Tom Buhrow: "Wir müssen die große Reform wagen, jetzt"

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Ich bin ja gespannt, ob da was rauskommt. Ich kann mich erinnern als Anfang 2021 Kai Gniffke vorgeschlagen hat, man könne ja mal drüber nachdenken senderübergreifende Direktionen zwischen SR und SWR zu schaffen. Hat man aus Saarbrücken vehement abgelehnt ("identitätstiftende Bedeutung")... So viel zur Veränderungsbereitschaft von innen heraus. Der BR übernimmt ja jetzt nicht mal die ARD-Hitnacht auf BR1 und sendet lieber Musik-NonStop. Wahrscheinlich auch "identitätstiftende Bedeutung"...
 
Niemand möchte ALLE Orchester, Big Bands, Chöre, etc. abschaffen. Gefühlt hat aber fast jede Anstalt seine eigenen und ich denke, hier gibt es doch genug Einsparungspotential.
Das finde ich auch.
Ich würde es begrüßen wenn es ein einziges "ARD-Nationalorchester" geben würde. Das würde völlig reichen. Die Musiker kann man ja trotzdem je nach Aufnahme variieren, genauso wie die Dirigenten. Aber dass jede Anstalt ein eigenes braucht, ist dann doch zu viel des Guten.
 
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Bei einem ARD-Sinfonieorchester müsste man doch auch überlegen, was man dann mit den freien Spielterminen in der Elbphilharmonie, Gewandhaus, Gasteig und sonst wo macht. Entweder freilassen oder andere Orchester in öffentlicher Trägerschaft aufbauen, was auch nur eine Kostenverlagerung wäre...
 
Na, einfach nicht nutzen. Spart Geld.
Die Rechnung würde mich interessieren.
Wir haben ein Konzerthaus mit angedocktem Hotel und Gastronomie, wir haben ein angedocktes Parkhaus sowie einige elitäre Eigentumswohnungen. Es ist davon auszugehen, daß Wartungs-, Reinigungsleistungen etc. über Rahmenverträge abgewickelt werden, meint: die Kosten fallen so oder so an, im Gegenzug entfallen allerdings die Einnahmen durch Konzertbetrieb.
Es wird Geld gespart, indem ...?

Gruß
Skywise
 
Das ist dann das Problem der Konzerthausbetreiber, die müssen selber zusehen. Die ARD ist dann fein raus.

Gibt ja noch genügend andere Kultur in Form von Theater, Kabarett, kleinen Bands usw.
 
Warum brauchen wir ÖR und was soll er leisten,
Ich meine, der Auftrag des ÖRR ist in erster Linie die seriöse Information, wobei die Information auch in unterhaltender Form vorgebracht werden kann, wie zum Beispiel in den - meistens - interessanten Talk-Runden bei Markus Lanz. Seichte Unterhaltung sollte hingegen zurückgefahren werden.

Ganz gut auf den Punkt gebracht haben es die beiden FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und Frank Schäffler in deren Beitrag in der WELT von Ende Oktober - siehe Link.

 
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Naja, das ist jetzt bspw. beim Gewandhaus eine Tochter der Stadt Leipzig. So gesehen halt auch wieder ein Problem "der Allgemeinheit". Ist jetzt halt dann das Problem des Steuerzahlers und nicht des Gebührenzahlers.
Aber im Gegensatz zum Rundfunkbeitrag zahlen Einkommensmillionäre nicht nur eine pauschale Haushaltsabgabe als Steuer.
 
Ganz gut auf den Punkt gebracht haben es die beiden FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und Frank Schäffler in deren Beitrag in der WELT von Ende Oktober - siehe Link.
Findest Du wirklich? Ich find' den Beitrag vergleichsweise stumpf bis peinlich ...

