Comedys können unsere Ausfälle allenfalls reduziert werden“, erläutert Hartmut Glaesmann, Geschäftsführer bei Radio NRW. Möglichkeiten für weitere Einnahmequellen sieht er derzeit zwar nicht, aber die unternehmerische Pflicht, sich optimal auf die Werbewirtschaft einzustellen: „Unsere Media Analyse wird jetzt auch die wichtige Altersgruppe der 3 – 14jährigen erfassen, damit wir uns gegenüber Werbekunden optimal präsentieren können.“ Und entgegen dem grassierenden Trend, vornehmlich beim Personal zu sparen, hat Glaesmann erkannt, dass qualifizierte, motivierte und kreative Mitarbeiter ein Pfund sind, das sich rechnet und die Marktposition von Radio NRW sichert. Bestätigt wird Glaesmanns Strategie von Volker Nickel, Pressesprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW): „Hörfunk bietet viele Möglichkeiten, aber die Programme müssen qualitativ hochwertig sein, um die Bedürfnisse von Hörern und Werbekunden gleichermaßen zu erfüllen.“ Da es im dualen System zur Werbefinanzierung keine Alternative gibt, „graben sich diejenigen Sender selbst das Wasser ab, die ihre Qualitätsstandards absenken“, so DJV-Referent Michael Klehm. Gerade in Zeiten, in denen 24 der 50 deutschen Branchen ihre Werbeetats mit Spitzen im zweistelligen Bereich gekürzt haben, wird beim Werbeumfeld genau hingeschaut. Die andere Hälfte, so Volker Nickel, werbe allerdings antizyklisch. Auch das ein stichhaltiges Argument, an der Qualität nicht zu rütteln.

Doch der Mainstream weist in die entgegengesetzte Richtung, bestätigt Stephan Ohry: „Die Sparmaßnahmen treffen den personalintensiven Informationsbereich, weil der als verzichtbar bis auf das vorgeschriebene Minimum betrachtet wird.“ Nach seiner Einschätzung erfolgte der daraus resultierende Personalabbau bisher vor allem bei den größeren Häusern. Das hält DJV-Referent Michael Klehm für zu optimistisch: „Fast alle Sender haben in den letzten zwei Jahren Personal abgebaut, am schlimmsten hat es die freien Mitarbeiter getroffen.“ Und deren Honorare waren ohnehin schon, besonders bei den Lokalsendern, viel zu niedrig. Letztere aber beschäftigen in der Summe mit Abstand die höchste Zahl an Freien. Aktuelle Branchenzahlen gibt es zwar nicht, die Unternehmen lassen sich nicht gerne in die Karten schauen. Die letzte Erhebung im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) lieferte für Ende 1999 einige Fakten: Die 178 privaten Hörfunkveranstalter beschäftigten 4 014 angestellte Mitarbeiter sowie 3 285 freie Mitarbeiter und Praktikanten. 62 Prozent der gesamten Mitarbeiter waren in der Programmgestaltung beschäftigt (zum Vergleich: TV 43 Prozent). Fast 57 Prozent der fest Angestellten beziehungsweise 72 Prozent der Freien und Praktikanten entfielen allein auf den Lokalfunk.

Die meisten Landesmedienanstalten verfolgen die jüngsten Entwicklungen kritisch und pochen darauf, dass die privaten Hörfunksender einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen haben. Die aktuelle Studie im Auftrag der Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern zeigt die Einsparungen bei den journalistischen Beiträgen zugunsten von Gewinnspielen und gesponserten Beiträgen auf. „Die Sender dürfen nicht zur Jukebox verkommen“, so Peter Widlok, Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien (LFM). Ein weiterer Faktor mit unbekannten wirtschaftlichen Folgen ist für ihn die schleichende Homogenisierung bei den Programmangeboten. Gerade ist in Hamburg das neue Landesmediengesetz in Kraft getreten, das den ortsansässigen Sendern womöglich einen Bärendienst erweist. Keine Verpflichtung mehr zu Infobeiträgen, keine Verpflichtung mehr zu individuell produzierten Programmen. In der Konsequenz heißt das: Weiteres Personal kann abgebaut werden, aus Vollprogrammen können austauschbare Musikprogramme werden. Radio Hamburg hat den Spareffekt vorgemacht und seine Nachrichtenredakteure outgesourct. Sie produzieren jetzt für mehrere Sender gleichzeitig. Für den DJV liegt im Fall Hamburg der zu erwartende Verlust von Arbeitsplätzen wie der an Qualität auf der Hand. Der Verband setzt nun auf ein Normenkontrollverfahren, damit Mindeststandards, wie in den anderen Bundesländern üblich, wieder Gültigkeit erlangen.
 
Hörfunkredakteure als Freiwild

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Hörfunkredakteure als Freiwild

Was taugen im privaten Hörfunk noch Tarifverträge? In vielen Chefetagen privater Hörfunkveranstalter fallen sie dem Rotstift zum Opfer. Das „Gesetz“ der Wirtschaftsflaute lautet offensichtlich, dem Pfad sozialer Verantwortung den Rücken zu kehren.

Es ist die erste Krise des privaten Hörfunks in seiner 15 Jahre jungen Geschichte. Einer innovativen Geschichte, in der Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften erfolgreich neue Wege in der Sozial- und Beschäftigungspolitik beschritten. Nachdem Ende der 80er Jahre der Gründerboom bei den privaten Hörfunksendern einsetzte, ergriffen die Gewerkschaften die Initiative, um Tarifwerke für die Beschäftigten durchzusetzen, wie sie bei den öffentlich-rechtlichen Sendern selbstverständlich waren. Auf der anderen Seite schlossen sich bereits 1988 überwiegend landesweit lizenzierte Hörfunkveranstalter im Tarifverband Privater Rundfunk (TPR) zusammen, um einheitliche Verträge für ihre Beschäftigten zu erlangen. „Wir wollten ganz neue Ideen und Modelle umsetzen“, beschreibt die damalige TPR-Geschäftsführerin Ulrike Kindle die Aufbruchstimmung. Das Motto lautete: Nur wer mitmacht, kann auch mitgestalten. Allerdings blieben etliche lokale und regionale Anbieter außen vor, denn ihr wirtschaftlicher Erfolg schien zweifelhaft. „Ein gravierender Irrtum, wie sich heute angesichts etlicher profitabel arbeitender Lokalsender zeigt,“ resümiert DJV-Referent Michael Klehm. Nachdem 1990 der erste Manteltarifvertrag stand, wurde ein Entgelttarifvertrag in Angriff genommen. „Entscheidend war für uns, von der starren Altersstaffelung der Gehälter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wegzukommen,“ so Kindle. Worauf sich Gewerkschaften und TPR letztendlich einigten, glich einer kleinen Revolution: Vergütung entsprechend dem Stellenwert des Arbeitsplatzes im Unternehmen.

