1. Wie schätzt ihr die Marktchancen ein für ein neues Produkt, das Streaming und klassischen Radio-Content vereint?
Gegenfrage: Ist so ein Produkt wirklich neu? Antwort: Nein, nur einfach noch nicht so häufig im Markt. Und, vor allem: Nicht stark genug beworben.
Das ist der mögliche strategische Vorteil von A.
2. Wie schätzt ihr die Chancen ein für ein Produkt, bei dem bekannte Moderatoren und Comedians in eine entweder vollständig personalisierte oder fest vorgegebene Playlist eingebettet werden? (Siehe Diskussion: "Muss Radio live sein"?)
Schwer zu sagen. Wenn man den Hörer auf vergleichsweise anspruchsloses Radio konditioniert (indoktriniert?), dann klappt das. Mit hinreichend Marketing im Sinne von "Genau das brauchst du!" könnte das klappen. Dumme Masse dafür gäbe es genug.
In dem Fall wäre die Chance eher eine Gefahr.
3. Wie bewertet ihr die Möglichkeit, per IP-Erkennung (Ortsabfrage) lokalen Audio-Content wie Wetter, Verkehr, Veranstaltungstipps oder News einzubetten, zunächst für sechs deutsche Metropolen mit optionalem Ausbau auf über 50?
Uninteressant. Streaming-Konsumenten werden lokale Informationen eher woanders suchen (Szene-Magazine, Blogs, Social Media).
Im Einlull-Stream sind Informationen mit mehr Tiefgang als Werbung nur störend.
4. Was haltet ihr davon, dass Werbung per gezieltem Targeting personalisiert angeboten wird?
Das ist im Internet schon üblich, nur dass es für den Stream eben keinen Adblocker geben wird. Die Werbetreibenden kann es freuen; die Reaktionen der Hörer freilich sind unvorhersehbar.
5. Wie bewertet ihr die Möglichkeit zusätzlichen Free- oder Pay-Content in den persönlichen Stream einzubetten, etwa ein Hörbuch zum Abend oder ein komplettes Bundesliga-Spiel des Lieblingsclubs?
Bei dieser Frage muss ich passen, weil ich das bislang noch nicht getan habe. Da ich keinen Vorteil / Mehrwert darin erkenne, wüsste ich auch nicht, warum ich das einbetten sollte.
Zudem gehöre ich nicht zu den Menschen, die jeden Tag mit Kopfhörern auf den Ohren durch die Stadt laufen. Im Gegenteil, wenn meine Ohren unterwegs etwas schmückt, dann der angepasste Gehörschutz ("Concha"). Ich brauche nicht noch zusätzlichen akustischen Müll und Stress.
6. Wie findet ihr die Idee den Audio-Content früh morgens per WLAN zu laden und dann auf dem Weg zur Arbeit offline oder teils offline zu konsumieren (aktuelle Updates wie Verkehrsinfos werden freilich online eingestreut)?
Nette Idee, die allerdings Speicherplatz braucht. Zum Rest: Siehe vorige Frage, also "Nein".
7. Haltet ihr den Markennamen Amazon für hilfreich?
Schwierig. Hängt von der persönlichen Sichtweise ab, ob man A. für ein Qualitätsmerkmal, eine Ausbeuter-Plattform (Marketplace) oder gar den Zerstörer des Einzelhandels hält (von wegen Logistik). Für die Gegner des Unternehmens wird das Angebot sicher kein Sympathieträger werden und eine Beteiligung der Gewerkschaften als Mulktiplikatoren sehe ich eher kritisch.
Da aber vermutlich eine Mehrzahl der Konsumenten A. gut findet, warum auch immer, wird es zu einem unreflektierten "Toll!" kommen.
8. Findet ihr es toll, dass ein US Unternehmen viele Radiostationen ärgern will indem man für das neue Produkt Top-Leute für viel Geld abkauft ("Angebot, dass man nicht ausschlagen kann").
Ist das Angebot dazu da, um die Stationen zu ärgern? Das Angebot wird man nur dann nicht ausschlagen können, wenn die eigene Altersversorgung auf wackeligen Füßen steht.
Man sollte sich stets vor Augen halten, dass A. ein Kostendrücker um jeden Preis ist. Es wird immer Lockvogel-Angebote geben. Spricht sich herum, dass der ein oder andere einen guten Vertrag bekommen hat, wird die B-Garde neugierig und wird mit eher schwachen Verträgen abgespeist. Manche werden nur mitmachen, um vom "großen Namen" zu profitieren. Man kennt das Prinzip auch von populären Tour-Orchestern oder amerikanischen TV-Stationen.
Nicht zu früh jubilieren; die Ernüchterung tritt rasch zutage.
9. Könnte ein solches Angebot endlich die digitale Transformation auch beim Radio beschleunigen und Interimslösungen und Brückentechnologien wie DAB unnötig machen?
Nein. Hier überschätzt Du den Markteinfluss des Unternehmens. So gesehen müsste das klassische Fernsehen schon längst am Ende sein.
10. Glaubt ihr, daß es der Beginn einer Revolution ist und auch etablierte Sender diesem Beispiel folgen werden?
Ebenfalls nein. Vielmehr wird es andere Marktteilnehmer auf den Plan rufen, z.B. Tchibo, Zalando, ach was weiß ich. Besser wird es dadurch nicht.
Vollkommen unbeleuchtet bleibt bislang der Aspekt der Meinungsbeeinflussung durch fehlende Berichterstattung. Streiks bei A. im Weihnachtsgeschäft? Stattdessen eine Reportage mit dem Leiter eines Logistikzentrums, wie reibungslos alles klappt. Mitarbeiter berichten über Boni, die sie an ihre Familien ins Ausland überweisen können (dass die weit unter branchenüblichen Werten liegen, bleibt unerwähnt). Werbung durch die Hintertür, und die LMA kann nichts dagegen ausrichten.
Das hat dann was vom Supermarkt-Radio, das die sorgfältige Auswahl der Produkte zu Bestpreisen in so genannten "Nachrichten" anpreist.
Zu zynisch?
Nein. Mit Geld bekommst Du auch einen nach wie vor guten, aber für den jungen Markt nicht mehr tauglichen Moderator für das Messeradio. Und jetzt sage mir,
@Gegenstromanlage , wo liegt der Unterschied?
Die Gegner der
Lügenpresse jubilieren endlich, dass es einen frei zugänglichen Markt zu Informationen gibt - ganz gleich, wie manipuliert sie sind. Nur Hauptsache, nicht staatlich.
Recht schönen Dank auch.
De facto wird das eine Putinisierung der Medienlandschaft, nur eben durch Marktteilnehmer.
Hurra, dreifachen Tusch und Abgang.