So ist es nicht verwunderlich, dass von 2005 bis 2021 die Einnahmen des Beitragsservice von 7,12 auf 8,42 Milliarden Euro stiegen. Mit 21 TV- und 73 Radiosendern sowie 16 Orchestern und dazu noch acht Chören hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Angebot, das weit über die Grundversorgung hinausgeht. Fehlt der Bezug zu den Kosten, führt dies zu Verschwendung.
Ich überlege gerade, ob ich nicht auch was in die WELT texten sollte von wegen "Ich persönlich finde auch, daß die FDP mit 92 Sitzen im Deutschen Bundestag viel zu überrepräsentiert ist und daß man bei der geplanten Verkleinerung des Bundestags zwecks Einsparung von Steuergeldern exakt an dieser Stelle ansetzen sollte". Ich würde Wetten eingehen, daß der FDP umgehend etwas Lautes einfiele, weshalb es unbedingt 92 Personen sein müssen, und sehr wahrscheinlich käme sogar eine schriftliche Begründung zu jedem einzelnen Abgeordneten zurück, idealerweise in alphabetischer Reihenfolge.

Beim nachträglichen Nachdenken - die Idee hat irgendwie Potential ... 😁

Gruß
Skywise
 
Buhrow hatte jetzt den Mut, einen Stein ins Wasser zu werfen. Die Wellen schlagen, ich hoffe auch in den Gremien wird neu nachgedacht.
Hier im Forum werden gleich sinnvolle Reformen diskutiert. In der Detailplanung sind die Entscheidungsträger noch gar nicht.
 
Also erstens wird heute bedeutend mehr "klassische" Musik konsumiert als vor 70 Jahren,
Woran machst Du das aus? Meinen Beobachtungen nach ist genau das Gegenteil der Fall.

zweitens beinhaltet "Orchester" neben Sinfonie- und Rundfunk- auch Tanz- und Salonorchester sowie Big Bands, die meines Wissens wenigstens teilweise auch in Kooperation mit anderen Einrichtungen betrieben werden,
Und wieviel davon wird wirklich im Rundfunk gesendet?
drittens waren auch vor 70 Jahren sehr viele Orchester bereits mit dem Rundfunk verbandelt, weil sie eigenständig praktisch nicht (mehr) existieren konnten, weil - Nachkriegszeit und so.
Nein, die Orchester waren seinerzeit notwendig, weil es gar nicht so viele (sende-)fertige Aufnahmen auf Platte und Band gab, um damit ein oder mehrere Vollprogramme zu füllen, da mußten Eigenproduktionen her, und viele Radiosendungen, die man heute als "Show" bezeichnen wurde, wurden von Live-Orchestern begleitet.
Wenn Du die Existenz bestimmter Einrichtungen immer nur gegen die Einschaltquoten stellst und keine weiteren Aspekte berücksichtigst, dann kannst Du auch gleich den ÖR-Rundfunk dichtmachen, denn er rechnet sich ja nicht.
Auf der einen Seite steht der ÖR Rundfunk per se zur Disposition, weil die Kosten zu hoch sind, auf der anderen Seite leistet man sich absolute Luxuseinrichtungen, wie besagte Orchester. So wichtig auch Kultur ist, irgendwo muß das aber auch finanzierbar sein.

Und es ist ja kein Geheimnis, dass beispielsweise der BR sein Klassikangebot lieber heute als morgen ins digitale Abseits schieben will, um die wertvolle vierte UKW-Senderkette für ein jugendorientiertes Programm zu nutzen. Also einerseits wollen die Rundfunkanstalten gar kein richtiges Klassikangebot mehr, andererseits will man aber den Luxus millionenteurer Klangkörper. Das paßt nicht!
 
Ich meine, der Auftrag des ÖRR ist in erster Linie die seriöse Information, wobei die Information auch in unterhaltender Form vorgebracht werden kann, wie zum Beispiel in den - meistens - interessanten Talk-Runden bei Markus Lanz. Seichte Unterhaltung sollte hingegen zurückgefahren werden.
Der ÖR sollte genau zwei Schwerpunkte haben, seriöse Information und hochwertige(!) Unterhaltung.

