AW: Das Vorgehen der Musikindustrie gegen "Tauschbörsennutzer"
Auch ich halte die Kulturflatrate für ein geeignetes und faires Mittel. Als großer Musikliebhaber würde ich selbst 15 Euro im Monat zahlen. Darauf werden die Plattenmultis, die gerade erst ihre "Songs für 1,99 Euro"-Online-Musikshops aufgebaut haben, aber nicht eingehen.
@merciful:
"Ein August Mustermann, der sich mal 3 Alben von Susi Rockstar zieht, wird aber kaum ins Visier der Fahnder geraten"
Oh doch! Da einige der Urteile ja wie erwähnt auch online bei diversen Rechtsanwälten nachzulesen sind, ist ersichtlich, dass es etwa auch schon eine 17jährige Gymnasiastin gegeben hat, die wegen ein paar angebotener Titel zu einem Schadensersatz von 2000 Euro (plus Kosten des strafrechtlichen Verfahrens) verknackt wurde. Technisch scheinen sich die Plattenmultis (bzw. die beauftragte Anwaltskanzlei) des Crawler-Verfahrens zu bedienen. Man gibt etwa einen Suchbegriff wie "Wir sind Helden" in eine Tauschbörse ein, und plupps kommt man an die IP-Adressen und kann die nächste Klagewelle starten.
Interessant ist übrigens folgender Kommentar eines der bislang gesprochenen Urteile eines Rechtsanwaltes, in dem auch hervorgeht, um was es bei der ganzen Aktion tatsächlich geht: Einschüchterung, Verunsicherung und nicht zuletzt: Verbot der Privatkopie.
Zitat:
Kommentar zum Urteil des AG Cottbus vom 06.05.04
11.06.04 - Erstmals hat das AG Cottbus einen Kazaa-Nutzer wegen Filesharing verurteilt und dabei eine verhältnismäßig hohe Geldstrafe von 80 Tagessetzen verhängt. Das Urteil ist rechtskräftig, es enthält jedoch rechtliche Fehler.
Das Amtsgericht verurteilte den 22jährigen Azubi für das Kopieren von Musikwerken und das Zugänglichmachen im Internet. Hinsichtlich des Kopierens ist nicht ersichtlich, ob das Gericht sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob das Kopieren im Zuge einer rechtmäßigen Privatkopie erfolgte. Der Angeklagte wäre nach der vielfach vertretenen Rechtsauffassung durchaus berechtigt gewesen, Werke aus dem Internet herunterzuladen, solange er keine offensichltich rechtswidrig hergestellte Vorlage verwendet. Die Frage der Strafbarkeit des Download ist also weiter offen.
Hinsichtlich des Verbreitens hat das Gericht § 17 UrhG angewendet. § 17 UrhG (Verbreitung) setzt allerdings eine körperliche Verbreitung voraus, die im Internet gerade nicht gegeben ist. Richtigerweise hätte § 19a UrhG Anwendung finden müssen.
Bemerkenswert ist die Diskrepanz zwischen der nicht zuletzt von der Phono-Lobby inszenierten Berichterstattung und dem Gegenstand des Urteils: Im Urteil geht es um 272 zum Upload bereitgehaltene Dateien, die IFPI spricht von 6.000 von der Polizei gefundene Musiktitel, als wäre dies ein Strafschärfungsgrund. Maßstab für die Bewertung von Recht und Unrecht kann nur das Recht selbst sein und danach ist der Besitz von gebrannten CDs weder strafbar noch rechtswidrig.
Die Phono-Verbände benutzen die aktuellen juristischen Nachrichten für ihren politischen Kampf zur Abschaffung der noch legalen Privatkopie. Strafbare Raubkopierer werden mit legalen CD-Kopierern gleichgesetzt und als Piraten gebrandmarkt. Die IFPI behauptet, dass Filesharing praktisch immer rechtswidrig ist und dass auch der Download "nach richtiger Ansicht ebenfalls rechtswidrig" sei. Dieser "richtigen Ansicht" ist jedoch (soweit erkennbar) noch kein deutsches Gericht gefolgt. Die Frage ist vielmehr offen.
Das Verwirrspiel geht auf: Überall werden schon die gebrannten CDs versteckt und MP3-Dateien von den Festplatten gelöscht, obwohl diese völlig legal entstanden sein mögen. Wer sich auf sein Recht beruft, sollte dies nicht mit politischen Parolen verwässern und ungeklärte Rechtsfragen nicht im eigenem Sinne als Rechtslage darstellen.
Es geht hier nicht um Recht, sondern um Politik: Ziel der Musikverbände ist die Abschaffung oder Einschränkung der Privatkopie zum Zuge des zweiten Korbes der Urhebergesetznovelle. Junge Union folgt dieser Linie und verflucht die Privatkopie, die Grüne Jugend fordert die Legalisierung. Dies erinnert schon fast an alte Cannabis-Diskussionen.
Quelle:
http://www.online-beratung.com/content/onlinerecht/abmahnungen-musik.php