Seltsamerweise gibt es Bundesländer, in denen terrestrisch auf UKW seit Jahren kein Schlager ausgestrahlt wurde. Erudiert sind die bisher nicht.
Das kommt aber noch früh genug, denn die Verhaltensweisen und Gewohnheiten der Jahrgänge 35+ waren lange Zeit sehr berechenbar, sie waren ja auch durch die Technik limitiert. Das ändert sich nicht zuletzt durch überall verfügbares, kostengünstiges mobiles Internet radikal.
Es ist doch klar wohin die Reise geht. Die Menschen haben jederzeit Zugriff auf eine riesige Fülle von Inhalten, wer da nicht mit treffsicheren und passgenauen, idealerweise regionalen Angeboten zur Stelle ist wird sich im Markt nicht halten können. Das betrifft die Musik ebenso wie relevante und interessante Wortbeiträge.
Ein weiterer Gamechanger ist die Künstliche Intelligenz. In wenigen Jahren gibt es komplett von der KI gestaltete Radioprogramme, die von Sprachmodellen redigiert und mit automatisiert hergestellten Beiträgen versorgt sowie von beliebig vielen täuschend echt wirkenden KI-Stimmen moderiert werden. Das läuft dann alles auf Autopilot. Ein als Seiteneinsteiger startender Audioservice-Veranstalter wird diese Angebote über zig Genres und wortbasierte Programme hinweg mit bescheidenen finanziellen Mitteln hochskalieren können ohne Personalkosten tragen zu müssen.
Die Leute werden noch leichter als bisher auf Knopfdruck ihre eigene Musik erzeugen können und sich Nachrichten, Berichte, Wetter und Verkehr standortbezogen und personalisiert von KI-Moderatoren vorlesen lassen. Radioähnliche, individuell zugeschnittene Dienstleistungen werden überall aus dem Boden schießen.
Wer als Radioanbieter in diesem Haifischbecken überleben will muss schon jetzt an guten Konzepten arbeiten, von der Digitalradio-Multichannelstrategie bis hin zu KI-Anbindung, personalisierten Streams und Podcasts aller Art (wobei wiederum die KI hilft).
Die Radioanbieter von heute müssen sich vielmehr zu Audio-Fullcontent-Providern entwickeln um mit der global agierenden Konkurrenz Schritt halten zu können. Agenturen sind über kurz oder lang ohnehin passé, ihre Arbeit übernehmen KI-Agenten. Ob die gegenwärtigen Radiogesellschafter da mitgehen können oder wollen ist mehr als fraglich, möglicherweise werden sie bekannte Marken abstoßen.
"Echte Menschen" werden weiterhin Nachrichten sprechen, recherchieren und interviewen sowie Live-Shows und Sendungen moderieren, die dann per Syndikation über diverse Spezialsender ausgespielt und als Podcast angeboten werden.