AW: Eigenes kleines Radiostudio
Jetzt mal unter uns zwei Klosterschwestern, gelb. Ich schätze Deine technischen Beiträge überaus. Aber ich denke, hier schießt Du etwas über das Ziel hinaus. Ja, Du hast sicherlich recht, daß ein - vielleicht sogar guter - Teil der Posts in diesem Thread auf den berühmten "Schwanzvergleich" hinausläuft. Ja. Und? Wärest Du sehr geschockt, wenn ich Dir sagte, daß ich denke, daß er dafür sogar *gut* ist und ich genau das *befürworte*?
Du sagst selbst "jeder hat mal klein angefangen" - und genau da liegt auch das Geheimnis, um Verständnis für den ganzen Plumperquatsch hier zu entwickeln. Ich gebe zu, auch ich mußte das erst lernen: ich habe auch "klein angefangen" (wie man an meinen ersten Beiträgen in diesem Forum unschwer erkennen kann), habe mich von dort zu einem Verfechter von Qualität entwickelt und rudere mittlerweile ein wenig zurück. Warum? Weil ich erkannt habe, daß es hier nicht um Absolutismen geht, sondern um einen Prozeß. Deutlich macht das der Satz "jeder hat mal klein angefangen", denn die logische Fortsetzung dazu lautet: "... und sich dann (wie auch immer) weiterentwickelt".
Selbstverständlich kann diese Weiterentwicklung völlig unterschiedlich aussehen. Das Thema, über das wir uns hier unsere Köpfe heißreden, ist ein komplexes, insoweit sind wir uns sicher einig. Was aber nichts anderes bedeutet, daß es vom "Anfänger" bis zur Anerkennung ein weiter und sehr steiniger Weg sein kann. Nicht wenige werden auf diesem Weg sicherlich feststellen daß ihnen das Ganze zu kompliziert ist und sie deshalb entweder gleich aufgeben oder aber mit wenig zufrieden sind. Verhindern kann das niemand.
Ich selbst habe, als ich begann zu begreifen, *wie* komplex das Thema ist, mich entschieden, mich reinzubeißen und so viel wie möglich zu lernen und ich freue mich über jeden Anfänger, der die gleiche Entscheidung trifft. Irgendwann, hoffe ich, wird es mal eine gute Anzahl guter Leute geben, die mit Herzblut und Einsatz Webradios betreiben - mir ist dabei fast egal, obe kommerziell, oder Hobby, aber ich hoffe, daß die, denen gute Qualität wichtig ist, sich finden. Denn dann können sie als Vorbilder dienen für die, die noch am Anfang des Weges stehen.
Du, gelb, bist zum Beispiel ein Vorbild für mich, aufgrund Deines profunden Wissens, was technische Basteleien angeht. Für mich hört sowas ja schon beim Festlöten eines Kabels auf, aber von Dir kann ich einiges lernen, was mir sicherlich irgendwann auch bei der Ausstattung meines Studios zugute kommen wird. Warum kann ich von Dir lernen? Weil Du hier schreibst. So einfach ist das.
Und ob Du es glaubst oder nicht: ich habe mir angewöhnt, auch die "Schwanzvergleiche" hier zum Lernen zu verwenden. Wie gehen andere daran, aus einer Wohnung so etwas wie ein Radiostudio zu machen? Sicherlich, der offene PC mit 20 Tastaturen, Handy danebenliegen und mit Tesa festgeklebten "Singstar"-Micro ist ein Satdium, über das ich glücklicherweise schon hinausbin - aber wie gesagt: ich sehe das als Prozeß und wenn hier unterschiedliche Ansätze gepostet werden, dann können die Betroffenen auch eventuell mal gucken, wie es denn jemand anders macht und sich Anregungen holen.
Auch die Kritik schreibt sich hier manch einer vielleicht hinter die Ohren und macht erstmal sein Gehäuse dicht (ich zum Beispiel
). Es gibt sicherlich andere, die so von sich überzeugt sind, daß jegliche Kritik einfach von ihnen abprallt - aber warum darüber aufregen? Du beklagst, daß die "Szene" durch solche "Möchtegern-Moderatoren" ein schlechtes Image erhält. Ich möchte gar nicht in Abrede stellen, daß es da tatsächlich einen Zusammenhang gibt, sondern ich denke, daß "schlechte" und/oder unbelehrbare Moderatoren, Technik, Qualität im Allgemeinen sehr wohl grundlegend dazu beitragen, daß Webradios nicht als das Medium wahrgenommen werden, als das sie wahrgenommen werden könnten.
