Entscheidung über Bundestagsauflösung (Auftritt Köhler)

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AW: Auftritt Köhler (Entscheidung über Bundestagsauflösung)

Konnte die Rede leider nicht am TV verfolgen, da ich gerade im Auto unterwegs war. Aber habe es dann auf HR-Info verfolgt, für solche Übertragungen lohnt sich dann die Rundfunkgebühr, denn bei den üblichen Privatsendern war es ja teilweise nicht live zu hören...

Allerdings haben die sich ein paar Sekunden zu spät eingeblendet, so dass man den ersten Satz mit der Auflösung des Bundestages nicht gehört hat und erstmal "rätseln" musste, ob der Bundestag jetzt wirklich aufgelöst wird/wurde. Ein großer Patzer, aber so blieb die Spannung wenigstens erhalten...:)

Da frage ich mich allerdings, warum die nicht mit Timeshift arbeiten, dann wäre nichts verloren gegangen und der Ton wäre nur ein paar Sekunden später als die Live-Übertragung gekommen...:)
 
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freiwild schrieb:
Kann es sein, dass einfach nur alle Programme den Parlamentskanal des Bundestages übernommen haben?
Nein, federführend war die ARD (wie Thomas Roth extra erwähnt hat), alle anderen haben deren Signal übernommen.
 
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Kurzer Anruf bei der ARD, es war Live.
 
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Undy schrieb:
Kurzer Anruf bei der ARD, es war Live.

Sicher? Auf RTL 2 :rolleyes: kam schon 3 Minuten vor der Übertragung die Nachricht, dass gerade eben bekannt gegeben wurde, dass er den BT auflöst.

Zum Thema unglückliche Übertragung: Die Frisur saß auch schon mal besser. :wow: Außerdem waren die ständigen Blicke in Richtung unterhalb der Kamera schon etwas merkwürdig. :D
 
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Laut Tagesschau Redaktion war es Live.
Und über die journalistischen Kompetenzen der "RTL2-Action-News" läßt sich ja nicht streiten :)
 
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Undy schrieb:
Und über die journalistischen Kompetenzen der "RTL2-Action-News" läßt sich ja nicht streiten :)

:D Ich geh mal einfach davon aus, dass eh klar war, dass er ihn auflöst und sie so "weltexklusiv" vorab berichten wollten. :rolleyes:
 
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Nicht nur bei RTL 2, auch N24 kam 30 Sekunden vor der Ansprache mit der Meldung, dass der BT aufgelöst wird. Echt schwach...wo bleibt da die Spannung? :wall:
OK, journalistisch gesehen natürlich einwandfrei. :rolleyes:
 
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vielleicht interessant - ich finde den artikel ganz aufschlussreich:

Der Staatsoberhauptsdarsteller
Horst Köhler ist offensichtlich kein großer Redner. Diese Erkenntnis verdankt sich weniger dem Inhalt seiner Ansprache als vielmehr seiner Körpersprache
VON STEFAN KUZMANY

Es bleibt ein unbehagliches Gefühl. Nicht etwa wegen der Entscheidung. Sämtliche politischen Beobachter und die Mehrheit der Bürger hatten längst erwartet, dass der Bundespräsident der vorgezogenen Neuwahl zustimmt. Die interessante Frage war also weniger, was Horst Köhler mitteilen würde. Viel spannender war die Frage: Wie sagt's der Präsident den Bürgern?

Die Beurteilung der Performance des Staatsoberhauptes ist dabei immer von parteipolitischen und persönlichen Präferenzen und Ressentiments gefärbt. Horst Köhler, obschon laut Umfragen der zurzeit beliebteste Politiker in Deutschland, hat bei Linken keinen leichten Stand. So ist es kein Wunder, dass, wer Köhler sowieso nicht ausstehen kann, nicht lange nach Gründen dafür suchen muss, sich über seinen Auftritt lustig zu machen: dieser maskenhafte, starre Blick; das stockende Ablesen der Rede. Und trägt der Mann eigentlich ein Toupet? Sich über derlei zu mokieren ist wohlfeil.

Enthalten wir uns also der Häme - versuchen es wenigstens - und betrachten, was Horst Köhler am Donnerstagabend tatsächlich getan hat, als er seine Entscheidung für Neuwahlen verkündete. Oberflächlich betrachtet: nichts Besonderes. Er saß im Bundespräsidialamt. Das Setting war ungewöhnlich: nicht die von früheren Ansprachen gewohnte Schreibtischsituation - das Schloss Bellevue wird gerade renoviert -, sondern eine blaue Wand mit kleinen Bundesadlern darauf im Hintergrund. Der Präsident, neben sich die Staatsflagge, wurde ab 19.30 Uhr in statischer Naheinstellung von Kameras der ARD gefilmt, das Material ab 20.15 Uhr interessierten Sendern zur Verfügung gestellt.

Horst Köhler, der 1982 selbst einmal als Redenschreiber für den damaligen Finanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) angefangen hat, ist offensichtlich kein großer Redner. Dieser Umstand offenbart sich nicht unbedingt im Inhalt seiner Rede, über deren Einzelheiten man sicher streiten kann: Tragen die Kinderlosen die Schuld an der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes, wie Köhler unterstellt? Ist es tatsächlich ein Problem, dass "wir immer älter" werden - und nicht viel mehr eine Folge von Wohlstand und verbesserter medizinischer Versorgung, mithin also ein Anlass zur Freude?

