T9u versus Sander&Janzen

OnkelOtto

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Liebe Freunde,

ich schreibe an einem kleinen satirischen Roman über eine sächsische Tontechnikerin, die in 50er Jahren in den Westen zum "Adenauer-Funk" wechselt.
Meine Technik-Fragen an die Bandmaschinenspezialisten:
Waren die Ost-Maschinen von Sander&Janzen in etwa baugleich mit der Telefunken T9 bzw. T9u und wenn nein, worin lagen die gravierenden Unterschiede?
Und zweite Frage:
Hatte die T9u einen eigenen Lautsprecher (möglicherweise als Erweiterung)?

Danke im Voraus!
Onkel
 
Pauschal: nein.

Die DDR hatte eigene Bandmaschinen, die bekanntesten T-221 oder T-2221 und waren Eigenentwicklungen, die mit Telefunken T9 und M5 nichts zu tun hatten.

Die Maschinen wurden als nackte Laufwerke verkauft und Abhörlautsprecher (wenn überhaupt) in den Truhen verbaut, bei der T9 / T9u waren die Röhrenverstärker V66 / V67 (später V86 / V87) in der Truhe eingeschoben.

Die T9 war eine weitere Entwicklung der AEG T8 / K8 und aus 76cm (RRG hatte 100cm) Bandgeschwindigkeit Capstanmotoren, auf die eine Klemmhülse für 76cm aufgesteckt wurde und später zum umschaltbaren Motor mit zunächst 38/76cm gebaut wurde.
Erst später bei der M10 kamen 19/38cm zum Einsatz.

Die DDR-Maschinen kenne ich nur vom sehen und hatte Masterbänder mit hervorragendem Klang, auch gab es von SaJa Schnittmaschinen mit 4 Tellern, ähnlich wie Steenbeck Filmschneidetische.

T9 (R69) 1952.jpg

R28_1.jpg
frühe R28 von SaJa

Soweit die Kurzinfo.
 
Caveman, ganz, ganz herzlichen Dank für die präzisen Infos, mit denen meine Romanheldin, Frau Schrabs, jetzt ausgestattet werden kann. Ich grab' mich mal intensiv in die Materie! Dank und Gruß! Jürgen
 
Gerne!

Habe diese Studio-Magnetophone von 1979 bis 2022 gewartet incl. Messtechnik und selbst für Produktionen eingesetzt.

Die T9 war die leiseste von allen - aber heute an 240V nicht mehr einsetzbar, da für 220V gebaut!

Hier der sehr selten in geringen Stückzahlen gebaute Telefunken M5 Röhren-Doppeldecker in Service-Stellung (man sprach von 37 Geräten):

1_1.jpg1_2.jpg


Werksbilder Telefunken Hamburg.
 
Studio Schallplattendreher Neumann R21 aus den 1950ern, bevor man in Lahr den R80 baute.

Studioplattenabspielmaschine.png
R21 Tisch / Einbauversion

EMT R35:
EMT R35 (1).jpg

oder das "Investitionsmodell" für Spekulanden, der EMT R80:

1.jpg

der Teller hatte mehr als 50cm Durchmesser zum Abspielen der alten Decelithfolien und war zu sehen in den Sendungen "Musik aus Studio B" und en ersten "ZDF Hitparaden" mit den Telefunken M5 für die Playbacktapes, die später gegen Studer B67 ersetzt wurden.

Bei dem angebildeten R80 hängt die Tondose schief, da der Tonarm vergewaltigt wurde
(Netzfund).

Leider werden von Spekulanten, Jägern & Sammlern die Preise extrem getrieben und Käufer wundern sich später, dass die Motoren an 240V durchbrennen, was auch für die T9 gilt.


R.
 
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FYI: Die T9 hätte die angesprochenen 240V eigentlich aushalten müssen, denn bei 220V Netzspannung (vor 1987) wären konstant bis 242V (also +10%) an der Steckdose erlaubt gewesen. Ansonsten haben wir 230V Nennspannung hier in DE, nicht 240V. Viel mehr als 233V habe ich bisher noch nicht an einer Steckdose gesehen. Erlaubt wären bis 253V, aber die Netzfritzen regeln die Spannung heutzutage wohl zunehmend aus (gerade weil immer mehr größere PV-Anlagen Leistung ins örtliche Netz pumpen und die Spannung dabei unzulässig steigen würde).

