... Weil aber mit soviel Willen zur Reinigung nicht zu rechnen ist, stellt sich die Frage, warum sich die ARD ausgerechnet bei Seppelt auf die Hinterbeine stellt. Dass Skilanglauf oder Biathlon dopingfreie Zonen seien, glaubt niemand. Bei der WM 2001 flog die finnische Mannschaft wegen des Gebrauchs von Blutplasma-Expandern auf, ein Jahr später bei Olympia der für Spanien startende Johann Mühlegg sowie einige Russinnen. Bei den Winterspielen 2006 in Turin wurde in einem Quartier der österreichischen Langläufer und Biathleten ein Blutdopinglabor ausgehoben.
Handwerklich ist Seppelt vorzuwerfen, dass er sich von der Konkurrenz des Wiener Blattes Kurier treiben ließ, dessen Doping-Berichterstattung er toppen wollte und deshalb eine Agenturmeldung zu früh auf den Weg brachte. Aber es passiert Tag für Tag Schlimmeres in der ARD und anderswo.
"Sprich ihn nicht auf Doping an"
Nach den Kriterien der Verdachtsberichterstattung, die ein aus dem Artikel 5 des Grundgesetzes abgeleitetes Privileg der Medien ist, war seine Berichterstattung zulässig. Es bestand ein besonderes öffentliches Interesse, es gab einen Mindestbestand an Beweistatsachen, und die verdächtigen Athleten konnten aus dem Gemeldeten nicht identifiziert werden.
Warum also stöhnt die ARD ausgerechnet bei einem wie Seppelt Mea culpa? Der Verdacht liegt nahe, dass man so einen, der im Schlamm wühlt, für ein Schmuddelkind hält. Man schmückt sich mit den Enthüllern, aber man misstraut ihnen. Kritischer Sportjournalismus lässt den üblichen Betrieb ahnen, dass er nur Teil der Unterhaltungsindustrie ist. Da beschädigt einer die Ware Sport, ist nicht teamfähig, krankhaft investigativ.
Als der ZDF-Mann Jörg-Michael Junginger 2002 bei den Winterspielen in Salt Lake City den Langläufer Mühlegg befragen wollte, bekam er den Rat: "Jörg-Michael, Du als Interviewer, sprich ihn nicht auf Doping an, sonst läuft er dir weg". Kurz darauf flog der Doping-Skandal um Mühlegg auf.
Preisträger Seppelt, der als freier Journalist arbeitet, wird von einem der ARD-Obersten "Eiferer" genannt. Schon Ende der neunziger Jahre hatte ihm ein Vorgesetzter den Tipp gegeben: "Es wäre vielleicht günstig, wenn du nicht mehr so investigativ, recherchierend an Themen rangehst. Es würde völlig reichen, wenn du nur beschreibst, was da gerade passiert". ...