In der dynamischen Branche entstanden in den Neunzigerjahren immer neue Unternehmen, die zwar nicht unbedingt dem TPR beitraten, sich jedoch an den geltenden Tarifwerken orientierten. Die Lokalsender hingegen wählten für ihre wenigen, in der Mehrzahl freien, Mitarbeiter interne Regelungen. Eine weitere Konstellation entstand aus den drei Landesorganisationen der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) in Baden-Württemberg, Bayern und NRW. Obwohl die APR selbst nicht als Vertragspartner für arbeitsrechtliche Tarifverträge auftrat, schlossen diese Landesorganisationen Verträge mit den Gewerkschaften ab. Daneben machten bundesweit einzelne Hörfunksender von der Möglichkeit Gebrauch, mit den Gewerkschaften eigene Haustarifverträge zu vereinbaren.

Heute existieren circa 40 landesweite sowie 149 regionale und lokale Sender. Doch nur noch zwei evangelische Kirchenfunk-Redaktionen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie fünf der größeren Sender gehören dem TPR an: Antenne Bayern, Radio NRW, RPR, Radio Regenbogen, FFH. „Den meisten Sendern in Bayern und in Norddeutschland waren die Tarifabschlüsse zu hoch, deshalb sind sie ausgestiegen“, erläutert Vorstandsvorsitzender Klaus Schunk die Situation des TPR. Aus demselben Grund würden ostdeutsche Sender dem Verband gar nicht erst beitreten. Trotzdem sind die derzeit gültigen Mantel- und Gehaltstarifverträge sowie der Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge Flächentarifverträge. Gerade der Manteltarifvertrag kann nach Einschätzung des DJV seine Leitlinienfunktion bisher behaupten. Inzwischen haben auch zwei der drei APR-Landesorganisationen ihre Verträge gekündigt. „Derzeit stehen uns in der Fläche nur eingeschränkt Verhandlungspartner gegenüber,“ kritisiert Michael Klehm. Der Dominoeffekt bei den Austritten, überwiegend verursacht durch die wirtschaftliche Krise, aber auch durch Neulizenzierungen, wird von Branchenexperten wie Ulrike Kindle durchaus kritisch beobachtet: „Jeder meint, er könne seine Probleme selbst lösen, das ist eine Unternehmenspolitik mit kurzer Sicht.“ Es sei fraglich, ob die Rundfunkveranstalter dauerhaft auf kollektive Verträge sowie eine gemeinsame politische Medienvertretung verzichten könnten. Ein weiteres Argument für kollektive Verträge liefert Klehm: „Die Sender ziehen nicht wirklich Vorteile aus den Haustarifverträgen.“ Stattdessen müssten sie sich um jedes noch so kleine Problem selbst kümmern.

Doch im Moment starren die meisten Hörfunkveranstalter nur auf den „Kostenpunkt“ Mitarbeiter, der im Durchschnitt 30 Prozent der Gesamtkosten beträgt. So zahlt Radio FFN in Niedersachsen jetzt 12 statt bisher 13,7 Gehälter, nachdem der Sender beim TPR ausgeschieden ist. Allerorts bestehen Einstellungsstopps, befristete Arbeitsverträge werden nicht verlängert, der Druck hin zu Überstunden und Mehrarbeiten wächst. Weitaus schlimmer: Insbesondere ostdeutsche und kleine Sender ohne Flächen- oder Haustarifverträge bestreiten ihre Programminhalte nach Beobachtungen des DJV zunehmend mit Volontären und Praktikanten, letztere häufig unbezahlt. Die Praktika bis zur Dauer eines Jahres werden mancherorts als Vorausleistung angesehen, um überhaupt ein Volontariat zu erhalten. Für den DJV ein weiteres Argument dafür, dass im Hörfunk endlich einheitliche Ausbildungsstandards fixiert werden müssen. Eine andere Tendenz besteht darin, Nachrichtenredaktionen aufzulösen und Programminhalte extern einzukaufen. Zwei drastische Beispiele: Der Spartensender Klassik Radio entließ 15 Mitarbeiter und schloss zwei Dependancen in Berlin und München. Der rheinland-pfälzische Marktführer RPR nutzt Umstrukturierungen, um vor allem in seinen Regionalstudios festangestellte Redakteure durch freie Mitarbeiter zu ersetzen. Bisher mussten drei RPR-Moderatoren gehen, über einen Sozialplan für weitere Mitarbeiter wird zur Zeit verhandelt. Dass die freien Hörfunkjournalisten angesichts bundesweit signifikant steigender Entlassungen als lachende Dritte dastehen, davon kann allerdings keine Rede sein. Bereits 1999, als die Branche kräftige Zuwachsraten bei den Werbeeinnahmen verbuchte, verzeichnete der DJV ein immenses Einkommensgefälle, an dem sich bis dato nichts geändert hat. „Am untersten Ende der Honorarskala stehen die freien Mitarbeiter lokaler Hörfunksender, die gleichzeitig den höchsten Prozentsatz an Freien beschäftigen,“ erläutert Michael Klehm. Tagessätze um die 40 Euro sind da keine Seltenheit. Und es geht, wie oben erwähnt, mit Volontären und Praktikanten noch etwas billiger.

Es geht auch anders. Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Mitarbeiter von 46 Hörfunksendern tariflich abgesichert. Mit einem zum Teil hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad der Hörfunkredakteure und aktiven Betriebsräten lässt sich auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf die eigenen Rechte pochen, lassen sich sozialverträgliche Problemlösungen erarbeiten. Organisieren und solidarisieren als ein legitimes Mittel im Kampf gegen die Freiwild-Mentalität.
 
Digitalisierung: Idee ohne Markt?

Kein anderes Thema bringt derzeit bei privaten Hörfunksendern, Industrie, Medienanstalten und Sendernetzbetreibern ein so einhelliges „Ja aber“ hervor wie die Digitalisierung. Dabei sollte der digitale Hörfunk nach dem Willen aller eine profitable Erfolgsstory werden. Der Startschuss zu diesem Vorhaben fiel Ende der 90er Jahre. In der Theorie klang gut, was bisher am Markt scheitert: Die digitale Übertragung sollte für die Sender billiger und für die Hörer qualitativ hochwertiger sein als das analoge Verfahren. Sie sollte die Frequenzen entlasten, einen wirtschaftlichen Mehrwert durch Zusatzdienste erbringen und der Elektronikindustrie einen neuen Absatzmarkt bieten. In ihrem Startszenario 2000 formulierte die beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angesiedelte „Initiative Digitaler Rundfunk“ (IDR) folgende Ziele: Zusammenwachsen von Informations-, Kommunikations- und Rundfunktechniken sowie Auslaufen der analogen Hörfunkübertragung zwischen 2010 und 2015.
Im Jahr 2003 steht das ehrgeizige Digitalprojekt auf der Kippe. „Wenn es nicht läuft, muss man das Ganze mal hinterfragen“, äußert Hagen Ullrich, Produktmanager bei Hit-Radio Antenne Sachsen, stellvertretend für viele sein Unbehagen. Während Hörfunksender, Handel und Industrie einander den schwarzen Peter für den Misserfolg zuschieben, werden erste Forderungen nach staatlicher Regulierung laut. Und ohnehin hängen etliche der wirtschaftlich gebeutelten privaten Sender am finanziellen Tropf der Landesmedienanstalten, um überhaupt erste Schritte in Richtung zusätzlicher Digitalisierung ihrer analogen Programme gehen zu können.