Aber auch hier ist die Lage vielschichtiger. Zum einen gehören zu einem Image erstmal verschiedene Teilnehmer: einer, der ein Bild erzeugt, einer, der es wahrnimmt und dann brauchen wir noch eine Referenz, mit der wir es vergleichen können. Und besonders bei diesem dritten Punkt sehe ich bei den Webradios das Problem. Es gibt vergleichsweise wenige wirkliche Referenzen, an denen man sich orientieren könnte und wenn es sie gibt, sind so oft - zumindest gefühlt - unerreichbar. Es ist wirklich schwer, sich all die Informationen zusammenzuklauben, die man braucht, um ein "gutes" Webradio auf die Beine zu stellen. Das heißt für mich, es gibt eine gewaltige Schere zwischen den wenigen großen guten Webradios und den vielen tausend <20-Hörer-Webradioaspiranten. Es gibt nicht viel dazwischen, woran man sich orientieren könnte.
Und genau darin sehe ich die Crux: jeder fuhrwerkt nach Gutdünken rum, weil es keine allgemingültigen Regeln gibt, die man zur Orientierung verwenden könnte. Jeder macht "ein bißchen anders" dasselbe, das Resultat ist der Matsch, den wir vor uns sehen. Es ist leider so. Man kann niemandem verbieten, schlechtes Webradio zu machen. Man kann auch niemandem verbieten (es sei denn, es verstößt gegen geltendes Recht), irgendwelchen Müll in den Weiten des Netzes zu verbreiten.
Die einzige Chance, die wir, denen uns das Medium am Herzen liegt, haben, ist, *Verständnis* zu wecken, immer und immer wieder dabei zu bleiben, auf die Komplexität des Themas hinzuweisen, Hilfestellung zu leisten, aber auch aufzufordern, sich der Komplexität zu stellen, den Wunsch zu wecken, sich zu verbessern. Eine andere Chance haben wir nicht, niemand kann "gute" Webradios, Moderatoren oder Technik "verordnen". Wir können nur werben, üben und bei der Stange bleiben, nicht aufgeben. Dann gelingt es uns vielleicht irgendwann in der Zukunft, eine Wahrnehmung zu erreichen, daß nicht pauschal alle Webradios schlecht sind, weil sie ja doch bloß "Webradingens" sind, wie Inselkobi das immer so schön ausdrückt, sondern, daß es überwiegend Webradios gibt und die paar übrig bleibenden "Webradingens" als das wahrgenommen werden, was sie sind: Anfänger, die sich entwickeln oder einfach solche, die gar nicht mehr wollen.
Auf diesem Weg dahin brauchen wir Orientierung. Eins der großen Leuchtfeuer sind dabei die
radioforen, weil hier genau das eingefordert wird, was ich oben ansprach: hier wird gnadenlos die Komplexität des Themas aufgezeigt, hier finden sich wertvolle Tipps, wie man bestimmte Probleme löst und hier prallen "Möchtegerns" auch schonmal ab, hier passiert das, was ich Eingangs erwähnte: entweder, man entscheidet sich, dabeizubleiben, oder man gibt gleich ganz auf, oder bleibt irgendwo auf halbem Wege stecken. Wer sich für ersteres entscheidet, findet hier einen Schatz, der in Zahlen gar nicht zu bemessen ist.
Und genau deshalb ist dieser Thread hier so wichtig: hier können hoffnungsfrohe Aspiranten nämlich genau lernen wie man es macht - oder eben nicht. Hier kann man sich Anregungen holen, indem man die vorgestellten Gerätschaften betrachtet *und* die dazugehörigen Kritiken liest. Dadurch bekommt man mit der Zeit ein Gefühl dafür, was "geht" und was nicht.
Genau deshalb, sehe ich diesen Thread als so wichtig an, gelb, genau deshalb meine ich, daß Deine Kritik hier zwar angebracht, aber nicht zielführend ist. Es ist sicherlich ein Kampf gegen Windmühlen, das entgeht auch meiner Aufmerksamkeit nicht. Es ist nunmal einfacher, zum 1000. mal dieselbe Frage zu stellen, und zu erwarten, daß man eine auf seine ganz persönliche Situation zugeschnittene Antwort bekommt, als mal seinen Grips anzustrengen und die Suchfunktion (oder im Zweifel Tante Google) zu bemühen und dann selber zu einer Lösung zu kommen.
Das hat auch psychologische Aspekte: Wenn ich etwas frage und mir antwortet jemand darauf, kann ich diesen jemand (zumindest in Gedanken) verantwortlich machen, wenn das, was er mir geraten hat, nicht funktioniert. Ist doch praktisch, oder? Ich bin ja nicht schuld. Wenn ich hingegen selber etwas suche, muß ich ja die u.U. diversen Hinweise erstmal selbst auswerten und feststellen, inwieweit sie überhaupt für mich relevant sind - was für ein Aufwand! Wenn dann noch etwas schief geht, kann ich mir die Schuld nur selbst in die Schuhe schieben. Dagegen können wir aber außer Geduld aufbringen und auf existierende Lösungen hinzuweisen nicht viel machen. Es ist nunmal allzu menschliches Verhalten. Es gibt nunmal keine Patentrezepte, leider - oder doch zum Glück? Denn dadurch wird die Chose doch erst so richtig spannen - oder etwa nicht?
Ich wünsche jedenfalls allen einen erholsamen und streßfreien Sonntag
LG
McCavity