Warum sind dann nicht alle Radiosender Marktführer?
Die Frage halte ich zumindest weitgehend für recht einfach beantwortbar: Weil viele Sender in Deutschland unterschiedliche Startbedingungen haben. Das fängt nun zum einen damit an, dass es immer noch unterschiedliche Formate gibt. Ein Sender wie NDR 1 spricht ganz sicherlich ein anderes Publikum an als die Jugendwelle N-Joy (mag vielleicht auch den einen oder anderen Jugendlichen geben, der beides bevorzugt oder lieber NDR 1 hört, aber in der Regel schaltet der Jugendliche vermutlich dann doch lieber N-Joy ein). Das ist erst einmal ein ganz wesentlicher Faktor
Aber dir geht es ja eher um Sender, die ähnliche Formatierungen haben. Von daher könnte man nun einfach wieder die Thesen aus der
"Coolness-Studie" heran, die ich
hier schon versucht habe näher zu betrachten. Mal unabhängig davon, ob die Studie nun repräsentativ sein möge oder nicht (näheres erfährt man halt nur, wenn weiter auf diesem Gebiet geforscht wird), scheint es meines Erachtens im Wesentlichen noch zwei Kriterien zu geben, auf die selbst die besten Berater kaum Einfluss nehmen können und auch die Sender selbst kaum. Zum einen die Macht der Gewohnheit. Ist ein Sender schon länger im Markt oder kennt man ihn auch noch aus dem Nachbarort, dem nächsten Bundesland oder gar einem anderen Staat, scheinen viele Hörer weiter einzuschalten. Diese These setzt nun allerdings schon vollkommen gleiche Startbedingungen voraus (beide Sender sind im möglichst gleichen Sendegebiet zu hören). Zum anderen geht aus der Studie aber auch hervor, dass zum Beispiel Verkehrsfunk für Studenten sehr wichtig ist. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass der für andere Hörer vollkommen unwichtig ist. Gehen wir davon aus, dass es sich im Wesentlichen um mobile Zuhörer handelt (andernfalls hätte der Verkehrsfunk vermutlich gar keine hohe Priorität), ist natürlich auch eine entsprechende Frequenzabdeckung wichtig. Das knüpft auch an die erste These an.[/URL]
Etabliert sich ein Sender neu am Markt, so hat er in den meisten Bundesländern (ironischerweise könnte ausgerechnet NRW hier mit der neuen Frequenzkette also als positives Beispiel genannt werden, weil dadurch ein weitgehend flächendeckendes Netz angeboten werden kann) zum einen den Nachteil, dass sich die Hörer erst einmal nicht so leicht abwimmeln lassen vom bislang gehörten Sender (außer man bricht vielleicht komplett mit dem Musikstil und fällt somit positiv auf) und zum anderen, dass sie dann auch das Bedürfnis haben, dass zumindest das für sie relevante Gebiet abgedeckt wird. Wenn ich täglich von Stuttgart nach Karlsruhe fahre und einen Stammsender habe, muss ein neuer Sender zumindest auf dieser Strecke eine ebenso gute Netzabdeckung haben.
Wann diese Studie dann nicht mehr greift ist relativ klar, nämlich dann wenn diese Bedingungen zu gleichen Teilen erfüllt sind, zum Beispiel, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender gegenüber einem privaten steht oder sogar mehrere private sich gegenüber. Ein Beispiel hierfür wären aus Niedersachsen Hitradio Antenne und FFN oder in Hessen hr und FFH. Da müsste man dann weiter schauen. Aber da bietet die Studie ebenfalls Ansatzpunkte, dann geht es nämlich tatsächlich um Qualität im Ohr des Hörers: Auf welchem Sender sind Nachrichten angenehmer zu hören? Welcher Sender bietet den besseren Verkehrsfunk? Welche Musikauswahl ist ansprechender? Welche Moderatoren moderieren angenehmer?
Und gerade da kommen meines Erachtens dann auch die Berater ins Spiel. Für den "erfolgreicheren Sender" gilt es nun seine Hörer zu halten und auszuweiten, indem er die ihm zugeschriebenen Kompetenzen weiterhin erfüllt und ausbaut und für den "abgehängten bzw. nun jagenden Sender" wird es wichtig sich selbst zu positionieren und ggf. in wichtigen Kompetenzen nachzubessern. Gehen wir also vom konkreten Fall aus: FFN hat gewisse Kompetenzfelder auf denen der Sender besser ist als Hitradio Antenne. Hitradio Antenne setzt also gezielt Berater ein, um den Anschluss nicht zu verlieren, bestmöglich um aufzuholen und um überzuholen. FFN begreift dies und setzt ebenfalls Berater ein, um keine Martkanteile an Hitradio Antenne abzugeben und am besten noch selbst noch mehr Hörer zu erreichen. Am Ende stehen sehr ähnliche Produkte, aber solange Hitradio Antenne nicht "besser" wird als FFN, wird es nicht gelingen können FFN zu überholen, denn hier binden sich zunehmend Hörer auf Grund ihrer Gewohnheiten. Das Beispiel kann man beliebig auf andere Sender übertragen, aber es zeigt meines Erachtens ganz gut auf, warum man auf Berater nicht verzichten kann.