Beraten & Verkauft
Mobbing von oben ist die eine Seite. Man kann es aber auch einfach als Durchsetzen sehen. Eine Direktive wird vorgegeben und alle haben sich daran zu halten. Umgekehrt könnte man Kritik an der Programmführung als latente Arbeitsverweigerung apostrophieren?
Was Du beschreibst, ist nicht das was ich meinte. Hatte mich vage ausgedrückt.
Wem die Fliehkräfte der Personalkarussells schon länger als ein Jahrzehnt an den Kräften gezehrt - wer also notgedrungen schon so einige Sendeanstalten von innen gesehen hat, der wird festgestellt haben, dass einem dabei heute durchweg ein viel schärferer Wind um die Ohren bläst als zu heiteren Pioniertagen. Die Gründe wurden hinreichend diskutiert, und eine insgesamt härtere Gangart wird wohl zu Recht mit dem Überlebenswillen des einzelnen Senders gerechtfertigt, das letzten Endes auch das Überleben des abhängigen Individuums sichern soll. - Eine Binse, hoffentlich!
Wer es gewohnt ist draußen im Gang mit der Kaffeetasse in der einen Hand und mit der Zigarette in der anderen (gute alte Zeiten!) einige Viertelstündchen am Tag mit den netten Kollegen zu verplaudern, der wird vom plötzlich aufbrausenden Ostwind natürlich erst einmal kalt erwischt! Was unsere damalige Redaktion anging, so glaube ich allerdings nach wie vor, dass wir damals bereits genügend Reife und Fähigkeiten zur Selbstreflexion besaßen uns rasch dieser neuen, ungemütlichen Wetterlage anzupassen. In einer fortan zweifellos angstvollen, wolkenverhangenen Atmosphäre mochte Kreativität vielleicht nicht mehr so gut gedeihen wie früher.
Andererseits waren wir ein Privatsender und keine Waldorfschule. Wir lernten aufregend neue, amerikanische Begriffe, mit denen wir privat prahlen und dabei unsere neu erworbene Urbanität zur Schau stellen konnten, und wir fühlten uns alsbald schon wie echte, stahlharte Profis. Härter waren nur noch die Marines.
Zum Bedauern einiger blieb dabei unsere eigentliche große Stärke auf der Strecke: Unser durch keinen Berater der Welt vermittelbarer lokaler Charme, vielleicht etwas altbacken und hier und da auf den Großstadt-Profi auch unprofessionell wirkend.
Ich will aber fest daran glauben, dass die Hörer da draußen durchaus in der Lage waren unterscheiden zu können zwischen der Qualität von echtem lokalen Bezug durch handgemachte Beiträge Eingeborener und der Qualität des später praktizierten, als schöne Grüße verpackten, nuttig-belanglosen Hinausrufens von Namen kleiner Ortschaften im begrenzten Sendegebiet.
Das Stereotyp "Geschäftsführung" kann in Fällen wie diesem in Sicherheit gewiegt werden durch erst einmal ansteigende Hörerzahlen, hervorgerufen durch den bis zum Brechreiz frequentierten MA-Taschenspielertrick GEWINNSPIEL. Wer hypt, hat Recht!
Das Fatale dabei: Auf regionaler Ebene ist die Konkurrenz ebenfalls "gut beraten" worden, und da man ja entschieden hatte seinen größten Trumpf, den lokalen Bezug, einfach wegzulegen, klang man fortan inhaltlich haargenauso wie der nächstgrößere Nachbar (und wie der ganze beratene & verkaufte Rest in der Dudelrepublik Deutschland). Das merkten irgendwann wohl auch die Hörer, die schmerzfreien, die sich GEWINNSPIELE im Radio tatsächlich antun, und wechselten, von uns selbst zur Korruptheit umerzogen, zum größeren Sender, bei dem es unterm Strich mehr zu gewinnen gab. Den persönlichen Bezug gab es ja nicht mehr. Gut gemacht!
Dass die Hörerzahlen mittelfristig, wie es der gesunde Menschenverstand erwartet hatte, wieder den Bach runtergingen und dass die damals als "Programmdirektor" tätige Person, wie man erfahren durfte, von den Gesellschaftern daraufhin sozusagen zum Teufel gejagt wurde, ist in der Vita meines Wissens nicht aufgeführt worden.