Wenn man die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen könnte, wäre es ein Leichtes, das auf zwei bundestweite TV-Programme mit regionalen Einsprengseln herunterzubrechen, und analog auf zwei, maximal drei bundesweite Hörfunkprogramme, ebenfalls mit regionalen Sendestrecken.

So wie jetzt, dass fast ein dutzend Landesrunkfunkanstalten in Summe rund 100 Radio- und TV-Programme veranstalten mit einer unfassbaren Redundanz (Dritte TV-Programme, die zum, größten Teil Wiederholungen nicht-regionaler Inhalte bringen, und Radioprogramme, die von Flensburg bis Garmisch in allen Aspekten identisch sind), das ist einfach absurd.
 
Woran machst Du das aus? Meinen Beobachtungen nach ist genau das Gegenteil der Fall.
Am Jahr 1952 und dem damit zusammenhängenden Musikkonsum.
Tonträgerstandard ist noch Schellack mit einer geringeren Spielzeit, dazu kommt eine stark verbesserungswürdige Technik. Die Schallplatte gab es zwar schon seit drei, vier Jahren, aber die hatte sich noch nicht durchgesetzt, Stereo war noch völlig unbekannt, das kam erst ab 1958. Das Ausschöpfen von akustischem Potential übernahmen damals die Tontechniker von Decca, die damals zwar nicht mit echtem High Tech, aber dafür mit guten Ohren und Kreativität ausgestattet waren und damit dem Klang zu einem echten Aufschwung verhalfen. Ab da konnte man wirklich klassische Musik hören, bei der man nicht alle vier Minuten gezwungen war, die Platte umzudrehen oder zu wechseln, und bei der Nuancen vor allem in der Dynamik oder in den Arrangements eingefangen werden konnten.
Im noch jungen Fernsehen war klassische Musik zwar durchaus vorhanden, aber im größeren Stil fand der Siegeszug der klassischen Musik erst statt, als man die optische Komponente eher würdigte, sprich: Bühnenmusik, meint: Oper. Die erste Oper lief im deutschen Fernsehen erst 1953.
Wer Musik hören, meint vor allem: kennenlernen wollte, der war darauf angewiesen, selbst zu musizieren, oder er mußte ins Theater/in die Oper/zu Konzerten gehen (was sich '52 nicht viele Leute leisten konnten), oder er brauchte einen Plattenspieler, der damals den kleinen Mann auch Monatslöhne kostete.
Tom Buhrow unterstellt in seiner Rede Deutschland im Jahr 2022 mehr als 120 Berufsorchester. Die Musikakademien sind ebenfalls gut gefüllt, was ich zuletzt so gehört habe, aus der Klassiksparte habe ich in jüngerer Zeit nichts vernommen, das auf einen Nachwuchsmangel schließen läßt, insofern gehe ich davon aus, daß Klassik sein Publikum und seine Interpreten hat. Mit der Einschränkung, daß das Publikum, das einen Mozart-Abend besucht, traditionell größer und nicht zwangsläufig mit dem identisch ist, das sich auf Ondřej Adámek, Harry Partch oder Conlon Nancarrow einläßt.

Und wieviel davon wird wirklich im Rundfunk gesendet?
Deutlich weniger als produziert wird, was aber völlig normal ist. Gibt ja auch genug Musikproduktionen, bei denen sich Musiker die Orchestermusiker mal "ausleihen", oder es wird vor Publikum, aber nicht hinter Mikrofon musiziert

Nein, die Orchester waren seinerzeit notwendig, weil es gar nicht so viele (sende-)fertige Aufnahmen auf Platte und Band gab, um damit ein oder mehrere Vollprogramme zu füllen, da mußten Eigenproduktionen her, und viele Radiosendungen, die man heute als "Show" bezeichnen wurde, wurden von Live-Orchestern begleitet.
Stimmt. Wie ich sagte: viele Orchester waren damals schon mit dem Rundfunk verbandelt. Die Orchester ohne derartige Verbindungen oder ohne Stammbühne/-engagement sind aber in jener Zeit zunehmend weggebrochen.

