AW: Aus für Radio Paradiso: oldiestar bekommt die Frequenzen
An dieser Stelle möchte ich mich auch mal zum Sachverhalt äußern, entgegen meiner bisherigen Praxis.
Die Diskussion wird seitens Paradiso ziemlich hochgekocht und es wird versucht öffentlich Stimmung zu machen. Das ist insofern verständlich, weil ein kommerzielles Unternehmen, wie es auch bei Radio Paradiso der Fall ist, kein Interesse daran haben kann, die Geschäftsgrundlage zu verlieren.
In der BILD-Zeitung waren dazu ja bereits einige Artikel zu lesen. Wobei ich den Artikel in der BILD vom Samstag sehr differenziert sehe. Unter dem Motto "Promis für die Rettung von Paradiso" (genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr) waren die Meinungen von Dr. Monika Grütters (Vorsitzende des Kulturauschusses im Bundestag) und vom ehemaligen Fernseh-Pfarrer Jürgen Fliege zu lesen. Letzterer muss sich natürlich für die Rettung des Senders einsetzen, schließlich war oder ist er selbst daran beteiligt.
In dem Video auf YouTube, welches hier verlinkt ist, finde ich einige Dinge sehr interessant. Der Geschäftsführers von Paradiso spricht tatsächlich von 21 "festen" Mitarbeitern und "alles in allem" von 64 Arbeitsplätzen. die von einer Schließung betroffen wären. Außerdem spricht er von einem Entzug der Sendelizenz, was definitiv nicht stimmt. Die Sendelizenz wird einfach nicht über den 30.11.2010 hinaus verlängert.
Besonders interessant ist aber das Verständnis des Geschäftsführers, der die Ausschreibung in der Tat nur als "Formalie" angesehen hat und sich nun darüber beklagt, dass es einen solchen Fall "in Deutschland noch nie gegeben hat".
Wenn derartige Ausschreibungen tatsächlich nur "Formalien" wären, bräuchte man sie nicht durchzuführen, denn dann würden alle anderen Bewerber nie eine Chance haben. Damit würde auch die Frage nach den Gebühren für die Ausschreibung zu stellen sein, die jeder Bewerber entrichten muss.
An dieser Stelle kann man Paradiso eigentlich nur zurufen: Willkommen in der Realität.
Nach den Aussagen des Geschäftsführers, war das Problem mit dem reduzierten Wortanteil offensichtlich auch im Hause des Senders bekannt, somit war dieser auch gewarnt. Dem entgegen zu wirken wäre die Aufgabe eines Programmchefs oder Chefredakteuers gewesen.
Desweiteren ist sehr interessant zu lesen, dass Herr Lemmer offensichtlich entsprechende Informationen von der MABB (Dr. Hege) bekommen hat, z. B. dass der Medienrat eine einstimmige Entscheidung getroffen hat.
Der Medienrat wäre schlecht beraten, seine Entscheidung in der anstehenden Sitzung im Juni zu revidieren, da er somit seine eigene Kompetenz in Frage stellen würde. Ich denke nicht, dass die Herrschaften das tun werden, da ansonsten jede - auch künftige - Entscheidung des Medienrats in Frage gestellt werden kann.
Ebenso halte ich den von Paradiso angekündigten Weg mit "juristischen Schritten" (einer möglichen Klage) gegen die Entscheidung vorzugehen für relativ aussichtslos. Denn auch ein Gericht wird es sich sehr stark überlegen, die Kompetenz des Medienrats in Frage zu stellen. Dies würde künftig möglicherweise weitere Klagen unterlegener Bewerber nach sich ziehen (unabhängig davon, ob sie sich selbst auf bereits genutzte Frequenzen bewerben oder als "neuer" Bewerber auftreten).
Kein Sender sollte in Deutschland davon ausgehen können, Frequenzen auf Lebenszeit zu bekommen und darauf "tun und lassen" können "was man will". Der Medienrat hat erstmals den "Automatismus", der von vielen Sendern als gegeben angenommen wird, beendet. Dies hat - hoffentlich - zur Folge, dass sich die Sender in Zukunft mehr anstrengen, ihre Sendelizenz tatsächlich zu erfüllen und möglicherweise auch die Qualität zu verbessern.