Regionalzeitung HNA startet eigenes Webradio

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mag es haben und wie ich oben schon schrieb, spreche ich der Grundidee dieses auch nicht einfach ab. Wenn man sich allerdings
vom Handwerk her eher am UKW orientiert
dann ist eben auch klar, dass man nicht mal eben einfach so nebenher ein Vollprogramm mit Regionalinfos produzieren kann. Wo sollen die denn herkommen?

Regionale Themen scheint es zwar genug zu geben - immerhin bekommt man ja täglich sein Papier damit voll - aber Print-Redakteure schreiben i.d.R. nicht fürs Hören. Also braucht es Men-Power dazu. Hinzu kommt, dass Hörfunkbeiträge auch nicht nur daraus bestehen können, (umgeschriebene) Texte aus der Zeitung vorzulesen. Radio braucht (O-)Töne. Wo sollen die denn herkommen? Von X-beliebigen Diktiergeräten kann man die nicht nehmen. Also müssten die Reporter samt und sonders mit Fieldrecordern ausgestattet sowie entsprechend im Umgang geschult werden und ihre Interviews hörfunktauglich führen. Ist das nicht der Fall, braucht es weitere Men-Power.

Dann muss das Zeug geschnitten und hinzugesprochen werden. Macht man das ordentlich und so, dass es wirklich nach Radio klingt, ist das auch nicht einfach in fünf Minuten neben drei anderen Artikeln, die auch noch fertig werden müssen, gemacht. Wer soll das denn bitteschön machen bzw. wer wird dafür eingestellt und so bezahlt, dass er davon vernünftig leben kann und ihm diese Arbeit somit auch Spaß macht?

Alles in allem hat der Verlag die Wahl, sich entweder in saftige Unkosten zu stürzen, wollte er wirklich ein richtiges Radio, oder eben halbherzig ein gevoicetracktes, teils von offensichtlich weit Berufsfernen oder Hobbyisten zusammengebasteltes Automatikding laufen zu lassen.

Apropos Hobbyisten: Die wären ja auch schön blöd, wenn sie sich für ein kommerzielles Projekt für lau vor den Karren spannen ließen. Aber das fällt in den Bereich von Eventualitäten und Mutmaßungen, die sich zwar aufdrängen, aber ihrer Beweise schuldig bleiben.

Weiter in einer anderen Sache:
Kann es da richtig sein, "noch" exklusiver zu werden, sprich, noch mehr Bezahlschranken einzubauen?
Ja heute nicht mehr, denn der Holz-/Kreuzweg ins Seitenaus ist ja längst beschritten. Wie du schon richtig feststelltest:
Zuerst kämpft ein Medium für mich immer um Aufmerksamkeit und dann erst um Geld.
Nicht nur für dich, sondern genau so ist es gelaufen und damit haben die (Print-)Medien selbst die Medien-sind-kostenlos-Mentalität der Generation "Daueronline" geprägt. Um der Präsenz Willen wurde eine solche aus dem Boden gestampft, mit Informationen über jeden gelassenen Pups vollgestopft und anschließend festgestellt, dass damit Papier schon mal ziemlich überflüssig wird. Die einen oder anderen fingen dann an, die Aktualität zu begrenzen und entsprechend Artikel beizeiten in ein Archiv zu verschieben, dass nur noch Zahlenden zu Verfügung steht. Das stört die Generation "Daueronline" aber wenig. Das Geschwätz von gestern ist ziemlich egal, denn heute ist ja schon wieder soviel passiert, dass es wichtiger ist, mit dem Wissen darum IN zu sein. Aber selbst dazu braucht es wieder kein aufwendig produziertes (Web-)Radio, denn die Artikel über Themen, die übermorgen erst passieren, müssen ja heute Nachmittag schon fertig sein, denn das Layout muss abends schon bei den Druckern liegen, damit die Leser morgen früh schon informiert sind. Also ist es nicht so schick, schon vorzeitig auf der Webseite oder im Radio abzuarbeiten, was morgen erst zu lesen sein wird.
Hier jagt ein Eigentor das nächste.

