AW: Radio (Hör-)Gewohnheiten
0-10 (?):
unspezifiziert, bei den Eltern im Küchenradio DDR 1. An die "Landpartie" und an "
Alte Liebe rostet nicht" erinnere ich mich, ebenso an den "Großen Wachaufzug" am Mittwoch und an die "Wasserstände und Tauchtiefen". Vormittags kam das Butzemannhaus, kurz vor 19 Uhr gabs noch "Der Sandmann ist da!". Gleich darauf drehte mein Vater am Mittelwellenradio ein Stück weiter und hört die Nachrichten vom DLF.
10(?)-13(?):
Bayern 3. Hatte halt ein kleines UKW-Radio bekommen und amüsierte mich nun nach der Schule über Gottschalks Übergaben ("Ja, der Günther hat sich gestern etwas aufgeregt, wegen Gottschalk-Straße und Gottschalk-Platz. Aber Günther, macht nichts, ich werde dem Intendanten vorschlagen, auf dem Gelände des Bayerischen Rundfunks eine Günther-Jauch-Grube zu errichten.") Und: erste mono-Aufnahmen, die allerdings nicht erhalten geblieben sind.
13-16:
RIAS 2. Den und (fast) nur den. Bleibt unbegründbar. War Lebensgefühl meiner Generation in Ostthüringen. Hörte die ganze Klasse - inklusive der "mutigeren" Lehrer ("Ich heiße Helga Scheffel, bin eure neue Musiklehrerin und mein Leib- und Magensender ist RIAS 2.") Wenn "Sonderzug nach Pankow" oder "In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm" lief, war das am nächsten Tag Schulhofthema. "Hast du...? Kann ich...?" Die Listen von Top 750 und Top 1001 habe ich über meinen West-Onkel aus der Eifel nach Gera schmuggeln lassen und es gab nix besseres, als zum Schrecken der Eltern RIAS 2 laut aus dem Zimmer auf die Straße schallen zu lassen, besonders, wenn der Stundenopener kam.
Zwischendrin: ja, da war so ein Sender, auf dem gab es ganze Plattenseiten am Stück und in der Wunschsendung wurde alles ausgespielt. Auch, wenns ab und an sehr ungewohnte Musik war, zu solchen Anlässen schaltete ich manchmal rüber auf DT64. Begriffen habe ich den Sender damals aber nicht.
15-17:
Die Mauer fällt, meine Internatsschule überlebt knapp die Abwicklung, einige unserer besten Lehrer müssen gehen. Ich komme in ein Wohnheimzimmer mit 2 Typen aus der Parallelklasse. Lerne von ihnen, daß Rio Reiser auch anderes als den "König von Deutschland" gemacht hat und wundere mich über den Kontrast zum "Rauchhaus-Song". Der "
Baader-Meinhof-Komplex" wird unter den Schülern herumgereicht, bis das Buch auseinanderfällt. Das Radio steht fest auf DT64. Am Donnerstag wird
Parocktikum gehört. Ich beginne, Platten von
Die Art,
Feeling B,
Sandow und den
Skeptikern zu kaufen und jage dem AMIGA-Parocktikum-Sampler hinterher. Regionale Bands (Ulrike am Nagel, Ugly Hurons) tauchen im DT64-Programm auf und ein Mitschüler büßt sein Nasenbein ein, als er aufm Nachhauseweg vom
Kassa auf paar Naziglatzen trifft. Er hats überstanden und ist inzwischen Mathe-Professor in Kanada.
16:
Auf DT64 und SDR3 läuft die
Top 2000 D und seitdem kennt mein Radio keinen anderen Sender mehr. Den Mitschülern gehts meist ähnlich. In der Schuldisco (Hey, die heißt ja immer noch
Poker!) muß ich einen Mix aus Rock und Punk auflegen - und Pur *schüttel*, weil die bei der Top 2000 D soviele Punkte von den SDR3-Hörern bekommen haben...
16-23
DT64 (bis zum Ende) und Sputnik, mit zunehmendem Frust. 1993 extra deswegen eine Satanlage gekauft...
19-24
Die Woche über wieder Bayern 3 - das einzig Annehmbare, was ich auf UKW im Studentenwohnheim bekam. Also Lachflashs bei
Törkott, den ich 1995 mal im Münchner Funkhaus treffen konnte. Am Wochenende zunehmend NDR 4-Musiksendungen über Satellit.
23-24
EKR über Astra. Völlig neue Musik für mich: Classic Rock. Sputnik ist bei mir komplett abgemeldet und bleibt es auch.
25-?
Dank DVB- und ADR-Receiver Radio EINS, Fritz, Kink FM, FM4, BBC 6music, The Storm, Kerrang!, Q-Radio, NDR info, Bayern 2, DLF. Bin ein ziemlich brutaler Zapper geworden - das Berufsleben hat das mit sich gebracht, daß nicht mehr viel Zeit zum Warten vorm Radio bleibt.