Radio in der Literatur

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Mannis Fan

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Folgendes kleine Zitat aus einem Werk der Weltliteratur:

"Es war aber ein Radioapparat, den er da aufgestellt hatte und in Gang brachte und sagte: "Man hört ::: das Concerto grosso in F-dur von Händel".
In der Tat spuckte, zu meinem unbeschreiblichen Erstaunen und Entsetzen, der teufliche Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer und Abonennten des Radios übereingekommen sind, Musik zu nennen - und hinter dem trüben Geschleime und Gekrächze war wahrhaftig, wie hinter dicker Schmutzkruste ein altes köstliches Bild, die edle Struktur dieser göttlichen Musik zu erkennen, der königliche Aufbau, der kühle, weite Atem, der satte breite Streicherklang.
"Mein Gott", rief ich entsetzt, "was tun Sie?" Ist es Ihr Ernst, dass Sie sich und mir diese Schweinerei antun? Dass Sie diesen scheußlichen Apparat auf uns loslassen, den Triumph unserer Zeit, ihre letzte siegreiche Waffe im Vernichtungskampf gegen die Kunst?..." (...)
(Er) sagte: "Achten Sie darauf, wie diese irrsinnige Schallröhre scheinbar das Dümmste, Unnützeste und Verbotenste von der Welt sendet und eine irgendwo gespielte Musik wahllos, dumm und roh, dazu jämmerlich entstellt, in einen fremden, nicht zu ihr gehörenden Raum hinein schmeißt - und wie sie dennoch den Urgeist dieser Musik nicht zerstören kann, sondern an ihr nur ihre ratlose Technik und geistloses Betriebmacherei erweisen muss."

Ein Schriftsteller mit Weitblick? Findet jemand heraus, aus welchem Buch und von welchem Autor der Auszug stammt?
Und vielleicht hat ja jemand Lust, weitere Radiopassagen aus der Weltliteratur einzustellen.
 
Ui, Radioforen jetzt nicht nur mit dem beliebten Musik- sondern auch einem Literatur-Quiz.
Dann will ich mal lösen:

Hermann Hesse - Der Steppenwolf

Und da Teasen zum Radio gehört, kann ich ankündigen, dass es nach der Klärung eines Sachverhaltes in der Nostalgie-Ecke demnächst einen Fred in Sachen Literatur geben wird.
 
Na, dann auch ein Zitat mit Bezug zum Radio aus meinem Bücherregal:
Ich erinnere mich genau an jene Zeit, Parteitag in Nürnberg, wir saßen vor dem Radio, Verkündung der deutschen Rassengesetze. Im Grunde war es Hanna, die damals nicht heiraten wollte; ich war bereit dazu.
 
Da wird aber überraschend oft ein Radio erwähnt, auch in einer Schlüsselszene (nicht die folgende).
Zu den glücklichsten Minuten, die ich kenne, gehört die Minute, wenn ich eine Gesellschaft verlassen habe, wenn ich in meinem Wagen sitze, die Türe zuschlage und das Schlüsselchen stecke, Radio andrehe, meine Zigarette anzünde mit dem Glüher, dann schalte, Fuß auf Gas; Menschen sind eine Anstrengung für mich, auch Männer.
Und @OnkelOtto sollte auch wegen seines früheren Arbeitgebers eine Chance haben.
 
@schneeschmelze und @Grasdackel
homo faber, Max Frisch

Jetzt darf aber der Klassiker aller Klassiker nicht fehlen: Heinrich Bölls: Doktor Murkes gesammeltes Schweigen.
Es beginnt mit dieser Versuchsanordnung:
"Nun hatte Murke seit zwei Tagen aus einem besonderen Grund auf sein Angstfrühstück verzichtet: er hatte schon um acht ins Funkhaus kommen, gleich in ein Studio rennen und mit der Arbeit beginnen müssen, weil er vom Intendanten den Auftrag erhalten hatte, die beiden Vorträge über das Wesen der Kunst, die der große Bur-Malottke auf Band gesprochen hatte, den Anweisungen Bur-Malottkes gemäß zu schneiden. Bur-Malottke, der in der religiösen Begeisterung des Jahres 1945 konvertiert hatte, hatte plötzlich "über Nacht", so sagte er, "religiöse Bedenken bekommen", hatte sich "plötzlich angeklagt gefühlt, an der religiösen Überlagerung des Rundfunks mitschuldig zu sein", und war zu dem Entschluß gekommen,
Gott, den er in seinen beiden halbstündigen Vorträgen über das Wesen der Kunst oft zitiert hatte, zu streichen und durch eine Formulierung zu ersetzen, die mehr der Mentalitat entsprach, zu der er sich vor 1945 bekannt hatte; Bur-Malottke hatte dem Intendanten vorgeschlagen, das Wort Gott durch die Formulierung "jenes höhere Wesen, das wir verehren" zu ersetzen, hatte sich aber geweigert, die Vorträge neu zu sprechen, sondern darum gebeten, Gott aus den Vorträgen herauszuschneiden und "jenes höhere Wesen, das wir
verehren" hineinzukleben...."


