Radiotest Österreich

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Ö3 hat ja doch recht stark verloren. Was sind eurer Meinung nach die Ursachen (sind es wirklich die jünger gewordenen Landesstudios, wie Spatt ausführt - kann ich nicht recht glauben, wenn die härtesten Verluste bei 14-49 sind)?

Wie wird die Sache im ORF aufgenommen? Kommt BCI zurück?
 
AW: Radiotest Österreich

das finde ich interessant, auch wenn ich (leider) vom österreichischen Markt nicht viel mitbekomme. Was ich weiß ist, daß Ö3 seit ihrer Formatierung durch die BCI (vor ca. 5 Jahren??) als eine Art "Branchenprimus" galt und Vorbild war für andere Sender, die ähnlich nachzogen. Demnach war Ö3 offenbar einige Zeit "ganz weit vorne" und die wenigen Male, wo ich reingehört habe, waren beachtlich (auch eine Off-Air Veranstaltung, die ich mal sehen konnte - sehr fett aufgezogen!!). Gut, manchmal klang es schon ein wenig zu perfekt, aber auf jeden Fall sehr professionell. Diesen Eindruck habe ich die ganze zeit gehabt und von daher überrascht es mich, nun zu hören, daß Ö3 abschmiert. Könntest du evtl. (wenn du die Zeit hast) mal die Entwicklung nachskizzieren? Ich wußte z.b. nicht, daß BCI da raus ist. Aber es gab doch auch neue Konkurrenten auf dem Markt, oder?
Oder verhält es sich schlichtweg so, daß man sich auf den Lorbeeren ausgeruht hat und sich nicht weiterentwickelt hat. Ich finde das auch für andere sehr lehrreich :)
 
AW: Radiotest Österreich

Die Entwicklung von Ö3 im Zeitraffer:

1995: Das erste österreichische Privatradio "Antenne Steiermark" (Sebor+Bartsch) startet und überholt aus dem Stand im Bundesland Steiermark Ö3. Beim ORF schrillen Alarmglocken: Ö3 liefert zu diesem Zeitpunkt ca. 70 Mio € an die Zentrale ab.

In einer hastigen Programmänderung rund um den Sendestart der Antenne wird alles nur noch schlechter.

1996: Die BCI betritt das Schiff: Ö3 als Schienenradio wird zum Formatradio umgestylt. Bogdan Roscic wird Ö3-Chef. Er erklärt, dass Ö3 in allen Teilmärkten Österreichs wieder Nummer 1 werden wird. Vielen fehlt der Glaube. Mittels massivem Einsatz von Marketing (vor allem Cross Promotion im staatlichen Monopol-TV) wird die Marke Hitradio aufgebaut. Gerhard Zeiler (der jetzige RTL Chef) ist damals Chef des ORF unterstützt Roscic.

1997: Ö3 überholt wieder die Antenne Steiermark.

1998: Am 1. April starten Österreich ca. 40 Privatsender. Ö3 erleidet vor allem in Wien starke Verluste, kann sich aber als Nummer 1 vor 88.6 Der Musiksender (Sebor+Schwenk) behaupten.

In Folge kommt es bei vielen Privatradios zu Programmänderungen (Antenne Wien nach 6 Monaten, 92,9 RTL nach 3 Monaten etc.)

1999-2001 Ö3 wächst weiter und knackt die 3 Millionen Marke. Das bedeutet, der Sender hat mehr Zuhörer als je zuvor, Monopolzeiten eingerechnet. Ö3 wirbt laufend Mitarbeiter der finanzschwächeren Privatradios ab.

2001: Verbot der Ö3-Crosspromo im staatlichen TV. Ö3 verliert damit eine Medialeistung im Wert von geschätzten 12 Millionen Euro.

2002: Bogdan Roscic verläßt den ORF. Seine Fähigkeit, die Zentrale aus dem Sender draußen zu halten geht verloren.

2002/2003: Ö3 wechselt die Werbeagentur: Statt Barci, eine Wiener Agentur, die die Markte seit 1996 aufgebaut hat, kommt DMB zum Zug, die zuvor (mit weniger Erfolg) Radio Wien betreut hatten.

2003: Ö3 beendet Zusammenarbeit mit der BCI. Ursachen mir unbekannt. Budget möglich. Troubles mit Morgen Moderator Hary Raithofer - er verläßt den Sender spontan, nur um vier Monate später wieder dort anzufangen. Erste Probleme für Ö3 bei den Budgetverhandlungen mit der Zentrale: Diese mischt sich massiv ein, was unter Roscic nicht möglich gewesen wäre.

2004: Der neue Ö3 Chef Spatt gerät unter noch stärkeren Druck der Zentrale. Monika Lindner, die neue ORF-Chefin kündigt in einem internen Meeting an, "Ö3 wieder unter die Dachmarke zurückzuführen". Lindner war zuvor von der schwarz-blauen Koalition eingesetzt worden und hat unter anderem laufend sinkende Marktanteile des ORF-TV´s sowie zwei gescheiterte Werbekampangen ("Alles bleibt besser", "dankeschön") zu verantworten. Der ORF erhöht die Rundfunkgebühren, was die strategische Bedeutung von Ö3 im Unternehmen schwächt.

Das Parlament beschließt eine Mediennovelle: Ö3 soll künftig Konkurrenz durch österreichweites Privatradio bekommen. Das Gesetz erhält auch sonst einige Erleichterungen für Privatradios. Außerdem soll der ORF jetzt was Werbung betrifft von der gleichen Behörde kontrolliert werden wie die Privaten.
 
AW: Radiotest Österreich

Sehr interesant, vielen Dank - hast du denn auch Eindrücke, inwieweit sich das PRogramm möglicherweise verändert hat.
Achja, und sendet Kronehit nicht auch landesweit - und seit wann?
 
AW: Radiotest Österreich

Veränderungen im Ö3 Programm: Sie tun sich halt wie viele immer schwerer, die Schere zwischen 80er AC und neuen Styles geht weiter auf - sie spielen auf der konservativen Seite und haben dort, wo es jüngere Konkurrenz gibt (Energy, Welle 1, in einigen Landeshauptstädten auch Kronehit), Probleme bei jüngeren Hörern. (wie stark die Verluste bei 10-29j sind, wissen wir erst in 10 Tagen, aber ich tippe recht hoch).

Kronehit sendet fast landesweit (ca. 75% Reichweite), seit 2001. Besteht aber aus derzeit 13 lokalen Lizenzen mit individuellen Aufagen. (eine darf zum Beispiel überhaupt kein Mantelprogramm übernehmen, eine andere muss Oldies spielen, eine dritte wiederum hat einen exakt vorgeschriebenen Anteil an Lokalmoderation). Mit dem neuen Gesetz werden diese Hürden fallen. Mit seinem jetzigen Format Hot AC sendet das Programm erst seit einem Jahr, zuvor war es AC-Oldie based.

Als zweite nationale Kette wird aller Voraussicht nach die Antenne antreten. Antenne Wien wird vermutlich Antenne Steiermark und Kärnten kaufen.
 
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