U87 ohne Wind- und Popschutz

shark_swiss

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Hallo zusammen

Videostreams aus dem Studio sind bei vielen Radiosendern mittlerweile Standard. Als Technikbegeisterter schaue ich da gerne mal weltweit in den verschiedenen Sendestudios virtuell vorbei. Dabei ist mir aufgefallen, dass einige Sender Kondensatormikrofone ohne Wind- oder Popschutz betreiben. Gesehen z.B. bei SWR3 oder auch bei SRF1 in der Schweiz, je nach Moderator/in. Es waren jeweils U87 Mikros. Weiss jemand ob da irgendwo im Signalprocessing eingegriffen wird? Oder sind die Studios akustisch einfach so perfekt, dass sie einen grossen Abstand zum Sprecher ermöglichen? Ich selbst bringe mit meinem TLM103 mit meiner Stimme ohne Windschutz kaum brauchbare Sprachaufnahmen hin.

Bei der britischen BBC werden wiederum alle Miks mit einem dicken Windschutz eingepackt. Da gibt es offenbar verschiedene Anwendungsformen. Gerne würde ich von euren Erfahrungen lesen.

Liebe Grüsse
 
Je weniger Reflexionen ein Raum hat, umso weiter kann der Sprecher vom Mikrofon entfernt sein, ohne das der Raumhall die Aufnahme ruiniert. Ab 60 cm Abstand dürfte es normalerweise schwerfallen, im empfindlichen Kondensator-Mikrofon ohne Popschutz Popeffekte zu erzeugen. "Windstille" und "Ruhe" sollte dann aber schon im Studio herrschen, da man durch den größeren Abstand auch höher verstärken muß.

Letztendlich ist das alles nur eine Frage des sog. Hallradius.

 
Es gibt Menschen, die ein Mikrofon (in meinem Fall waren es U87 und U89) aus 20-30 cm so besprechen können, dass nichts ploppt. Profis.
Bei anderen hingegen reicht ein Pauly davor nicht aus, auch bei 30 cm die Plosivlaute fernzuhalten.

Wie schon erwähnt, erstmal eine Frage des Raums, ob größere Besprechungsabstände eingehalten werden können, andererseits aber auch eine Frage der Ausbildung des Personals am Mikrofon.
 
Ich wollte es nicht verkomplizieren. Selbstverständlich kann man der Profi auch am Mikofon "vorbeisprechen", damit es nicht ploppt. Puristen würden jetzt aber den bei "sehr schräger" Besprechung der Membran entstehenden Höhenabfall bemängeln.

Aber eigentlich ging es ja um Radiostudios, in denen die Moderatoren einen wirklich großen Abstand zu den Mics haben, wodurch man auf einen zusätzlichen Popschutz verzichten kann. Wenn der Abstand zu den Wänden es zulässt, kann man auch (sanft) "gaten". Dann geht das Gate nach dem letzten Wort zu, bevor die (noch relativ lauten) Reflexionen vom letzten Wort zurückkommen.
 
Danke für die raschen Antworten. Hier ein Beispiel von SWR3 mit Studiogast:


Ich habe dies selbst bei meinen Aufnahmen noch nie geschafft. Offenbar kann es aber schon am Abstand und am vorbeisprechen liegen. Dies setzt dann aber einen trockenen Raum voraus.

Liebe Grüsse
 
Es kommt aber noch eines dazu: Wenn man in einem Raum mehrere Mikrofone offen hat, dann besteht die Gefahr, dass die Schallwellen eben von mehr als einem Mikro aufgenommen werden, mit entsprechenden Laufzeit-Unterschieden und wenig chönen Phasing-Effekten. War jetzt bei SWR 3 nicht der Fall, aber ich kenne ein früheres Studio eines sher großen Privbatsenders, da hat das mächtige Probleme gemacht. Und je empfindlicher ich die Mikros betreibe, umso größer das Risiko...
 
Bei SWR 3 bespricht man erstens mit großem Abstand, sodass es daher schon nicht poppt und zweitens wird ordentlich nachbearbeitet. Da arbeiteten z. B. eine scharf eingestellte AGC und ein De Esser. Große Sprechabstände gehen aber in der Tat nur mit guter Akustik und einem Gate.
 
… und ohne Gate bei sehr guter Akustik und ohne „Gerätelärm“.

Mittlerweile sind die „Automix“-Funktionen der gängigen Broadcast-Konsolen auch so ausgereift, dass sie nahezu unfallfrei zwei offene Mikrofone so gegeneinander ausregeln, dass es kaum zu Übersprechen (und dadurch zu Laufzeitunterschieden) kommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
zu #1:

Ich verstehe nicht, wenn jemand ein U87 einkauft und betreibt, ausgerechnet mit dem Schaumstoff den ausgezeichneten Klang wieder kastriert.

Diese Schaumstoffklumpen fressen Präsenzen und Dynamik auf - jeder Faustwaschlappen funktioniert als Poppschatz besser (oder man erwirb den Pauly Popschutz, welcher absolut neutral ohne Klangbeeinflussung ist).

Entweder jemand kann sprechen, oder nicht.

Selbst ein U87, U47 oder M49 nützt wenig, wenn ein Sprachfehler vorliegt oder jemand durch seinen Zahnersatz lispelt.

Daher sieht man im Privatfunk eher Shure am Galgen, die zufälligerweise auch im Studio verbleiben und nicht ständig nachgekauft werden müssen, auch bleibt bei dyn. Mikros der Limiter arbeitslos.

Habe meine Sennheiser MKH8040 abgegeben, da die Teile zu analytisch sind und bleibe bei Neumann KMs, die sind klangneutral und auf alle akustischen Schandtaten vorbereitet.

Tipp:

 
zu #1:

Ich verstehe nicht, wenn jemand ein U87 einkauft und betreibt, ausgerechnet mit dem Schaumstoff den ausgezeichneten Klang wieder kastriert.
Och, das kann schon sinnvoll sein, aber nicht im Studio, betrifft eher Sonderfälle - wie beispielsweise Instrumentenabnahmen bei Auftritten im Freien (Windgeräusche).

Und die von Neumann selbst vertriebenen Windschutze sind, was die Dämpfung einzelner Frequenzbereiche angeht, gar nicht mal so schlecht.
 
Für die akustische Qualität von Schaumstoff-Windschutz ist entscheidend, dass er maximal "offenporig" ist und bei größerer Stärke der Schaumstoffschicht "grobporiger" sein sollte.
 
Nun, ich habe meine U87ai "Schaumklumpen" bis zu deren Selbstzerbröselung nicht mehr benutzt.

Deine beschriebene "Grobporigkeit" ist richtig, dennoch hört man einen Unterschied, ob mit oder ohne gearbeitet wird.

Nach meiner Erfahrung brachten Faust-Waschlappen aus 'm Drogeriemarkt mehr und schützten meine U87 (und TLM 103) bestens auch bei beginnendem leichten Regen (Theaterbeschallung im Freien) und beeinflusst das Klangbild weniger im Vergleich zu dem "Schaumklumpen", der dazu noch schweineteuer ist.

Erst später lernte ich Hilmar Pauly aus Gießen kennen, dessen Popschutz absolut unhörbar ist und keinerlei Einfluß auf das Klangbild hat!

Hilmar ist inzwischen verstorben, seine Fa. wird weitergeführt durch Freund, seine Windschütze sind u.a. beim Thomann ect. erhältlich und auch über Neumann.

Er ruhe in Frieden.

R.
 
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