AW: Warum Moderation lauter als Musik?
Hallo zusammen,
Der vergleichsweise hohe Dynamikumfang, das heißt der Unterschied zwischen den leisen (z.B. die Laute m, n, l) und den lauten Bestandteilen der Sprache (k, p, t, s), fällt den meisten erst dann besonders auf, wenn sie Sprache beim Aufnehmen vernünftig aussteuern wollen oder wenn - wie hier - sie die Wiedergabe der unkomprimierten Stimme im Radio oder sonstwo hören.
Um ein Sprachsignal vernünftig verarbeiten zu können und um die Verständlichkeit auch bei niedrigen Wiedergabelautstärken zu erhalten, muss die Dynamik verringert werden (die lauten und leisen Teile müssen näher zusammen rücken). Daher sind fast überall, wo Stimme verarbeitet wird (Radio, Fernsehen etc.), entsprechende Geräte (Kompressoren) im Einsatz. Im Kompressor werden alle Teile des Signals die lauter als ein einstellbarer Wert sind um einen ebenfalls einstellbaren Wert abgesenkt. Alle Teile des Signals unterhalb dieses Werts bleiben unverändert, wodurch sich das Verhältnis zwischen lauten und leisen Tönen verändert. Darüber hinaus kann man auch sagen, welchen Wert die Lautstärke keinesfalls mehr überschreiten wird, wodurch man die Gesamtlautstärke erheblich erhöhen kann (muss!). Und auf einmal sind auch die leisen Teile der Sprache deutlich zu verstehen, die Stimme hört sich viel fetter an! Auch Musikstücke/Instrumentenstimmen werden bei der Produktion so bearbeitet, durch die Verdichtung klingt alles viel präsenter und fetter halt, die durchschnittliche Lautstärke ist eben deutlich höher als vorher.
Nur: Der Dynamikumfang eines Liedes wurde bei der Aufnahme vom Künstler festgelegt und sollte doch so unverfälscht wie möglich wiedergegeben werden, oder? Wenn nach einem lauten Teil innerhalb eines Liedes absichtlich ein leiserer Part folgt, darf der Kompressor die Lautstärke nicht anheben. Man kann Musik auch kaputtkomprimieren. Dieses Argument wiegt umso schwerer, wenn man einmal nicht nur an Rock und Pop denkt, sondern überlegt welche krassen Dynamiksprünge etwa bei klassischer Musik vorkommen. Bei Sendern mit klassischer Musik wird daher wohl kaum noch schwer an der Summe rumgewurschtelt werden, bei den "normalen" Radiostationen dafür wohl umso mehr.... Gegen den Einsatz eines Kompressors als Limiter sagt ja niemand was aber Durchschnitts- und Spitzenpegel liegen bisweilen arg dicht beieinander, geht es doch darum mit einem möglichst hohen Pegel rauszusenden. Auch an der Phase wird oft gedreht, um einen räumlichen Eindruck zu erzeugen. Was weiß ich was die noch für Klangprozessoren und Zeugs einsetzen - ich wills auch gar nicht wissen - auf alle Fälle klingt es oft unnatürlich.
Den meisten Hörern wird dies jedoch nichts ausmachen, weil sie die Sendung eh nur am Kofferradio oder dem Radiowecker verfolgen. Außerdem läßt die Tonqualität bei UKW einiges zu wünschen übrig, zumindest hier aufm Land ist wirklich störungsfreier Empfang kaum möglich.
Trotzdem! So wichtig ich Dynamikbearbeitung bei Sprache (im Mikrokanal!) finde, desto unnötiger erscheint sie mir in der Summe. Man wird ja wohl noch den Pegel im Auge behalten können und in der Lage sein die Quellen so auszusteuern dass sie die gleiche Lautstärke haben; inklusive der eigenen Stimme, man hört sich ja schließlich selbst aufm Kopfhörer und weiß wie laut man sprechen muss. Die Anzeige am Mischpult ist doch nicht zur Zierde da...