Auf der einen Seite steht der ÖR Rundfunk per se zur Disposition, weil die Kosten zu hoch sind, auf der anderen Seite leistet man sich absolute Luxuseinrichtungen, wie besagte Orchester. So wichtig auch Kultur ist, irgendwo muß das aber auch finanzierbar sein.
Wie finanziert man eigentlich eine Nachrichtensendung?
Mag an mir liegen, aber irgendwie habe ich bei diesen Diskussionen immer häufiger das Gefühl, als ob gestern jemand die musikalische Vielfalt weggeknipst hat, weil man davon ausgeht, daß die das Publikum überfordert hat, heute möchte jemand die Sendungen wegknipsen, in denen intensiv recherchiert werden muß, weil man die Leute einsparen möchte, morgen will jemand bestimmte Sportübertragungen wegknipsen, weil die Übertragungsrechte zu teuer sind, übermorgen sollen die Orchester eingedampft werden, weil die so teuer sind. Und überübermorgen beschweren sich dann wieder alle fleißig darüber, warum der Rundfunk so teuer und so scheiße ist, wenn man bedenkt, daß da früher noch richtige Magazine liefen, tolle Sportübertragungen und viel Orchestermusik, aber das können die natürlich alle nicht mehr. In diesen Diskussionen sehe ich die Abwärtsspirale vorprogrammiert. Ich hätte viel lieber erst mal ein Konzept gehabt, wie's weitergehen soll. Die überflüssigen Teile wegsterben lassen können wir dann immer noch.

Und es ist ja kein Geheimnis, dass beispielsweise der BR sein Klassikangebot lieber heute als morgen ins digitale Abseits schieben will, um die wertvolle vierte UKW-Senderkette für ein jugendorientiertes Programm zu nutzen. Also einerseits wollen die Rundfunkanstalten gar kein richtiges Klassikangebot mehr, andererseits will man aber den Luxus millionenteurer Klangkörper. Das paßt nicht!
Mag an mir liegen, aber "digitales Abseits" ist für mich nicht automatisch gleichbedeutend mit "Nirwana".

Gruß
Skywise
 
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Und es ist ja kein Geheimnis, dass beispielsweise der BR sein Klassikangebot lieber heute als morgen ins digitale Abseits schieben will, um die wertvolle vierte UKW-Senderkette für ein jugendorientiertes Programm zu nutzen
Das war 2018 mal im Gespräch, aber man hat es nie umgesetzt und ist davon auch wieder abgerückt. Oder gibt es neue Pläne doch noch Puls aif UKW zu hieven?
 
Ja, und das sogar ausgesprochen gut. Man kann von Böhmermann ja halten was man will, aber sein eigenes Haus so direkt zu kritisieren, ist schon nicht ohne.



Übrigens, was den weiter oben verlinkten Welt-Artikel angeht, ist das schon ein wenig schizophren. Die Frau des Bundesfinanzministers tingelt heiter weiter bei Welt als Moderatorin und Reporterin herum, neuerdings sogar gemeinsam mit dem Corona-Experten der Bundesregierung Hendrik Streek. Aber den ÖRs vorwerfen, dass da eine zu große Politiknähe vorhanden wäre. Wieviele Scheren muss man eigentlich im Kopf haben, wenn man für Springer arbeitet?
 
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Alles schön, gut, aktuell, richtig und wichtig aber hier ist nicht fernsehforen oder sowas sondern radioforen, also ganz speziell Radio. So ganz nebenbei: Konstruktiv wären hier vielleicht am Vorschläge und Diskussionen, die Öffentlich-Rechtlichen Radiosender auf ein vertretbares Maß einzudampfen. Haben wir auch schon irgendwo, ich weiß.
 
