Sind Dir dabei nicht die fachlichen Fehler aufgefallen, die die "Argumentationspraxis" der ARD - möglicherweise ungewollt - unterstützen, aber eben falsch sind und falsch bleiben?
Ich meine nicht nur die lustigen ("
... lässt die ARD den Mietvertrag für jenen Satelliten zum Jahresende auslaufen, über den sie bisher ihre Radioprogramme ausgestrahlt hat. Und nutzt dafür künftig die angemieteten TV-Satelliten."), sondern auch die, die versuchen sollen, den angerichteten Schaden zu vertuschen - seitens der ARD, nicht seitens der Zeitung, die da vermutlich völlig arglos war.
Bestes Beispiel: "
... DVB-S2-Empfänger. Dieser unterstützt den neuen Standard." ist eben falsch.
ETSI TS 101 154 sagt ganz klar aus, dass kein Codec verpflichtend ist, nur die in ein Gerät integrierten Codecs natürlich der Spezifikation entsprechen müssen (S. 148, unterster Absatz, deutlicher gehts nicht). In der DVB-S2-Norm
ETSI EN 302 307-1 (wenn die ARD schon mit DVB-S2 argumentiert) tauchen gar keine Codecs auf (das Dokument ist volltextdurchsuchbar, mach mal) - das ist eine Modulations-Norm, da geht es nur um Datenströme, die auf HF moduliert werden, nicht aber um detaillierte Inhalte der Datenströme.
Und außerdem: was ist mit DVB-C, worüber vermutlich sogar mehr Radionutzung erfolgte als über Satellit (nämlich in gewohnheitsmäßiger Nachfolge des UKW-Kabelempfangs)?
Die ARD hätte sich einzig auf ein Dokument beziehen können, in dem sie oder ARD + ZDF oder ARD + ZDF + IRT die Gerätehersteller auf einen möglichen Einsatz von AAC langfristig (Roadmap) vorbereitet hat. So wird das nämlich normalerweise praktiziert. Für
DVB-T2 gibt es das (wobei dort der Bruch mit der Kompatibilität unvermeidlich war und massivst gesteigerte Bildqualität und i.d.R. mehr Programme brachte). Für andere Länder / andere Märkte gibt es sowas teilweise auch (
Nordig beispielsweise für Skandinavien, ORS für Österreich -
dort wird AAC komplett ignoriert).
Ein solches Dokument für ARD-Hörfunk ist mir nicht bekannt - der Industrie soweit man mir gegenüber zugänglich und offen war übrigens auch nicht. Nur einer aus der Industrie schwieg nicht - der Kleinserienhersteller mit der Edelmanufaktur:
RESTEK, Fuldabrück, Hessen, Germany. Gefällt 624 Mal · 1 Personen sprechen darüber. High End aus Deutschland. Hifi-Verstärker, Tuner, CD-Spieler und weitere digitale Hifi-Geräte Made
www.facebook.com
Bitte mal die Einträge vom 20.1.22, 3.1.22 und dort auch den Nachtrag über dem Radioszene-Logo lesen.
Ganz ehrlich: da wird eine Verhaltensweise geschildert, die ich als für eine mit gesellschaftlichen Auftrag zum Nutzen der Gesellschaft und finanziert aus der Gesellschaft arbeitende Einrichtung für indiskutabel halte.
Einzig die
EBU TECH 3333 könnte man versuchen zu strapazieren - aber die will irgendwie auch nicht wirklich verpflichtend wirken. "...Media industries ... are
encouraged to comply with this set of requirements" klingt nicht wirklich wie Pflicht. Und: dieses Dokument kam 3/2009 mehr als ein Jahr zu spät für Berücksichtigung bei der Entwicklung der HDTV-Receiver der ersten Generation. Und: es bezieht sich auf HDTV, nicht auf Radio, ist also für z.B. DVB-Kabelradios gar nicht anwendbar, für Kopfstellenumsetzer, die UKW aus Sat-Signalen erzeugen, auch nicht.
Soweit, diese TECH 3333 zu strapazieren, ging die ARD soweit mir bekannt aber auch gar nicht. Sie beharrte auf dieser Aussage:
"
Der Audiostandard AAC-LC ist mittlerweile Bestandteil des DVB-S2-Standards und wird von allen seit ca. 2012 im Markt erhältlichen, standardkonformen DVB-S2-Empfängern (Set-Top-Box oder Fernseher) unterstützt."
(Quelle:
https://share.ard-zdf-box.de/s/GknjnzsF7F8G3sj - darin das "20210804_Redaktionsbriefing_ARD HfK_Transponder 93.pdf")
Die ARD-Argumentation war also von Anfang an nicht sauber, diente aber perfekt dem Durchdrücken der Umstellung mit den bekannten Kollateralschäden (u.a. sämtliche DVB-Kabelradios - soweit aus Branchenkreisen bekannt mehrere 100.000 Stück - waren erst einmal für ARD untauglich gemacht worden, teils gibt es bis heute keinen nutzbaren Upgradepfad für die Betroffenen, teils kostet das Upgrade je Gerät 15 EUR. Multipliziere mal nur 300.000 mit 15 und Du erhältst eine Millionensumme.
Dieses Geld muss der der ARD gewogene, bewusst und gezielt ARD-Hörfunk nutzende Beitragszahler aufbringen, um eine bislang erbrachte Leistung in auch noch verminderter technischer Qualität und reduzierter Funktionalität (Zugang zu Surround kaum noch technisch möglich, während Surround-Sendungen kein Zugang zur korrekten Stereofassung, kein Surround mehr bei hr2 auf Grund der Nutzung des Sat-Signals für UKW-Sender-Zuführung, wofür man die korrekte Stereofassung haben will) zurückzuerlangen. Also eine Art "Bestrafungsmaßnahme" für Hörer-Treue.
Dazu kommen die vielen auszutauschenden oder teils auch in Unkenntnis eines möglichen Upgrades als "geht nicht" erkannten und teils schon entsorgten Empfangsgeräte bis hin zu Premium-HDTV-Receivern. Dazu kommen die Kabelnetze, die noch UKW-Umsetzungen hatten und nun nicht mehr haben.
Unter "service public" stelle ich mir etwas anderes vor.
Ich muss davon ausgehen, dass man sich beim Schreiben des Artikels sehr auf die Korrektheit der ARD-Aussagen zu diesem Thema verlassen hat. Da gibt es einen "Vertrauensvorschuss", der ARD glaubt man einfach, da recherchiert man nicht noch einmal selbst. "Privilegierte Quelle" also.
Seit vergangenem Jahr weiß ich, dass man das eben nicht in jedem Fall so handhaben kann. In eigenen Dingen agiert die ARD offenbar nicht anders , als es irgendwelche kommerziellen Unternehmen auch machen. Da muss man mit allen journalistischen Mitteln ran, um Licht rein zu bringen und die Wahrheit zu finden. Abschreiben der Verlautbarungen führt da nicht weiter.
Und das ist der Bezug zum aktuellen Thema "rbb" hier in der Diskussion: auch im Umgang mit der ARD muss man Vorsicht walten lassen, Aussagen alle auf Korrektheit prüfen und eben auch hinter die Kulissen schauen, was Interna / Verstrickungen auf finanzieller Ebene oder "Macht-Ebene" betrifft.
Ich hoffe, dass die aktuell publik werdenden Vorgänge rund um den rbb da für andere anständige Medien ein Weckruf sind.