Aus dem Interview:
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Entscheidend ist, dass wir am Ende Angebote für alle haben. Wir brauchen ein diverseres und vielfältigeres Programm, in dem sich wirklich jede und jeder im Land wiederfinden kann – natürlich mit hoher Relevanz und Qualität."
"Für alle"? Das dürfte sehr schwierig werden aufgrund der radikalen Ablehnung, die zumindest in Ostdeutschland ca. 25% der Menschen elementarsten und international anerkannten Grundregeln guten Zusammenlebens entgegenbringen. Und auch angesichts der ebenso radikalen Ablehnung naturgesetzlicher Realitäten, die dann, wenn sie im Programm benannt werden, als "Belehrung" und eben als "Staatsfunk" bezeichnet werden.
Oder will man jetzt auch Programm für Faschisten, Rassisten, Reichsbürger und Leugner der anthropogenen Erderhitzung machen? Ich hoffe doch nicht. Und mit-dem-Programm-"Abholen" solcher Menschen dürfte illusorisch sein.
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Wohin es führt, wenn öffentlich-rechtlicher Rundfunk nur noch in der Nische stattfindet, lässt sich anschaulich in den USA beobachten. Dort bestimmen finanzkräftige Konzerne die gesellschaftliche Debatte."
Wenn ich in meiner Heimatregion schaue, wer die "gesellschaftliche Debatte" führt, sehe ich vor allem weder von öffentlich-rechtlichen Anstalten noch von mit deutschen Landesmedienanstalten lizensierte Programmveranstalter, sondern Internet-Kanäle und -Gruppen. Daher beziehen die Leute das tägliche Futter für den Hass, der das Land vergiftet.
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Wir haben als öffentlich-rechtliche Sender eine Wächterfunktion, wir sind ein Pfeiler eines demokratischen Zusammenlebens, deshalb müssen wir für die Bürgerinnen und Bürger relevant sein."
Ich nehme, wenn ich "Heimatkontakt" habe, eine radikale Ablehung dieses "demokratischen Zusammenlebens" wahr - bei ausreichend vielen Menschen, um die Zivilgesellschaft zersetzen zu können. Ist das in der ARD immer noch nicht "ganz oben" angekommen oder wagt man nur nicht, es zuzugeben?
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Es wäre ein Fehler, die Unterhaltung den Privaten zu überlassen."
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Ich glaube auch, dass Zugezogene uns überhaupt nicht auf dem Schirm haben, weil wir nicht die Vielfalt und Diversität widerspiegeln, die wir brauchen."
Oh, ich sehe schon den Schaum vom Mund bei den Volksgenossen: jetzt auch noch Programm für die, die man am liebsten...?
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Es gibt im Moment diese von verschiedenen Strömungen und Stimmungen geprägten Gruppen, die das Gefühl haben, „die da oben“ machten gemeinsame Sache – nicht nur ARD und ZDF, sondern „die Medien“ insgesamt, der Staat, die Politik."
Man kann das auch klar benennen: das sind die, die die Zivilgesellschaft zur Hölle fahren sehen wollen und die dazu auch bereit sind, auf ihr eigenes Wohlbefinden künftig zu verzichten, wenn sie nur irgend jemand anderen damit schädigen können.
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Wir müssen aufpassen, dass uns nicht ganze Bevölkerungsgruppen verloren gehen."
Die sind bereits verloren gegangen. Da steht die ARD nicht alleine da. Mir ist im Laufe der vergangenen Jahre auch die eine Hälfte der Herkunftsfamilie wegen nicht als solchem wahrgenommenen (da als normal empfundenem) Rassismus und Rechtsextremismus abhanden gekommen, die andere Hälfte zu einem Drittel wegen offiziell diagnostizierter Psychose mit inzwischen offenbar Naturgesetz-leugnender und rechtsextremer Symptomatik und zu einem weiteren Drittel wegen Aluhut, Chemtrails, Impfgegnerschaft und Putin-Fanboy-Getue. Anderen sind die Ehen zerbrochen wegen Abwanderung ins Querdenker-Lager. In den USA füllen QAnon-Familientragödien die entsprechenden Foren. Die Risse gehen überall durch, im Kleinen, im Großen.
