Rasantes Ende des Langwellenrundfunks

Sprollywood.

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Nach der Tschechischen Republik Ende 2021 und dem Großherzogtum Luxembourg Ende 2022, leert sich der Bandbereich unterhalb der Mittelwelle plötzlich mit Riesenschritten. Die horrenden Stromkosten fordern nun weitere Opfer: In Island endet der traditionelle Langwellenrundfunk bereits ab dieser Woche.

207 kHz Eiðar wurde heute Nachmittag abgeschaltet und sendet noch 2 Tage ununterbrochen eine Infoschleife. Danach werden Fakten geschaffen:
Die Mastsprengung (immerhin der dritthöchste Mast Islands und eines der höchsten Gebäude Westeuropas) ist bereits für übermorgen vorgesehen.

189 kHz Hellissandur bleibt zunächst noch eine Galgenfrist, soll aber spätestens im kommenden Jahr ebenfalls schweigen. UKW wird weiter ausgebaut.

Damit verbleiben in Europa (abseits einiger exotischer Standorte in der Mongolei und dem Maghreb) noch eine Handvoll Programme auf der klassischen Langwelle:
153 kHz - Antena Satelor, Rumänien
198 kHz - BBC Radio 4, Großbritannien
225 kHz - Polskie Radio Jedynka, Polen
252 kHz - RTÉ Radio 1, Republik Irland
 
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Die horrenden Stromkosten fordern nun weitere Opfer: In Island...
Island ist autark in Sachen Energiegewinnung und nutzt hauptsächlich Geothermie und Wasserkraft. Daher bezweifel ich, dass der Strompreis sich dort so nennenswert stark erhöht hat, wie auf dem europäischen Festland.
Für große Firmen ist Island ein begehrter Standort für Rechenzentren, eben weil der Strom dort so billig ist.

198 kHz - BBC Radio 4, Großbritannien
Soll ja mittlerweile auch auf der Kippe stehen, auch wenn noch kein konkreter Plan bekannt ist.
 
UK national broadcaster the BBC say that the ancient glass valves which allow their long wave transmitters to function are now so rare that fewer than ten exist in the world, and when one of the last two stop working, so will its service on long wave - although the broadcaster will likely end long wave transmissions before that happens anyway.
 
Die 207kHz ist bereits abgeschaltet. Mit lokalen webSDR überprüft.
Letzte Nacht konnte ich die Schleife selbst noch eigens empfangen.
 
Die Hörerzahl (exclusive DXer) liegt wohl realistisch irgendwo im unteren 3-stelligen Bereich. Von daher: verständlich.
 
Ganz und gar nicht. Man hat (meines Wissens mit einem Nautel NX50AM und einem Nautel NX100AM) mit den beiden Langwellen mehr als drei Viertel der Gesamtbevölkerung Islands abgedeckt - einschließlich der gesamten Fischerei im Europäischen Nordmeer.
150 Kilowatt ERP für mehr als 300.000 Hörer. Beide Sender arbeiteten auf clear channels und verfügen über Dieselgeneratoren.

Rechenfrage: Wieviele UKW-Sender betreibt RÚV, welche Kosten fallen dafür an und wieviel Prozent der Gesamtpopulation werden damit erreicht? Dieser Frage wird man sicherlich nachgehen, wenn es einmal im autarken Stromnetz Islands zu einer Überspannung und in Folge dessen einem massiven, tagelangen Stromausfall kommen wird.

Dann nämlich, wenn man die Bevölkerung tatsächlich warnen und erreichen will, wird das "safety broadcast via FM" nicht funktionieren. Und man wird sich auf der Vulkaninsel die gute, alte Langwelle noch zurücksehnen.
 
Ich weiß, Du wolltest auch schonbeim Ahrtalradio Mittelwelle als ultimativen Heilsbringer unter die Menschen bringen. Aber das Thema AM ist durch. Selbst in einer Katastrophe kann man mit lokalen FM Transmittern mehr erreichen, als mit einem AM Sender.

Und: Der Betrieb von AM-Sendeanlagen beschränkt sich nicht nur auf die Energiekosten. Alleine die LW/MW Masten (die im Gegensatz zu kombinierten UKW-DAB-Mobilfunk-Richtfunk-TV-Türmen keine weitere parallele Nutzung zulassen) und deren Wartung (Anstrich, Pardunen etc.) sind kein Kostenfaktor. Von daher: Milchmädchenrechnung.

Bei FM klemmst Du Dir nen Moppel unter den Arm, ne Fraus/Mannshohe Antenne, etwas NF und HF Geraffel und kannst mit wenig Aufwand direkt vor Ort senden.
 
150 Kilowatt ERP für mehr als 300.000 Hörer
Eben nicht. 300000 potentielle Hörer, aber nur maximal 300 tatsächliche Hörer. Und dafür sind die Kosten deutlichst zu hoch. Für einen Notfall lässt sich schnell eine UKW-basierte Lösung aufbauen, sollte es denn man notwendig sein. Und FM kann man, anders als AM, auch bei einem Vulkanausbruch ohne athmosphärische Störungen hören.
 
Mal ganz davon ab, dass AM-Empfänger auf dem Rückzug sind.

Küchenradios haben mindestens FM, Handys manchmal gar kein Radio mehr - und wenn dann auch FM. Mir ist kein Handy mit MW- oder LW-Empfänger bekannt (was wohl auch an der Bauform und dem Störeinfluss aus dem Gerät selber scheitern würde).
 
