Auch das Interview ist schnell gegessen
"Radio RPR eins" sendet live aus der Kindertagesstätte "Regenbogen" in Gau-Odernheim
"Du weißt, dass Du dreckig bist im Gesicht?", fragt Lars Christian Karde (l.
) eines der "Regenbogen"-Kinder.
Foto: Uwe Feuerbach
Vom 20.12.2003
GAU-ODERNHEIM "Nicolars und Knecht Grötzi feiern Weihnachten": Fünf Stunden lang sendete "Radio RPR eins" am Freitag aus der Kindertagesstätte (Kita) Regenbogen in Gau-Odernheim die "Volle Kanne Morning-Show".
Von
Thomas Dix
Für ein preisgekröntes Würstchen legt Lars Christian Karde das Mikrofon mal kurz auf die Seite. Die Leckerei hat der Gau-Odernheimer Norbert Hauck, kürzlich zum besten Metzger Deutschlands gekürt, mit in die Kita gebracht. Das Interview mit dem Starmetzger ist allerdings ebenso schnell "gegessen". Nun sitzt Bürgermeister Karl-Heinz Merker neben dem "Morningmän". Viel sagen darf der aber auch nicht im Gute-Laune-Sender RPR: "...und so weiter" schneidet Karde dem Ortschef, der gerade die Infrastruktur der Gemeinde zu loben beginnt, das Wort ab und kündigt die nächsten "drei Hits am Stück" an.
Es ist Unterhaltung im Häppchen-Format, die die Radioleute an diesem Freitag präsentieren. "Heute sind wir in der Kita in Gau-Odernheim", verkündet Lars Christian Karde seinen Hörern zum 33. Mal, nachdem er die Uhrzeit von seinem Funkwecker abgelesen hat. "Guten Morgen" dürfen die Kinder danach ins Mikrofon rufen. Und schon dröhnt wieder Musik aus den Standboxen. "War´s das schon?", fragt ein Mädchen. "Das reicht doch für kleine Kinder", meint der in einen roten Mantel gehüllte "Nicolars" lapidar.
Zwei Mädchen räumt der 28-jährige Moderator ein paar Sekunden mehr ein: Inken und Feli rezitieren zwei Weihnachtsgedichte. "Inken hat gestern noch ganz lange die Cassette gehört, damit sie es auch kann", verrät Tanja Steinke. Die Kita-Leiterin hat vor zwei Wochen auf Anregung einer Mutter die Bewerbung zu RPR geschickt. "Von morgens um 7 bis mittags um 5 wackeln die Tische und rutschen die Strümpf", hieß es in dem beigelegten Gedicht, dass eine andere Mutter gereimt hat. Die frohen Zeilen waren es aber nicht, die der Kita den fünfstündigen RPR-Ausnahmezustand bescherten: "Wir haben gelost", bekennt Karde. Egal, Kinder, Erzieherinnen und Eltern sind völlig aus dem Häuschen: "Für die Kita ist das eine Riesen-Werbung", freut sich Elternausschuss-Chef Michael Robinson.
Stefan Grötzinger schaut inzwischen mal beim Kinderschminken in der "Klecksfabrik" vorbei. Der 29-Jährige ist der "Sidekick" - er fungiert als eine Art Stichwortgeber für den "Morningmän". Vorpraktikantin Carmen Müller verzaubert gerade die kleine Freya in einen Leoparden. Ihr Angebot, auch dem "Knecht Grötzi" ein neues Outfit zu verpassen, lehnt Grötzinger dankend ab: "Ich habe eine Allergie", meint er und flüchtet. Dabei kann er allerdings nur mit Mühe seinen Kaffee in der Tasse halten. Kein Wunder, denn an jedes seiner Beine hat sich ein Kind geklammert.
"Haben Sie auch Kinder?", fragt "Nicolars" derweil die Hörerin, die sich gerade an einem Gewinnspiel beteiligt. "Zwei? Dann wissen Sie ja, wie es uns geht: Wir haben 90." Die Hörerin gewinnt 100 Euro und ein Handy. Ein weiterer Anrufer hat ebenfalls Glück und gewinnt einen Ring aus echtem Gold. Später sind dann auch die Erzieherinnen dran: Beim "Kampf der Geschlechter" wissen sie unter anderem, dass nur 34 Prozent aller Männer ihre Unterhosen selbst kaufen. Weil der Gegner im Äther nicht weiß, dass 22 Prozent aller Frauen ein Bauchpircing tragen. Dafür gibt´s ein wahrhaft fürstliches Geschenk: Zehn Kästen Mineralwasser.
Das Wort "Super-Abwechslung" auf der Stellwand im Turnraum, der zum Sendestudio umfunktioniert worden ist, dürfen die weiteren Interviewgäste wörtlich nehmen: Ulla Bechtolsheimer von der Ehlego-Bäckerei und Kickbox-Weltmeister Oliver Drexler fertigt Karde ebenso schnell ab wie Elke Illing vom Spielwarenladen Piccolino. Nur ein einziges Mal weht ein Hauch Besinnlichkeit durch die Hektik der Sendung: Auf die Frage von Karde, was sie sich denn zu Weihnachten wünscht, antwortet ein Mädchen: "Dass wir alle gesund bleiben." Darauf fällt sogar dem "Morningmän" kein Spruch mehr ein.