Gerade ein Mixtape war, als dies das Mittel der Wahl war, um auf dem Schulhof und unter Freunden für Eindruck zu schinden - oder der Herzensdame unverfänglich ein subkutanes Erlebnis zu bereiten („ich hab Sir da mal was aufgenommen“), immer eine aufwendige Angelegenheit, wenn man es richtig gemacht hat.
Hier, geschrieben von einem der „Generation Mixtape“ eine Zusammenfassung. Wir verorten uns in die Zeit, als CD-Player und CDs verfügbar waren, man aber den Großteil „seiner eigenen Musik“ auf Vinyl erworben, ausgeliehen-kopiert oder aus dem Radio mitgeschnitten hat.
Kassettenlaufwerke waren allgegenwärtig.
Für ein gutes Mixtape brauchte man:
a) Eine gute Musiksammlung, die sich „abhob“.
a.1) Entweder hatte man die Kohle für LPs und Singles oder es griff…
a.2) … eine gut sortierte Stadtbibliothek mit Tonträgern, die alle Bekannten eben nicht hatten, das bedingte aber…
a.3) … einem hochwertigen Tonbandgerät oder zumindest einem sehr guten Kassettenrekorder, um sich eine Privatkopie anzufertigen.
Alternativ wurde Mitgeschnitten, was das Zeug hielt, und wo möglichst wenig „reingequatscht“ wurde. AFN vom großen Feldberg war damals mein Mittel der Wahl, wenn die Sendungen aus Deutschland kamen, die Zuführung des Mantelprogramms aus den USA hatte damals eine bescheidene Qualität.
Die Musik war also grundsätzlich zusammen, dann kam Schritt b…
b) Leerkassetten beschaffen. 10er-Pack Maxell XL II C-90 für 20 Mark beim örtlichen Händler.
b.1) die frische Kassette einmal leer abspielen und die Zeit von Start zu Autostop des Rekorders mir der Stopuhr stoppen (üblicherweise kamen da 46‘xx“ raus). Notieren und insgesamt 10“ für die Vorspannbänder abziehen.
Nun also Schritt c. Zusammenstellen der Musik unter der Beachtung der in b ermittelten Laufzeit der Kassette, der schwierigste Part.
Das Tape muss fulminant starten (wie der erste Song einer Sendestunde) am Ende der A-Seite einen „Cliffhanger“ bieten, damit der Rezipient (oder „die Holde“) sich die B-Seite auch noch gibt; jene sollte anknüpfend an das auf „A“ gehörte anschließen - „zumindest nix völlig anders da aufnehmen“. Dann noch „B“ so zu Ende bringen, dass die hörende Person die Kassette ganz durchlaufen lässt und auch noch Lust bekommt, sich eine weitere Kassette anzuhören, die man zusammengestellt hat.
Es werden alle in Betracht kommenden Musikstücke nach Gusto und den obrigen Kriterien sortiert, die Längen werden aufgerechnet, damit man möglichst, ohne Schnitt (falls ein entsprechendes Tonbandgerät verfügbar war) und ohne einen Titel verfrüht auszublenden, zweimal auf die Länge einer (b.1 ermittelten) Kassettenspieldauer kommt.
Last but not least: die Aufnahme. Für das ideale Mixtape benötigt man:
d) idealerweise zwei Audioquellen (Plattenspieler-Plattenspieler, Plattenspieler-Tonband, Plattenspieler-zweites Kassettendeck…) oder alle Kombinationen daraus, wenn man wirklich „mixen“, im Namen von „Mixtape“, will. Sonst ist „Pausentasten-eng-gefahrenes-Tape“. Geht aber auch, wenn man geschickt ist und das Deck „sauber“ von „Rec-Pause“ auf „Rec-Play“ geht.
d.1) ein Mischpult, dass mindestens zwei Stereoquellen kann und dessen Kanäle über eine Vorhörfunktion verfügen.
d.2) natürlich ein gutes Kassettendeck, sonst ist‘s ja vergebene Liebesmüh.
d.3) Kopfhörer (primär Vorhören)
d.4) Konzentration und ggf. zwei Flaschen Bier (eine pro Kassettenseite, während man in Echtzeit aufnimmt).
d.5) „bist Du ein Dolby-B- oder ein Dolby-C-Mädchen, oder magst Du es lieber ‚straight‘“

. Die Wahl eines Kompandersystems - gerade, wenn das Tape an „die Holde“ rausgeht, muss die Qualität besser sein, als man selber aussieht.
… und immer wieder d.6) - vor jeder Aufnahme akribisches Einstellen des Bias des Kassettenrekorders, es sei denn, man hat(te) ein Gerät mit automatischer Einmessfunktion. Sichtprüfung der Bandführung, regelmäßiges Reinigen der Tonköpfe, des Bandtransports; regelmäßiges Entmagnetisieren der Tonköpfe und der metallischen Teile im Bandtransportweg…
Dann noch e) aus den in in c) (zusammenstellen der Musik) angefertigten Notizen den Kassetteneinleger mit hochwertigem Filzstift in möglichst schöner Schrift ausfüllen, die beigelegten Aufkleber beschriften und, nach individueller, mechanischer Fähigkeit gerade auf die Kassette kleben.
Einen kleinen Schraubendreher hernehmen und die Löschschutzlaschen aus dem Kassettengehäuse brechen. Ab in die Hülle, fertig, und stolz übergeben.
Warum ich Euch damit langweile?! Wer das jetzt alles freiwillig gelesen hat, bekommt eine Ahnung davon, was man unter „Mixtape“ versteht, wenn man aus der „Generation Kassette“ stammt es ernst meint. Hoffentlich meint „Radio Mixtape“ es vom Aufwand her genau so ernst, sonst können sie sich auch gerne „Radio Sendeablaufsteuerung Playlist“ nennen.