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Tom2000

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Ist es wirklich so, alle Titel werden beim Test den Hörern kurz am Telefon vorgespielt?
Das ginge doch eh nur mit sehr bekannten und extrem eingängigen Songs.
Wie kommen weniger Mainstream-Songs ins Radio???
 
Bei uns nicht. Daher haben wir auch mehr als 580 Titel in der Rotation <img border="0" title="" alt="[Breites Grinsen]" src="biggrin.gif" />
 
Hallo Tom,

es gibt mehrere Testverfahren.

- Man kann die Leute anrufen und ihnen die markanten Stellen ("Hooks") der Titel vorspielen.

- Man kann sie auch anrufen und nur casten und ihnen Zugriff auf ein EDV-gestütztes Telefondialogsystem geben. Dort können sie anrufen, wann sie wollen und sich die Titel anhören. In einem Rutsch oder mit Unterbrechung. Damit man einen Beweis dafür hat, dass sich der Teilnehmer alle angehört hat, gibt das System am Ende der Hookfolge ein Kennwort an. Das müssen die Teilnehmer nennen, wenn sie dann die Bewertungen für die gehörten Titel abgeben.

- Dritte Testvariante: Du schickst einer Gruppe von Personen eine CD mit Hooks zu. Das bietet sich an, wenn du nicht so häufig, dafür aber mehr Titel testen willst.

- Wenn in einem Sendegebiet die Akzeptanz von Musikstilen/Sendermusikformaten getestet werden soll, wird gern ein Test gemacht, bei dem man eine größere Anzahl von Leuten einlädt und Ihnen einen größeren Satz Hooks vorspielt.

Das ganze ist sehr komplex. Ob der Musiktest dazu führt, dass man wirklich die Musik spielt, die die Hörerschaft hören will, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, welchen Teil aus einem Titel du als Hook auswählst. Es gibt Titel, die sind so unterschiedlich, da können zwei verschiedene Hooks ganz unterschiedliche Testergebnisse ergeben. Außerdem kommt es drauf an, wie die Gruppe Deiner Testpersonen, dein Panel, zusammengestellt ist. Legst Du wert drauf, dass es fifty-fifty Männer und Frauen sind? Sollen es nur Leute sein, die schon deinen Sender hören oder Hörer des Programmes, welches du angreifen willst? Sollen es nur Hörer sein, die sich zu bestimmten Musikstilen bekennen (nicht explizit, sondern durch eine Filterabfrage, bei denen Du ihnen einen Satz Pop, Rock, Oldie, Techno...-Titel vorspielst und sie fragst, welchen Stil sie am meisten hören möchten). Teilweise sorgt die Strategie eines Senders auch dafür, dass bei Teilen der Hörerschaft hervorragend testende Titel nicht gespielt werden, weil sie bei einem anderen Teil zu negativ polarisieren. Das führt teilweise dazu, dass diverse AC- und Hot-AC-Sender sich stärker am Geschmack der weiblichen Hörerschaft orientieren. Deren Popgeschmack wird von den Männern aktzeptiert, während die bei Männern besser testenden angerockten Titel bei Teilen der weiblichen Hörerschaft Abschaltimpulse verursachen.

Unbekannte Titel erhalten immer schlechte Testergebnisse. Das liegt auch daran, dass die benutzte Mafo-Mechanik den Testpersonen nicht neue Musik näherbringt und sie dann fragt, ob das nicht mal ein netter Titel wäre, den man gerne ausgespielt im Radio hören wolle. Die Hooks führen nur dazu, die Assoziation an den schon gehörten Titel herzustellen und die Meinung dazu abzufragen.

Das heißt: neue Musik kannst Du entweder ungetestet, nach Bauchgefühl oder gar nicht spielen.

Und in Wirklichkeit ist alles noch viel komplexer, denn die Jasemine hat von der Mafo auch nur rudimentäres Wissen. Sie hofft, aber trotzdem geholfen zu haben.