Die Theorie: Vorteile der Digitaltechnik

Die Neustrukturierung der Medienlandschaft ist ein Ziel der Digitaltechnik. Bisher strahlt jeder Mediendienst seine Programme in einem eigens dafür vorgesehenen analogen Netz aus, eingeschränkt durch die verfügbare Kapazität an Frequenzen und deren Reichweiten. „Der WDR benötigt zum Beispiel für seine fünf Programme 40 bis 50 Frequenzen, um in ganz Nordrhein-Westfalen empfangbar zu sein“, erläutert Ulrich Freyer, technischer Leiter der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen (LFM). Deshalb mangele es an freien Frequenzen für weitere potentielle Hörfunkanbieter. Mittels Digitaltechnik lässt sich dieses Problem lösen. Bis zu sechs verschiedene Dienste können eine einzige Frequenz gemeinsam nutzen, ohne dass die UKW-typischen Störeffekte auftreten. Die Übertragungskosten der Hörfunkanbieter reduzieren sich um 50 Prozent. Zudem steigt die Reichweite der Frequenzen und die Hörqualität verbessert sich. Ein weiterer Vorteil ist die vielfältige Nutzbarkeit digitaler Übertragung. Neben den klassischen Hörfunkprogrammen sind unterschiedlichste Informationsangebote in Form von Laufschrift, Bildern oder Karten denkbar. Die Produktion dieser als Zusatzdienste bezeichneten Angebote könnte sich zu einem einträglichen Wirtschaftszweig entwickeln. Um diese Dienste zu empfangen, benötigt der Radiohörer ein Digitalradio mit großem Display, um so zum Beispiel den Titel des gespielten Songs, ein Bild des Moderators oder die Wetterkarte betrachten zu können. „Auch Pay-Dienste vergleichbar mit Pay-TV sind technisch machbar“, so Ulrich Freyer. Noch einen Schritt weiter denkt Katja Schwertzel, Pressesprecherin des Sendernetzbetreibers Digitalradio West: „Der multimediale Denkansatz bei den Geräteherstellern ist wichtig, nämlich wie sich verschiedene Techniken miteinander verknüpfen lassen.“ Als Beispiel nennt sie ein Kombigerät aus Autoradio und Navigator. Das würde aus ihrer Sicht den Kundenwünschen entsprechen.

Die Praxis: Angebot ohne Nachfrage

Für die privaten Hörfunkanbieter ist das digitale Radio derzeit ein Zuschussgeschäft ohne erkennbaren Nutzen. Einerseits muss der UKW-Sendebetrieb weiterhin aufrecht erhalten werden, da kaum ein Hörer das notwendige Endgerät für die neue Technologie besitzt. „Die Leute sagen, was sie wollen, bekommen sie über UKW“, bilanziert Hagen Ullrich. Auf der anderen Seite gibt es digitale Frequenzen nicht zum Nulltarif, das heißt, die Sender zahlen jetzt doppelt. So ging erst kürzlich ein Aufschrei der Entrüstung durch die sächsischen Privatsender, als die dortige Landesmedienanstalt laut über eine Streichung ihrer Zuschüsse nachdachte. Aber auch finanziell besser situierte Sender wie Radio NRW tun sich schwer. „Wir leisten uns das rein digitale Jugendprogramm Powerradio als Krönchen“, bestätigt Pressesprecherin Ina Neumann. Im Zweifelsfall würden die Prioritäten beim Joberhalt und nicht beim kostenintensiven Digitalprogramm gesetzt, wo keine Wirtschaftlichkeit in Sicht sei. Eine marktgetriebene Entwicklung des Digitalradios hält Joachim Kind, Geschäftsführer der gemeinsamen Stelle digitaler Zugang bei der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), in der Tat für unrealistisch. „Die hochfahrenden Ideen und Erwartungen lassen sich in der gegenwärtigen Marktsituation nicht umsetzen.“ Schlimmer noch, die Branchen hätten sich nicht am Markt orientiert und der Kunde deshalb nicht mitgemacht.
So wundert es kaum, dass von den innovativen Chancen fast kein Gebrauch gemacht wird. Der Zusatznutzen beim Jugendprogramm Powerradio beschränkt sich zum Beispiel auf ein Laufband mit dem jeweiligen Musiktitel und das Logo des Senders. Etwas vielseitiger präsentieren sich die digital übertragenden mitteldeutschen Sender von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt: „Wir bringen zum Beispiel Infos von den Flughäfen und der Bahn, das Wetter und in Kürze die News von der Internationalen Funkausstellung“, zählt Nicola Marquardt auf, Pressesprecherin der Initiative Marketing Digitalradio (IMDR). Nur leider könne diesen Service fast niemand empfangen. „More of the same, das kann es nicht sein, da müssen auch die Programmkonzeptionen völlig neu überdacht werden“, kritisiert Joachim Kind. Solche Angebote könne fast jeder bereits mittels Fernseher abrufen. Gefragt sind echte Neuheiten, die die Kunden zum Kauf der Digitalradios animieren. Aber: „Es muss sich für die Anbieter solcher Zusatzdienste wirtschaftlich lohnen, ihr Programm ins Netz zu speisen.“ Dazu werden Basisdaten benötigt, doch bisher gibt es weder Zahlen über in Haushalten vorhandene Digitalradios, noch werden deren Hörer von den Media-Analysen erfasst.

Das Schwarzer-Peter-Spiel

Obwohl heute bereits in fast jedem Ort Deutschlands mindestens ein digitaler Radiosender zu empfangen ist, herrscht Stillstand. „Die Industrie hat sich nie richtig um das Thema Digitalradio gekümmert, obwohl es seit acht Jahren läuft“, lautet die nüchterne Feststellung von Stefan Kühler, Pressesprecher des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT). „Die wenigen käuflichen Geräte sind zu teuer, und ihnen fehlt das notwendige große Display“, präzisiert Ulrich Freyer. Rund 200 Millionen UKW-Radios stehen in den deutschen Haushalten, jedes davon wird durchschnittlich 10 Jahre alt, mithin ein enormes Potential im Digitalradio-Segment für die Elektronikindustrie. Doch die schiebt den schwarzen Peter an die Hörfunksender ab, weil die Zusatzdienste fehlen und an die Händler, weil sie die Digitalradios nicht in ihr Sortiment aufnehmen. Letzteres bestätigt IMDR-Sprecherin Nicola Marquardt: „Große Händler wie zum Beispiel Saturn stellen nur Geräte auf, die en masse nachgefragt werden.“ Händeringend versucht der IMDR deshalb, Verkaufszahlen vom Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) zu erhalten, um das Marketing forcieren zu können. „Wir haben nicht genug Geld, um große Werbekampagnen à la Mc Donalds zu fahren, also leisten wir Überzeugungsarbeit bei Händlermeetings“, erklärt Katja Schwertzel von Digitalradio West. Dass die halbherzige Lösung der Hersteller, ihre Digitalradios mit winzigen, gerade einmal für Laufbänder geeigneten Displays auszustatten, nicht gerade verkaufsfördernd ist, bestreitet niemand. So setzt Nicola Marquardt ihre Hoffnung auf die neuen Modelle „mit großen Displays wie kleine Internetseiten, bei denen die Leute leuchtende Augen bekommen“. Doch das ist Zukunftsmusik, die nur auf der IFA 2003 in Berlin bestaunt werden kann. Vielleicht wird die ausländische Konkurrenz am deutschen Markt erfolgreicher, zumindest aber wird sie schneller sein. Briten und Koreaner wollen mit portablen Digitalradios, die in ihren Ländern Verkaufsschlager sind, auf Kundenfang gehen.