Ganz traurig finde ich aber das hier:
Für mich haben "stündliche Nachrichten" im Webradio eigentlich keinen festen Platz. Wieso auch?
Wieso sie einen festen Platz haben sollten? Also ich weiß ja nicht, wie du lebst und deinen Tag organisierst. Ich wage aber zu behaupten, dass auch du jemand bist, für den die Stundenmarke nicht einfach nur eine x-beliebige Zeigerstellung auf der Uhr ist. Ob sie Radio hören oder nicht: Für die meisten Menschen ist eine Stunde eine sehr wesentliche Zeiteinheit. Sie koordinieren Termine danach, planen Abläufe, runden benötigte Zeit für bestimmte Aufgaben in Stunden oder wenigstens äußerst überschaubaren Teilen usw. - Stundenlohn.

Der Nachrichtentakt im Radio dient dabei sehr vielen Menschen zum Nachstellen der inneren Uhr: "Waaas? Es ist schon wieder Elf?" Und dabei gibt es auch noch welche, die genau diesen Takt erwarten, möglicherweise sogar das Radio gezielt gen volle Stunde einschalten oder wenigstens etwas lauter zu drehen, um das Aktuelle aufzuschnappen.
Nachrichten zur vollen Stunde gehören zum Radio wie das Gelbe ins Ei. Sie gehören erst recht in eine Infowelle, wenn wir RHNA mal großzügig so bezeichnen wollen. Genau deshalb wäre es theoretisch gut und günstig, den Nachrichten und deren Produktion besondere Aufmerksamkeit und Qualität zu schenken. Nur dazu braucht es schon wieder Men-Power, denn Nachrichten sind weder ein vorgelesener Artikel aus dem Blatt noch ein Hörfunkbeitrag. Sie haben ihren eigenen Weg auf Produktionsebene.
Das kann man sicher alles machen, wenn man 1000 und mehr konsumkräftige Hörer pro Sendestunde erreicht, aber nicht für 10....15 Männeken. Dann bleibts wieder bei Ulk, der zum Schein gestreamed wird, fürs Image am Ende aber schlecht ist und wo man sich zu Recht fragt: "Was soll denn der Mist?"

Nach der Devise
Zuerst kämpft ein Medium für mich immer um Aufmerksamkeit und dann erst um Geld.
hieße das also, man müsste verdammt viel Geld in die Hand nehmen, eine Hörfunkredaktion und ein entsprechendes Studio aus dem Boden stampfen, ausreichend Personal da hineinsetzen, dann Radio machen, was wirklich nach Radio klingt und sich abseits vom Internet innerhalb des Bundeslandes in sämtliche Kabelnetze einspeisen lassen.
Als automatisiertes Webradio bleibts eine
 
[Ich äußere mich jetzt nicht wieder zu allen Details von dea - ich denke, unsere unterschiedlichen Positionen sind hinreichend klar - ich freu mich aber über den echten Diskussions-Charakter! :) ]

Nur zu zwei Punkte - auch wenn die ebenso langsam weg von Radio HNA hin zur allgemeinen Webradio-Kritik gehen:

Der Nachrichtentakt im Radio dient dabei sehr vielen Menschen zum Nachstellen der inneren Uhr: "Waaas? Es ist schon wieder Elf?"

Da halte ich dagegen! Ich finde, das wäre sogar mal eine echte Untersuchung! Du hast im UKW völlig Recht, mit der Orientierungsfunktion. Ich vertrete für Webradio aber die These, dass der Großteil der Leute das bisher am PC / Mac hört. Und da habe ich - z. B. bei Windows - die Uhr den ganzen Tag lang unten rechts auf dem Schirm im Blick oder einen Blick weiter auf dem Telefon... ich lese dort also die Zeit, so oft ich will, oft sogar "unbewusst". Deshalb höre ich - ganz persönlich - also Webradio nicht mit der Intention, mir zu sagen oder zu zeigen, wie spät es ist.

hieße das also, man müsste verdammt viel Geld in die Hand nehmen, eine Hörfunkredaktion und ein entsprechendes Studio aus dem Boden stampfen, ausreichend Personal da hineinsetzen, dann Radio machen, was wirklich nach Radio klingt und sich abseits vom Internet innerhalb des Bundeslandes in sämtliche Kabelnetze einspeisen lassen. Als automatisiertes Webradio bleibts eine ...

