Radiomusik nicht mehr gefragt?

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Pirni,

das "Bus-Phänomen" gab´s auch schon zu meinen Zeiten als Schüler in den 80ern. Da brachten wir alle unsere Cassetten mit.
Wer von uns jungen Leuten im westlichen NRW hat WDR gehört? Niemand. Eher schon Radio Luxemburg.
Irgendwann mit 13 oder 14 gefiel dann die von deutschen Schlagern geprägte Musik auf RTL auch nicht mehr so richtig.

Manchmal wurde SWF 3 gehört, war vielen aber zu lahm. Insbesondere bei Frank Laufenberg schieden sich die Geister.

Im Grenzgebiet zu den Niederlanden gab es allerdings eine interessante RADIO-Alternative, jenseits von Musik aus der eigenen Konserve.
Ein ganz grosser Teil meiner Freunde hörte das holländische Radio 3, vorrangig Radio Veronica. Im Sommer konnte man die Station regelmässig aus vorbeifahrenden Autos hören.

Sony,

man muss wie Du wirklich mal die Gelegenheit gehabt haben, ausführlich nordamerikanisches Radio zu hören. Dann fällt einem auf:

Natürlich gibt es drüben auch tw. das, was wir hier beklagen: Sender mit kleinerer Rotation und viel Automation bspw.
Aber es gibt inhaltlich immer ALTERNATIVEN und im Ganzen sind die Privaten drüben HANDWERKLICH BESSER.

Natürlich gibt es auch immer wieder mal ne Station mit dem Claim der "grössten Hits der 80er, 90er und von heute." Es braucht aber nur einen Knopfdruck, um bspw. auf eine nahezu claimfreie Rockstation zu wechseln, wahlweise Modern, Classic usw.
Ausserdem kenne ich keinen Fall, wo eine einzige Station sämtliche Negativ-Merkmale auf sich vereint (wie RPR 1, s.u.).

Ich treffe auch regelmässig auf gestandene On-Air-Personalities. Das On-Air-Design ist professioneller. Ausserdem wird viel Wert auf einen optimalen Sound gelegt.
Was BIG FM sich hier in dieser Hinsicht erlaubt wäre drüben undenkbar.

RPR 1 ist ein schönes Beispiel, wie man es nicht macht:
Ausgerechnet der Morgen-Moderator in der wichtigsten Sendung am Tage nuschelt und macht auf plump witzig.
Gleichzeitig wird der nervigste (da sperrigste) Claim mit den "grössten Hits etc." rauf- und runtergebetet. Die Playlist ist für ein Hot AC extrem klein. Der Sound ist, was die Musik betrifft, weitestgehend ok. Aber die Moderatoren und Nachrichtensprecher etc. klingen stark verzerrt.
Hier sammeln sich also sämtliche Negativ-Faktoren.

Eine private Alternative im Land (RLP) ist nicht in Sicht; BIG FM s.o., Rockland kann mangels Reichweite als richtiges Rockradio in diesem strukturschwachen Land nicht überleben.
 
Original geschrieben von Jasemine
Herrlich hier. Selektive Wahrnehmung at it's best (bei mir natürlich auch). Aber wenn wir schon über den für Euch (differenzieren wir das mal schön von den Millionen von Radiokonsumenten, die weder CD-Wechsler, noch mp3-Player benutzen) nicht mehr vorhandenen Mehrwert sprechen, dann möchte ich daran erinnern, dass für Euch (das lese ich jedenfalls aus Euren Beiträgen heraus) immer noch das Schmankerl am realexistierenden deutschen Radio besteht, dass man sich so vorzüglich darüber aufregen kann, spricht die Jasemine und schenkt Euch ein virtuelles Bussi.
Mal wieder zurück zum Thema:

So sehr mir Deutschlands Dudel-Einheitsbrei auf die Nerven geht, der Wille der Mehrheit der Hörer ihr Musikprogramm selbst aktiv zu gestalten, wird hier m.E. von einigen Schreibern stark überschätzt.

Ich behaupte mal, die Mehrheit ist nicht daran interessiert, CDs zu kaufen, Titel runterzuladen und damit MP3-Player zu füllen. Sie will einfach einschalten und hören.

Wenn das nicht so wäre, hätte das Fernsehen schon viel mehr Anteile an die Videotheken und die Zeitungen Anteile an das Internet verloren. Beide Medien wurden schon totgesagt, leben aber weiter, weil das Berieseln lassen bzw. Hinnehmen eines Fertigprodukts eine Art komfortabler Medienkonsum ist.
 
@ Grenzwelle

Ich weiß leider nicht mehr, in welcher Zeitung ichs gelesen habe, aber in einem Artikel über das Kopieren von Musik errechnete man, daß PRO EINWOHNER im Jahre 2001 fast 8 CD-Kopien ( nur Kopien, da kommen die echt gekauften noch dazu !) angefertigt wurden.
Rechnet man, daß im Schnitt pro Stück eh nur 10 Stück Musikstücke drauf sind, dann hat jeder Einwohner, vom Baby bis zum Großvater, allein seit 2001 in drei Jahren 240 Titel in seiner Sammlung dazugekommen.
Das heißt, eigentlich hat jeder Einwohner im Schnitt mehr Musik privat als eine Radiostation in der Rotation hat.

