Der ehemalige Deutschlandchef von Universal Music, Tim Renner, ist zurück. Gemeinsam mit seiner Frau Petra Husemann-Renner sicherte er sich Motor Music. Gegenüber forward2business äußerte er sich nun über die Zukunft des Radios und seine Pläne mit Motor Music.
Deutschland ist bald um eine Website, die sich um Musikfans kümmert, reicher: Tim Renner und Petra Husemann-Renner werden ab Ende Juli die Website
www.motor.de übernehmen und betreuen. Was weitergehende Pläne angeht, hält sich Petra Husemann-Renner noch bedeckt. Sicher scheint indes, dass die beiden die Website von Universal übernehmen und redaktionell eigenständig betreuen wollen, den Posten der Chefredakteurin übernimmt Caroline Frey. Weitere Kolumnisten und freie Mitarbeiter, die popkulturelle Beiträge (beispielsweise über Formationen wie Franz Ferdinand, Tocotronic oder Morrissey) verfassen sollen, werden derzeit noch gesucht. Die technische Abwicklung übernimmt die Agentur Torpedo Leipzig. Und dass die Renners Motor auch wieder als Label betreiben wollen, scheint ebenfalls sicher: "Motor wird auf keinen Fall nicht nur ein Label", deutet Petra Husemann-Renner an.
Der ehemalige CEO von Universal Music Deutschland Tim Renner wird mit der Neupositionierung seines Labels Motor Music auch ein Motor-Radio gründen. Er wolle sich damit um eine vakante Berliner UKW-Frequenz bewerben und gleichzeitig per Webradio die Motor-Community im Internet erreichen. Das kündigte Renner am 2. Juli auf dem forward2business-Panel beim Broadcast Symposium in Salzburg an. Hier war der Hallenser forward2business-Zukunftskongress mit einem eigenen Panel zu Gast. Renner sprach als forward2business-Redner über die Zukunft von Radios im Entertainment- und Mediengeschäft der Zukunft.
Er glaube an die Zukunft des Radios, so Renner. Allerdings müßten Fehler der Vergangenheit korrigiert werden. So habe sich das Radio in den vergangenen Jahren vom Primärmedium Zeitung und Sekundärmedium Fernsehen zum Tertiärmedium degradieren lassen, einer Klangtapete, die für eine Dauerbeschallung sorge, aber keine Aufmerksamkeit mehr errege. Da das Radio aber nach wie vor die Tausenderkontaktpreise eines Primärmediums fordere, seien die angebotenen Werbeflächen zu uninteressant und zu teuer für die Werbewirtschaft.
Für die Zukunft prognostizierte Renner eine Umkehrung dieser Entwicklung. Durch technische Innovationen werde es für die Zuschauer möglich, im laufenden Fernsehprogramm die Werbeunterbrechungen auszublenden. Das werde mittelfristig dafür sorgen, daß die Werbeindustrie sich wieder stärker für das Radio interessiert, so Renner. Dieses müsse dann allerdings durch seine Inhalte wieder die Aufmerksamkeit eines Sekundärmediums erregen.
Unabhängig vom Engagement der Werbeindustrie müsse sich das Radio aber seiner vielfältigen bisher unentdeckten Finanzierungsmöglichkeiten vor allem "durch Beratung" bewusst werden. "Radio ist der perfekte Verkäufer", so Renner. Es werde vor allem für die Distribution von Entertainmentprodukten eine Hauptrolle spielen. Diese Perspektiven führten in der nahen Zukunft zu einem Radioszenario, das Renner mit "drei Darreichungsformen" skizzierte:
Zum einen werde es "ultraspitz" aufgestellte Sender geben, die sich als Spartensender an eine prozentual kleine Hörerschaft richten. Sie würden sehr spezielle Musik für Fangruppen abseits des Mainstreams senden. Um wirtschaftlich zu arbeiten, würden diese Sender national oder global ausgerichtet sein und über Internet oder die digitale Mittelwelle (Digital Radio Mondial) ausgestrahlt werden. "Die Leute die ich kenne", so Renner, "hören schon heute keine UKW-Sender mehr, sondern Webradios, die exakt den Musikgeschmack ihrer Zielgruppe treffen." Renner prognostizierte, daß diese Webradios künftig nicht nur am Bürocomputer sondern über Internetverbindungen auch auf der Stereoanlage im Wohnzimmer und per Handydockingstation im Auto empfangbar sind. Auf skeptische Nachfragen zum Hörerpotenzial der Webradios sagte Renner: "Machen Sie bitte nicht den Fehler den meine Industrie gemacht hat, als sie dachte, downloaden könnten nur die Fachleute."
Zum Zweiten werde es "relativ spitz" aufgestellte Regionalsender geben. Diese sendeten eine Mischung aus massenkompatibler und spezieller Musik und bedienten zusätzlich die regionalen Informationsbedürfnisse ihrer Hörer. Sie richteten sich an eine etwas breitere regionale Zielgruppe, nach dem Beispiel des heutigen Radio Fritz oder Radio Eins in Berlin. Hier sei zwar keine wirtschaftliche Deckung durch Werbefinanzierung zu erwarten, aber als innovative Tagesbegleiter könnten diese Sender ihren Hörern Produkte und Musik verkaufen und sich über diese Einnahmen teilfinanzieren.
Zum Dritten werde es weiterhin die bekannten Mainstreamsender geben, die als allgegenwärtige Tagesbegleiter die Musik des kleinsten gemeinsamen Nenners senden und mit dieser "Klangtapete" die maximal mögliche Hörerzahl ansprechen.