AW: blogmedienTV: Moderatoren dubioser Gewinnspiele u.U. persönlich haftbar
Betrug ist es vor allem dann, wenn der, der durchkommt, erstmal seine Lösung einem vorgeschalteten Mitarbeiter sagen muss, und sich erst dann durch angebliche Zufallsauswahl entscheidet, wer tatsächlich im Studio landet. Das ist bei vielen Sendern Usus, und das ist dann wirklich Betrug. Man könnte also dem vorgeschalteten Mitarbeiter absichtlich eine falsche Lösung sagen, und den Moderator dann mit der richtigen überraschen. Wird aber auch nicht funktionieren, weil die Pay Offs natürlich vorher aufgezeichnet werden, und es dann wohl heißen würde: "Na, Sie haben aber gerade etwas anderes gesagt, das können wir leider nicht gelten lassen." Fällt ja nicht auf, war ja noch nicht on air, nimmt man einfach den nächsten.
Allein der Fakt, dass eine bestimmte Zahl an Anrufern gar keine Chance hat, in den Lostopf zu kommen, und trotzdem abkassiert wird, ist unverschämt, aber noch kein Betrug. Wenn man vorher sagt, dass der Anruf 50 Cent kostet, dann nimmt der Teilnehmer bei seinem Anruf in Kauf, dass er die 50 Cent so oder so bezahlen muss, egal ob er gewinnt. Viele haben eben immer noch nicht geschnallt, dass es kein "Besetzt" mehr gibt wie früher, sondern dass jeder Anrufer aufgefangen und abkassiert wird. Das schnallen die ganzen Trottel nicht, die da immer wieder mitmachen.
Moderatoren kann man bei solchen Gewinnspielen nicht verantwortlich machen, wenn sie den Preis nennen und nicht suggerieren, dass jeder gewinnt oder so. Schwieriger wird's, wenn sich ein Moderator mal blöd verplappert, zum Beispiel bei einer Gewinnsumme oder so, und man ihn dann darauf festnagelt. Oder wenn er mal nen falschen Button "gewonnen" drückt, obwohl jemand "verloren" hat. Sowas kann passieren, und dann könnte ich mir vorstellen, dass es für den Moderator ein Nachspiel haben könnte. Aber das ist glaub ich etwas rechtliche Grauzone.
Was mich an solchen 9live-Gewinnspielen am meisten aufregt, ist dass die Medienmacht schamlos ausgenutzt wird, um Kohle zu machen. Bisher geschah das meist nur indirekt durch Werbung, aber jetzt hat man einen Weg gefunden, auch ganz direkt abzuzocken. Die Menschen merken das offenbar nicht, für den einzelnen sind 50 Cent oder auch 2-3 Euro nicht das große Geld, aber in der Masse wird abkassiert ohne Ende. Warum soll man beim Radio zum Beispiel in Personal investieren, das ein gutes journalistisches Programm macht, über das wiederum vielleicht wenn's gut geht ordentliche MA-Zahlen eingefahren werden, die wiederum an die Werbeindustrie gegeben werden, damit die Freunde dann vielleicht Werbung schalten, die dann vielleicht Geld einbringt? Wenn's auch einfacher geht: Einmal technische Infrastruktur aufgebaut, Anfänger-Mod zum Volo-Gehalt bringt jeden Tag ein neues Gewinnspiel, und das Geld sprudelt Tag für Tag. Reicht doch. Alibimäßig noch zwei Nachrichtenleute, ne kleine Musikredaktion, gut is. Die Radiomacher sind nicht mehr so abhängig von guten Quoten wie noch vor ein paar Jahren, weil das Geld über diese Quelle auch so fließt. Klar, wenn keiner zuhört, ruft auch keiner an. Aber die At von Hörern, die für solche Gewinnspiele gebraucht werden, hält man eben durch die Gewinnspiele selbst dran, die brauchen drumherum nix anderes. Die Musik muss vielleicht noch passen, aber das war's auch schon. Das ist traurig. Gute Journalisten sind im Privatradio schlicht überflüssig. Betrifft mich nicht, weil ich kein Journalist bin, aber tut mir unendlich leid für die vielen guten Kollegen, die es da draußen gibt.