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Zwischen Profil und Pop
Wie sich das Programm von WDR 2 vom Qualitätsfunk zum flüchtigen Konsumartikel entwickelt und dieser Wandel zu Konflikten im Sender führt
Von Hans Hoff
Köln – Der Husten kommt um fünf nach acht. Mitten in die Verkehrsnachrichten krächzt er hinein. Viermal muss sich Gisela Steinhauer räuspern. Sie hat alle Mühe, ihre 15 Stau-Meldungen halbwegs verständlich über den Sender zu bringen. „Ist mir noch nie passiert“, sagt sie hinterher, als wieder Musik dudelt. „Hat mal jemand ein Bonbon“, ruft sie in die Regie, und wenig später steht ein alerter Assistent mit einem Döschen Pulmoll bereit. Der reibungslose Ablauf des WDR 2-Morgenmagazins ist vorerst gesichert.
Seit sieben Jahren ist Gisela Steinhauer beim Morgenmagazin, womit sie schon fast zur alten Garde gehört. Sie trägt noch jene Seriosität in der Stimme, die so manch juvenilem Dampfplauderer fehlt. Gisela Steinhauer kann in die Tiefe fragen und begnügt sich nicht mit oberflächlicher Stichwortgeberei. In den sieben Jahren bei WDR 2 hat die freiberufliche Moderatorin viel erlebt, vor allem, wie sich ihr Sender verändert hat – klammheimlich und auf leisen Sohlen.
Am deutlichsten zeigt sich der Wandel noch am hypermodernen Sendezentrum, einem in den dritten Stock des denkmalgeschützten Kölner Reichard-Hauses eingefügten Glaspalastes mit lauter Studios, Regiepulten und 160 rund um die Uhr betriebsbereiten Rechnern. Wo eine Etage tiefer bei WDR 5 noch mit Tonbandschnipseln in fast steinzeitlicher Manier Radio gemacht wird, regiert bei WDR 2 schon seit fast drei Jahren das Digitale, jene moderne Technik, die den Umgang mit allem was Ton ist, leichter und schneller macht. Manche sagen: auch oberflächlicher.
Werbung ist Wort
Wer sich im Sendezentrum nah ans Fenster schmiegt, kann beim Blick nach oben ein Stück vom Dom sehen. Aber aus dem Fenster schaut bei WDR 2 keiner. Für die etwa 100 Menschen, spielt die Musik drinnen. Die Musik ist wichtig, weil die Menschen hauptsächlich der Musik wegen einschalten. Der Überzeugung ist zumindest Magnus Schweers. Mit seinem Team stellt er die Musik zusammen, die 60 Prozent des WDR 2-Programms ausmacht, 40 Prozent bleiben für den Wortanteil, was großzügig gerechnet erscheint, denn zum Wort zählen man auch ellenlange Staumeldungen, Nachrichten, penetrant wiederholte Konzertankündigungen und jede Menge Werbung. Kritiker sagen, dass das Wort einmal die Stärke von WDR 2 war, und dass genau diese Stärke derzeit eher schwach wird, dass aus dem einstigen Informations-Flaggschiff ein hilflos durch die Wellen schlingernder Kommerzkahn geworden ist, auf dem immer weniger gehaltvoll geredet werde, auf dem die Musik dafür aber umso lauter spielt.
Erwachsene Rock- und Popmusik heißt offiziell das, was Magnus Schweers auf den Sender schickt. In der Fachsprache firmiert das unter dem Kürzel AC für adult contemporary. Manche nennen es verächtlich Weichspülsoße. Aufdringlich darf AC auf keinen Fall klingen. „Unser Publikum goutiert Rap nicht“, sagt Schweers. Der Durchschnittshörer ist 48 Jahre alt und laut eigener Marktanalyse einer von 2,2 Millionen täglichen Kunden. Die dürfen nicht polarisiert werden. Da müssen die schwäbischen Lenor-Rocker von Pur zum Beispiel draußen bleiben. Nicht weil es nicht genügend Fans in NRW gäbe, sondern weil sich Anhänger und erklärte Gegner an verhärteten Fronten gegenüber stehen. „Mit Pur spalten sie“, sagt Schweers: „50 Prozent können davon nicht genug kriegen, und 50 Prozent kriegen die Motten, wenn wir die spielen.“ In solch einem Fall hält man sich bei WDR 2 lieber raus. Wer Profil zeigt, vergrätzt immer irgendwen.