 
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... aber gerne Onkel Otto!

Hallo Zwerg!

Der rechte Wickelmotor der T9 macht die Probleme und erfuhr beim Versuch die neu wickeln zu lassen, dass eine angepasste Spannung von mehr als 220V in den Nuten nicht möglich sei, kein Platz.

Von Telefunken Hamburg (Beerenweg, beispielshaftes Serviceteam!) erfuhr ich, dass die WM intern einen Hitzestau aufweisen, der sich aufgrund mangelnder Entlüftungen sich unter der Frontplatte staut und Grund dafür ist, dass die Herren Pfleumer & Koll. die Frontplatten der AEG Magnetophone extrem starr konstruierten - sond stimmt der Bandlauf nicht mehr und das Tape wird schwer beschädigt.

Meine frühere T9u (SFB gelagert im Musikstudio B im unterird. Bunker) lief daher selten länger als die halbe Stunde am Stück, bei einer Stunde mar der rechte WM heiß wie ein Autodach im Hochsommer trotz neuer ELKOs.

Bei weiteren Maschinen waren stets die rechten Motoren durch, der Capstan hingegen nie. Interessanterweise gab es zur T9 Capstanwelle Austauschbuchsen zum Aufklemmen, um jede Maschine mit 76 oder 100cm Bandgeschwindigkeit (RRG-Norm) betreiben zu können.

Selbstreinigende Kontakte machten keine Probleme, ja selbst Siemens verbaute die bis zuletzt als die Zwangsdigitalisierung kam sogar noch in relaisegesteuerten Stellwerken ein und sind bis heute lieferbar!

Bei der M10 sind die WM völlig unproblematisch und finden sich in der M15A wieder mit geändertem Läufer, die Bremsen sind nun oben.

Dafür verbrutzeln in den M10'nen heute die Relaise, da man keine Aufmerksamkeit den Entstörgliedern schenkt, im Schaltplan als Ss (Störschutz) gekennzeichnet.
GA-Magnete können nicht von "Anzugsmoment" in den schwächeren "Haltestrom" wechseln und so verbrennen inzwischen reihenweise die Spulen der GA-Magnete, Bremsen und Motoren spinnen ect.

Der Kram findet sich dann in Online-Auktionen wieder mit dem Hinweis, man habe kein Kabel und könne nicht testen.....

Schönen Tag allen!

R.

T9 Einzoll in Holland (Netzfund):
T9 Mehrspur in NL.jpg

Telefunken T9 Mehrspur.jpg

T9 Achtspur mit Taktmischfeld, Werksbild Telefunken.

Es gab eine einzige M10 mit 16 Spuren und V86/87 für Filmsynchron beim ZDF, die heute in Tokyo eines Großkonzern's zum Angeben stehen soll.
 
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Der rechte Wickelmotor der T9 macht die Probleme und erfuhr beim Versuch die neu wickeln zu lassen, dass eine angepasste Spannung von mehr als 220V in den Nuten nicht möglich sei, kein Platz.
Da hat man wohl eine Ankerwickelei beauftragt, die nur wenig Fachwissen aufweisen konnte.
Natürlich ist eine Anpassung von Wicklungen an eine ca. 10% höhere Betriebspannung möglich, da mit einer Reduzierung der Drahtstärke die höhere Windungszahl in die Nuten passt und mit höherem Wicklungswiderstand und höherer Spannung die Reduzierung des Stroms und die höhere Windungszahl den Magnetfluss weitgehend kompensiert.
 
Das Problem der mangelhaften Wärmeabgabe bleibt noch immer ungelöst.

Das was die Firma mir als Auskunft gab, habe ich übernommen. Also Altgeräte nur noch über Netzspannungs-Konstanter betreiben, was jeder V76-User macht.

R.
 
Hey, Zwerg, mein Pegasus! Danke. Die Frau Schrabs war immer so stolz auf ihre Bandschere, jetzt werde ich sie mal mit dieser Alternative konfrontieren.
 
