Schönes Thema, guter Köder, aber eigentlich zu komplex, um es in einem Beitrag hier in den Foren zu formulieren. Ich will trotzdem versuchen, ein paar Gedanken zusammenzufassen:
Spartenprogramme sind auf eine möglichst flächendeckende terrestrische Empfangbarkeit angewiesen, weil sich sonst nicht die für die Wirtschaftlichkeit erforderlichen Hörerzahlen generieren lassen. Einerseits sind sie für die Vielfalt im Programmangebot wichtig, andererseits müssen sie sich durch einen unüberschaubaren Lizensierungsdschungel quälen.
Schon 1998 hat es rotgrüne Pläne gegeben, die überbürokratisierte Medienkontrolle gründlich zu entschlacken. Die Landesmedienanstalten und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post sollten demnach abgeschafft und auf Bundesebene in einen Kommunikationsrat überführt werden. Was ist passiert: Nix! Charakteristikum der Medienkontrolle ist derzeit noch eine föderalistische Variante des Management by Chaos. Es bestehen 15 Landesmedienanstalten, was ein verwirrendes Netzwerk von Zuständigkeiten und Verantwortlichen (durch das übrigens auch viele Fachleute nicht mehr durchblicken) mit sich bringt. Begründet wird dies mit der im Grundgesetz verankerten Kulturhoheit der Bundesländer. Der Bund ist nicht zuständig.
Die Landesmedienanstalten sind schon häufiger in das Kreuzfeuer der Rechnunghöfe geraten: da wird „finanzieller Überfluss“ und „großzügiges Ausgabeverhalten“ der Medienwächter beanstandet. Aber die Politik hat nicht wirkliches Interesse daran, etwas zu ändern. Es gibt viel zu viele Politiker, die in viel zu vielen Gremien (auch der Landesmedienanstalten) viel zu lukrative Pöstchen besetzen, als dass sie es über sich bringen könnten, die eigenen Pöstchen mit einem Federstreich abzuschaffen.
Trotzdem wurden schon verschiedene Modelle diskutiert:
1.) Abschaffung der Landesmedienanstalten und Schaffung einer länderübergreifenden Anstalt. Dafür müsste allerdings jedes Bundesland sein Landesmediengesetz ändern.
2.) Zusammenlegung der Landesmedienanstalten, so dass die einzelnen Bundesländer ihre Repräsentanten proportional zur Bevölkerungszahl in eine gemeinsame „Medienanstalt aller Länder" entsenden. So könnten bundeseinheitliche Regelungen geschaffen werden, ohne dass die Länderhoheit beeinträchtigt würde.
3.) Die Aufwertung der ALM zu einer Art Bundesmedienanstalt. Die Länder behalten ihre Landesmedienanstalten, aber die Kompetenzen der ALM werden erweitert.
Ich privatpersönlich neige zu der letzteren Variante. Allerdings verbunden mit einer starken Selbstkontroll- und Vertretungsinstanz. Es gibt zwar den Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), aber ich habe den Eindruck, das ist eher ein Wolf ohne Zähne. Es ist doch so, dass privater Hörfunk eher gesteuert, organisiert und kontrolliert wird, statt selbst die Initiative zu ergreifen. Wie wäre es mit einer Gründung eines Deutschen Radiorates durch private Hörfunkanbieter, der sich einerseits durch freiwillige Selbstkontrolle Sicherung der Medienvielfalt, Vermittlung von Medienkompetenz und Erhöhung der Programmqualität auf seine Fahnen schreibt und gleichzeitig als Interessenvertretung fungiert? Ein solcher Rundfunkrat könnte effizienter als staatliche Kontrollmechanismen arbeiten, wenn sich die Mitglieder ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewußt sind. Journalistische Ethik sollte nicht allein der Verlockung hoher Einschaltquoten erliegen. Es müssen einerseits die Interessen lokaler und regionaler Anbieter geschützt werden, aber die bundesweiten Programme dürfen auch nicht Außen vor bleiben. Aktivität statt Passivität.
Falls es so eine Dachorganisation schon geben sollte, korrigiert mich bitte. Im Moment habe ich noch den Eindruck, dass die Konkurrenz der privaten Radios untereinander zu sehr dominiert. Reife wird jedoch durch Konsens- und Kommunikationsfähigkeit demonstriert und privates Radio sollte inzwischen den Kinderschuhen entwachsen sein.
Jetzt will ich mal wieder mit einem meiner berüchtigten Zitate aus der „Hochkultur“ zur allgemeinen Erbauung schließen (das ist nun einmal mein privatpersönlicher Stil und ich fordere Toleranz). Ein Auszug aus der Fantasie für Klavier, Chor und Orchester von Beethoven:
„Nehmt denn hin, ihr schönen Seelen,
nehmt die Gaben schöner Kunst.
Wo sich Lieb‘ und Kraft vermählen
lohnt den Menschen Götter Gunst.“
Übrigens ein Stück mit "Hitcharakter", welches man auf Grund seiner Länge und Komplexität bei Klassik Radio niemalsnicht hören wird. Schade eigentlich.
Gruß postit