AW: Wieder mal GEZ!
Darf ich das mal ein bißchen sortieren?
Also, wenn man es genau nimmt, sind die Grundlagen, die zur Zahlung der GEZ-Gebühren verpflichten, wettbewerbswidrig! Es kann nicht sein, dass wenn man ein Gerät besitzt, egal welches, dass es ermöglicht öffentlich/rechtliches Programm zu empfangen, allein nur schon dafür bezahlen muss. Privates oder Pay-TV hat ja nicht die Möglichkeit andere "Vertriebswege" einzuschlagen. Für den User gibt es nur die Wahl zwischen Beidem oder Keinem oder eben Einem! Pay-TV alleine GEHT NICHT!
Ist sie nicht, ihre Umsetzung ist nur nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die stammt aus einer Zeit, in der sich mehrere Menschen ein Empfangsgerät teilten. Heute ist es umgekehrt, so kommt es zu den völlig irrsinnigen Mehrfach-Forderungen, die einen daran zweifeln lassen, daß man eine einzelne Person ist.
Wir haben ein duales Rundfunksystem. Die Privaten kamen in den 80er Jahren hinzu, vorher war alles, was man im Inland hören oder sehen konnte, öffentlich-rechtlich. Und die öffentlich-rechtlichen haben (eigentlich) einen gesellschaftlichen Auftrag und eine gesellschaftlich sehr wichtige Funktion: sie sollen (!) ungefiltert (!) und unbeeinflußt (!) die Gesellschaft widerspiegeln, über das gesellschaftliche Leben in diesem Land berichten, zur Kommunikation, zur Diskussion und zur Achtsamkeit anregen. Sie sollen Kultur, Bildung und Information vermitteln und auch hochwertig unterhalten - frei von Einflußnahme. Das hat etwas mit psychosozialer Hygiene zu tun und war nach dem Krieg vielen Menschen ein Grundbedürfnis. In Nachkriegszeiten hat man offenbar (ich habe bislang keine erlebt) erstmal die Nase voll vom ungehemmten Ausleben seiner Neurosen (Krieg ist die brutalste Form, seine Neurosen auszuleben) und will authentisch und ehrlich durchs Leben gehen. Dafür stand der öffentlich-rechtliche Rundfunk in dieser Zeit. Die hatten damals in der Tat edle Ziele - übrigens auch die Mehrheit derjenigen, die in der DDR Rundfunk gemacht haben, nur daß dort sehr schnell wieder eine Durchdringung mit neurotischen Elementen und politischer Einflußnahme erfolgte.
Wir leben heute in einer Zeit, die ich Vorkriegszeit nennen möchte, denn alle Anzeichen deuten für mich auf Krieg hin, da die Menschen großteils nahezu ausschließlich noch ihre Neurosen und Psychosen pflegen und nicht mehr gewillt sind, in sich zu hineinzufühlen und sich zu fragen, wie (elend) es ihnen geht und warum. Merkmal einer solchen Zeit ist das Zurückdrängen des Wichtigen und Relevanten und das Überbetonen des Banalen, des Boulevardesken, des "Smalltalks". Betäuben, um den eigenen Schmerz nicht fühlen zu müssen - die Medien machen inzwischen voll mit und liefern Betäubungsmittel frei Haus, leider auch die öffentlich-rechtlichen.
In der Nachkriegszeit war das aber wie gesagt anders und ein anspruchsvoller Rundfunk kostet Geld. Das wußte man auch damals. Journalisten wollen auch von etwas leben, Kulturschaffende im Dienste der ARD (Rundfunkorchester, ...) ebenso. Mit Werbung ist dies nicht hereinzubekommen, also muß es über Gebühren finanziert werden.
Die Bedeutung eines hochwertigen (!) öffentlich-rechtlichen Rundfunks schätze ich heute größer denn je ein - als Alternativangebot zur Betäubung, die der Privatfunk großteils bedient. Für alljene, die die Gesellschaft humanistisch weiterentwickeln wollen, statt zugedröhnt in den (derzeit noch individuellen Klein-)krieg zu ziehen. Ein gesunder öffentlich-rechtlicher Rundfunk kann und sollte in vielerlei Hinsicht präventiv sein. Er kann dazu beitragen, daß die täglich in der Gesellschaft auf vielen Stufen zu beobachtende Gewalt verstanden und somit schrittweise entschärft wird.
Ich gehe so weit zu behaupten, daß in einer intakten Gesellschaft eigentlich gar keine GEZ als "eintreibende" Institution nötig wäre. Es reichte die Angabe eines Spendenkontos und es würde sich füllen - ganz freiwillig, jeder nach seinen Möglichkeiten, jeder im Bewußtsein, damit etwas auch für sein Wohl getan zu haben und für das der gesamten Gesellschaft. Wir leben aber nunmal nicht in einer intakten Gesellschaft, sondern in einer neurotischen Kriegs- und Leistungsgesellschaft. Ich wüßte auch nicht, wo das anders wäre...
