AW: Tour de France im Radio
@Sachsenradio
Zunächst mal hab ich dich ja nicht persönlich angesprochen, insofern solltest du nicht das Gefühl haben, dass ich speziell dir etwas unterstelle. Ich bezog mich auf einen Grundtenor, der sich durch einen Großteil der Postings hier zieht.
Um aber auf dein Posting jetzt einzugehen: Jörg Jaksche war in den vergangenen Wochen aufgrund seiner Doping-Beichte Interviewgast bei unterschiedlichen Medien. Der ARD jetzt Heuchelei zu unterstellen, weil sie ihn im Rahmen der Tour-Berichterstattung EINMALIG zu eben diesem Thema eingeladen hat, und er dabei auch zu den sportlichen Ereignissen des Tages was gesagt hat, halte ich für extrem fadenscheinig. Aber die gleichen Leute würden wahrscheinlich rumjaulen, wenn ausgerechnet die ARD kein Interview mit Jaksche führen würde, wo doch schließlich alle anderen Interviews mit ihm gemacht haben.
Genau so wie das ganze Lamentieren über: Warum berichten sie denn über Schwimmen? Über Skisport? Über Olympia? Oder wie jetzt von dir: Warum darf Kristin Otto da arbeiten bzw. warum hat das ZDF die nicht kontrolliert? Ich wußte nicht, dass ARD und ZDF eine Funktion hätten, die sie zum Durchführen von Dopingkontrollen verpflichtet.
Unsinnig finde ich auch den Vorwurf, dass irgendwelche Dinge nicht schon früher aufgedeckt worden wären. Wer soll denn beurteilen, wie das möglich gewesen wäre? Wer kann beurteilen, ob die ganzen Enthüllungen (allein der letzten Monate) nicht eine Folge der jahrelangen Berichterstattung (natürlich nicht nur der Öffis) über das (und des damit gestiegenen öffentlichen Drucks zum) Thema Doping gewesen sind? Im Übrigen habe ich mich auch über den damaligen Festina-Skandal ausreichend informiert gefühlt, ich hatte nicht den Eindruck, dass der irgendwo unter den Tisch gekehrt worden wäre.
Bei all diesen Verweisen auf andere Sportarten, frühere Vergehen etc, würde ich gerne mal eines anmerken: Die Entwicklungen im Radsport der, sagen wir mal, letzten 12 Monate seit den Vorwürfen gegen Ullrich, Basso und Co sind nun wirklich mit nichts, aber auch gar nichts mehr zu vergleichen. Auch mit keiner anderen, mitunter vielleicht zu Recht, ebenfalls unter Verdacht stehenden Sportart.
Um mal den Finger drauf zu legen: In den letzten 12 Monaten wurde deutlich, dass ALLE Toursieger seit 1996 (Riis, Ullrich, Pantani, Armstrong, Landis) entweder des Dopings überführt wurden, Doping gestanden haben oder durch starke Indizien belastet wurden . Dazu zahlreich andere Spitzenfahrer wie Virenque, Basso etc.
Es gab spektakuläre Geständnisse von Insidern wie Jaksche und diesem belgischen Masseur (Name gerade vergessen), die Machenschaften bestätigt haben, wie man sie bislang immer VERMUTET hat, die aber durch diese Schweigemauer der Teams niemals so konkret durchgesickert sind.
Zuletzt haben zahlreiche weitere deutsche Spitzenfahrer der letzten Dekade Geständnisse abgelegt (zumindest die, die nicht bereits belastet waren, Herr Ullrich leugnet ja beharrlich weiter). Ich denke mal, dass die Sportart in den letzten Wochen vor dieser Tour den allerletzten Rest Glaubwürdigkeit verloren hat, denn wen soll man nach Ullrich, Jaksche, Aldag und Zabel, jetzt Sinkewitz noch für sauber halten?.
Wie man nach diesen Entwicklungen so tun kann, als ob die ARD jetzt mit Kanonen auf Spatzen schießt, wo sie vorher immer mit verbundenen Augen vorbeigelaufen sei, ist mir wirklich absolut schleierhaft.
P.S.: Der aktuell Führende der Tour de France, der Däne Rasmussen, steht derzeit auch unter Dopingverdacht und wurde aus seinem Nationalteam geschmissen. Er hat sich offenbar mehrfach Trainingskontrollen entzogen.