Ein bisschen klingt bei Dir der Tenor für mich nach ... "Radio ist nur gut, wenn es im großem Stil (technisch und inhaltlich) produziert wird" auch da halte ich dagegen. Klar, wir können jetzt wieder streiten, was "gutes Radio" ist. Aber abgesehen von der inhaltlichen Dimension: Ich finde, auch wir als Radiomacher müssen neuen Konzepten und auch Umsetzungsvarianten gegenüber offen sein. Ich verteufele daher auch nicht Voicetracking unbedingt. Denn wenn wir da nicht offen sind, kommt möglicherweise irgendwann doch google oder facebook oder jemand, den wir heute noch nicht kennen ... und macht uns tatsächlich überflüssig.
 
Na Moooment!
holprige (Print-)Volontäre
und
sind ja nun auch Begriffe, die im Zusammenhang mit deiner sonst auch meiner Ansicht nach berechtigten Kritik einer gewissen Häme nicht entbehren. Hinzu kommt dein mehrmals angebrachter Vergleich mit

Soweit ich deine Beiträge zunächst verstanden hatte, scheint dein Anspruch also durchaus nicht auf vom gängigen Webradio gewohnten Niveau zu liegen, sondern deutlich höher. Dazu gehört deine Erwartung eines erkennbaren Konzepts ebenso wie die Erwartung, durchgängig korrekt angesprochen zu werden. Siehe:
weder konsequent noch durchgängig gut gemacht - die Nachrichten mischen holprige (Print-)Volontäre mit Vollprofi-Beiträgen
Genau diesen Punkt hatte ich aufgegriffen, nachdem ich mir das selbst angehört hatte, und entsprechend bestätigt. Wobei ich nur die Nachrichten gehört hatte, an die sich - saumies gevoicetracked - ein "Danke XYZ" und ein maschinengewehrartig heruntergefeuertes Wetter (mutmaßlich von Antonia anschloss), was diese im Gegensatz zu der hilflos wirkenden, das Mikrofon fast fressende Nachrichten"sprecherin" sofort als Kommerzfunkerin auswies.

Mit Verlaub, aber das klang einfach echt beides wie Knüpp'l auf'n Kopp, erst recht in dieser Kombination. Nun verstehe ich gerade nicht so recht, wieso meine Reaktion für dich nach
"Radio ist nur gut, wenn es im großem Stil (technisch und inhaltlich) produziert wird"
klingt.

Ich weiß ja nicht, wie lange du schon Beiträge von mir liest. Wer mich länger kennt, sollte mich aber eigentlich nicht als jemanden kennen, der Nachwuchs oder Improvisation pauschal verteufelt. Dazu hätte ich auch wenig Grund. Irgendwann und irgendwie ist selbst der größte Starmoderator mal mit Kleinkram und lächerlichen Hilfsmitteln auf den trichter gekommen, dass er offenbar Talent zu etwas hat, was nicht einfach jeder kann. Hier gibt es gerade im Webradiosektor eine schwere Differenz, nämlich durchaus und ernsthaft Talentbefreite, bei denen es auch nichts zu entwickeln gibt. Zum Talent gehören beim Radio aber auch noch ausgerechnet mehrere Schienen:
  • markante, modulationsfähige Stimmen
  • funktionelles Hören
  • technisches Verständnis
  • leichter Umgang mit der Muttersprache in Schrift und Wort
Man muss also nicht nur irgendwie quatschen können und sich in großzügiger, positiver Fehleinschätzung seiner Fähigkeiten trauen, in ein Mikrofon zu röhren. Man muss die Klamotten, mit denen man arbeitet, auch noch beherrschen. Im Fall des Webradios ist jeder sogar noch in sämtlichen Punkten auf sich allein gestellt: Man kann sich nicht in ein fertig aufgebautes, funktionales Studio hocken, wo ein Techniker kommt, wenn mal was nicht läuft, und ansonsten alles funktioniert. Man hat in der Regel keinen, der einen Themen liefert oder gar Moderationen schreibt. Man hatte auch in der Regel keinen, der einem wenigstens etwas Logopadie und Sprecherziehung angedeihen ließ. Man muss sich um jeden Mist selbst kümmern!