Macht mit Musik
Rund 6000 Titel verwahrt Schweers im musikalischen Gesamtbestand, 1600 davon kommen in den aktuellen Pool, aus dem sich die Redakteure bedienen. Nur wenige schaffen es auf die wöchentlich ausgegebene playlist, auf der mit den Kategorien A, B, L und R bestimmt wird, was wann laufen darf. Titel der A-Liste können am Tag zwei, dreimal auf den Sender, Titel der B-Liste nur einmal. Was ein L trägt, darf nicht ins Tagesprogramm, und alles mit einem R Versehene bleibt der Expertensendung „Soundfiles“ vorbehalten. Grönemeyer war vergangene Woche A, Joe Cocker B, Alanis Morissette L und Ozzy Osbourne R.
Insgeheim gilt Magnus Schweers als der mächtige Mann bei WDR 2. Weil er über die Mehrheit des Programms gebietet, hat er Einfluss auf die größte Sendefläche. Und da kann der Mann, der als eigene musikalische Vorliebe „alles, was bei WDR 2 läuft“ angibt, auch schon mal fuchtig werden, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll. Manche bei WDR 2 fürchten Schweers, weil sie ihm zu viel Einfluss zuschreiben. Den sähen sie lieber auf der journalistischen Seite.
Dass die Informationskompetenz bei WDR 2 schleichend schwindet, ist auch der Konkurrenz nicht verborgen geblieben. „Die berauben sich leichtfertig ihrer Marke“, sagt sogar Elke Schneiderbanger. Die Chefin des Lokalradio- Rahmenprogramms Radio NRW kann ihre Verwunderung über die eigenartige Taktik des Konkurrenten kaum verbergen und fragt, warum WDR 2 so wenig Nutzen aus seiner Kernkompetenz zieht, warum sich der früher ernsthafte Gegner freiwillig selbst entleibt.
Wer sich beschneidet, verletzt sich auch. Wer derzeit nach der Atmosphäre bei WDR 2 fragt, bekommt offiziell nur positive Antworten. Doch auf den Fluren wird auch anders gefunkt. Da ist von ausgesprochen angespannter Stimmung die Rede und davon, dass immer mehr freie Mitarbeiter, die der eher journalistisch orientierten Fraktion zuzurechnen sind, die Welle frustriert verlassen und bei der hauseigenen Wortwelle WDR 5 intellektuelles Asyl gefunden haben. Etliche, die noch dabei sind, hadern mangels begrenzter Möglichkeiten auf dem Radiomarkt mit Abwanderungsplänen.
„Gemessen an früher ist es weicher geworden“, sagt Gisela Steinhauer mit Blick auf die journalistischen Qualitäten des immer noch als massenwirksames Informationsprogramm propagierten Senders. Noch sind gelegentlich vierminütige Interviews als Ausnahme möglich, aber lieber sähe man schon, wenn sich die Moderatoren kürzer fassen würden.
„Wer Länge mit Tiefe gleichsetzt, liegt falsch“, sagt Ansgar Rau. Er ist als Chef vom Dienst erst kurz dabei. In Baden-Baden hat er sich einen Namen gemacht bei SWF 3, und nun soll er offensichtlich etwas von der schnellen Frische aus der Kurstadt in die WDR 2-Redaktion bringen. Er erzählt von den 26 Minuten, die ein durchschnittlicher Hörer beim Sender verbleibt. „In diese Zeiträume muss man das Thema des Tages setzen“, sagt er, entweder durch einen Beitrag oder durch einen Nachrichtenblock. Die Ansicht, dass WDR 2 sich schon klammheimlich auf den Weg zum Formatradio, bei dem für jede Sendeminute des Tages ein festgelegtes Schema gilt, gemacht habe, mag Rau nicht teilen. Ihm geht es darum, aus dem Weltgeschehen auszuschneiden, was wichtig für den WDR 2- Hörer ist. „Der sektorale Ansatz ist wichtig. Ich kann hier keine ,Seite Drei’ bringen und die komplette Irak-Krise abbilden.“
Reine Begleitung
Offizieller Chef bei WDR 2 ist Reinhold Vogt. Seit viereinhalb Jahren leitet der 52-Jährige den Sender und hat dabei die meisten Reformen mit angeschoben. Reformen, die sein Herz nicht immer mitträgt, die sein Kopf aber als notwendig erachtet. „Wenn ich Oldies höre, finde ich das toll, aber andere stöhnen und sagen, das sei furchtbar“, bemerkt Vogt, der sich im Interesse eines von der Medienforschung ausgemachten Hörerinteresses persönlich zurücknimmt. Manche sagen, er nehme sich ein wenig zu sehr zurück und überlasse seinem Musikchef zu viel Raum. Vogt zeigt Abscheu für jene, die noch immer nicht kapiert haben, dass WDR 2 ein Tagesbegleitprogramm ist, eines, das man nicht gezielt wegen einer Sendung, sondern wegen der Musik und der allgemeinen Wortqualität einschalte. „Es hilft uns nicht weiter, wenn WDR 2 Mitarbeiter hat, die noch ein Einschaltprogramm machen wollen“, schimpft er. Früher hat er gelegentlich mal heftiger geschimpft, doch inzwischen muss Vogt selten gegen „das alte Denken“ und gegen „die Altvorderen“ angehen.