Der Ruf nach Regulierung

Die Initiative Digitaler Rundfunk (IDR) stellte in ihrem Startszenario 2000 fest: Je schneller die Digitalisierung vollzogen wird, desto größere Marktchancen werden sich für den Rundfunk und neue multimediale Dienste öffnen. „Der Übergangszeitraum von UKW auf Digitalradio wird sicherlich 10 bis 15 Jahre dauern“, schätzt Stephan Ohry, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR). Doch die Doppelversorgung über einen derart langen Zeitraum sei für die privaten Hörfunkanbieter nicht zu stemmen. Deshalb fordert VPRT-Sprecher Stefan Kühler von den Landesmedienanstalten eine Vollförderung des digitalen Engagements. Allerdings sieht die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) nach Aussage von Joachim Kind dafür derzeit noch keinen Handlungsbedarf.
Die Durststrecke wird für die Sender mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit lang: Erfahrungsgemäß benötigt die Einführung eines neuen Systems zunächst rund sieben Jahre, um die kritische Schwelle von fünf Prozent Marktanteil zu überschreiten. Erst danach setzt die Marktdynamik ein, die Ulrich Freyer in Bezug auf das Digitalradio jedoch nicht kommen sieht, „allein schon wegen der fehlenden Zusatzdienste“. Keine Chancen ohne klare politische Vorgaben, lautet sein Credo: „Eine Regulierung im Telekommunikationsgesetz ist notwendig.“ Das schaffe Planungssicherheit, und dann könne zu einem festgesetzten Zeitpunkt das analoge Programm einfach abgeschaltet werden. Doch der Gesetzgeber zögert – nicht zuletzt, weil sich die privaten Hörfunkanbieter an das bewährte UKW-System klammern.
 
Ein Sender ist keine Socke

Aus dem Online-Angebot des DJV:


Ein Sender ist keine Socke

Das neue Hamburger Landesmediengesetz hat hitzige Debatten ausgelöst. Es geht um nichts Geringeres als den Stellenwert und die Aufgaben des privaten Rundfunks in der deutschen Medienlandschaft.

Das Grundgesetz legitimiert die Kulturhoheit der Bundesländer. Der private wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist darin als Kulturgut eingeordnet. Des Weiteren regelt der Rundfunkstaatsvertrag bundeseinheitlich die allgemein verbindlichen Rechtsgrundlagen der Bundesländer. Er definiert unter anderem Grundsätze zur Meinungsvielfalt, zur Werbung und benennt die regierungsfernen Kontrollinstanzen. Präzisiert werden diese Rechtsgrundlagen, auch für den privaten Rundfunk, in den jeweiligen Landesmediengesetzen. „Bisher waren die Unterschiede bei den qualitativen Anforderungen an den privaten Hörfunk in den Ländern gering“, so Victor Henle, stellvertretender Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). Denn es herrschte Konsens, dass den Hörfunksendern eine wichtige Aufgabe bei der öffentlichen Meinungsbildung zukommt. So war es bisher selbstverständlich, die zu erbringenden Mindeststandards bei den Programmen in Bezug auf breit gefächerte Inhalte aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu regulieren. Allerdings lagen die Anforderungen an die Privaten aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Werbeeinnahmen niedriger als diejenigen an die öffentlich-rechtlichen Hörfunksender. Die Einhaltung der Mindeststandards wurde durch die Landesmedienanstalten kontrolliert, die ebenso über die Lizenzvergabe entschieden.

Nun hat Hamburg mit seinem novellierten Landesmediengesetz den Fehde-Handschuh geworfen: Seit dem 12. Juli 2003 in Kraft, enthält es Eckpunkte, die nach Auffassung des DJV und von Rechtsexperten den geltenden Gesetzen und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts widersprechen. Mit Besorgnis registrieren sie den nach ihrer Auffassung inakzeptablen Blickwinkel auf das Medium Hörfunk infolge der Novellierung. „Der Rundfunk muss schon historisch anders betrachtet werden als die Printmedien“, stellt DJV-Justitiar Benno H. Pöppelmann klar. Zudem sei der Stellenwert des Rundfunks als Suggestivkraft im Bereich der Meinungsbildung weitaus höher einzuschätzen. Das Hamburgische Mediengesetz jedoch ordnet die Meinungsvielfalt dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unter. In seiner Begründung heißt es, „dass Zusammenarbeit in allen Aufgabenbereichen, einschließlich gemeinsamer Programmgestaltung, Programmübernahme sowie Programmzulieferung möglich ist“. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine einzige Nachrichtenredaktion kostensparend sämtliche Sender mit einheitlichen Inhalten versorgen könnte. Diese Vorgehensweise war bisher im Sinne der Programm-Autonomie untersagt. Degradiert zur bloßen Ware sieht deshalb Victor Henle den Hörfunk: „Rundfunkproduktion ist keine Sockenproduktion, er wurde immer als Kulturgut gesehen.“ Jetzt sei er von jeder kostenintensiven Belastung durch die Produktion von Inhalten befreit.

Stefan Schwenk, Geschäftsführer bei Radio Hamburg, beurteilt die Neuregelung anders: „Nicht jeder Sender muss alle Meinungen wiedergeben.“ Die kleinen Sender könnten ohne Programm-Kooperationen wirtschaftlich nicht überleben, somit würde dadurch die Vielfalt gesichert. Skeptisch steht dagegen Ulrich Bunsmann, Geschäftsführer bei Alster Radio, den neuen Freiheiten gegenüber: „Eine Kooperation bei den Nachrichten hätte einen Verlust an Programm-Identität zur Folge.“

Allerdings lautet die Frage der Rechtsexperten in Bezug auf die Verfassungskonformität des Hamburgischen Mediengesetzes gar nicht, ob die Privatsender ihre Freiheiten tatsächlich umsetzen, sondern, so Pöppelmann, „ob sie es können“. Kritischer Punkt: Das Hamburgische Mediengesetz setzt den Außenpluralismus unter Einschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Maßstab für Meinungsvielfalt an. Das heißt, die diesbezüglichen Leistungen der privaten wie auch der öffentlich-rechtlichen Sender werden zusammengefasst. Daraus entsteht in der Gesetzesbegründung ein Freibrief für die Gestaltung der privaten Hörfunkprogramme, „solange die Meinungsvielfalt und der Grundversorgungsauftrag durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewährleistet sei“. Das widerspricht nach Auffassung von Werner Dobritz, medienpolitischer Sprecher der Hamburger SPD-Fraktion, klar den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. „Der Inhaber einer Frequenz kann damit eben nicht machen, was er will, er erhält eine limitierte Freiheit mit inhaltlichem Programmauftrag.“ Unter Einbeziehung der öffentlich-rechtlichen Programme würde diese Messlatte klar unterlaufen. In der Tat kann nun jeder Lizenznehmer frei entscheiden, ob er zum Beispiel rund um die Uhr nur Musik senden will. Dobritz: „Damit würden aus Journalisten dann Plattenaufleger.“