Unter diesen Gesichtspunkten fällt es vielleicht etwas leichter, den ursprünglichen Sinn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verstehen, seine Finanzierungsnotwendigkeit zu verstehen - und gehörig Wut über die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Programme zu entwickeln, denn die sind inzwischen großteils meilenweit von ihrem Auftrag entfernt.
Ganz anders sieht es beim Privatfunk aus. Er hat keinen gesellschaftlichen Auftrag, er hat ausschließlich einen wirtschaftlichen: maximal profitabel zu sein. Das funktioniert wie fast überall in der Wirtschaft am besten, wenn man die Neurosen der Menschen bedient. Und genau das tut der Privatfunk - schau doch mal Privat-TV, das ist eine einzige Sightseeing-Tour im deutschen Neurosen-Zoo. Lauter psychisch schwer gestörte Menschen schwadronieren da aufeinander ein in Casting- oder Gerichtsshows. Wohin man blickt, sieht man individuelles Elend, das nach außen abreagiert wird. Dadurch stellt sich zwar keine nachhaltige Erleichterung ein, aber der Zuschauer kann sich damit immerhin von seinen eigenen Problemen ablenken. Die stauen sich derweil munter weiter auf, bis die Vorkriegszeit endlich zur Kriegszeit wird.
Auch Werbung ist in den meisten Fällen ausschließlich darauf gerichtet, Neurosen anzusprechen. Damit kann man am meisten Geld verdienen. Das unterscheidet Werbung auch von Information - die kostet Geld (in ihrer Beschaffung und Aufbereitung), bringt aber oft keins. Und Information ist im Privatfunk auch Mangelware, stattdessen versucht man zu erreichen, daß sich die Menschen gut informiert fühlen (!) - mit Pseudo-Informationen.
Insofern sind öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk zwei völlig konträre Dinge und eine Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch keine Wettbewerbsverzerrung.
Nenne den Privatfunk einfach das, was er (meist) ist: Werbe- und Neurosenfunk. Dann fällt es auch leicht festzustellen, daß sich sowas in einer intakten Gesellschaft kein Mensch freiwillig reinziehen würde.
Wenn Du nun beklagst, daß man nicht individuell entscheiden kann, z.B. ausschließlich Privatfunk zu schauen und dafür den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht finanzieren zu müssen, entgegne ich: zum Glück muß den jeder mitfinanzieren, denn er dient dem Wohle aller - auch wenn das nicht jeder erkennen kann.
Leider - und das ist mein großer Kritikpunkt seit Jahren - macht es die ARD ihren Kritikern sehr leicht: ein Großteil des öffentlich-rechtlichen Programms weist inzwischen ganz klar die Stukturen und Wesensmerkmale des Neurosenfunks auf und rechtfertigt damit meiner Meinung nach keine Gebührenfinanzierung mehr. Wozu braucht die ARD über 60 Hörfunkprogramme, von denen viele inhaltsleer vor sich hinplätschern? Warum gibt die ARD Millionen für sogenannte "Sportrechte" aus, also für die Finanzierung eines Systems, in dem asozial hohe, durch nichts zu rechtfertigende Gehälter gezahlt werden und in dem eine Art "Menschenhandel" betrieben wird (sie nennen es "Ablösesummen")? Mit Volkssport hat das nix mehr zu tun, psychisch gesund ist dieses Treiben ebenfalls seit langem nicht.
So wundert mich es freilich nicht, daß die öffentlich-rechtlichen mit den Privaten verwechselt werden und man nur noch einen Unterschied sieht: für die einen muß man explizit bezahlen, für die anderen scheinbar (!) nicht. Und das ist freilich dann unverständlich.
Wenn ich, beschäftigt bei Kaufhaus Z, mich vor die Toren des Kaufhauses XY stelle und von jedem der da rein will 5,- EUR kassieren würde, damit es meinem Kaufhaus "gut geht", dann würde ich umgehend verhaftet sein.
Wenn Du aber auf jede Packung Zigaretten und auf jede Pulle Alkohol (beides Neurosenbefriedigung) eine "Gesundheitsprophylaxeabgabe" erheben würdest, mit der Du dann (ausschließlich!!!) Projekte zur Suchtprävention und zur gesunden Lebensweise förderst, dann wäre das gesellschaftlich sehr ok, auch wenn die Süchtigen freilich fluchen, da sie lieber Feuerwasser anstatt Mineralwasser trinken wollen. Genau in diese Richtung ginge im übertragenen Sinne ein gesunder, intakter öffentlich-rechtlicher Rundfunk.