Weiters das Füllen von CDs, MP3s usw. geht ja auf Knopfdruck bzw. das machen ja viele für die, die es nicht selbst machen.
Das Radio nervt, schwupp di wupp ist die CD drin.
Außerdem ist ja beim Einschalten des Autoradios mit Wechsler usw. schon sofort die eigene Musik "on Air". Es macht immer weniger Mühe, für eigene Musik zu sorgen und die Audio-Industrie tut alles, auch diesen Markt zu sättigen.
Ich als Programmdirektor eines Radios würde mir da nicht zu sehr in die Tasche lügen und immer noch sagen, daß die große Mehrheit auf die Musikunterhaltung durchs Radio nicht verzichtet.

Die Zeit arbeitet gegen Euch, mit jedem Tag werden es weniger
Radio-Musikhörer.
Das ist so ! Unbestritten !

In den USA haben daher die Talkradios bereits die Musikradios überholt, obwohl dort es wirklich genug Auswahl an Musik-Spezialradios gibt.
Steckt Ihr "Deutschesclaimgewinnspielbestehitsformatradiomacher" immer noch den Kopf in den MA-Sand ?
 
Daß "Deutsche Dudelformathitclaimradiomacher den Kopf in den
MA - Sand stecken " - das finde ich, ist eine geile Meldung !!!

Grenzwelle hat geschrieben:

"Ich behaupte mal, die Mehrheit ist nicht daran interessiert, CDs zu kaufen, Titel runterzuladen und damit MP3-Player zu füllen. Sie will einfach einschalten und hören....... weil das Berieseln lassen bzw. Hinnehmen eines Fertigprodukts eine Art komfortabler Medienkonsum ist."

Musikpackages auf Tonträgern ist bereits zu einem sehr komfortablem Fertigprodukt geworden. Es gibt sogar schon "Spezial-Musiksendungen" auf MP3-CDs die mehrere Stunden dauern. Der Nutzer solcher Musikprodukte hat das sogar mehr Annehmlichkeit als Radionutzer. Er kann sich sicher sein, daß er wirklich nun stunden lang angenehm berieselt wird.

Ich habe einen Kunden, der füllt so alle halbe Jahre einmal seinen 10xMP3-CD-Wechsler mit 1300 Titeln. Sobald er in das Auto steigt, genügt ein Knopfdruck und per Zufalls-Shuttlebetrieb spielt im das Autoradio seine eigene Rotation.
Das ist doch wirklich ein bequemes Fertigprodukt. Außerdem funkionierts überall in bester Tonqualität, auch in Tunnels und Tiefgaragen.
Die CDs brennt er nicht selbst, die gibts bereits fertig.
Ich möchte nicht wissen, was die Zukunft noch bringt. Auf einer DVD gehen dann tausende MP3-Titel drauf, wenn mal die Radios DVD-Spieler haben.
Im Internet werden Packages angeboten, man muß nicht selbst mühselig Musiktitel zusammenkopieren. Es gibt fertige Riesen-Packages für jeden Musikgeschmack.
Bequemer gehts nicht. Es ist nur noch ein Frage der Zeit, bis das Radio als Berieselungsmedium ausgedient hat.
 
Ich kann Tom2000 und Grenzwelle nur 100%ig zustimmen. Das deutsche Formatradio ist Einwegware geworden. Egal ob ichs heute oder nächste Woche Sonntag höre - es klingt immer gleich. Das mag in den ersten beiden Tage okay sein, dann nervt es nur noch (bei einigen dauert der Nerv-Effekt evtl noch etwas länger). Dabei pocht doch jeder auf seine Individualität und möchte nicht die gleichen Klamotten wie der Kollege tragen oder das gleiche Auto wie der Nachbar fahren - und natürlich auch nicht den gleichen Sender hören wie alle anderen. Daher saugt jeder seine individuellen MP3's für seinen Wechsler bzw kauft sich seine individuelle Musik. Das Radio bleibt dabei vollkommen auf der Strecke.

Ich habe bisher leider nur sehr wenige Stationen aus den USA gehört (meist nur durch Zufall über das Internet) aber wenn man sich mal Radio Guides anschaut und die Streams der Stationen aus diesen Übersichten anklickt, ist es schon faszinierend welche Vielfalt einem dort begegnet. Ähnliche Ansätze gibt es in den bereits erwähnten Niederlanden. Radio Veronica hat sich lange als "Hitradio" bezeichnet und die Songs aus den Top 40 wurden auch fleissig gespielt. Trotzdem hatte jeder Moderator/Discjockey die Möglichkeit seinen individuellen Musikgeschmack in die Sendungen einfliessen zu lassen. Jede noch so gute Musikredaktion kann nie einen vollständigen Überblick über die Musikszene haben - muss sie auch gar nicht. In meinen Augen reicht es daher auch aus eine grobe "musikalische Marschrichtung" (Rock, Pop, Schlager) vorzugeben, bei hitorientierten Stationen ein paar aktuelle Titel vorzugeben und die restliche Musikauswahl dem jeweiligen Moderator zu überlassen. So kann jeder individuell "seine Leute" ansprechen und die oftmals enge Musikzusammenstellung wird um ein Mehrfaches erweitert. Das lässt sich aber mit den hier in Deutschland gängigen "Servicewellen" leider nicht vereinbaren...