Auf wenig Verständnis stößt diese Regelung auch bei der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt. „Unsere Veranstalter sind um den Rechtsrahmen froh“, berichtet deren Sprecher Peter Widlok. „Warum sollen wir so gegängelt werden?“ fragt dagegen Stefan Schwenk mit Verweis auf das alte Hamburgische Landesmediengesetz, das genaue Zeitvorgaben für Programminhalte enthielt. Nach seiner Ansicht regelt der Außenpluralismus den Markt, „das funktioniert bei den Printmedien doch auch“. So sieht es laut Pressesprecher Stephan Kühler auch der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT): „Wir fordern seit vier Jahren eine Öffnung des Marktes.“

Fragen werfen auch andere Neuerungen des Hamburgischen Mediengesetzes auf, so die Deregulierung bei der Werbung. Während der VPRT die Aufhebung der Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung ausdrücklich begrüßt, macht sich DJV-Justitiar Pöppelmann über deren freiwillige Aufrechterhaltung wenig Illusionen: „Wenn man sich die Vielfalt der Werbeformen ansieht, ist es fraglich, ob die Trennung weiterhin eingehalten wird.“ Hier gehe es um ethische Grundsätze des Journalismus. Doch Alster Radio-Geschäftsführer Ulrich Bunsmann versichert: „Ich verwässere doch nicht meine Nachrichtenkompetenz, um mittendrin einen Spot zu senden.“ Er mutmaßt, da habe sich der Gesetzgeber etwas an amerikanischen Gepflogenheiten orientiert. Das letzte Wort in dieser Sache hätten mit Sicherheit die Werbekunden.

Und noch ein anderer Aspekt ruft ein zwiespältiges Echo hervor. Es geht dabei um die Rolle der Landesmedienanstalt, die in Paragraph 5 des Rundfunkstaatsvertrags klar umrissen wird: „Die zuständige Landesmedienanstalt überprüft vor und nach der Zulassung die Einhaltung der für die privaten Veranstalter geltenden Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt.“ Diese Verantwortung sollen nach Maßgabe des Hamburgischen Landesmediengesetzes die privaten Rundfunkveranstalter nun weitestgehend selbst tragen. Dazu der Kommentar von Werner Dobritz: „Statt die Medienanstalten zu stärken, wird ihre Aufgabe auf die Vergabe einer Gewerbeerlaubnis reduziert.“ De facto kann die Landesmedienanstalt nicht mehr kontrollieren, „ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehalten wird“, erläutert Benno H. Pöppelmann die Folgen.

Mit Interesse betrachten Rundfunkveranstalter anderer Bundesländer diese Entwicklung. So weiß Stephan Ory, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR), zu berichten: „Die Abhängigkeit von den Landesmedienanstalten in Bezug auf ein Wohlverhalten wird von manchen Sendern kritisch gesehen.“ Doch etwaige Forderungen seitens privater Hörfunkveranstalter anderer Bundesländer nach ähnlich gestrickten Novellierungen ihrer Landesmediengesetze werden wohl vorerst gestoppt. Derzeit prüfen SPD und Grüne auf Bundesebene die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens gegen das Hamburgische Mediengesetz. Victor Henle: „Vielleicht wird das Bundesverfassungsgericht die Vorgaben bezüglich der Programmvielfalt sogar noch präzisieren.“
 
Konzentration: Ein Radio bleibt selten allein

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Konzentration: Ein Radio bleibt selten allein

Ein Verwirrspiel der besonderen Art leisten sich Multimedia-Unternehmen mit ihren Beteiligungen an privaten Hörfunksendern. Zwischen Macht und Ohnmacht, jedoch immer im Mittelpunkt der Kritik, bewegen sich dabei die Landesmedienanstalten.

Glaubt man den Branchenexperten, dann ist der Hörfunk das Aschenputtel unter den Medien. „Keine Stars, keine Sternchen, keine Visualisierung“, fasst Horst Röper, Geschäftsführer des Formatt-Instituts Darmstadt, das Schattendasein des Radios im öffentlichen Interesse kurz und knapp zusammen. Nicht einmal Wissenschaft und Forschung könnten diesem Medium interessante Aspekte abgewinnen. So verwundert es kaum, dass Daten, Fakten und Analysen weitestgehend Mangelware sind, wenn es um das Thema Konzentration geht. Der Rundfunkstaatsvertrag regelt lediglich für bundesweite Fernsehsender klare Beschränkungen. Es ist Aufgabe der unabhängigen Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), eine wirtschaftliche Machtstellung von Unternehmen oder eine Meinungsmacht einzelner Sender zu verhindern. Folglich sind die Beteiligungsverhältnisse bei den großen Fernsehsendern bis ins Detail bekannt.
Doch so isoliert lässt sich die deutsche Medienlandschaft nicht betrachten, schließlich sind in den vergangenen Jahren immer mehr multimediale Unternehmen entstanden: Als cross-media-ownership werden die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten aus Beteiligungen an Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen und Internet bezeichnet. Prominente Beispiele sind Bertelsmann, Axel Springer AG und Burda. Im Hörfunkbereich kommt neben diesen Verflechtungen eine vertikale Konzentration durch die Anbieter verschiedener Services für Hörfunksender hinzu: Nachrichtenagenturen, Vermarktungsunternehmen, Anbieter von Rahmenprogrammen und Themenblöcken, Betreibergesellschaften. Für sie ist das Geschäft nur dann profitabel, wenn möglichst viele Sender mit gleichen Services beliefert werden können. Als dritte Schiene existiert die horizontale Konzentration, auf der Hörfunkanbieter innerhalb eines Bundeslandes mehrere Sender betreiben und an weiteren Radios beteiligt sind, wie zum Beispiel die Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH (RPR). Diese vielfältigen Verflechtungen kann die KEK aufgrund ihrer vertraglich vorgegebenen Fokussierung auf das Fernsehen nur indirekt beobachten. Trotzdem wies sie bereits in ihrem Medienkonzentrationsbericht 2000 auf eine eingeschränkte Vielfalt lokaler und regionaler Hörfunkprogramme durch Mehrfachlizenzierungen und Angebotsmonopole in einigen Bundesländern hin.

