AW: Soundeffekt: Historische Aufnahmen
Hallo!
Nö. Ich spiele nie! Ich mache nur Ernst oder kurzen Prozess.
Diesen Spruch muß ich mir merken! Stammt der aus einem alten "Jerry Cotton"-Heftchen?
Ich zucke auch nur, weil ich mich bei
> dem Knacken eines Elektronik-Feuerzeugs
was angeblich
> kein richtiger Impuls ist
frage, was es sonst ist.
Aber vermutlich meinst du, dass das Schallereignis vorm Wandler etwas Diffuses ist?
Nein. Der "Knack" des Feuerzeugs ist schon spektral "verseucht", keineswegs ein reiner "Dirac-Stoß".
Das Feuerzeug "knackt" ja nicht nur weil es einen Funkenüberschlag gibt. (Das wäre ja okay). Zuvor schlägt ein "Hammer" (durch eine Spiralfeder beschleunigt) auf ein Piezo-Kristall auf, eine kleine Spannung entsteht, wird hochtransformiert - und am Ende springt ein Funke über.
Das alles macht viel "Krach", verfärbt den Klang und ist halt in den wenigen Millisekunden "drin", die wir als "kurzen Knack" empfinden. Doch dieser Eindruck des "kurzen Knack" täuscht, denn wir sind damit meilenweit vom "idealen Knack" ("Dirac-Stoß") entfernt.
Dir muß ich den ganzen Zirkus sicher nicht großartig erklären. Nimm einfach deine besten Mikrofone, wirf den Recorder an und nimm einfach mehrmals das Knacken eines Feuerzeugs ganz nah am Mikrofon auf. (Meinetwegen 20x hintereinander - die Summe (Integration) machts am Ende.) Dann mach eine "gleitende FFT" ("Scan") - meinetwegen mit CoolEdit. Du wirst sehen, daß der Freqenzgang keineswegs linear ist. (Normalerweise müßte eine gerade, waagerechte Linie erscheinen, falls es sich bei dem aufgezeichneten Geräusch um einen "Dirac-Stoß" handelt.)
Und damit ist das "Knacken" eines Elektronik-Feuerzeugs praktisch nur zu Versuchszwecken einsetzbar. Ein "Funkenüberschlag" klingt doch schon aus der Erinnerung heraus (Schule?) ganz anders ("heller") als ein Feuerzeug.
Ein "Dirac-Stoß" (für diesen Ausdruck wird man mich hier noch hassen) ist ein Ideal-Testsignal. Damit mich nicht nur Mathematiker verstehen, mach ich es jetzt ganz einfach. Jeder, der mit einem Soundeditor arbeitet, kann das Ganze im Prinzip und mit etwas Verstand an seinem eigenen Rechner versuchen nachzuvollziehen.
Unser "Dirac-Stoß" sieht als Abfolge der Samples bei meinetwegen 48kHz also erstmal so aus:
0 0 0 0 1 0 0 0 0
Unser "Dirac-Stoß" ist also im Prinzip nichts anderers als ein einziges Sample, welches auf 0dBFS (auf +1.0 im Fließkommaformat normalisiert) gesetzt wird - der Rest der Samples auf Null. Beim Abspielen macht es nur mal ganz kurz "Knack" im Lautsprecher. Das wars schon! ("Mutti, Mutti, der Zahnarzt hat nicht mal gebohrt!")
So lange wir uns auf der digitalen Ebene bewegen (und meinetwegen zwei Geräte über SPDIF miteinander verbinden) und in den miteinander verbundenen digitalen Geräten nichts mit den Samples gemacht wird, kommt hinten wieder die Folge
0 0 0 0 1 0 0 0 0
raus.
Würde man ein ideales analog arbeitendes Gerät dazwischenschalten (sozusagen als "Black-Box"), käme "hinten" auch wieder unsere Zahlenfolge
0 0 0 0 1 0 0 0 0
raus. Doch das ist GARANTIERT nicht der Fall, denn kein analoges Gerät (bis auf den rein ohmschen Widerstand) hat einen ideal "aalglatten" Frequenzgang und auch die Phasen sind verschoben (Gruppenlaufzeit).
