AW: Radio: das unbekannte Massenmedium?
Au weia. Ich sehe jetzt erst in dem Zitat, dass mir die Endkontrolle meiner Schreiberei mal wieder nicht ganz geglückt ist. Vielleicht sollte ich meinen gebrochenen Lichtern doch öfter mal die vorhandene Brille gönnen.
Nein, Formatfe
tischisten war das Wort, das ich eigentlich im Kopf hatte, wobei im Nachinhein betrachtet die weiter oben offensichtlich angenommene Verwechslung (nein, ich schreibe es nicht noch einmal) durchaus naheliegt. Es ist ja schon interessant, dass dem Kritiker ausgerechnet dieser Begriff am nächsten lag. Manchmal hat eben jeder so seinen ganz eigenen Vater der Gedanken. Von Dietmer Wischmeyer kenne ich den Begriff übrigens auch nicht, aber ich kenne auch nicht lückenlos jedes seiner Werke, wenngleich ich ihm stets gern lausche, sofern die Gelegenheit besteht.
Soviel zunächst dazu.
Es sieht nur so aus, denn das sind alles Phyrrus-Siege. Sie sind nämlich dabei, die Kuh zu schlachten, die sie eigentlich nur melken wollen.
Das ist für mich zunächst nur ein Wunsch, aber auf keinen Fall eine Tatsache. Ich sage auch bewusst Wunsch und nicht Glaube, denn mit Glauben ganz allgemein habe ich erhebliche Schwierigkeiten.
Ich glaube, wie Richochet, dass es eine Gegenbewegung geben wird...
Da haben wir es schon. Wir könnten die Diskussion ja noch dahin ausweiten, über die Begriffe "Glaube", "Wunsch" und "Hoffnung" zu debattieren. Ich bin sicher, auch da kommen wir auf keine grünen Zweige. Für mich kann ich sagen, dass der Wunsch besteht, aber ich hoffe nicht und ich glaube erst recht nicht.
Und diese Gegenbewegung wird nicht irgendein orchideenhaftes Nischendasein führen, sondern...
Jasmin? (ich konnte dem nicht widerstehen
)
wird binnen des nächsten Jahrzehnts kommerziell Erfolg haben.
Da sehe ich Schwierigkeiten. Meiner Ansicht nach besteht eine wesentliche darin, dass es einen Generationsdifferenz gibt. Wie komme ich darauf?
Als Kind der 80er und als Ex-DDRler bin ich in einer, in vielen Hinsichten geteilten Welt aufgewachsen. Gerade das Radio, dem mein Interesse sowohl unter technischen wie auch unterhaltenden und informierenden Aspekten schon immer galt, ist davon sehr wesentlich betroffen (gewesen). "Gewesen" steht in Klammern, weil es heute freilich keinen Rundfunk der DDR mehr gibt, ein reiner UKW-Rundfunkempfänger in weiten Teilen der Beitrittsgebiete aber nach wie vor mediale Diktatur darstellt.
Die Bürger der Beitrittsgebiete, vor allem die, denen der Konsum von "Westradio" aufgrund ungüstiger geografischer Lage (ARD - außer Raum Dresden) nur schwer möglich war, sind damit aufgewachsen bzw. haben damit gelebt, dass Selbstbestimmung mit Blick aufs Radio eine Straftat darstellen kann, mindestens unterschwellig de facto in jedem Fall eine ist. Deshalb haben historische Programme der 80er hier eine ganz besondere Bedeutung. Wie ich hier in den Foren mit der Zeit mitbekommen habe, ist das keineswegs ein rein östliches Problem, aber dort sicher ein ganz besonderes.
Das sind die nunmehr "Älteren". Die nachwachsende Generation, zu der auch mein Sohn gehört, wächst aber bereits mit dem Radio auf, wie es heute ist. Die leben also mit den durchaus beschränkten Unterhaltungs- und Informationswerten sowie dem mangel an Alternativen, werden demnach die Forderung von Radio nach den Vorstellungen der "Älteren" kaum stellen, von einigen wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Hinzu kommt der technische Fortschritt, der auch ganz andere Möglichkeiten des Radiokonsums ermöglicht, als ein klassischer UKW- oder gar Mittel-/Kurzwellenempfänger.
Ich ziehe insgesamt daraus den Schluß, dass die Gegenbewegung nicht wachsen, sondern eher noch schrumpfen wird. Wer wirklich etwas anderes will, als das, was ihm der nächstgelegene Funkturm gnädig zugesteht (so könnte es zum Beispiel ein Dresdener ausdrücken), ist heute mit preiswerter Satellitenempfangstechnik oder dem Internet gut bedient. Das lässt lautstarke Forderungen nach Vielfalt vor Ort weitgehend verstummen.
Dann bin ich wirklich mal gespannt auf die Reaktionen der Branche. Die meisten werden sofort kopieren und frech behaupten, sie hätten es erfunden, das Radio der Zukunft, aber einige werden auch buchstäblich in die Röhre schauen.
Wie auch immer das Radio der Zukunft aussehen mag: Kopiert wird ja heute schon mehr und gründlicher denn je. Dass das auch künftig so sein wird, ist anzunehmen. Wie erfolgreich das allerdings sein wird, dazu habe ich keine Vorstellungen, denn gegenwärtig bestehen zuviele Unsicherheiten hinsichtlich der technischen Verbreitung von Hörrundfunk in den nächsten Jahren.
Der irre und für mich völlig unverständliche DAB-Aktionismus ist zum Beispiel eine solche Unsicherheit. Ebenso wie bei DRM in den Lang-, Mittel- und Kurzwellenbändern gibt es erhebliche Durchsetzungsprobleme, die sich nur dadurch lösen lassen, den Konsumenten irgendwann einfach nichts anderes mehr anzubieten. Damit haben wir schon wieder eine Diktatur des Mediums. Auch bleibt weiterhin fraglich, wie ein DAB-Paket künftig geschnürt wird. Bleibt es weiterhin dabei, dass Landesmedienanstalten in Abhängigkeit von Geldfluss und Gefälligkeiten sympathisiert festlegen, was ein Hörer in einem begrenzten Gebiet hören darf (und seien es zwei Landesfunkhäuser mit 3 praktisch identischen Programmen wie in Sachsen), ist das ganze wohl für'n A.... das Gesäß. Dann wird sich also auch wieder nichts ändern. Wer kann, hört per Satellit oder Internet über den Tellerrand, die anderen haben Pech und die, die es nicht anders kennen, mucken nicht auf.
Weil es so wenig erhellend aussieht, spreche ich von Wunsch und verkneife mir Glaube und Hoffnung.