Dass so viele Mitarbeiter schon abgewandert sind, sieht Vogt „als ganz normale Sache“. Man wolle eben keine Leute, die junge Kollegen mit Sprüchen wie „Das haben wir alles schon gehabt“ blockieren. Und dass auch prominente Stimmen wie Randi Crott nicht mehr das Mittagsmagazin moderieren und auch zu WDR 5 tendieren, schreibt Vogt „so ’nem Wechselbedürfnis“ zu. Wo Randi Crott früher moderierte, steht an diesem Tag Annette Wieners, sie hat eine junge Stimme, die sich angenehm einschmeichelt, und liefert einen ordentlichen Job ab.
Lange wird Vogt WDR 2 nicht mehr leiten. Seine Position soll schon im nächsten Jahr neu besetzt werden. „Ich muss auch bald mal was Neues machen“, sagt er. Möglicherweise hat er sich ja am grassierenden Veränderungsvirus angesteckt. WDR 2 – der Sender mit dem Wechselbedürfnis.
Zwischen Profil und Pop
Wie sich das Programm von WDR 2 vom Qualitätsfunk zum flüchtigen Konsumartikel entwickelt und dieser Wandel zu Konflikten im Sender führt
Von Hans Hoff
Köln – Der Husten kommt um fünf nach acht. Mitten in die Verkehrsnachrichten krächzt er hinein. Viermal muss sich Gisela Steinhauer räuspern. Sie hat alle Mühe, ihre 15 Stau-Meldungen halbwegs verständlich über den Sender zu bringen. „Ist mir noch nie passiert“, sagt sie hinterher, als wieder Musik dudelt. „Hat mal jemand ein Bonbon“, ruft sie in die Regie, und wenig später steht ein alerter Assistent mit einem Döschen Pulmoll bereit. Der reibungslose Ablauf des WDR 2-Morgenmagazins ist vorerst gesichert.
Seit sieben Jahren ist Gisela Steinhauer beim Morgenmagazin, womit sie schon fast zur alten Garde gehört. Sie trägt noch jene Seriosität in der Stimme, die so manch juvenilem Dampfplauderer fehlt. Gisela Steinhauer kann in die Tiefe fragen und begnügt sich nicht mit oberflächlicher Stichwortgeberei. In den sieben Jahren bei WDR 2 hat die freiberufliche Moderatorin viel erlebt, vor allem, wie sich ihr Sender verändert hat – klammheimlich und auf leisen Sohlen.
Am deutlichsten zeigt sich der Wandel noch am hypermodernen Sendezentrum, einem in den dritten Stock des denkmalgeschützten Kölner Reichard-Hauses eingefügten Glaspalastes mit lauter Studios, Regiepulten und 160 rund um die Uhr betriebsbereiten Rechnern. Wo eine Etage tiefer bei WDR 5 noch mit Tonbandschnipseln in fast steinzeitlicher Manier Radio gemacht wird, regiert bei WDR 2 schon seit fast drei Jahren das Digitale, jene moderne Technik, die den Umgang mit allem was Ton ist, leichter und schneller macht. Manche sagen: auch oberflächlicher.
