Hallo Honkey,
Deine Frage ist gut und hilfreich, denn sie zeigt verschiedene Dinge auf. Zum einen wirkt sie fast realsatirisch konstruiert, denn sie enthält die Klischee-Aussagen eines radiofaszinierten Menschen von heute
("will moderieren", "hab Webradio gemacht", "machs auch umsonst").
Zum anderen auch wieder vernünftig die Frage in einem Forum wie diesem zu stellen. Eine gute Gelegenheit die Stellung des Moderators in der deutschen Radiolandschaft zu diskutieren.
Moderatoren haben im Laufe der letzten Jahrzehnte durch die technische Entwicklung der Audiodigitalisierung und der automatischen Sendeablaufsteurungen auf der einen Seite und ein Umdenken bei inhaltlichen Ansprüchen auf der anderen Seite an Relevanz verloren. Hinzu kommt, dass es mehr Radiosender und mehr Medien insgesamt gibt und das einzelne Programm nicht mehr so marktbeherrschend wie früher sein kann. Radiostars von heute haben ihren Status größtenteils zu Zeiten erlangt, als noch (sagen wir mal) handgemachtes und (sagen wir mal) monopolistisches Radio produziert und gehört wurde (gehört werden mußte). Heute müssen schon sehr viele Faktoren zusammenkommen, um als Radiomoderator wirklich wer zu sein. Das heißt es gibt externe (von der Hörerseite) und interne (innerhalb der Radiosender) Gründe dafür, die dafür sorgen, dass Hörfunkmoderatoren nicht mehr so wichtig sind, wie es noch vor 20 Jahren war.
Hinzukommt der dritte Grund, dass "moderieren" heute für die Macher selbst etwas anderes ist als früher. Früher überwiegend: live, journalistisch, persönlich; heute vielfach: vorproduziert, promotionorientiert, oberflächlich. Das hat die Motivation vieler DJs zerstört (menschlich verständlich, aber unprofessionell, denn auch vorproduzierte Promotion kann man kreativ und mit Liebe machen).
Das stört Dich nicht? Oder zieht Dich sogar an? Wunderbar! Aber sei auf der Hut!
Viele (junge wie alte) Moderatoren glauben aber noch an die (gute?) alte Zeit und merken nach einigen Jahren, dass man sie nicht mehr braucht und wegwirft. Radio ist eine seltsame Branche, da hier vielfach jahrelang aufgebaute Kompetenz, erworbene Berufserfahrung plötzlich nichts mehr wert ist und der 45jährige Mod gegen jemand wie Dich ausgetauscht wird (ja ich übertreibe zur Verdeutlichung).
Aus Sicht so mancher Führungskraft bist Du besser als der erfahrene Radiooldie:
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- <font size="2" face="Verdana, Arial"> Du lernst noch das "Radiomachen" und seine Wirkungsweisen zu verstehen, hast also weniger ("veraltete"?) Argumente parat um Anweisungen und Strategien der Führungskräfte womöglich kritisch zu hinterfragen.
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- <font size="2" face="Verdana, Arial"> Du arbeitest womöglich kostenlos.
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- <font size="2" face="Verdana, Arial"> Du passt altersmässig besser zur Zielgruppe, weil der Sender womöglich mehr Wert auf Jugendlichkeit legt.
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<font size="2" face="Verdana, Arial">Ich will Dir nicht ausreden zum Radio zu gehen. Ganz im Gegenteil. Es ist ein großartiges Medium! Auch mir wurde oft erzählt, dass es da keine Jobs gäbe, dass die Arbeitsbedingungen schlecht sind. Ich wollte, ich habs gemacht, ich habs geschafft. Wenn es Deine Berufung ist, dann zieh's durch, aber bedenke:
----> umsonst arbeiten schadet Deinen Kollegen und auch Dir. Wenn Du Dich bewirbst, sag nie von Dir aus, dass Du umsonst arbeiten willst. Mach vielleicht ein Praktikum umsonst, aber dann lass sich bezahlen. Umsonst arbeiten kannst Du bei einem freien Radio, Bürgerradio, Ausbildungsradio... Aber Sender, die Geld verdienen etatisieren auch Geld für Moderation. Dieses Geld nicht anzunehmen wäre blauäugig.
Mein Rat: mach ein oder mehrere Praktika. Wenn Du so gut bist wie Du glaubst, dann wirst Du Deine Vorgesetzten schon davon überzeugen können, dass sie es mit Dir probieren und Du wirst freier Mod oder Volo. Und wenn es nicht klappt, dann bleibt Dir noch die Möglichkeit bei einem nichtkommerzielles Radio mitzumachen.
Du wolltest sicher nur eine Adresse, wo Du als Anfänger unterkommen kannst, aber ich konnte mir dieses Plädoyer hier nicht verkneifen, gesteht die Jasemine
<small>[ 01-02-2003, 00:49: Beitrag editiert von Jasemine ]</small>