@RTELLA: Sorry, aber so sind meine belegbaren Erfahrungen. Bin seit 2004 in Berlin, war da durchaus in erwartungsfroher Laune hingezogen, weil der Job es so wollte. Dachte, so viele Menschen können sehr belebend sein.
Es kam ganz anders. Die Freude und Lust auf die vielen Menschen ist angesichts der zur Schau gestellten absoluten Gleichgültigkeit, Unverbindlichkeit und Coolness mehr als nur einer Vorsicht gewichen. Sie ist kompletter Ablehnung gewichen. Was soll ich mit Kontakten, die offensichtlich sogar lästig sind, weil man mit mir weder Party machen, noch im Drogenrausch das Wochenende durchtanzen oder sonstwas machen kann, sondern "nur" Unternehmungen in der Natur oder mal Schwimmen, Sauna, ect.? Ich sitze auch nicht gerne in Straßencafés und lasse mir von einer Frau so kalt wie Eis ihren Zigarettenrauch ins Gesicht blasen. Ich tauge auch nicht für Coolness-Wettbewerbe und bin nicht "vorzeigbar" - und wills auch gar nicht sein. Aber das ist nicht nur ein Berliner Problem.
Wenn z.B. die wenigen Frauen in meinem Alter, die von sich aus Interesse an einer wenigstens kurzen Kommunikation hatten (ich spreche von vielleicht 7 Frauen in 10 Jahren), fast immer (kein Scherz!) psychotisch waren und oft außer über kaputte soziale Zustände, Drogenerfahrungen, ständig wechselnde (Sex)partner nichts zu berichten hatten, nur via SMS kommunizieren konnten und Meister in Kontaktvermeidung waren, ist mein Interesse gleich Null.
Ich habe die seltsame Angewohnheit, mich bei sozialen Kontakten mit Frauen zu fragen, was man an Gemeinsamkeiten haben könnte, ob man in wesentlichen Punkten in ähnliche Richtung schaut oder ob ich ggf. auf bestimmten Gebieten meine Ansichten und Einstellungen sogar zu ändern bereit bin, um dieser Frau in diesen Punkten gerne zu folgen. In Berlin gab es da nichts. Zum Glück weiß ich inzwischen, wo mein Herz hingehört. Diese Frau ist zwar unerreichbar (da mit einem anderen Mann verpartnert), aber das Gefühl einer seelischen Heimat kenne ich nun also, was es viel leichter macht, die coole Berliner Unverbindlichkeit zu ertragen. Das, was meiner Seele guttut, fände ich da sowieso nicht, also einfach erwartungslos an die Stadt herangehen.
Dafür habe ich in der Heimat immer noch die Freundschaften, die teils seit 27 Jahren bestehen - und die Leute da erleben Berlin bei Besuchen als ähnlich kaputt wie ich. So ganz allein stehe ich mit meinen Empfindungen also nicht.
Und es sind weder Klischees noch Unwissenheit - ich habe seit 2004 meinen Hauptwohnsitz in Berlin. Draußen am Langen See südlich des Müggelturmes, im Nordosten am Liepnitzsee (solange nicht viele Menschen dort sind, was es im Sommer schwierig macht) und an manchen anderen grünen Stellen mag ichs ja durchaus sehr. Und ich staune immer wieder über manche "Alten" (ich spreche von 80- bis 90-jährigen), die trotz des Lebens in dieser aggressiven Stadt geistig und oft auch körperlich fit geblieben sind und es dabei durchaus mit deutlich jüngeren anderswo aufnehmen können. Leute wie Gerhard Steinke oder Gisela Herzog meine ich damit beispielsweise - womit der Rundfunkbezug wieder hergestellt werde.