Konstruktiv wären hier vielleicht am Vorschläge und Diskussionen, die Öffentlich-Rechtlichen Radiosender auf ein vertretbares Maß einzudampfen.
Das ist hier im Forum doch schon viele Male passiert. Das eigentliche Problem: Rundfunk ist Ländersache, was den förderalen Strukturen der Republik geschuldet ist. Eine Art Rahmenmantelprogramm für Sender XY, in das sich dann die Landesfunkhäuser nach Belieben raus- oder reinschalten können, ist zwar ganz nett, dürfte aber die Ersparnis in Grenzen halten, denn von Reportern über Moderatoren bis hin zu Technikern vor Ort muss das ja trotzdem abgesichert werden. Man kann sich anhand der mehr oder weniger gemeinsamen Nachtschiene ja durchaus errechnen, wie groß die Ersparnis tatsächlich ist. Das dürfte unterm Strich soviel nicht sein.
Wenn, dann sollten sich die jeweiligen Landeswellen wieder mehr auf ihr Sendegebiet konzentrieren, beispielsweise in puncto Musik auch regionalen Künstlern mehr Raum im Programm geben, aktuelle Themen auch mal breiter behandeln als 1:30 min und vor allem in Sachen Moderationen nicht ständig dem gequält lustigen Privatfunk nachaffen. Alleinstellungsmerkmale schaffen!
Was die Kostenseite angeht, würde ich weiterhin zuerst bei den Verwaltungen der Landesfunkhäuser schauen, wo teils völlig hohle Doppelstrukturen und deutlich zu viele "Abnicker" zugange sind, sprich Hirarchien abflachen. Man braucht, ums mal salopp zu sagen, nicht für jeden Pups einen Abteilungsleiter etc. Wenn man der untersten Ebene mal die Verantwortung zugestehen würde, die sie tatsächlich hat, wäre den Programmen auch inhaltlich schon viel geholfen.
 
Ist das nicht leider schon heute so?
Bis auf wenige Ausnahmen (letztlich einige der Kulturwellen, dazu Bayern 2, BR Heimat, WDR 5, Radio Eins, die moderierten Strecken von NDR Blue) sehe ich das auch so. Ich fürchte um die genannten Programme.

Wir haben die Kinder ausgebildet, die nicht in der Schule waren."
Mit "Elefant, Tiger & Co." oder wie?

Wenn Du die Existenz bestimmter Einrichtungen immer nur gegen die Einschaltquoten stellst und keine weiteren Aspekte berücksichtigst, dann kannst Du auch gleich den ÖR-Rundfunk dichtmachen, denn er rechnet sich ja nicht.
Mit der gleichen Argumentation dürfte es - völlig andere Baustelle - auch keine kostspieligen und nur Minderheiten zugute kommenden medizinischen Behandlungen geben. Keine Dialyse, keine ITS, keine Medikamente gegen MS oder Parkinson etc. Sind ja nur Minderheiten betroffen, deren Lebensqualität damit erhöht werden oder denen überhaupt ein Weiterleben ermöglicht werden kann.

Da ist in unserem Land glücklicherweise noch vieles über das solidarische Gesundheitswesen finanziert, wenns auch hier und da im Detail hakt und auch wenn es bei extrem teuren Einzelmaßnahmen immer mal wieder kontroverse Diskussionen gibt. Noch hält man solche Leistungen für in einer zivilisierten, in Summe wohlhabenden Gesellschaft für notwendig.

Bei Kultur und zuverlässiger Information ist das für mich genauso. Auch das dient der Gesunderhaltung - der der einzelnen Menschen und der der Gesellschaft. Selbst wenn es nur Minderheiten nutzen würden, wäre es wichtig, sogar noch wichtiger und noch intensiver und offensiver anzubieten. Es "rechnet" sich auf Umwegen, die man kaum in Zahlen fassen kann. Wie rechnet man Bildungsstand und "gesellschaftliches Klima" in Euro um?