Wie gesagt, darüber lässt sich streiten. Unstrittig dürfte hingegen sein: Köhlers Fähigkeiten in Mimik, Gestik und Betonung sind eng begrenzt. Seine Betonung war stets gleichförmig, manchmal falsch. Es schien, als habe Köhler den Inhalt seiner Rede nicht präsent und sei so stark auf die elektronische Anzeige, den Teleprompter, angewiesen, dass er, überrascht vom Fortgang eines schon beendet geglaubten Satzes, hilflos die Fortsetzung suchen musste und dabei die Stimmlage unpassend hob und senkte. Seine Hände brachte der Präsident nicht zum Einsatz, um das Gesagte zu unterstreichen. Stattdessen bekräftigte Köhler ihm Wichtiges mit Nicken. Besonders Wichtiges ("die Zukunft unserer Kinder") begleitete er mit einem Anheben der Brauen.

Bemerkenswert sind die Stellen in Köhlers Rede, zu denen er nicht selbstbekräftigend nickte, sondern den Kopf schüttelte - wie um dem zu widersprechen, was er da zwar gerade sagt, aber selbst nicht für wahr hält: "Die Lagebeurteilung des Bundeskanzlers hat mir auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion aus seiner Sicht bestätigt. Ich weiß (Kopfschütteln): Viele Menschen haben in den vergangenen Wochen Unbehagen wegen des Verfahrens empfunden, das eingeschlagen worden ist. Sie zeigen damit, wie wichtig ihnen das Grundgesetz ist. Darüber freue ich mich (Kopfschütteln)." Später dann: "Ich habe Respekt (Kopfschütteln) vor allen, die gezweifelt haben."

Gegen Ende der Ansprache war, will man diesen subtilen Körpersignalen Bedeutung schenken, Beunruhigendes zu beobachten. Köhler sprach die eigentlich zuversichtlich gemeinten Sätze: "Ich bin ganz sicher: Wir haben die Begabung und die Fähigkeit, unsere Freiheit zu sichern und einen modernen Sozialstaat zu gestalten." Nicht nur fügt Köhler hier das überflüssige Wort "ganz" vor dem Wort "sicher" ein, was dessen Bedeutung zumindest abschwächt, wenn nicht sogar ins Gegenteil verkehrt - er schüttelt dazu noch den Kopf, wenn er an die Zukunft des Landes denkt.

Es bleibt der Eindruck: Hier sprach kein Staatsoberhaupt, sondern ein Staatsoberhauptsdarsteller, ein schlechter mithin. Hier sprach einer, der den Eindruck machte, er wisse selbst nicht, was er sagt. Es bleibt ein unbehagliches Gefühl.
Köhlers Rede: www.tagesschau.de

taz Nr. 7723 vom 23.7.2005, Seite 4, 150 Zeilen (TAZ-Bericht), STEFAN KUZMANY

taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?
 
AW: Entscheidung über Bundestagsauflösung (Auftritt Köhler)

taz schrieb:
Der Präsident, neben sich die Staatsflagge, wurde ab 19.30 Uhr in statischer Naheinstellung von Kameras der ARD gefilmt, das Material ab 20.15 Uhr interessierten Sendern zur Verfügung gestellt.
Es war also nicht live, und entsprechende Ansagen / Kennzeichnungen waren mithin, um es hart zu formulieren, eine Lüge?

Nett fand ich am Rande auch das ddp-Foto, das mindestens zwei Zeitungen als Köhler während seiner Ansprache zeigend brachten, obwohl es unübersehbar vorher oder hinterher aufgenommen war.

Wenn schon Ansprachen des Bundespräsidenten zur medialen Inszenierung, ja zur medialen Illusion werden, wie weit ist es dann eigentlich insgesamt schon gekommen?
 
AW: Entscheidung über Bundestagsauflösung (Auftritt Köhler)

Es stellt sich die Frage: ist der Bundespräsident an sich eine mediale Inszenierung; oder anders gefragt: Ist er eine Marionette eines/einer anderen? Persönlich hatte ich noch nie den Eindruck, dass Köhler einen innerlichen Bezug hat zu dem was er sagt. Das mag seine hölzerne Steifheit bewirken, wofür er ja als Nicht-Medien-Profi nichts kann.

In der Vergangengenheit war es stehts so, dass die Staatsoberhäupter das Regierungsgeschäft aus kritischer Distanz betrachteten und sozusagen als "graue Eminenz" im Hintergrund wirkten, die ggf. auch Kritik anklingen ließen. Das manchmal gespannte Verhältnis zwischen Kanzler Kohl und Präsident v. Weizsäcker zeigt einen solchen Fall, obwohl hier beiden Protagonisten aus der gleichen Partei stammten.

Mit Johannes Rau hielt aber eine Figur Einzug, die die Rolle des Bundespräsidenten nicht ausfüllen konnte. Zwar schien der auf Konsens bedachte Rau geradezu eine Idealfigur zu sein, doch zu offensichtlich war das Amt ihm zu groß. Rau blieb, wohl auch aufgrund gesundheitlicher Probleme während der Amtszeit, ein Präsident im Hintergrund, der dann auch logischerweise nach einer Amtszeit abdankte.

Darauf folgte nun Köhler, ein uncharismatischer Mensch ohne Eigenschaften: Er wirkt wie ein Spielball anderer. So stellt sich die Frage -- wie im "Hitchihker trough Galxy": Repräsentiert er die Macht oder soll er nur von ihr ablenken? Er ist schließlich weder Ronald Reagan noch ein steirischer Bodybuilder, die ihre darstellerische Überzeugung bzw. Reputation für die politische Macht nutzen.

Köhler kommt mir eher vor wie ein willfähriger Lückenfüller im Bundespräsidialamt.
 
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