Unter diesem Aspekt gebührt Respekt all denen, die trotzdem oder sogar ohne große Mühe ganz gediegen Radio machen und denen man (ich!) auch schmerzfrei zwei Stunden zuhören kann. Da habe ich auch einen User kennenlernen dürfen, bei dem es regelrecht schmerzt zu wissen, dass er sich an Webradio "verschwenden muss". Keine Ahnung, wieviele wirklich gute Leute das Schicksal noch teilen; ich höre zu wenig Webradio und meist nur die, die hier aus irgend welchen Gründen hervorgetan werden.
byte.fm ist übrigens ein Fall, der aufzeigt, wie ein "Webradio" klingen kann: Abwechlungsreich, unterhaltsam, unaufgeregt und trotz Soundprozessing durchaus auch über Stunden hörbar, ohne dass es einem gleich sämtliche Körperflüssigkeiten "im besten Mix" aus allen denk- und undenkbaren Öffnungen presst. Das ist
in der Webradio-Szene
Einziges Manko dort sind die unangemessenen Nachrichten von dradio Wissen, die im Vergleich zum sonst recht erwachsenen Programm schlicht nach Kinderfunk klingen. Aber immerhin: Auch dort, also im Webradio gibt es es Nachrichten, und das ist grundsätzlich richtig so.

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im großem Stil (technisch und inhaltlich)
Ich hoffe, verständlich dargelegt zu haben, das es weniger um "großen Stil" geht, sondern vielmehr darum, den Sinn des Treibens zu hinterfragen und aus den beschränkten Möglichkeiten das zu machen, was zu machen geht. Dazu zählen für mich in Bezug auf RHNA mind. folgende zwei Punkte:
  • Technik:
Ein Nachrichtensprecher gehört vor ein angemessenes Mikrofon mit einem Popscreen, einem vernünftigen Verstärker und soviel Abstand von all dem, dass der Hörer nicht das Gefühl haben muss, aus den Lautsprechern würde jeden Moment die Sabber des Sprechers spritzen oder Magenwinde wehen. Das müssen selbstverständlich weder ein Neumann oder Brauner sein und auch kein SPL oder Goldmike! Ein gammeliges Bühnenmikrofon mit Schaumstoffverhüterli tuts aber eindeutig nicht und erfahrungsgemäß auch kein B oder A(rt) für'n Äppl und'n Ei.​
Ebensowenig sollte man mit einem EQ Bässe und Höhen aufziehen, endlos den Pegel anheben und das alles gegen einen Limiter rennen lassen, bis kein Levelmeter mehr zuckt. Das hat mit Soundprocessing nichts zu tun! Das ist idiotische Stümperei und führt nur dazu, dass der Hörer das Programm leiser abhört, als er müsste, am Ende nichts mehr mit- und einen O(h)rgasmus bekommt, wenn er den Scheiß endlich wieder abschaltet.​
  • Sprache:
Es ist kein Thema, wenn Volontäre oder sonst von Hörrundfunk wenig berührte (Print-) Redakteure das Programm bestreiten, solange klar erkennbar ist, dass das Projekt entsprechende Züge trägt und sich das entsprechend durch das gesamte Programm zieht. Dann wäre es eben einfach Webradio und eigentlich sogar der richtige Platz zur Ausbildung.​
Was aber wirklich gar nicht geht, ist schlecht gemachtes Voicetracking mit einem Mix aus Profis und Hilflosen. Das ist weder gut für's Image der Profis und führt wie auch in diesem Thread dazu, dass die Hilflosen direkt oder indirekt ausgelacht werden. Nicht nur das: Als Hörer kommt man sich unweigerlich verscheißert vor.​
Wenn die Betreiber darüber hinaus an ihrem wenig strukturierten Konzept aus Musikdudelmix und ein paar zusammenhanglosen, wie zufällig eingestreuten Wortbeiträgen festhalten wollen/müssen, dann bitte. Das würde sie aber auch nicht beliebter machen, selbst wenn auch nur einer der anderen Punkte schon aus der Welt wäre.
 
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