Ein Problem sind vor allem die Autoradios bzw. die neuen Multimediaeinsätze in den Mittelkonsolen vieler Neuwagen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen (vor allem wohl französische Modelle aus dem Produktionszeitraum, als noch RTL und E1 auf LW sendeten) kommen die zu mehr als 95% ohne Langwelle daher. Einige wenige haben noch die MW mit an Bord, aber da jede Funktion kostet und man zunehmend DAB-Empfänger mit verbaut (auch aufgrund der Richtlinien in vielen Ländern), fliegt der AM-Bereich zunehmend raus. Ich kenne kein einziges Mittelklassefahrzeug, was noch Langwelle kann.

Ich bedaure das sehr, denn mit der Langwelle kann man bei einem vergleichsweise guten, ruhigen Klang und stabiler Signalausbreitung eine riesige Fläche mit wenig Aufwand versorgen. Leider sind hierzulande die Zeiten, in denen man RadioRopa hören konnte, lange vorbei.
 
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In rot die seit 2017 neu installierten UKW-Sender (Grafik: Bragi Reynisson, Quelle: RÚV Reykjavík; https://www.ruv.is) - Das FM-System von RÚV besteht aus mehr als 230 FM-Sendern.
 
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Jede Technik hat ihre Vor- und Nachzüge.

Ísland in Mitteleuropa auf Langwelle zu empfangen, erforderte etwas Aufwand und geringe Investitionen in die Qualität des verwendeten Equipments. Ísland auf UKW hierzulande zu empfangen, ist eine absolute Seltenheit und es bedarf sehr, sehr viel Glück hierzu. In meinem gesamten Leben habe ich das erst ein einziges Mal geschafft. Ísland außerhalb der Landesgrenzen über DAB zu empfangen ist derweil unmöglich und vollkommen ausgeschlossen. Und das nicht nur, weil derzeit dort gar nicht in DAB gesendet wird.

Die mir bekannten RUV-Webstreams haben armselige 96kbps MPEG und damit noch weniger als die der meisten ARD-Programme.
 
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AAC kann mein Internetradio nicht darstellen, fehlt daher komplett in dier Liste. Ich habe da nur die 96er MP3.
 
Ursprünglich war es wohl so, dass man die Langwelle durch neue Mittelwellen ersetzen wollte, da die oftmals in Island gefahrenen Toyota-Geländewagen keine Langwelle eingebaut haben. Statt der Mittelwelle hat man dann, wie oben genannt das UKW-Netz deutlich ausgebaut. Ich habe leider gerade keine Quelle zur Hand.
 
AAC kann mein Internetradio nicht darstellen, fehlt daher komplett in dier Liste. Ich habe da nur die 96er MP3.
Hier ist ein Upgrade für dich: Die offizielle Liste von RÚV bietet 128k Streams in mp3 für Ras 1 & 2 oder für Rondo 256k. Hier ist der Link: Netradio - ich schalte in der Eurovisionswoche immer gerne mal ein.
 
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Du bist vermutlich viel zu jung, um einen Langwellensender je gehört zu haben, der in unmittelbarer Nähe stand. Für viele Menschen war die Langwelle in den 90er Jahren die einzige Möglichkeit, den DLF (153+207) oder das DLR (177) zu empfangen. Der Klang der französischen Programme auf Langwelle war schon sehr gut.

Ich befürchte, in 3 bis 5 Jahren wird es keine einzige, für die Öffentlichkeit bestimmte Ausstrahlung auf der LW mehr geben.
 
Die algerischen Langwellen sind in den letzten Jahren nur noch unregelmäßig in Betrieb und häufer aus als an. Zudem hat man das UKW-Netz mittlerweile sehr gut ausgebaut (es gibt sogar RDS seit einigen Jahren) und auch auf Mittelwelle ist man noch in größerem Umfang vertreten, trotz einiger Abschaltungen.

Chaine 3 auf 252 kHz hat übrigens sehr gute DJ-Mixe abends und nachts.
 
Du bist vermutlich viel zu jung, um einen Langwellensender je gehört zu haben, der in unmittelbarer Nähe stand. Für viele Menschen war die Langwelle in den 90er Jahren die einzige Möglichkeit, den DLF (153+207) oder das DLR (177) zu empfangen. Der Klang der französischen Programme auf Langwelle war schon sehr gut.

Ich befürchte, in 3 bis 5 Jahren wird es keine einzige, für die Öffentlichkeit bestimmte Ausstrahlung auf der LW mehr geben.
Ich habe schon so einige Langwellensender gehört, aber sorry, der Klang geht auf keine Kuhhaut. Dieses Gerausche und geklapper plus ein insgesamt eher dumpfer Klang, da ist selbst jedes 48kbps DAB+ Programm (was auch schon nicht gut ist) Hochgenuss dagegen.
 
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Für Russland wäre sie ja eigentlich auch prädestiniert. Aber gut, alles hat seine Zeit. Ich finde es nur einen Fehler, alle Anlagen gleich wegzusprengen. Denn terrestrische Ausstrahlung hat in Krisensituationen schon ihre Berechtigung. Wurden ja jetzt schon einige Mittelwellen reaktiviert in Osteuropa. Abgesehen davon gebe ich Hinztriller recht.
 
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