Im Jahre 2009 nach Christus, sollte es eigentlich möglich sein, auch öffentlich/rechtliches Programm verschlüsselt zu senden. Wer es will gut, wer nicht, auch gut!
Ich bin heilfroh, daß jeder Bundesbürger die Möglichkeit hat, wenigstens theoretisch barrierefrei an die verbliebenen hochwertigen Angebote zu kommen. Wenn er sie nicht nutzt, ist es seine Sache und zu seinem Nachteil, aber angeboten werden muß es meiner Meinung nach für und finanziert werden muß es von allen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist ein Solidarsystem, genau wie die Krankenversicherung. Bei der ist es ja noch krasser: jeder zahlt (mehr oder weniger gerne) ein und ist froh darüber, wenn er nie etwas davon wiedersehen muß...
sondern der ganze öffentlich/rechtliche Apparat würde zusammen fallen, wie ein Kartenhaus, weil es so gut wie niemand mehr "kaufen" würde.
Es wäre wirklich mal ein interessantes Experiment zu sehen, welche öffentlich-rechtlichen Angebote bei einer Art pay-per-channel oder pay-per-view überhaupt noch genutzt würden. Ich gehe davon aus, daß es vor allem die Angebote wären, die für gesundes öffentlich-rechtliches Programm stehen. Denn für die gibt es keinen entsprechenden Ersatz im Werbefernsehen. Alles andere würde nicht mehr genutzt, die Zuschauer könnten ähnlichen Schrott auch werbefinanziert hören/sehen. Was für eine herrliche Gesundschrumpfung! Leider könnten die wenigen, die noch authentisch angesprochen werden wollen, die Finanzen für ihre gewünschten Angebote kaum aufbringen. Das Land ist inzwischen zu krank, als daß sich hier eine gesunde Mehrheit finden würde. Das sieht man ja auch außerhalb der Medien, das sieht man an vielen Entscheidungen in der großen und kleinen Politik. Das sieht man täglich auf der Straße. Und das ist der Grund dafür, warum immer wieder einzelne de rnoch verbliebenen hochwertigen Angebote von den ARD-Anstalten ersatzlos eingestellt werden.
Sie sägen sich damit den Ast ab, auf dem sie sitzen. Ein auf Privatfunk-Niveau agierender öffentlich-rechtlicher mag kommerziell erfolgreich sein, er hat gesellschaftlich abe rkeine Berechtigung, wie Du richtig feststellst. Die Quote als Argument könnte ihn nicht retten, denn die erreichen andere Anbieter ohne Gebührenfinanzierung. Die Meßlatte ist eine andere: wie "gesund" sind die Programmangebote, wie wichtig sind sie? Daß die wichtigsten Dinge oft nicht die beliebtesten sind (außer in Nachkriegszeiten), ist freilich allgemein bekannt...
Was mich zudem ärgert ...
Warum sollen wir, die Gebührenzahler, dem ZDF ein 6 Millionen teures neues Nachrichtenstudio finanzieren! Das schlägt doch dem Fass die Krone ins Gesicht. Das alte hätte vollkommen ausgereicht um die Grundversorgung der Nachrichten auch weiterhin zu gewährleisten.
Irgendwann fällt bei Dauernutzung das Zeug auseinander. Wenn man dann sowieso die alte Technik ersetzen muß, weil sich Reparaturen bei sowas nicht lohnen und eher der störungsfreie Betrieb infrage steht, baut man halt gleich komplett neu. Das passiert doch nicht alle Jahre. Und bitte, bleib mal mit den 6 Millionen auf dem Boden. Was sind 6 Millionen Euro? Das ist für Dich (sicher) unerreichbar viel, das ist für mich unerreichbar viel. Das ist da, wo ich arbeite, aber nur der Monatsumsatz einer Fertigungsstätte (bezogen auf den Preis des Endprodukts). Rohware im Wert von 6 Millionen Euro sehe ich binnen 4 Wochen in die Werkhalle fahren - und wir sind eine recht kleine Bude.
Und 6 Millionen Euro auf 80 Millionen Deutsche sind 7.5 Cent (!) pro Bundesbürger. 7.5 Cent alle x Jahre zur Sicherstellung des Sendebetriebs... bleib mal bitte auf dem Teppich.
Doch es geht noch dreister, siehe neue Berliner U-Bahn! Die ganze Welt lacht uns aus! Was haben wir bloss für "Monster" an der Regierung?
Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient hat. (
Hans-Joachim Maaz, Psychotherapeut und Autor, Halle/Saale)