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Besonders schön macht sich das dann so:der beobachter schrieb:SWR3 hat sich übrigens wg. der -Geschwindigkeit der offiziellen Verkehrsmeldungen aus der Abhängigkeit von ihnen befreit. Hörer melden es, Kurzcheck und ab on air. SWR1 hat aus demselben Grund "Staumelder" eingeführt.
Makeitso schrieb:Der hat einfach keine Ahnung von modernem Radio. Radio ist nur ein Begleitmedium. Es hat keinen Sinn, ewig Dingen hinterherzutrauern, deren Zeit abgelaufen ist. Wir haben schließlich auch keinen Kaiser mehr.
Das hörst du nicht durch
Von Michael Hanfeld und Franz Solms-Laubach
22. April 2004 Es gibt im ersten Radioprogramm des Hessischen Rundfunks zwei Sendungen, auf die es ankommt. Es gibt zwei Sendungen, die nicht nur das Programm am Abend, sondern das Ansehen der gesamten Welle bestimmen. Es gibt zwei Sendungen, die weit über die Region hinaus wirken. Es gibt zwei Sendungen, die einzigartig sind. Und es gibt zwei Sendungen, die es vom 1. September an nicht mehr geben könnte: "Der Tag", das große politische Feuilleton, und "Schwarz Weiß", die Musiksendung, die wirklich jeden Tag "in Farbe" kommt, wie die Eigenwerbung verheißt. Weil das Programm von HR 1 genauso "durchhörbar" werden soll wie alle anderen Wellen des Senders, passen die beiden Monolithen, die zugleich seine Edelsteine sind, nicht mehr ins Konzept.
"Es ist alles auf dem Prüfstand", sagt der Hörfunkdirektor des HR, Heinz-Dieter Sommer, im Gespräch mit dieser Zeitung, das gesamte Programm von HR 1, HR 4 und HR Skyline werde gewogen. "Wir befinden uns in einem ergebnisoffenen Diskussionsprozeß", sagt Sommer. An dessen vorläufigem Ende der Rundfunkrat in eineinhalb Wochen über die geplanten Programmreformen informiert werde.
So ganz "ergebnisoffen" aber dürfte die Diskussionslage wenige Tage, bevor sich der Programmausschuß Hörfunk trifft, jedoch nicht sein. In dem neuen Programmschema jedenfalls, das im Sender als Arbeitsgrundlage dient, taucht die Musiksendung "Schwarz Weiß", die im Augenblick zwischen zwanzig und 23 Uhr läuft, schon gar nicht mehr auf. Um acht Uhr abends öffnet vielmehr die HR 1-"Lounge" ihre Pforten, die sich erst Punkt Mitternacht wieder schließen. Die Sendung "Der Tag" wiederum, zur Zeit mit einer Stunde Länge um 18 Uhr im Programm sowie als Wiederholung vier Stunden später, wird sogar auf zwei Stunden von sechs bis acht ausgeweitet. Dahinter verbirgt sich allerdings ein veritabler Etikettenschwindel, soll der Wortanteil der Sendung doch in der ersten Stunde bei fünfzig und in der zweiten Stunde bei gerade mal dreißig Prozent liegen. Darin eingerechnet sind bereits die Nachrichten, das Wetter sowie die Programm- und Verkehrshinweise. Der Rest ist Musik.
Es bleibt nichts übrig
Damit bliebe von dem, was den "Tag" bislang aus- und so einzigartig macht, nichts übrig. Das vor acht Jahren mutig begonnene Experiment, mit einer kleinen Redaktion jeden Abend tagesaktuell den Hintergrund zu den bestimmenden Nachrichten aufzufächern, wäre beendet. Wo sich bislang ein Team von rund einem Dutzend Mitarbeitern Gedanken macht, zu welchem Thema man welche Gesprächspartner aus aller Welt einschaltet, bliebe es jeweils einem Redakteur überlassen, in den sich schon tagsüber dahinfließenden Musikbrei Kurzbeiträge von ein- oder zweieinhalb Minuten Länge einzugeben. Kein großes Thema mehr, nirgends, keine Recherche, keine geistreiche Aufbereitung, keine historischen Verweise und kein freier Geist, der die verklausulierten Bild- und Wortbotschaften der professionellen Nebelwerfer aufbricht.
Beim "Tag" kommen nämlich genau jene nicht zu Wort, die sonst die Talkshows bevölkern und doch nichts zu sagen haben außer dem, was sie als Botschaft unbedingt loswerden wollen - wahlkämpfende Politiker etwa. Statt dessen werden kompetente Gesprächspartner, Fachleute und Querdenker gesucht, die zu ganz bestimmten Fragen Pro und Kontra argumentieren oder schlicht Zusammenhänge erklären können. "Schwarz Weiß" wiederum versammelt und gruppiert in einzigartiger Weise Musiksachverstand, der sowohl den Bogen um die ganze Welt zu schlagen wie auch die Frankfurter oder rheinhessische Musikszene abzubilden versteht, sei es in Sachen Jazz, Techno oder HipHop.