Trotzdem frage ich mich: Warum hat der Begriff "Spartenradio" einen Negativtouch? Ein Spartenradio kann doch auch reizvoll sein, verschiedene Spartenradios können sich prima ergänzen (ach ja, Kartellrecht :D). Das Wochenende war anstrengend, ich höre am Montag Softpop. Mein Mittwochabend war sch+++, ich höre am Donnerstag Rock. Heute um 15.00 beginnt mein Wochenende, ich höre Dance um mich darauf einzustimmen. Und da auf jedem Sender nur 0815-Schrott läuft (und dazu durch oftmals viel zu enge Rotation totgedudelt wird) kauf ich mir halt CD's und fütter mein CD-Radio mit diesen. Und Dank ARI & Co verpasse ich nicht einmal die Verkehrsmeldungen.

@ Schulausflüge:
Als ich in den 80ern per Bus durch die Lande gekarrt wurde liefen auch nur Tapes. Diese waren zwar meist vom Radio aufgenommen (Hitparaden), trotzdem wollten wir damals nur Musik und kein "Gelaber" hören. Und auch schon in den 80ern gab es die Möglichkeit dass der Busfahrer vorne einen seperaten Lautsprecher für den Verkehrsfunk hatte. Da die meisten Busfahrer ein Problem mit Slayer, Helloween oder Metallica hatten, hatten die Fans dieser Musikrichtungen eh immer einen Walkman mit ihren Metal-Tapes dabei. Und auch das Radio Veronica-Phänomen kann ich bestätigen? Wie? Um 20.00 Uhr treffen? Stenders & van Inkel dauert doch bis 22.00 :D
 
Radio-Rotationsmusik am absteigenden Ast!

Wenn ich Musik höre:

entweder ich habe sie selbst zusammengestellt, denn dazu habe ich eine Beziehung !

ODER

ein anderer Mensch hat sie zusammengestellt, aber ich muß diesen Menschen spüren. Da will ich spüren, welche Beziehung er dazu hat, warum er das ausgewählt hat und er mir was dazu erzählen kann. Da will ich eine persönliche Handschrift im Ablauf, in der Dramaturgie, in der Zusammenstellung einer Musiksendung bemerken.
Da muß mir gar nicht immer jeder Titel super gefallen, das nehme ich für die Spannung ( Was kommt als nächstes, was sagt er nun dazu...?) gerne in Kauf !


Ich höre bestimmt keine Musik, die durch irgendenen Programmierer irgendwann geplant wurde und durch einen Moderator blöd und BEZIEHUNGSLOS ständig unterbrochen wird.

Was kurz heißt: Im Radio höre ich nur noch Musik, die ein Moderator, der dazu kompetent ist, selbst auflegt, aber das gibts ja kaum noch wo.

Würdet ihr in eine Rotationsdisko gehen, in der von irgendwelchen anonymen Musikchefs, die sonst nicht in Erscheinung treten, die Musik vorgegeben ist und der DJ an der Front muß dazu irgendwelche Claims runterbeten ??
 
Aktuelle Zahlen dazu:

zwar nur eine österreichische Untersuchung, aber heute in den
Salzburger Nachrichten zu lesen:
MA-Analyse 1. Halbjahr 2003:

82.1 % der 14 - 19 Jährigen nutzen das Internet regelmäßig
davon saugen 52.3% regelmäßig ihren Musikbedarf aus dem Netz.
( laut Forsa waren es in Deutschland im Vorjahr 49.6%)
 
Danke für die vielen Wortmeldungen !

Da meine Beoabachtung " Radiomusik immer weniger gefragt" doch auch von vielen anderen bestätigt wird wundert mich nur eins:

Warum gehen die Radios blind den eingeschlagenen Weg weiter und bieten keine Alternative zu den eigenen Musiktonträgern:
Menschliche Kommunikation !

Das Gegenteil ist der Fall, durch Voicetracking usw. werden die Radios noch menschenleerer und das sind nur noch maschinelle Abspielmaschinen. Das ist ja dann noch weniger eine Alternative zu den eigenen MP3s, MDs usw.
Abspielmaschinen hat doch eh jeder selber, warum soll der dann noch die mit Claims und Werbung gespickten anhören ?

So wird das Medium Radio weiter kaputt gemacht, bzw. es ist ja dann gar kein Medium mehr.
Aber es gibt sicher auch welche, die sich freuen, wenn das Radio sich selbst in den Hintergrund manövriert.
 
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