Werbung ist Wort
Wer sich im Sendezentrum nah ans Fenster schmiegt, kann beim Blick nach oben ein Stück vom Dom sehen. Aber aus dem Fenster schaut bei WDR 2 keiner. Für die etwa 100 Menschen, spielt die Musik drinnen. Die Musik ist wichtig, weil die Menschen hauptsächlich der Musik wegen einschalten. Der Überzeugung ist zumindest Magnus Schweers. Mit seinem Team stellt er die Musik zusammen, die 60 Prozent des WDR 2-Programms ausmacht, 40 Prozent bleiben für den Wortanteil, was großzügig gerechnet erscheint, denn zum Wort zählen man auch ellenlange Staumeldungen, Nachrichten, penetrant wiederholte Konzertankündigungen und jede Menge Werbung. Kritiker sagen, dass das Wort einmal die Stärke von WDR 2 war, und dass genau diese Stärke derzeit eher schwach wird, dass aus dem einstigen Informations-Flaggschiff ein hilflos durch die Wellen schlingernder Kommerzkahn geworden ist, auf dem immer weniger gehaltvoll geredet werde, auf dem die Musik dafür aber umso lauter spielt.
Erwachsene Rock- und Popmusik heißt offiziell das, was Magnus Schweers auf den Sender schickt. In der Fachsprache firmiert das unter dem Kürzel AC für adult contemporary. Manche nennen es verächtlich Weichspülsoße. Aufdringlich darf AC auf keinen Fall klingen. „Unser Publikum goutiert Rap nicht“, sagt Schweers. Der Durchschnittshörer ist 48 Jahre alt und laut eigener Marktanalyse einer von 2,2 Millionen täglichen Kunden. Die dürfen nicht polarisiert werden. Da müssen die schwäbischen Lenor-Rocker von Pur zum Beispiel draußen bleiben. Nicht weil es nicht genügend Fans in NRW gäbe, sondern weil sich Anhänger und erklärte Gegner an verhärteten Fronten gegenüber stehen. „Mit Pur spalten sie“, sagt Schweers: „50 Prozent können davon nicht genug kriegen, und 50 Prozent kriegen die Motten, wenn wir die spielen.“ In solch einem Fall hält man sich bei WDR 2 lieber raus. Wer Profil zeigt, vergrätzt immer irgendwen.
Macht mit Musik
Rund 6000 Titel verwahrt Schweers im musikalischen Gesamtbestand, 1600 davon kommen in den aktuellen Pool, aus dem sich die Redakteure bedienen. Nur wenige schaffen es auf die wöchentlich ausgegebene playlist, auf der mit den Kategorien A, B, L und R bestimmt wird, was wann laufen darf. Titel der A-Liste können am Tag zwei, dreimal auf den Sender, Titel der B-Liste nur einmal. Was ein L trägt, darf nicht ins Tagesprogramm, und alles mit einem R Versehene bleibt der Expertensendung „Soundfiles“ vorbehalten. Grönemeyer war vergangene Woche A, Joe Cocker B, Alanis Morissette L und Ozzy Osbourne R.
Insgeheim gilt Magnus Schweers als der mächtige Mann bei WDR 2. Weil er über die Mehrheit des Programms gebietet, hat er Einfluss auf die größte Sendefläche. Und da kann der Mann, der als eigene musikalische Vorliebe „alles, was bei WDR 2 läuft“ angibt, auch schon mal fuchtig werden, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll. Manche bei WDR 2 fürchten Schweers, weil sie ihm zu viel Einfluss zuschreiben. Den sähen sie lieber auf der journalistischen Seite.
Dass die Informationskompetenz bei WDR 2 schleichend schwindet, ist auch der Konkurrenz nicht verborgen geblieben. „Die berauben sich leichtfertig ihrer Marke“, sagt sogar Elke Schneiderbanger. Die Chefin des Lokalradio- Rahmenprogramms Radio NRW kann ihre Verwunderung über die eigenartige Taktik des Konkurrenten kaum verbergen und fragt, warum WDR 2 so wenig Nutzen aus seiner Kernkompetenz zieht, warum sich der früher ernsthafte Gegner freiwillig selbst entleibt.
