Alle mal herhören!
TILMANN P. GANGLOFF
Es blieb lange ein Traum, das Radioprogramm nur für Kinder. Unmöglich zu realisieren, hieß es, keine Frequenzen, keine Finanzen. Doch nun wird der Traum wahr: Rechtzeitig vor Beginn der Internationalen Funkausstellung wird heute in Berlin das Kinderprogramm Radijojo auf Sendung gehen. Bloß über den Namen ist vermutlich kaum jemand glücklich. Ursprünglich sollte der Sender analog zum Kinderkanal KiKa "KiRa" heißen. Die ARD, stets darauf bedacht, dass niemand ihr die "1" streitig macht, sah auch hier eine Verwechslungsgefahr und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Thomas Röhlinger, geistiger Vater und Geschäftsführer des jungen Senders, macht gute Miene zum bösen Spiel: Er hofft, in Zukunft mit der ARD kooperieren zu können.
Streng genommen hätte die ARD längst selbst ein "KiRa" ins Leben rufen müssen. Doch ihre Hörfunkangebote für Kinder, bemängelt die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), seien der Mehrheit der Zielgruppe gar nicht bekannt. Tatsächlich geben laut einer GMK-Studie bloß zehn Prozent der Kinder an, sie wüssten, dass es im Radio spezielle Sendungen für sie gebe. Fünf Prozent nutzten dieses Angebot auch regelmäßig.
Röhlinger will sein Programm trotzdem keinesfalls als Konkurrenz zur ARD verstehen. Ohnehin ist es zunächst nur begrenzt zugänglich, denn das Problem mit den Frequenzen konnte auch er nicht lösen. In Berlin wird Radijojo zunächst digital via DAB verbreitet, im Rest der Republik ist es nur übers Internet zu hören (
www.radijojo.de). Röhlinger hofft allerdings, sich bald mit Kabelnetz- und Satellitenbetreibern einigen zu können .
Auch am Geld sollte das Unternehmen nicht scheitern. Mit fünf Millionen Euro pro Jahr bewegt sich der Etat in einem überschaubaren Rahmen (zum Vergleich: Kika kostet das Zehnfache). Da Radijojo selbstredend werbefrei bleiben soll, ist man auf Spenden, Subventionen und Länderförderungen angewiesen. Daher sitzt zum Beispiel auch DaimlerChrysler tv.media mit im Boot. Natürlich hätte Röhlinger am liebsten auch einen Anteil an der Rundfunkgebühr, doch das wird wohl ein Wunsch bleiben: Radijojo hat zwar einen gemeinnützigen Ansatz, doch es bleibt ein privatrechtliches Medium und damit von den Gebührentöpfen ausgeschlossen.
Zum Start hat das Radijojo-Team ein vier bis fünf Stunden langes Programm produziert, das als Schleife regelmäßig wiederholt wird. Aber schon jetzt sind die Grundzüge der angestrebten Struktur erkennbar: Den Auftakt sollen künftig 30 Minuten mit Musik, Beiträgen, Moderationen, Witzen machen, gefolgt von einer weiteren halben Stunde mit Geschichten, Märchen, Hörbüchern oder Hörspielen. Die Schleife beginnt mit dem Angebot für Drei- bis Sechsjährige: Kinderlieder, ein Besuch in der Oper, Lesegeschichten, Tipps für das Verhalten bei Gewitter oder eine Reportage aus dem Legoland. Die Moderation übernimmt die Sprechwissenschaftlerin Anne-Kathrin Berger gemeinsam mit der zwölfjährigen Jamie-Lee Jarret. Im zweiten Teil wird die Musik schon deutlich abwechslungsreicher: Auf Hip-Hop folgt auch schon mal Joseph Haydns "Sinfonie mit dem Paukenschlag". Es gibt ein Interview mit MTV-Moderatorin Anastasia, ein Porträt der Uno und Geschichten, die die Zielgruppe (7 bis 13 Jahre) selbst geschrieben hat. Moderiert wird dieser Teil vom 16-jährigen Fabian Dippel. Richtig neu aber ist der halbstündige dritte Teil, der sich mit Themen wie Schrei-Babys oder Übergewicht bei Kindern an die Erzeuger der Zielgruppe richtet.
Spätestens ab 2005 soll Radijojo als Regelprogramm auf Sendung gehen - je nach Finanzlage auch schon früher .