Welche Versuche mit welchen Programmen denn? Und hat man die Hörer gefragt, was sie hören wollten?
Paradebeispiele für solche Programme war z. B. in den 70ern die ZDF-Fernsehsendung "Disco" mit Ilja Richter, von der sämtliche Titellisten frei im Internet abgerufen werden können:
de.wikipedia.org
Am 29. April 1972 folgten demnach auf Juliane Werding T.Rex.
Am 27. Mai 1972 gab es hintereinander Heino, Uriah Heep und Inga & Wolf.
Am 16. September 1972 waren T.Rex und Slade, aber auch Katja Ebstein und Tony Marshall in der Sendung,
Am 5. Januar 1974 gab es Status Quo neben Nina & Mike.
Am 2. Februar 1974 Bata Illic und Suzi Quatro.
Am 2. März 1974 Ike & Tina Turner und Jürgen Marcus direkt dahinter.
Wie wir wissen, gibt es die Sendung seit Anfang der 1980er nicht mehr.
Anfang/Mitte der 1990er hatten wir im WDR-Fernsehen die Sendung "Hit-Clip" mit Thomas Germann, die einen ebenso bunten Mix brachte. Captain Jack, Guns 'N Roses und Guildo Horn in ein und derselben Sendung waren durchaus denkbar. Aber auch diese Sendung hiet sich nur vier Jahre lang und verschwand dann unspektakulär vom Bildschirm.
D. h. es GAB die Programmformate definitiv. Aber die Hörer wendeten wich offenbar davon ab, und dann ist der Weiterbetrieb logischerweise auch für öffentlich-rechtliche Sender nicht mehr zu rechtfertigen.
Hörerbefragungen waren in den 1970ern noch extrem kompliziert; in den 1990ern hätte man bei "Hit Clip" TED's mit einbeziehen können. Aber damals folgte das ÖR-Fernsehen noch seinem Programmauftrag, und das hieß selbstverständlich, Programmgestaltung OHNE ständige Rückversicherung über den Absatzerfolg zu betreiben.
Natürlich kann man argumentieren, die Hörer hätten mittels Einschaltquoten abgestimmt.
Haben sie ja auch.
Den Anfang machten Programme wie z.B. das damals ungeheuer erfolgreiche SWF-3. Ganztägige Musik, unterbrochen von Informationen - damals aber lange nicht so glattgeschliffen und gleichförmig wie heute. Es gab immer noch Raum für Ungewöhnliches. Und damit meine ich nicht nur die Musik.
Aber das wollte offenbar kaum noch jemand hören.
Im Übrigen finde ich nicht, dass Radio in den NL vielfältiger ist. Und ein Radioprogramm wird für mich nicht alleine schon dadurch besser, weil mal ein paar seltener gehörte Musiktitel laufen. Es bleibt immer noch Dudelradio.
Da ist sicher was dran.
Dass es auch anders geht und das durchaus auch beim Hörer ankommt zeigen u. der DLF, und hier und da auch andere Programme, wie z.B. Bayern 2 oder WDR 5.
Gerade DLF und WDR 5 sind doch Paradebeispiele für Sender, die eigentlich so gut wie niemand hört. Mich würde es nicht wundern, wenn diese Programme auch bald auf der Abschussliste stehen.
Und die ARD sollte sich wirklich nicht bemühen, besonders "eingängige" Musik in besonders "eingängigen" Programmen zu spielen, um möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen.
Wie erwähnt, braucht der ÖR-Rundfunk hohe Einschaltquoten, um die Gebühren zu rechtfertigen. Ich bleibe dabei: Das Problem sind einzig und allein die Hörer, die überwiegend sehr empfindlich sind und sofort ab- oder umschalten, sobald etwas weniger Mainstreamigeres kommt. Das ist 1:1 wie bei dem schon verlinkten Interview mit Thomas Gottschalk und Marcel Reich-Ranicki. Letzterer glaubte auch immer noch ans Publikum, wollte aber offensichtlich nicht einsehen, dass eben genau dieses Publikum sich nun mal die dummen Sendungen gezielt aussucht. Denn grundsätzlich würden ja DSDS, Big Brother und Dschungelcamp genauso aus dem Programm fliegen, wenn sie nicht mehr die entsprechenden Einschaltquoten erreichen würden. Aber diese Sendungen halten sich schon seit über 20 Jahren; bei der "Disco" oder "Hit-Clip" war viel schneller Schluss. Aber diese Sendungen GAB es, und es würde sie auch heute noch geben - wenn nicht die Einschaltquoten eingebrochen wären.