Bis Januar 1997, als der 3. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft trat, galten die Konzentrationsbeschränkungen des Rundfunkstaatsvertrags auch für den Hörfunk. Danach blieb die Regelungskompetenz bei den Bundesländern, denn „der Länder übergreifende Hörfunk war lange Zeit kein Thema“, so Wolfgang Thaenert, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). Der Schwerpunkt bei der Entwicklung des privaten Hörfunks lag von Anfang an im lokalen und regionalen Bereich. Deshalb lenken die Landesmedienanstalten ihren Blick vorrangig auf mögliche Konzentrationen, die sich aus den Beteiligungen von regionalen Zeitungsverlagen an Hörfunksendern oder aber zwischen den Hörfunksendern im jeweiligen Bundesland ergeben. Doch da sieht Thaenert keinen Anlass zur Sorge: „Eine Medienkonzentration hat sich in den einzelnen Bundesländern bislang praktisch noch nicht bemerkbar gemacht.“

Das beurteilt Horst Röper skeptischer und verweist als Beispiel auf die Vormachtstellung der Radio Schleswig-Holstein GmbH: „Die horizontale Konzentration spielt eine erhebliche Rolle.“ Entscheidend sei der – im Verhältnis zum Fernsehen – andere Blickwinkel, der aber erschwert werde, weil „die Erfassung der Konzentrationsdaten aufgrund der regionalen Strukturen einfach gering ist“. Wenn sich bundesweit agierende multimediale Unternehmen an lokalen oder regionalen Hörfunksendern beteiligen, fehlt den einzelnen Landesmedienanstalten schlicht der Überblick. Und DJV-Referent Thomas Traub moniert, dass sie „selbst auf Länderebene die Beteiligungsverhältnisse kaum ausweisen“.
 
Die Hörfunkszene kommt in Bewegung

Aus dem Online-Angebot des DJV:


Die Hörfunkszene kommt in Bewegung

Es scheint, als spiele der private Hörfunk kaum eine Rolle angesichts der Vormachtstellung des Fernsehens. Doch der Eindruck täuscht: Auf der einen Seite unterstreichen täglich rund 28 Millionen Hörer von privaten Radioprogrammen deren Beliebtheit und wichtige Rolle im Medienkanon. Die andere Seite besteht aus den wirtschaftlichen wie marktstrategischen Interessen von Multimedia-Unternehmen und Zeitungsverlagen. „Radio ist eine entwicklungsfähige Branche, deren Potential sowohl wirtschaftlich als auch qualitativ noch nicht ausgeschöpft ist“, bestätigt Jürgen Filla, Geschäftsführer von RTL Radio Deutschland. Dass ihr Interesse zu einem Zeitpunkt erwacht, da die Vergabe von Senderlizenzen im Wesentlichen längst abgeschlossen ist, stimmt nur auf den ersten Blick. „Damals gab es Strohmänner, über die man ins Geschäft kam“, erklärt Madsack-Geschäftsführer Friedhelm Haak. Heute gehe es dagegen um die Zukäufe von Beteiligungen, denn angesichts der Medienkrise würden kleine Gesellschafter aussteigen. „Jetzt sind die finanzkräftigen Konsortien plötzlich wieder gefragt“, merkt Haak nicht ohne Bitterkeit an.

Das zunehmende Interesse von Verlagen, Madsack und Rheinische Post halten zum Beispiel je neun Senderbeteiligungen und DuMont acht Beteiligungen, kann sich Medienexperte Röper nicht erklären: „Die ursprünglich gedachten Synergieeffekte zwischen Hörfunk und Zeitung funktionieren nicht.“ Und auch für die Sicherung des Werbemarktes seien Beteiligungen nicht notwendig. Welche Beweggründe stattdessen eine Rolle spielen, darüber herrscht seitens der Verlage eisernes Schweigen. Friedhelm Haak mag sich zu strategischen Überlegungen demgemäß nicht äußern und ist stattdessen bemüht, das Hörfunk-Engagement von Madsack zu relativieren: „Bei uns ist das Peanuts, die paar Beteiligungen spielen wirtschaftlich kaum eine Rolle.“ Doch aus dem größten niedersächsischen Zeitungsverlag entsteht Zug um Zug ein weiteres Multimedia-Unternehmen. Denn zu seinem Kerngeschäft im Printbereich mit 17 Tageszeitungen und 10 Anzeigenblättern haben sich, ebenfalls als Tochterunternehmen oder über Beteiligungen, neben dem Hörfunk noch vier Engagements im Internet und drei bei Fernsehsendern gesellt.

Die big player am Hörfunkmarkt agieren offener. Die zu Bertelsmann gehörende RTL Group mit ihrer Tochter RTL Radio Deutschland hat 2002 ihr Engagement durch die Übernahme von 12 Beteiligungen der Holtzbrinck-Tochter AVE auf ingesamt 19 Sender drastisch erhöht. Geschäftsführer Filla betont, dass „Radio einen wichtigen Strang des Gesamtportfolios der RTL Group darstellt“. Mit der Übernahme ist die RTL Group in 14 Bundesländern präsent und hat der Axel Springer AG den Rang abgelaufen. Die lag bis dahin mit 17 Beteiligungen vorn. Und will man den öffentlichen Äußerungen des Springer-Vorstands Hubertus Meyer-Burckhardt glauben, ist nun das Wettrennen zwischen den Konzernen um den Erwerb weiterer Beteiligungen eröffnet. So griff Springer in Hessen zu und stockte die Beteiligung an der Radio FFH GmbH von 12,5 auf 15 Prozent auf.

„Erst durch die RTL-Aktivitäten ist Konzentration im Hörfunk überhaupt zum Thema geworden“, so Thomas Traub. Gleichzeitig sei das Dickicht der Beteiligungen und Querverbindungen kaum durchschaubar. Genau das ist der springende Punkt: Die überwiegende Mehrheit der Hörfunksender befindet sich im Besitz jeweils mehrerer Anteilseigner, die sich zum Teil wiederum aus Beteiligungsgesellschaften zusammensetzen. In Bayern zum Beispiel kommen auf einen Hörfunkanbieter im Schnitt drei bis fünf Gesellschafter. Will einer von ihnen seine Anteile verkaufen, verfügen die Mitgesellschafter meist über ein Vorkaufsrecht und können so ihre prozentualen Anteile bequem aufstocken. „Solche Transaktionen müssen uns gemeldet und von uns genehmigt werden“, erklärt Wolfgang Flieger, Pressesprecher der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Er beobachtet, dass „größere Anteilseigner immer häufiger Beteiligungen von kleinen Gesellschaftern übernehmen“. Auf der anderen Seite bewirken die Übernahme-Aktionen von Multimedia-Unternehmen auch Gegenwind. So erhielt RTL durch das AVE-Paket eine 15-prozentige Beteiligung am Münchner Radio Gong. „Die kleinen Gesellschafter wollten RTL nicht mit im Boot haben“, berichtet Wolfgang Flieger. Deshalb habe die BLM dafür gesorgt, dass sich RTL von seinen Anteilen trennt.

Wenig begeistert zeigt sich auch die ebenfalls betroffene Burda Broadcast darüber, dass bei BB Radio plötzlich ihr Konkurrent RTL mit am Tisch sitzt. „Alle Anteilseigner wollen mitreden, jeder seine eigenen Interessen bei den Hörfunksendern durchsetzen“, beschreibt Friedhelm Haak die aus seiner Sicht inakzeptablen Beteiligungsstrukturen und damit hohen Konzentrationshürden, die durch die Landesmediengesetze vorgegeben seien. „Der deutsche Hörfunkmarkt krankt daran, dass es weitaus mehr Gesellschafter als Programme gibt“, bestätigt Filla. Allerdings sei es auch gut, Gesellschafter mit am Tisch sitzen zu haben, die mit den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Region vertraut seien.