Ein Programm wird geopfert
Erläuterungsbedürftig sind derweil die in Unternehmensberaterduktus abgefaßten, hausinternen Papiere, in denen die Marschrichtung des Neustarts der Radiowellen dargelegt werden. Da ist in einer Weise von "Profilen, Zielen und Regeln" die Rede, die gestandenen Redakteuren vorkommen muß wie die allererste Lektion im Volontariat. Unter dem Schlagwort "Zielgruppe" zum Beispiel soll HR 1 nach dem Neustart "zu gleichen Teilen Frauen und Männer in Hessen" erreichen, die nicht nur "überwiegend berufstätig, mobil und aufgeschlossen" sind, sondern "weltoffen, meinungsfreudig, tolerant und gesprächsbereit".
Damit wäre das wenigstens geklärt, aber nicht begründet, warum überhaupt reformiert und ein Programm geopfert werden muß, das rund 50.000 Hörer pro Stunde und mitunter ein größeres und auch jüngeres Publikum als die Sendungen zuvor hat. "Den höchsten Qualitätsstandard im deutschen Radiojournalismus" soll HR 1 laut internen Unterlagen künftig bieten und seine Hörer "schneller und verläßlicher mit Hintergrundwissen" versorgen als die Konkurrenz, womit ja wohl auch ausgedrückt wäre, daß dies die eingeführten Sendungen offenbar nicht tun. Dabei stehen gerade "Der Tag" und "Schwarz Weiß" für jene "originelle und pointierte Meinungsbildung", die das Strategiepapier anmahnt, aber inhaltlich natürlich nicht zu bestimmen weiß.
Das "Middlemanagement"
Die Radio-Reform des HR geht jedoch weit über diese beiden Sendungen hinaus. Unterhalb der sieben Wellenchefs sind zum 1. März nämlich dreiunddreißig neue "Hörfunk-Führungspositionen" besetzt worden, die fortan das "Middlemanagement" bilden. Dies sei, heißt es, nur der erste Schritt einer grundlegenden "Weiterentwicklung der Hörfunk-Organisationsstruktur", die eigentlich zu Einsparungen führen soll. Was sich aber vollzieht, ist eine Umschichtung von unten nach oben - anstelle von Redakteuren und freien Mitarbeitern, die das Programm gestalten, gibt es immer mehr Funktionsträger.
Redaktionen werden zu Dienstleistungseinheiten, die hierarchisch verankert sind und im Zweifel dafür sorgen, daß es künftig noch mehr Abstimmungsbedarf gibt. So kann man auch am Programm sparen. Worauf die Reform wohl abzielt, läßt die Bemerkung erkennen, die der Hörfunkdirektor auf die direkte Frage nach der Zukunft von "Der Tag" und "Schwarz Weiß" macht. Bei diesen handele es sich um "Sendungen, die uns lieb und teuer sind", ergänzt Heinz-Dieter Sommer vielsagend, es gelte "jede Kostenstruktur" zu überprüfen.
Offene Worte
Einigen Mitarbeitern und Moderatoren ist bereits bedeutet worden, daß man ihre Stimme im Äther nicht mehr hören will. Die Worte, die bei solcher Gelegenheit fallen, sind um einiges offener als die verklausulierten Zuschreibungen des künftigen Programmprofils. Dabei droht der HR in seinem ersten Programm jene Fehler zu wiederholen, die andere im Namen der "Durchhörbarkeit" bereits begangen haben: In der irrigen Annahme, daß es nur noch Hörer gibt, die Radio von morgens bis abends als Einerlei konsumieren wollen, wird das Einschaltprogramm geopfert.
Daß es aber ein Publikum gibt, das dieses genau nicht will, beweist eine Hörer-Initiative, die im Internet unter der Adresse www.rettetdertag.de zu finden ist. Sie hat in nur wenigen Tagen bereits an die tausend Unterstützer gefunden, die es nicht fassen wollen, daß bei HR 1 vom 1. September an der Tag zwar endlos lang ist, es den "Tag" und "Schwarz Weiß - Musik in Farbe" im dann herrschenden Einheitsgrau nicht mehr gibt. Dort melden sich Hörer in dem Wissen, daß man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mitunter vor sich selber retten muß. Am 6. Mai berät der Programmausschuß Hörfunk des Rundfunkrats, beschließen aber wird die Reform des Radios der Intendant allein.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.04.2004, Nr. 93 / Seite 44