Wer sich beschneidet, verletzt sich auch. Wer derzeit nach der Atmosphäre bei WDR 2 fragt, bekommt offiziell nur positive Antworten. Doch auf den Fluren wird auch anders gefunkt. Da ist von ausgesprochen angespannter Stimmung die Rede und davon, dass immer mehr freie Mitarbeiter, die der eher journalistisch orientierten Fraktion zuzurechnen sind, die Welle frustriert verlassen und bei der hauseigenen Wortwelle WDR 5 intellektuelles Asyl gefunden haben. Etliche, die noch dabei sind, hadern mangels begrenzter Möglichkeiten auf dem Radiomarkt mit Abwanderungsplänen.
„Gemessen an früher ist es weicher geworden“, sagt Gisela Steinhauer mit Blick auf die journalistischen Qualitäten des immer noch als massenwirksames Informationsprogramm propagierten Senders. Noch sind gelegentlich vierminütige Interviews als Ausnahme möglich, aber lieber sähe man schon, wenn sich die Moderatoren kürzer fassen würden.
„Wer Länge mit Tiefe gleichsetzt, liegt falsch“, sagt Ansgar Rau. Er ist als Chef vom Dienst erst kurz dabei. In Baden-Baden hat er sich einen Namen gemacht bei SWF 3, und nun soll er offensichtlich etwas von der schnellen Frische aus der Kurstadt in die WDR 2-Redaktion bringen. Er erzählt von den 26 Minuten, die ein durchschnittlicher Hörer beim Sender verbleibt. „In diese Zeiträume muss man das Thema des Tages setzen“, sagt er, entweder durch einen Beitrag oder durch einen Nachrichtenblock. Die Ansicht, dass WDR 2 sich schon klammheimlich auf den Weg zum Formatradio, bei dem für jede Sendeminute des Tages ein festgelegtes Schema gilt, gemacht habe, mag Rau nicht teilen. Ihm geht es darum, aus dem Weltgeschehen auszuschneiden, was wichtig für den WDR 2- Hörer ist. „Der sektorale Ansatz ist wichtig. Ich kann hier keine ,Seite Drei’ bringen und die komplette Irak-Krise abbilden.“
Reine Begleitung
Offizieller Chef bei WDR 2 ist Reinhold Vogt. Seit viereinhalb Jahren leitet der 52-Jährige den Sender und hat dabei die meisten Reformen mit angeschoben. Reformen, die sein Herz nicht immer mitträgt, die sein Kopf aber als notwendig erachtet. „Wenn ich Oldies höre, finde ich das toll, aber andere stöhnen und sagen, das sei furchtbar“, bemerkt Vogt, der sich im Interesse eines von der Medienforschung ausgemachten Hörerinteresses persönlich zurücknimmt. Manche sagen, er nehme sich ein wenig zu sehr zurück und überlasse seinem Musikchef zu viel Raum. Vogt zeigt Abscheu für jene, die noch immer nicht kapiert haben, dass WDR 2 ein Tagesbegleitprogramm ist, eines, das man nicht gezielt wegen einer Sendung, sondern wegen der Musik und der allgemeinen Wortqualität einschalte. „Es hilft uns nicht weiter, wenn WDR 2 Mitarbeiter hat, die noch ein Einschaltprogramm machen wollen“, schimpft er. Früher hat er gelegentlich mal heftiger geschimpft, doch inzwischen muss Vogt selten gegen „das alte Denken“ und gegen „die Altvorderen“ angehen.
Dass so viele Mitarbeiter schon abgewandert sind, sieht Vogt „als ganz normale Sache“. Man wolle eben keine Leute, die junge Kollegen mit Sprüchen wie „Das haben wir alles schon gehabt“ blockieren. Und dass auch prominente Stimmen wie Randi Crott nicht mehr das Mittagsmagazin moderieren und auch zu WDR 5 tendieren, schreibt Vogt „so ’nem Wechselbedürfnis“ zu. Wo Randi Crott früher moderierte, steht an diesem Tag Annette Wieners, sie hat eine junge Stimme, die sich angenehm einschmeichelt, und liefert einen ordentlichen Job ab.
Lange wird Vogt WDR 2 nicht mehr leiten. Seine Position soll schon im nächsten Jahr neu besetzt werden. „Ich muss auch bald mal was Neues machen“, sagt er. Möglicherweise hat er sich ja am grassierenden Veränderungsvirus angesteckt. WDR 2 – der Sender mit dem Wechselbedürfnis.