Im Fokus des unternehmerischen Unmuts stehen die Kompetenzen der Landesmedienanstalten genauso wie die dazugehörige Medienpolitik der Bundesländer. Einerseits müssen sich multimediale Unternehmen, wie die RTL Group im Zuge der AVE-Übernahme, die Genehmigung jeder Landesmedienanstalt einholen, in deren Kompetenzbereich die einzelnen Sender fallen. „Eine föderale Struktur ist nicht das beste Modell zur Entwicklung des privaten Hörfunkmarktes“, kritisiert Jürgen Filla. Andererseits wächst der Druck seitens der Unternehmen und Verlage auf die Landesregierungen, mehr Konzentration durch liberalere Gesetze zu ermöglichen. „Wir machen Lobby-Arbeit für veränderte Rahmenbedingungen“, sagt Kirsten Schade, Pressereferentin des Marktführers Radio Marketing Service (RMS), ganz offen. Eine Strukturdebatte sei notwendig, denn die Werbewirtschaft wolle bundesweite Sendeformate. Für potente Werber wie zum Beispiel McDonalds müsse man zumindest in jedem Bundesland präsent sein, das sei bislang sehr schwierig zu organisieren. Eine weitere Konsolidierung sei zwingend notwendig, betont auch RTL-Geschäftsführer Filla: „Wir können Radio nur an einen adäquaten Platz im Werbemarkt führen, wenn die unwirtschaftliche Kleinstaaterei aufhört.“

Gegen lokale Hörfunksender sprechen sich derzeit bayerische Zeitungsverleger aus. Sie wollen, dass „größere Verbreitungsgebiete entstehen, die identisch wären mit denen der großen Tageszeitungen“, berichtet BLM-Sprecher Wolfgang Flieger. Zudem werde aus Kostengründen laut über die Möglichkeit nachgedacht, die Rundfunkredakteure bei den Lokalradios durch eine zentrale Nachrichtenredaktion für alle bayerischen Privatsender zu ersetzen. Um solche Forderungen in die Praxis umsetzen zu können, müsste das bayerische Mediengesetz ähnlich dem in Hamburg novelliert werden. Dabei stellen bereits jetzt wachsende prozentuale Beteiligungen einzelner Zeitungsverlage an lokalen Hörfunksendern ein Konzentrationsrisiko dar. Auf verstärkte Synergien zwischen den Hörfunksendern setzt RTL ebenfalls. Die Spannbreite der Kooperationen reiche von der Nachrichtenzulieferung über das Voice-Tracking und die Vorproduktion kompletter Sendungen bis hin zur Adaption erfolgreicher Promotionkonzepte. Filla: „Wir arbeiten fortlaufend daran, neue Synergien herzustellen und bestehende zu nutzen.“ Welchen Stellenwert Programminhalte für ihn einnehmen, stellt er ebenfalls klar: „Wir verstehen Meinungsvielfalt im Medium Radio als Geschmacksvielfalt, und die lässt sich gerade im Bereich Musikprogramm hervorragend transportieren.“

DJV-Experte Traub befürchtet Schlimmes: „Es wäre verheerend, wenn das Privatradio zum Dudelfunk verkommt.“
 
So sieht es nicht nur beim privaten Hörfunk, sondern in den meisten Branchen inzwischan aus. Tarifverträge werden gekündigt, soziale Verantwortung wird ausschließlich den Schwächsten aufgebürdet.

Ironischerweise hat die Mentalität, die zu der "Verarschlochung" unserer Gesellschaft führt, ihre Wurzeln in der politischen Denke, die auch die Einführung des Privaten Hörfunks vorantreib.

Mit anderen Worten, bevor mir hier wieder Niveaulosigkeit vorgworfen wird: Die politische Richtung, die gerne auf öffentliche und staatliche Leistung hinunterschaut, welche unter dem banner läuft "Private können es besser", die den Staat am liebsten ganz zurückdrängen möchten, die Steuern auf fast 0 redizieren wollen, die von ihrer eigenen Stärke überzeugt waren -- haben so lange Recht bekommen wie es gut lief, die Aktiendepots (auf dem Papier) zu ungeahnten Maßen schwellten und jeder sich vorkam wie ein Tiger unter Tigern.

Der Realitätsschock aber kam unvermeidlich: Plötzlich merken die Menschen, dass sie doch nur Schafe unter Wölfen sind. Wer vor fünf Jahren noch Forderungen stellen konnte, der darf heute Bücklinge vollführen und verlängerte Rücken küssen, damit er seinen Arbeitsplatz behält. Natürlich ohne Weihnachts- und Urlaubsgeld und ohne alles.

Es fehlt noch etwas die Einsicht, dass die Situation, unter welche wir heute alle Leiden, eine hausgemachte ist. Gerne schieben wir es auf "Rot-Grün" ab, wie es der Zufall will sind sie gerade an der Macht. Hätte 2002 Stoiber gewonnen, würden wir jetzt alle auf ihn schimpfen und seine Handlungsunfähigkeit und leeren Versprechungen und vor allem seine Ziellosigkeit kritisieren.

Wir haben uns in der Vergangenheit unser eigenes Grab geschaufelt, jetzt müssen wir uns nicht wundern, wenn es einigermaßen hart ist, wieder aus der Grube herauszukommen. Wobei nicht gesagt ist, dass wir es nicht schaffen können. Keine Mießmacherei, wenn der Karren schon im Dreck steckt.

Allerdings können nur wir was ändern, und nicht die übergoßen Egos, die überall an den Hebeln sitzen und vor zynischem Egoismus und Verantwortungslosigkeit nur so strotzen.
 
Bemerkenswert. Hier schafft es jemand doch glatt, sich in strenger Kürze zu einer Überfülle von Artikeln zu einem Thema zu äußern, zwar etwas allgemein, aber treffend.
Die DJV-Artikel sind ja alle rechtinteressant und zeigen einige Hintergründe auf. Aber der wichtigste Grund der Privatfunk-Misere liegt sicher nicht im System Pivatfunk selbst. Schön wär's für die Prinzip-Hasser des P-Funks. Ist aber eben nicht so.
Also mal nach vorne schauen, Konzepte ausarbeiten, an ihre Umsetzung glauben und anfangen. Was die sozialen Rahmenbedingungen angeht, werden wir sie wohl so schnell ändern, wie wir die jetzigen Bedingungen geschaffen haben.
db

PS: Der DJV besitzt doch immer wieder eine gewisse Realitätsferne. Zitatwiederholung:
DJV-Experte Traub befürchtet Schlimmes: „Es wäre verheerend, wenn das Privatradio zum Dudelfunk verkommt.“
Ein Hoch auf den Konjunktiv! :rolleyes: :rolleyes: :rolleyes:
 