Und genau an dieser Stelle wird es interessant. Denn genau an dieser Stelle entsteht der "Eigenklang" eines Mikrofons, Lautsprechers, Verstärkers, eines Magnetbandes... Anders gesagt: Man kann echt viel Geld für eigentlich nicht gewollte Verzerrungen ausgeben. Ein Beispiel wäre ein Röhren-Gitarrenverstärker. Natürlich - man liebt den "warmen" klang, aber eigentlich bezahlt man nur für den Sound, der mit dem im nichtlinearen Arbeitsbereich einer Röhre entstehenden Klirr entsteht.
Nun, wenn ich genau diesen Sound liebe, warum jage ich nicht gleich unseren geliebten "Dirac-Stoß":
0 0 0 0 1 0 0 0 0
durch das "System under test", wie es in Fachkreisen so schön heißt?
Gesagt - getan: Die "Impulsantwort" unseres Röhren-Preamps ist längst aufgenommen und als "Preset" in jedem "midprice" Gitarren-xxxx (früher sagte man "Tretmine" zu diesen Dingern, die auf der Bühne rumliegen) anwählbar.
Noch ein Wort zur "Gruppenlaufzeit", wir sind hier schließlich nicht im prüden "Analog-Forum". Und darum sind mir sicher ein paar Worte zu diesem Tool "DRC" (Digital Room Correction) gestattet.
Wenn man die Programme in diesem Paket richtig anwendet, kann man die "Übertragungsfehler" der eigenen Stereo-Anlage und des Raumes ausgleichen, kompensieren. Salopp gesagt: Man "vorverzerrt" das Eingangssignal des Verstärkers, damit es am Ausgang (nach der Abstrahlung durch die Lautsprecher) am Abhörpunkt (Stereodreieck) "richtig" ankommt! Das Ergebnis ist ein meßtechnisch nachweißbar besserer Klang. Das bekommt man mit rein analogen Mitteln niemals hin! Wenn also die Phase bei 2kHz um 30° "voreilt", wird sie durch das digitale Filter halt verzögert und wieder auf 0° gebracht. Ist das nicht geil? HiFi-Puristen können den (leider notwendigen) Computer ja mit 192kHz samplen lassen...
Versuchs doch mal mit dem Deckel einer Ketchupflasche! Die Dinger sind ja - von außen betrachtet - konvex geprägt. Die Innenseite korrekt auf der Achse des Schallwandlers in dessen Richtung positioniert und draufgedrückt erzeugst du einen hervorragenden positiven Impuls.
Welche Marke soll ich nehmen? (Ich bin kein Ketchup-Deckel-Kenner.)
Davon mal abgesehen: Dieser Deckel hat auch einen "Eigenklang" (wie das Feuerzeug) - sprich - das ist kein "Dirac-Stoß". Selbst ein "Händeklatschen" ist "verfärbt".
Da du nicht "spielst"...
Unten hängt das Beispiel nochmal dran. Diesmal gefaltet mit "Klatsch-48000.wav", ein "Händeklatsch" aufgenommen mit meinen NT-5-Mics in "EBS"-Stellung, in der selben Entfernung wie oben. Das Ganze klingt schon viel "echter", man hört die Größe des Raumes besser raus. Trotzdem fehlt der Bass etwas. Das liegt wohl am fehlenden Bass im "Klatsch".
BTW: Ich liebe es zu "spielen", besonders wenn es um Physik geht. Insofern freue ich mich auch sehr darüber, wenn Schüler heute ganz normal mit Computern lernen. Mein Gott! Zu meiner Zeit (Berufsausbildung 1984) hatte ich auch das Fach "Informatik". Alles graue Theorie (Rechnen im Binärsystem...) Meinen C-64 habe ich noch, auch mein Amiga-500 ist "standby". Die "Dinger" sind einfach zu schade zum wegwerfen, zumal man ohne großen Hokuspokus direkt auf die Hardware zugreifen kann. Man mache das mir das auf einem PC unter NT (XP) vor... (Jetzt kommt mir bitte nicht mit dem Zugriff auf die "Ports". Es geht um das Schreiben von Treibern, die im "Ring Null" (OS-Level) laufen. Das ist unter NT nicht mehr ganz so einfach und erschwert natürlich das Kennenlernen des Computers.)
Grüßle Dirac-Zwerg