Das erinnert mich an eine Fiction, die ich hier bereits im Jahr 2010 formuliert habe. Damals habe ich einen Faden "Radio im Jahr 2050" aufgemacht und Szenarien für die Radiozukunft entworfen, von denen sich etliche längst bewahrheitet haben. Und auch die KI anstelle des echten Moderators kommt wohl deutlich schneller als erst im Jahr 2050. Hier nochmals mein Text aus dem Jahr 2010:
"Der arme Manni. Noch die ganze Woche hat er Redaktionsdienst in der Radio-Netzwerk-Simultan-Leitwarte, die alle deutschen Privatfunkprogramme mit Content versorgt. Normalerweise kein Problem, denn die Programmierung für jeden der 178 angeschlossenen und abnahmeberechtigten Sender stand ja fest. Aber nach einem Stromausfall musste er nun für diese eine Woche einen Sender komplett von Hand nachprogrammieren.
Immerhin: Dafür hatte man ihn ja zum Moderations-Redakteur ausgebildet. Manni setzte sich also in seiner Leitwarte an den Rechner und formatierte das Programm von „Radio Waddehaddedudenda“ aus der Raab-Gruppe. Das war leicht, denn die Sender dieser Gruppe hatten aufgrund ihrer Hörerzahlen und wegen ihrer wirtschaftlichen Potenz Zugriff auf den gesamten Leistungspool. Anders als so manche Lokalklitsche, die sich nur das Standardprogramm leisten konnte. Manni konnte also für „Waddehaddedudennda“ aus dem Vollen schöpfen. Für die Morning-Show modullierte er eine Elton-Stimme mit den Accessoires „politisches Wissen – Bild-Niveau“, „musikalisches Wissen – Mainstream“, „Allgemeinbildung –Standard“ und „Comedy-Talent – high Level“. Für den Wetter-Sidekick wählte er „weiblich – rauchig – erotisch“, für den Verkehr „männlich – jung – frech“. Den Börsenexperten generierte er aus dem Pool „Kleinanleger“. Die Vormittagsstrecke füllte er mit einer Standard-Frauenstimme „Hausfrau, Nachbarinnen, Tratschfaktor“.
Als er auf diese Weise auch den Nachmittag und das Abendprogramm mit künstlichen Moderatoren-Individuen gefüllt hatte, bastelte er das Musikprogramm. Er wählte die mittlere „Rotation 150“ und erlaubte sich die Frechheit, von Hand in dieses von der Musikindustrie fix vorgegebene Rotationspaket seinen persönlichen Lieblingsoldie aus dem vorigen Jahrhundert einzubauen, „Sailing“ von Rod Stewart. Bis das jemand bemerkte und löschte, war die Woche rum.
Scharfschalten, synchronisieren, Abklicken … und Go! Das Programm lief. Das Werk des Moderations-Redakteurs Manni würde nun eine Woche lang laufen. Nach dieser Woche war Mannis Schicht beendet und er hatte vier Wochen frei, in denen im Wechsel seine vier Kollegen die deutschen Privatfunkprogramme überwachen, bzw. bei Bedarf nachjustieren würden. Außer diesen fünf Kollegen gab es im deutschen Privatfunkprogramm keine weiteren lebenden redaktionellen Mitarbeiter. Alles andere waren Computerprogramme, virtuelle Personen, Simulationen und automatisierte Programmpakete. Trotzdem war Radio auch 2050 noch personalintensiv wie immer, denn die 178 Sender beschäftigten Bataillone von Werbezeitenverkäufern, Betriebswirte, Controller, Juristen und Programmchefs, Geschäftsführer, technische Direktoren, kaufmännische Direktoren und Intendanten, dass es eine Freude war. Das einzige, was im Laufe der Jahre überflüssig geworden war: Moderatoren und Redakteure!"