Wegen der "Überfülle von Artikeln" nur ein paar Anmerkungen:
Hartmut Glaesmann, Geschäftsführer bei Radio NRW: „Unsere Media Analyse wird jetzt auch die wichtige Altersgruppe der 3 – 14jährigen erfassen, damit wir uns gegenüber Werbekunden optimal präsentieren können.“
Na, dann steht doch der erwünschten qualitativen Aufwertung des Privatradios wirklich nichts mehr im Wege...
Die meisten Landesmedienanstalten verfolgen die jüngsten Entwicklungen kritisch und pochen darauf, dass die privaten Hörfunksender einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen haben. Die aktuelle Studie im Auftrag der Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern zeigt die Einsparungen bei den journalistischen Beiträgen zugunsten von Gewinnspielen und gesponserten Beiträgen auf. „Die Sender dürfen nicht zur Jukebox verkommen“, so Peter Widlok, Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien (LFM).
Wo war der Mann in den letzten fünf bis zehn Jahren, daß er diese Entwicklung anscheinend verschlafen hat? Und was tun die LMAen dagegen? Nichts. Wenn erst einmal die Lizenz vergeben ist, darf de facto jeder machen, was er will.
Gerade ist in Hamburg das neue Landesmediengesetz in Kraft getreten, das den ortsansässigen Sendern womöglich einen Bärendienst erweist.
Das werden die Sender dann schon merken, wenn ihnen mangels Informationsanteil die Hörer weglaufen. Und im übrigen setzt das neue Gesetz in HH nur um, was überall sonst auch Praxis ist - siehe meine vorige Anmerkung.
Der Verband setzt nun auf ein Normenkontrollverfahren, damit Mindeststandards, wie in den anderen Bundesländern üblich, wieder Gültigkeit erlangen.
Schade nur, daß man von diesen angeblich überall gültigen Mindeststandards so gar nichts zu merken ist.
„Der Inhaber einer Frequenz kann damit eben nicht machen, was er will, er erhält eine limitierte Freiheit mit inhaltlichem Programmauftrag.“
Das mag ja in HH bislang so gewesen sein (was ich nicht glaube), aber in Berlin ganz sicher nicht. Oder aber es ist so und keiner kümmert sich drum - siehe meine Anmerkung zu den LMAen weiter oben.
Es geht dabei um die Rolle der Landesmedienanstalt, die in Paragraph 5 des Rundfunkstaatsvertrags klar umrissen wird: „Die zuständige Landesmedienanstalt überprüft vor und nach der Zulassung die Einhaltung der für die privaten Veranstalter geltenden Bestimmungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt.“
Ha, ha, ha!
Ironischerweise hat die Mentalität, die zu der "Verarschlochung" unserer Gesellschaft führt, ihre Wurzeln in der politischen Denke, die auch die Einführung des Privaten Hörfunks vorantreib.
Und die Alternatve wäre gewesen? Weitere 40 Jahre Beamtenfunk ohne Konkurrenz?
 
"klar umrissen" - und wieder eine dieser schönen pseudojournalistischen Floskeln, die nichts sagen und doch so schön klingen.

Nein, Makeitso, die Alternativen wäre gewesen:
Alternative A Keine LMAen, die sich zum Affen machen oder machen lassen. Ganz weg mit ihnen, das wäre wenigstens konsequent gewesen, wenn man sich den heutigen Zustand der Privatsender anschaut.
Alternative B LMAen tun, was ihnen der Gesetzgeber vorgibt und überprüfen regelmäßig die Erfüllung der "Mindeststandards", die dann allerdings einer inhaltlichen Festlegung bedürften.
db
 
@ beobachter:

In diesen beiden Punkten sind wir uns einig, wie Du meinen Anmerkungen weiter oben sicherlich entnehmen kannst, aber darum ging es gar nicht.

alqaszar postete, "die Mentalität, die zu der 'Verarschlochung' unserer Gesellschaft" führe, habe "ihre Wurzeln in der politischen Denke, die auch die Einführung des Privaten Hörfunks vorantrieb"; darauf bezog sich meine Frage, was seiner Ansicht nach die Alternative, nämlich zur Einführung des privaten Rundfunks, sei oder gewesen sei.
 
@ Makeitso,

danke für die Zusammenfassung und passende Kommentare. Ging mir auch so beim Überfliegen.

Ich wette, die meisten Menschen wissen gar nicht, das es LMAs gibt (was immer in denm Falle L.M.A. auch heißen mag!)!

"Wow, diese Nachrichten waren ja länger als 2 Minuten und ne Messerstecherei war auch nich bei"
 
Klotzkopf:

Das interessante an diesem Thread ist, daß die LaberTasche bisher nur zitiert hat. Oder ich konnte die selbstverfaßten Anmerkungen in diesem herrlichen Unfug noch nicht lokalisieren.
 
Sorry Makeitso, dann habe ich dein Posting vorhin nicht gecheckt. Aber jetzt habe ich es auch geblickt und verbleibe damit genauso ratlos wie du mit alkis Posting.
db
 
In anderen Diskussionsboards ist das Einstellen von überlangen Pamphleten zu Recht verpönt. Ein Link auf die Quelle sowie ein kurzer Extrakt plus eigene Meinung (!) machen mehr Sinn.
 
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in der Tat befindet sich der private Hörfunk in Deutschland derzeit in einer schweren Kriese. Man kann es sich in unserem Land abgewöhnen, Privatradios zu hören. Warum? Na ganz einfach. Ich frage mich allen Ernstes: Wo ist das noch Vielfalt, wenn von 33 in Berlin und Brandenburg ausgestrahlten privaten Hörfunksendern ganze 30 Programme meist englische Hits dudeln? Das hat mit Vielfältigkeit gar nichts mehr zu tun. Statt Musik in deutscher Sprache zu senden, wird lieber Hottentottenmusik ausgestrahlt. Fragt sich nur: Ist das Deutschland oder England/Amerika? Nichts gegen Amerika oder England, aber bei aller Liebe zur Musik, muss das sein? Ich glaube nicht, dass es in Amerika oder in England auch nur ein Viertel soviel private Radios mit deutschsprachigem Musikangebot gibt, wie in Deutschland mit englischer Musik.
 
Ist ja wie bei Hempels hier!

Hottentottenmusik? Lustig, das kommt mir etwas unzeitgemäß vor. Ist das 60er Jahre-Vokabular wieder im Kommen? Naja, aber solange Du nicht eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl deutschsprachiger Musiktitel in allen Radios befürwortest, ist Dein Ansatz wohl gar nicht sooo schlecht.
 
Ich bin momentan noch am rätseln, was ich kurioser finde....
- dass jemand, der deutsche Weisen statt "Hottentottenmusik" (womit er anscheinend angloamerikanische Musik meint) fordert, sich selbst ganz auf ausländisch "DJ100" nennt oder
- dass diese aufs Deutsche bedachte Person "Krise" mit "ie" schreibt oder
- dass diese Person in einem anderen Thread einen Schlagersender starten möchte und glaubt damit erfolgreich zu sein....

Die Jasemine muss da wohl noch etwas drüber nachdenken. Vielleicht legt sie sich dazu etwas passende schwarze Musik auf. Roberto Blanko oder so.... oder doch was weißes? Vielleicht die Jungs von WIZO mit dem Titel "Das goldene Stück Schei*e geht an Dich".
 
Lösung:

Gebt den Privaten einen Anteil aus der Hörfunkgebühr in Höhe des Anteils der ör Radios am Werbeaufkommen.

Dann hätten wir einen Schritt in Richtung Waffengleichheit getan.
 
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