Hihi....... Auf jeden Fall, lieber Manni, schlägt sie sich gerade mit alten Sander&Janzens herum und vergleicht sie mit der T9u.
Evelyn Schrabs entwickelt eine quasi erotische Beziehung zu den historischen Teilen und schimpft auf die neu installierten Telefunken M 15a, weil die nur 19 und 38 können. Sie muss aber etwas ganz Wichtiges abhören, das in den Vierzigern mit 76 aufgenommen wurde. Lassen wir sie lieber noch ein bisschen grummeln. 😁
 
In der externen Fernbedienungskassette SZ-15A für den Variospeed der M15A ist ein kleiner Reiter, mit dem man den Tonmotor umprogrammieren kann von "Halbtönen" auf "prozentualen Variospeed".

Die Geschwindigkeit bis zum Anschlag mit dem 20Gang Spindelpoti hochgeschraubt und man hat die gewünschten 76cm Thempo, oder legt das Band auf eine M20 / M21.

Diese lassen sich im internen Programmierschaltern (Mäusekino) entweder auf 9,5-19cm umschalten, ab Werk sind es 19-38cm oder 38-76cm.

(Umschalten bitte nur bei ausgeschalteter Maschine, sonst wird der Mikroprofessor verrückt und bekommt BSE!)

Zur Telefunken T9 gab es optional Klemmhülsen, die aufgesteckt auf die Capstanwelle aus einem 38cm Tonmotor wieder 76cm zauberten - und das alles ohne App's, Mikrochips oder teure Programme!

R.
 
"Evelyn" heißt die Gute also, die in den 50er Jahren in den Westen zum "Adenauer-Funk" wechselt (und neuerdings auch eine Schachtel "Rundfunk"-Rasierklingen in ihrer Handtasche hat). Dementsprechend wird sie Anfang der 1930er Jahre zur Welt gekommen sein.

Evelyn - gut gewählt, @OnkelOtto, denn das hätte ich jetzt nicht erwartet:

In Deutschland war der Name Evelyn zu Beginn der 1930er und in den 1950er Jahren besonders beliebt und erreichte dabei Platzierungen im Mittelfeld der Top-100 der Hitliste.
 
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Eberhard Vollmer revidierte nach 1945 def. Radios und Bandmaschinen, setzte auf vorhandene sein Emblem drauf und fertigte später selbst Studiobandmaschinen.

Zu dieser Zeit durften nur Personen mit weißen Arztkitteln solche heilige Maschinen berühren oder gar bedienen!

Hier mal ein Bild (NWDR Studio Flensburg mit Herrn Begemann):

Begemann Flensburg.jpg

(Bild wurde verlinkt von der Funkstunde, Vielen Dank!)
 
Ich kenne noch die Vollmerino als Redaktions-Abhörgeräte. Man konnte sogar - umständlich - damit schneiden.
 
Stimmt, von der Vollmerino 2002 habe ich unzählige unter meinem Lötkolben gehabt, die spätere abe WG30 von Herrn Becker aus Konstanz war besser, das Spitzenmodell war die abe WG31 mit Wohlklang wie eine Studer!

Besonderheiten:

- sym. und asym. Ausgänge
- 30cm Wickelteller
- voll fernbedienbar
- um 180° schwerkbarer Kopfträger für beide Schichtlagen
- eingeb. Abhörlautsprecher "gehörrichtig"
- nach allen Seiten aufklappbar für leichten Service ect.

Die Vollmerino hatte Wiedergabekarten Typ V597, die von Ludwig Jahnke aus Hamburg stammten und auch in Vollmer Mehrspuranlagen zu finden waren.

Erst Herr Becker baute klanglich etwas besseres und übertraf sich selbst bei den beidseitig bestückten Wiedergabekarten seiner WG31, letzte Serie mit SMD-Teilchen und Durchkontaktierungen der Platine.

Dennoch sehr gesuchtes Arbeitsgerät und in Redaktionen sehr beliebt, da man versehentlich keine Aufnahmetaste drücken konnte - es gab keine....

1.JPG

abe WG31 mit Echtzeitzählwerk und Zerolocator, mit der Bandschleifen gefahren werden konnten, Variospeed on Board und hier links neben dem Kopfträger eine Entmagnetisierungsplatte, damit beim schnellen Umspulen keine Entladungen "Knackser" auf dem Tape entstanden.

Danke Herr Becker - möge er in Frieden ruhen.
 
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