<small>[ 26-03-2003, 21:13: Beitrag editiert von Jasemine ]</small>
 
in einigen mir bekannten sendern funktioniert es folgendermassen: titel werden ausgewählt, eine zeit lang eingesetzt und dann getestet. dies ist die voraussetzung dafür, dass das panel, die repräsentative zielgruppe, den song überhaupt kennt und beurteilen kann. wenn er bei guter bekanntheit schlecht testet, fliegt dann auch ein madonna-song wieder raus.
 
kurz gesagt, man ist hinterher genauso schlau wie vorher.

es geht doch schon damit los, welche titel ich meinem publikum zum testen anbiete.

die ganze hörprobenvorstellung ist nur in kombination aller methoden erfolgreich.
ein test allein ist gar nix wert.....
und gegen ein gutes bauchgefühl eines guten...ich rede wirklich von einem GUTEN musikredakteur ist eh kein kraut gewachsen.
aber eher findest du ein dutzend aldiverkäuferinnen bei versace als einen guten musicman
 
Tja, lange ist's nicht mehr hin; warum sonst laufen wohl überall ständig "Die größten Mega-Super-Giga-Hits der 80er und 90er"?
 
Liebe Jasemine,

vielen Dank für die erhellenden Details. Also liegt es doch am Mut der Musikredaktion, neue Musik populär zu machen, um anschliessend im Research bestätigt zu werden oder auch nicht, da die Testpersonen wenig Gelegenheit haben, sich mit neuen Songs vertraut zu machen.

Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, aber Deine Beiträge lese ich immer gerne.

Grüsse!
Tom
 
irgendwo hab ich das Wort "Abschaltimpulse" gelesen - da gibts ja neben der Musik noch andere: dauergrinsende Moderatoren, fehlende Inhalte und neben der Musikfarbe die viel zu enge Rotation, die das "Immergleich" garantieren soll. Das liegt dann voll im Trend der Musikbranche: Jammern, weil keiner mehr Einheitssoße kauft, aber mutlos durch den Tag...
 
... schaut Euch die MA Zahlen an -

Wie hier schon gesagt: Wir machen keine Hits - wir spielen Sie und auch wenn es erschreckend ist - It works!!!

Es burnt!
 
Mr. Burns,

meine Wohlwollen für privaten Hörfunk ist bekannt. Wenn dieser aber qualitativ deutlich hinter angelsächsischen Privatradios zurückbleibt, läuft hier was schief.

Manchmal habe ich den Eindruck, hier dominiert die Karikatur von amerikanischen Radio-Rezepten. Unter dynamischer Moderation versteht man "Kindergeburtstag".
Kotzprobe (RPR 1, "Volle Kanne" Morningshow"): "Hallo, ich bin Wettergirl Horst mit dem schöneneren Wetter". So geht das Stunde um Stunde, immer dieser blöde Spruch und eine völlig überdrehte, stimmlich aufgezogene Sprecherin.
Und RPR 1 ist eigentlich kein HOT(!) AC. Es kommen kaum neue Titel nach. Die Standard 80er und 90er - Songs werden immer weniger und rotieren wie Top 40 - Songs im Programm.

Warum können die sich das leisten? Klar, wegen mangelnder Konkurrenz. RPR hat jegliche Konkurrenz bei der LPR erfolgreich weggemobbt ("Energy"). SWR 3 ist das miese ör Pendant. Also hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Sind bei RPR 1 im Bereich "Wort" nur die Nachrichten erträglich, ist der Wortbereich bei SWR 3 zwar besser (gerade auch die Moderatoren), dafür sind die Jingles sowie Musikauswahl bescheiden.
 
Gute Musikredakteure gibt's wie Sand am Meer. Nur sind sie inzwischen alle in andere Berufe gegangen, weil man sie rausgemobbt hat.
 
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