Was ich jetzt sage, sage ich ausdrücklich als Privatmann, als privater Jan Böhmermann. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht eine Reform, damit er starkes und unabhängiges Instrument für Aufklärung und Machtkritik bleibt. Und Aufklärung und Machtkritik, das finden natürlich alle scheiße, die mehr Macht haben, aber bitte nicht kritisiert werden wollen.
Nur, weil es politisch motivierte Kampagnen von Rechtspopulisten im Bundestag oder im Axel-Springer-Verlag gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, heißt das aber nicht, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht dringend reformiert werden müßte. Die 50er Jahre sind 70 Jahre her. Statt dessen hat WDR-Intendant Thomas Buhrow vorgestern, am Mittwoch abend, nicht als Intendant oder ARD-Chef, sondern privat, als Privatmann, eine Rede im Hamburger Übersee-Club gehalten und privat – ich hab’s in der FAZ gelesen gestern – zur Revolution aufgerufen. Hier: Tom Buhrow ruft zur Revolution auf.
Das fällt ihm nach neun Jahren im Dienst als WDR-Intendant plötzlich ein, zwei Monate vor Ablauf seiner Amtszeit als ARD-Chef. Huch, plötzlich brauchen wir ’ne Revolution. Tolle Idee, Thomas Buhrow, eine Revolution von oben, was soll da schiefgehen?
Nee, nee, nee! Wer gute Leute schlecht behandelt, der bekommt eben schlechtes Programm. Und schlechtes Programm bleibt schlechtes Programm, auch wenn man ’ne regionale Drehe findet oder die Zuschauerinnen und Zuschauer da abholt, wo sie sind. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der ernstgenommen werden will, muß aber seine Zuschauerinnen und Zuschauer nicht nur abholen, sondern bitte auch fucking irgendwohin bringen.
Und es ist nur logisch, daß Intendantinnen und Intendanten, die zu lange auf Massagesitzen in 7er BMWs von ihrer Altersversorgung träumen, sich irgendwann lieber bei Nazis entschuldigen oder vorauseilend das eigene Programm zensieren oder private Revolutionsreden vor ein paar Hamburger Pfeffersäcken halten, statt ihre 50er-Jahre-Privilegien zu reflektieren und abzuschaffen.
Und übrigens, mal ’ne ganz andere Frage, mit wieviel Geld muß man eigentlich einen ARD-Vorsitzenden beschweren, damit er nicht beim leisesten Gegenwind umfällt?
Ich sage das hier alles ganz privat, ganz privat. Nicht in meiner öffentlichen Rolle als Moderator. Ich sage es privat. Ich ertrage diese Systemerhaltungsreflexe nicht mehr, diesen Strukturfetischismus, bei dem am Ende nichts rauskommt außer massenweise verschlissene und frustrierte Talente, die zum fucking Privatfernsehen gehen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht Strukturen, bei denen am Ende ein gutes Programm rauskommt und kein Programm, das irgendwie so mittelgut zu den mittelguten bestehenden Strukturen paßt.