AW: ÖR hechelt den Privaten hinterher...
freiwild schrieb:
Wenn die Öffis die Privaten kopieren, um bessere Hörerzahlen zu bekommen, so werden sie kritisiert. Warum soll man für ein öffentlich-rechtliches Radio zahlen, wenn die privaten das gleiche kostenlos* machen?
Wenn die Öffis Beiträge und eine breite Musikauswahl bringen, und dafür auf Jingleterror und Gewinnspiele verzichten, und dann ein Großteil der Hörer zu den Privaten wechselt, dann werden die Öffis kritisiert. Warum soll die Öffentlichkeit für ein öffentlich-rechtliches Radio zahlen, wenn die Mehrheit Privatradio hört?
Richtig auf den Punkt gebracht. Dieser Thread ist völlig sinnlos, weil wir das schon 80000fach diskutiert haben. Man kann die Diskussion immer wieder von zwei Seiten aufziehen und endlos im Kreis drehen.
Perspektive 1: Warum sollen mit Gebührengelder Massenprogramme finanziert werden, die Privatanbieter genau so anbieten können? Die Öffis sollten sich nicht an der Masse/am Mainstream orientieren.
Perspektive 2: Warum sollen mit den Gebührengeldern, die die Masse bezahlt, Programme für eine Minderheit gemacht werden? Die Öffis sollten sich am Massengeschmack ausrichten, weil schließlich auch die Masse Gebühren zahlt.
Was also sollen die Öffis tun? Sie können nur ne Programmpalette anbieten, in der Programme für Mehrheiten und Programme für Minderheiten gleichermaßen vertreten sind. Und das tun sie, wenn wir ehrlich sind, schon. Tom hätte gern ein Mischprogramm aus Info- und Mainstream-Format (interpretiere ich aus seinen unzähligen Beiträgen). Das fände ich auch interessant, aber wie soll es funktionieren? Es wäre ein Programm für Mehrheiten und Minderheiten gleichzeitig, das zwangsläufig zum Scheitern verurteilt wäre wegen der hohen Ansprüche einerseits und der drückenden Konkurrenz der Privaten, die problemlos unterhaltsamer sein können, auf der anderen Seite.
Was wären Alternativen? Werbeverbot für die Öffis, damit sie dem Wettbewerbsdruck nicht ganz so ausgeliefert sind? Dann würden die Gebühren noch mehr steigen, der Kampf um Hörer bliebe trotzdem hart und die Privaten bekämen eine noch größere Finanzmacht, weil sie den Werbekuchen unter sich aufteilen könnten. Nicht gut. Die Öffentlichkeit mehr überzeugen, dass die Gebührengelder solidarisch gedacht sind, also die Masse auch für kleine Gruppen mitbezahlt? Wird angesichts der hohen Gebühren nicht fruchten. Der Normalbürger sieht nicht ein, warum er Klassik- und Kulturradio für ne Elite mitbezahlen soll. Vom Kindergarten profitieren alle Schichten, den brauchte auch so ziemlich jeder mal in seinem Leben. Kulturradio? Eher nicht, geht auch ganz gut ohne. Gebühren drastisch runterfahren? Dann würde die Qualität mancher Programme leiden, weil z.B. Reportagen/Dokumentationen mit großem Aufwand dann nicht mehr möglich wären. Zu Freiwilds Ideen: (1) gäbe auf einen Schlag eine sehr traurige Medienlandschaft, weil z.B. Info-Programme plötzlich nicht mehr finanzierbar wären auf Dauer. Außerdem - und das haben wir auch schon oft diskutiert - möchte ich mich im Kriegs- oder Katastrophenfall nicht auf ABY, Hitradio Irgendwas oder die Ostseewelle (Aus, sp, aus! Platz! Sitz! Ruhe!) verlassen. (2) Klingt toll, aber definier mal "öffentlich-rechtliches Profil". Bei Jump, B3 etc. werden dir alle vorhalten, dass sie doch ohnehin noch klar als öffentlich-rechtlich zu erkennen sind vom Profil her (tollere Nachrichten, bla). (3) habe ich ein paar Zeilen weiter oben bereits auseinandergepflückt.
Lösung? Es ist wie mit der MA. Der augenblickliche Zustand ist nicht zufriedenstellend, aber es gibt einfach keine Patentlösung, wie es besser werden könnte. Wer doch eine hat, möge bitte vortreten und sie zum besten geben.
Lustig fände ich ein System, in dem Öffis und Private zusammen Sender betreiben müssen. Sozusagen das duale System auf Sender-Ebene. Wenn beide an einem Strang ziehen müssten, käme vielleicht was bei raus. Es gäbe dann auch eine interessante Konkurrenzsituation. Andererseits ist das aber auch nicht durchführbar, weil man dann die ARD zerschlagen müsste (Anstalten können ja schlecht zusammen- und gleichzeitig gegeneinander arbeiten) und weil sich beide (ÖR und P) wohl gegenseitig im Weg stehen würden. Da wären Gesellschafter und Rundfunkrat nur am streiten. Also, nette Träumerei, aber geht auch nicht. Ich weiß nicht weiter. Gute Nacht.