Ich beobachte den Sender genau, bin schließlich treuer Hörer seit 1987 und der Sender ist - trotz aller Veränderungen sowohl vom Sender selbst als auch meinerseits - immer irgendwie mein Favourite geblieben. Alte Liebe rostet halt nicht.
Zur Entwicklung muss ich etwas ausholen: Angefangen hat die Misere 2014. Man war Marktführer, hat sich aber den aktuellen Gegebenheiten nicht angepasst, weswegen ein schleichender Niedergang schon vor dem Personalkarussell einsetzte. Dann wechselten Coen und Sander von der Nachmittagsshow (16 bis 19 Uhr) zum Konkurrenzsender 538, während man verzweifelt versuchte, das Talent Frank van der Lende ins Programm zu integrieren. Aus heutiger Sicht ist dieser DJ ein Talent geblieben, welches die Hörer aber nicht erreichte. Ziemlich zeitgleich verjüngte sich Radio 2 und zog einige Moderatoren von 3FM zu sich (Bart Arends, Paul Rabbering und Rob Stenders, ich hoffe, ich habe keinen vergessen).
2016 verließ auch der Morgenjock Giel Beelen den Sender Richtung Veronica. Das hatte zur Folge, dass 3FM jedes Jahr über 2% der Gesamthörer einbüßte. Zwei Senderchefs konnten den Sturz des Flaggschiffs nicht verhindern, auch weil die Neuausrichtung als "Jongerenzender" (das Motto "Serious Radio" verschwand) nicht zündete. Dieses Marktsegment konnten 538 und Qmusic besser erreichen.
2018 übernahm Sharid Alles aus dem eigenen Haus (sie war vorher bei FunX) den Sender, sie änderte aber auch nicht viel, zumal sie ihre Lieblinge (Sander Hoogendoorn, Frank van der Lende) auf die prominenten Sendestrecken setzte, die aber allesamt die Hörer nicht erreichten. Es wurde noch einmal ein Relaunch (neues Logo, neues Motto) versucht, aber ohne Erfolg. 1,9% war der der traurige Tiefpunkt.
2022 wurde Menno de Boer (ehemals 538) erst Interims-, dann endgültiger Wellenchef. Und man merkte, dass er eine Vision hat. Alles im Sender kam auf den Prüfstand: die Sendestrecken, die "Omroeppolitik" (es herrschte eine deutliche Dominanz durch BNNVARA), die Moderatoren, die Musik. Der Jongerenzender verschwand, es sollte wieder eine nationale Popwelle werden, die auch alternative Richtungen berücksichtigt, um die Steuergelder zu rechtfertigen und ein Gegengewicht zu den kommerziellen Stationen zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde auch Eddy Keur von Radio 2 zurückgeholt, der mit seinen über 60 Lenzen nicht nur eine eigene Show am Wochenende bekam, sondern auch als Mentor für die jüngeren Kollegen dienen sollte (er selbst war bereits 1987 bei Radio 3, als ich den Sender kennen- und liebenlernte). Der Morgen ging an Rob und Wijnand von AVROTROS, Timur Perlin bekam eine Requestsendung, am Wochenende wurden die Danceperlen beibehalten (Boem Boem Disco Show), es kam eine Black-Music-Strecke von Omroep Zwart und Retro-Feeling bei Eddy Keur am Freitag. Kurz gesagt, es herrscht wieder mehr Vielfalt, mir persönlich gefallen die ersten Änderungen sehr und ich habe ein gutes Gefühl, dass es die Hörer ähnlich sehen.
Es gibt zwar noch keine Hörerzahlen, welche die Änderungen in Gänze berücksichtigen, aber der erste Trend war schon mal sehr positiv (mitten in der Erfassungsperiode ging es von 2,0 auf 2,3% nach oben; in der Zielgruppe 14 bis 49 Jahren stieg man sogar um 0,8% und ließ Veronica hinter sich). Ich bin auf die nächsten Luistercijfers sehr gespannt, die in den kommenden Tagen erscheinen werden.