Offenbar ist der Wunsch nach einer Art "gemeinsamen Dach", unter dem letztlich alle Menschen Unterschlupf suchen, inzwischen wirklich nur noch Wunsch oder Illusion, aber nicht mehr realisierbar. Es gibt diese gemeinsame Geschichte, die innerhalb der Bevölkerung zusammenhält, nicht mehr. Dafür schillern und blühen die Psychosen gar wunderbar. Das "gemeinsame Dach" wäre eigentlich die Realität und wären die Naturgesetze - aber davon sind wir zu weit entfremdet, so dass Parallelwelten entstehen konnten, in denen scheinbar auch andere Realitäten gelten. Scheinbar nur, aber doch leider sehr wirkungsvoll.
Ich habe inzwischen gelernt, das Trennende zu akzeptieren und da auch keine Energie mehr zu investieren, um irgendeine Art von "Verbindung" wiederherzustellen. Solange es hinsichtlich seiner maximalen Konsequenzen höchstens "lästig" für einen selbst und "lächerlich" für den anderen bleibt ("Flacherdler"), lasse ichs durchgehen. Wenn es gefährlich wird (Impfgegner, Pandemie-Leugner, Verbreiter von Lügen, die der Zersetzung der Zivilgesellschaft dienen), gibt es von mir Rückzug (nennt man glaube ich heute "Entfreundung") und wenn nötig wird auch entsprechendes Kontra bzw. Bekämpfung als Antwort.
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Ich könnte jetzt ketzerisch fragen: Ist es unsere Aufgabe, sympathisch zu sein oder zu werden? Es ist unsere Aufgabe, relevant zu sein."
Eben genau das: "Sympathie" ist etwas, das von der Innenwelt desjenigen abhängt, der sie empfindet. Sie sagt damit nichts über den realen Wert dessen aus, was als sympathisch empfunden wird oder eben auch nicht. Und es gibt durchaus Inhalte, die ich widerwärtig finde, aber die, die diese Inhalte ins TV oder ins Radio bringen, als überaus mutig und sympathisch (im Sinne von "mit denen könnte ich wahrscheinlich im täglichen Leben gut auskommen"), weil diese Inhalte leider wichtig sind. Die Frau 3 Häuser weiter und die Frau im Haus gegenüber an meinem Heimatort wird solche "widerlichen Machwerke", solchen "Staatsfunk" hingegen hassen - und die, die für ihn arbeiten, gleich mit dazu.
Ein Beispiel.
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Ich zweifele aber daran, dass die kritischen Kommentierungen, die wir in den sozialen Netzwerken lesen oder per Mail und Brief erhalten, wirklich die Mehrheit repräsentieren."
Damit dürfte Frau Strobl Recht haben. Hoffe ich zumindest.
Wenn ich in mein Umfeld schaue: von denen, die mir aus lange vergangener gemeinsamer Zeit als nahestehend geblieben sind, gibt es zwar Kritik an den Öffis (wegen Kulturabbau, wegen zu vieler als banal empfundener Inhalte etc.), andere Angebote werden hingegen genutzt und auch wertgeschätzt, aber es erfolgt keine aktive "Parteinahme" für die Öffis, es gibt also keine Leserbriefe in den Tageszeitungen, die der dort zumindest in meiner Heimatregion gern vorgetragenen Ablehnung und Diffamierung der Öffis widersprechen - und in sozialen Medien wird sowieso kein Kontra gegeben - da ist niemand von "meinen Leuten". Die sind mit Beruf und Familie gut abgesättigt, ein aktives Auftreten in der Öffentlichkeit findet da nicht statt (bis auf bei einem, der sich als promovierter Physiker bei Castor-Transporten von der Polizei hat wegtragen lassen).
Soweit mir bekannt bin ich der einzige (!) aus meinem einstigen schulischen / universitären Umfeld, der überhaupt online aktiv ist - und das auch nur in Foren. Und ich habe schon weder Twitter noch Facebook. Ich wüsste auch nicht, wie ich das weitere Eintauchen in diese gesellschaftlichen Niederungen ohne therapeutische Begleitung überstehen sollte. Mir reicht schon die BILD-Schlagzeile einmal pro Woche im Kassenbereich des Supermarktes, um den Rest des Tages Angst vor der Zukunft zu haben.
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Aber wir dürfen unser lineares Programm nicht einfach in die Mediathek stellen und dann denken, damit sei die Sache erledigt."
Ich erinnere mich da an eine Aussage eines in einer kleinen ARD-Anstalt ziemlich im Zentrum Deutschlands, wonach dort die Formate vorrangig für Online produziert werden und im noch existierenden linearen Programm nur noch Lückenfüller zwischen den wenigen Live-Events sind. Das wäre dann also heute schon genau anders herum.