Die Kritik ist so alt wie der Hörfunk. Aus den frühen Tagen des Hörfunks - 22. März 1931 - sei Arnold Schönberg zitiert:

"Hier im Rundfunk wird der Mehrheit ihr Recht. Zu jeder Tages- und Nachtzeit serviert man ihr jenen Ohrenschmaus, ohne welchen sie scheinbar heute nicht mehr leben kann. Und so ist sie immer wild entsetzt, wenn sie einmal für eine kurze Zeit auf diesen Ohrenschmaus verzichten soll. Ich mache diesem Unterhaltungsdelirium gegenüber das Recht einer Minderheit geltend: man muß auch die notwendigen Dinge verbreiten können, nicht bloß die überflüssigen. Und die Tätigkeit der Höhlenforscher, Nordpolfahrer, Ozeanflieger gehört zu diesen Notwendigkeiten. Und in aller Bescheidenheit sei es gesagt: auch die Tätigkeit jener, die auf geistigem und künstlerischem Gebiet Ähnliches wagen. Auch diese haben Rechte, auch diese haben einen Anspruch auf den Rundfunk."

Audio hier:


Privatfunk kann, wenn werbefinanziert, keine kulturelle Vielfalt leisten. Er muss den Massengeschmack bedienen. Es bleibt damit dringlichste Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, diese Angebote zu leisten, finanziert aus einem gesamtgesellschaftlich bereitgestellten Budget. Für die notwendigen Dinge, nicht für die überflüssigen.

Und dann kommt bestimmt nicht die Abschaffung der Orchester als Antwort heraus, sondern eher die Kommerzprogramme mit all ihren Auswüchsen (Dudelwellen, Shows, Sportübertragungen, Krimi-Overflow, Talkshows etc.). Das ist doch alles Zeugs, das von den Privaten genausogut (manchmal besser) und in ausreichender Menge angeboten wird, dafür brauche ich keinen öffentlich-rechtlich subventionierten weiteren Anbieter. - Und schon gar nicht einen in jedem Bundesland.
Aber Infos, Kultur, Musik ohne Rotationsgrenzen, Minderheitenangebote, Meinungsfreude- und Vielfalt, Reportagen mit Tiefgang - dann gerne auch nichtlinear als großer digitaler Medienpool, das sind Dinge, die weiterhin dringend benötigt werden und für die ich gerne weiterhin Haushaltsabgabe zahlen werde.
😍😍😍

Aber meine ganz private Erfahrung mit der ARD in den vergangenen 32 Jahren zeigt: gespart wird gern an dem, was Du als erhaltenswert betrachtest - und ich auch. Da ist einfach zu viel kaputtgegangen im Hörfunk in dieser Zeit, als dass ich noch irgend eine Hoffnung haben könnte, dass das in Zukunft anders sein könnte.

Bitte auch beachten: wer keine Inhalte sendet, eckt auch nicht an. Wer keine Inhalte sendet, sendet auch keine Wahrheiten, die diesen oder jenen Bevölkerungsgruppen oder Politikern nicht gefallen könnten. Ob man damit mehr "Akzeptanz" bekommt oder gar "mehr Achtung", bezweifele ich. Aber man bekommt möglicherweise weniger Anfeindung. Und das reicht ja heute schon...

Es wird Geld gespart, indem ...?
...man das Konzerthaus einfach nicht gebaut hätte. Oder - ernstgemeinter Vorschlag aus einer ostdeutschen ex-Großstadt, in der der öffentlichkeitswirksame, laute Teil der Bevölkerung verzweifelt gegen die Realität und für ein Leben in einer nicht mehr lebbaren Vergangenheit kämpft - Stadthalle schließen und in ein Autohaus umwandeln. Wäre immerhin das größte Autohaus der Region gewesen. Und vermutlich das einzige in bester Innenstadtlage.
 
...man das Konzerthaus einfach nicht gebaut hätte. Oder - ernstgemeinter Vorschlag aus einer ostdeutschen ex-Großstadt, in der der öffentlichkeitswirksame, laute Teil der Bevölkerung verzweifelt gegen die Realität und für ein Leben in einer nicht mehr lebbaren Vergangenheit kämpft - Stadthalle schließen und in ein Autohaus umwandeln. Wäre immerhin das größte Autohaus der Region gewesen. Und vermutlich das einzige in bester Innenstadtlage.
Da gibt es dann Hupkonzerte. Muss reichen.
 
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