Hier ist der Link zum Free-pdf:
https://epdf.pub/dr-murkes-gesammeltes-schweigen183f3fb24a7996ea73a677937c85bbe642612.html
 
Der Plattenverkäufer beim »Musikhaus Bornstedt«, Herr Vandenberg, hatte mal erzählt, dass »die von Radio Luxemburg« jede Woche bei ihm anriefen, um nach den Verkaufszahlen für ihre Hitparade zu fragen. Der Typ war ein eingebildeter Sack. Obwohl ich nicht verstand, weswegen eigentlich. Er trug eine Brille, hinter der er so aussah wie ein Chamäleon, und hatte immer Halstücher um. Das fand er, glaube ich, draufgängerisch. Radio Luxemburg, meine Fresse, da wusste man ja sowieso schon gleich Bescheid. Karel Gott oder was?
Neueröffnung des neuen coolen Plattenladens:
Steffi und ich gingen in den Laden, und ich kam endlich mal dazu, nach der Talking-Heads-Platte zu suchen, die ich auf BFBS gehört hatte und auf die ich seit Wochen scharf war: »More Songs About Buildings and Food«.
 
Wie wär´s als Orientierungshilfe mit einem kurzen Zitat? Weil man aus dem Klappentext des Verlags nicht wirklich entnehmen kann, wo da "Radio in der Literatur" stattfinden wird. Dort heißt es:
Zwischen diesen beiden Polen, der Möglichkeit des Todes und der Möglichkeit der Liebe, spitzen sich die Ereignisse immer weiter zu, geraten außer Kontrolle und stellen Motte vor unbekannte, schmerzhafte Herausforderungen. Doch zum richtigen Zeitpunkt sind die richtigen Leute an Mottes Seite und tun genau das Richtige. Und er selbst schaut den Dingen mutig ins Gesicht, mit scharfem Blick und trockenem Witz.
Die Figuren dieses Ausnahmeromans wird man nicht mehr vergessen, die Schornsteinfegerin Steffi, Elvis, den lebensklugen Bademeister mit den langen Koteletten, Neandertal-Klaus, und selbst den lustbetonten Sozialkundelehrer Meinhardt. Denn sie und all die anderen zeigen uns durch die Erzählkunst des Schriftstellers Matthias Brandt die Komik und die Tragik des Lebens, ihres Lebens in einer kleinen Stadt in den 70ern, aber auch unseres. Und wir können es sehen, ganz deutlich.
Quelle: https://www.kiwi-verlag.de/buch/blackbird/978-3-462-05313-5/
 
Nun ja, Weltliteratur wäre etwas hoch gegriffen, aber in fast jedem Schmöker des Bestsellerautos Stephen King werden, meist mehrmals, Radiosender erwähnt. Der Mann hat wohl ohnehin einen Bezug zum Medium, ist er doch selbst im Besitz dreier Rundfunksender in seinem Heimatort.
 
a) Der Thread heißt nur "Radio in der Literatur", da steht nix von "Welt", die wurde erst später ins Spiel gebracht.
b) Niemand hat definiert, dass "Radio" im Roman ein Hauptthemen sein muss.
c) Ich fand die Stelle in dem Roman, dessen Lesefassung ich gestern hörte und nur empfehlen kann (besonders die Stelle, an der der jugendliche Held einen Liebesbrief an seine Angebetete entwirft) für Leute dieser Generation wunderbar nachvollziehbar.
 
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