AW: Schwule Moderatoren
@landei16 - und der Rest
"Es gibt in Deutschland keine Diskriminierung mehr von Homosexuellen, zumindest nicht häufiger wie die von anderen (ich nenne es mal so) Bevölkerungsgruppen."
Tja, Diskriminierung ist nun aber auch kein Kuchen, wo man sich um die größten Stücke streiten wird. Trotzdem ist dies eine der unverschämtesten und dümmsten Behauptungen, die ich je hier gelesen habe, obschon ich Dir anhand Deines restlichen Postings wirklich abnehme, daß Du das nicht so meinst.
Aber: Vielleicht mein Lieber, fällt Dir die Diskriminierung nicht auf, weil Du nicht betroffen bist. Vetraue mir: Als Schwuler spürst Du die jeden Tag.
Das geht mit der Rechtsprechung los, in der es nach wie vor ein Partnerschaftsgesetz gibt, welches zwar gleiche Pflichten wie bei Eheleuten auferlegt, bei den Rechten aber knickert. Oder anders gesagt: Zahlen darfst Du, wenn der Gatte arbeitslos wird - aber erwarte keine Rente. (davon, daß man sich in Bayern nach wie vor weigert, Schwule auf bestimmten Standesämtern zu vermählen mal ganz abgesehen).
Das geht im privaten Bereich weiter: Wer einmal mit seinem Freund Hand in Hand durch die Fußgängerzone einer deutschen Großstadt gegangen ist, weiß, daß es keinen einzigen Tag gibt - keinen einzigen! - an dem man nicht von irgendwelchen Freaks blöde angemacht wird. Natürlich müßte man seinen Partner ja nicht anfassen: Aber soll ich das unterlassen, nur weil es andere Leute stören könnte?
Um mich herum schieben sich Heteropaare die Zungen bis zum Anschlag in den Hals und niemand sagt etwas. Und ich werde doof angemacht, weil ich meinem Mann einen Kuß auf die Wange gebe - das ist deutsche Realität! Und es passierte mir schon in Berlin, Köln und München. Ständig. Und glaube mir, ich bin groß, ich bin kräftig und ich setze mich zur Wehr. Aber es nervt ohne Ende und es begegnet Dir jeden Tag und es ist einfach ätzend sich auf der Straße mit wildfremden Leuten anzublaffen.
Es nervt auch ohne Ende, daß in der Bild-Zeitung jede "Schwulenmeldung" rosa unterlegt wird und in Texten gerne schwulen Männern ihre Männlichkeit aberkannt wird, nach dem Motto: Komisch, wie kann denn Alexander der Große schwul gewesen sein, wo der doch ein Heer befehligte und Leute umgebracht hat?
Und die für den Jobbereich gerne geäußerte Idee, daß Sexualität ja Privatsache sei und niemand zu interessieren habe, IST eine Diskriminierung, denn die meisten Menschen gehen automatisch davon aus, daß um sie herum nur Heterosexuelle arbeiten. Und dann wirst Du nach dem Wochenende gefragt und ob Du auch eine Freundin hast. Und dann? Entweder Du verstellst Dich - oder Du sagst, daß Du schwul bist. Im ersten Fall lügst Du, im zweiten bist Du wieder der Schwule, der ja dauernd nur seine Sexualität thematisieren will - "wie nervig".
Das ist übrigens eine Einstellung, die sich auch bei intelligenteren Schreibern hier im Forum findet: "ja, sollen die mal schwul sein, ist ja ok - aber warum müssen die darüber dauernd reden, wenn es doch so ok ist?"
Weil jeder Mensch gegenüber anderen über sein Leben spricht. Aber von einigen wird das Reden über mein Leben ("gestern war ich mit meinem Mann im Kino") eben nicht als ganz normaler Lagebericht aufgefaßt, sondern als "Reden übers Schwulsein". Und das zeigt doch ganz deutlich, daß wir Lichtjahre davon entfernt sind, daß Heten mit diesem Thema normal umgehen können.
Und selbst wenn man denkt, der eigene Freundeskreis sei wenigstens aufgeklärter, wird man auf einmal mit der Frage überrascht: "Sag mal, wieso ist der Thomas Hermanns denn so nervig..? Du guckst doch auch nicht den Grand Prix?"
Ja, danke für die Frage. Kennste einen, kennste alle. Alle Schwulen immer schön in einen Topf und jeder darin kann stets für die gesamte Gattung antworten. Warum soll ich mich für Thomas Hermanns verantworten? Verantwortet sich mein heterosexueller Nachbar für Dieter Bohlen ("sach ma Kurt, warum schreibt Ihr Heten so billige Liedchen?")
Das ist Diskriminierung und mir geht es extremst auf den Sack, jeden Tag knietief durch Klischees zu waten. Und nach dem CSD in der Tagesschau keinen einzigen politisch aktiven schwulen Mann zu sehen (und die gibt es da) sondern wieder nur drei besoffene Transen, weil das für die Medien wieder so schöne bunte Bilder gibt.
Allerdings habe ich genausowenig Bock auf die beschissene Opferrolle, in der mich irgendwelche PC-Idioten per Diskriminierungsgesetz zu einer bedrohten Art erklären wollen.
Vielleicht hilft es, sich einfach mal klar zu machen, daß es immer der einfachste Weg ist mit Mutti, Kind und Eigenheim durch das Leben zu schlendern, wie es eben die meisten so machen. Aber entgegen der Klischees und der Diskriminierung offen schwul zu leben: Dazu bedarf es weiß Gott eines ganzen Mannes. Und dementsprechend hat so manche Tunte mehr Arsch in der Hose als die ganzen pseudomackerhaften Heterokerle, die in ihrem ganzen Leben noch nie irgendetwas getan haben, was ihre Mama nicht gutheißen würde.
Toll, aus Ärger wurde ich vom Leser zum Schreiber. So rekrutiert man auch neue Forumsmitglieder.