Was ich oben beschrieben habe, ist der normale Radiowahnsinn, den so ähnlich jeder hier kennt, und der mir schon lange keinen Spaß mehr macht.
Als ich jedoch schrieb, ich würde gerne "ruhigen Gewissens" den Begriff "Mobbing von oben" in den Raum werfen, meinte ich etwas völlig anderes, und meine Umschreibung sollte zum Ausdruck bringen, dass ich meine Worte mit Bedacht gewählt hatte.
Was ich mich "Mobbing von oben" meine, möchte ich hier zur Erläuterung scheinbar zusammenhanglos anhand eines einzigen genannten, als Warnung formulierten, Beispiels aufzeigen. Genanntes Beispiel würde allerdings mindestens die Mitwisserschaft der Geschäftsführung voraussetzen, was auf den Betroffenen gleichermaßen ernüchternd wie niederschmetternd wirken muss. Und genau das dürfte auch der eigentliche Sinn und Zweck der ganzen Aktion sein:
Falls du, in der Redaktion an deinem Platz sitzend, jemals einen überraschenden Anruf erhalten solltest vom Programmleiter eines konkurrierenden Senders, der vorgibt dich schon mehrmals im Radio gehört zu haben, der deine Stimme ach so toll findet und die Art wie du Beiträge teast oder Musiktitel anmoderierst - falls dieser konkurrierende Programmleiter dich bitten sollte ihm deine schriftliche Bewerbung zuzuschicken, alles natürlich völlig diskret - dann sei bitte vorsichtig!
Er könnte ein Strohmann sein, der unglaublicherweise zwar tatsächlich derjenige ist für den er sich ausgibt, der jedoch von deiner eigenen Programmleitung angeheuert worden ist genau das zu tun was er gerade tut. Man kennt sich in der Branche, und man hilft sich aus. Falls du dennoch in die Falle tappst und diesem Strohmann tatsächlich deine Bewerbungsunterlagen zukommen lässt, wundere dich bitte nicht, wenn du bereits am kommenden Montag zum Kreuzverhör vor dem Jüngsten Gericht erscheinen musst, in Gestalt von Programmleitung, Geschäftsführung und noch ein paar anderen Leuten deines Senders, denen du gar nicht begegnen wolltest. Deine schriftliche Bewerbung wird vielleicht auch schon da sein und dir bei dieser Gelegenheit vorgelegt werden. Ja, gefällt es Ihnen denn hier bei uns nicht mehr?
Wenn du fest angestellt bist und sie dich plötzlich loswerden wollen, können sie unter Umständen sehr kreativ werden. Gegenmittel: Gehe nicht auf das Telefonangebot ein! Rede mit deinen Kollegen über den Anruf! Ich weiß aus Erfahrung, dass du wahrscheinlich nicht das letzte Opfer sein wirst. Der liebe Onkel mit den Bonbons wird bald schon den nächsten Kollegen/die nächste Kollegin anklopfen und ihm/ihr denselben verlogenen Schmalz ins Ohr sülzen: Bisweilen will es die neue, mitzutragene Gangart so, dass mal eben so auf die Schnelle fast die gesamte Redaktion ausgewechselt bzw. durch einen anderen Hofstaat ersetzt wird.
Möglich wird all das durch den fehlenden Zusammenhalt unter den Kollegen, der durch den paramilitärischen Umgang mit dem Personal freilich noch gefördert wird.
Wer tolle, aufregend neue amerikanische Fachbegriffe erlernen will, kann sich meiner Meinung und der Meinung einiger meiner Exkollegen nach ebensogut einer bekannten amerikanischen Wissenschaftskirche anschließen. Der Umgang dort soll ein ganz ähnlicher sein. Für mich wäre das jedoch nichts.
"Trotzdem hat sie die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen"
Ein Winkeladvokat würde hier vielleicht widersprechen wollen. Bedeutet "Die Weisheit mit Löffeln gefressen haben" denn etwas anderes als "Vorgegebene Informationen gierig in sich aufgenommen haben"?
THE EMPIRE STRIKES BACK?
http://www.jedipedia.de/wiki/index.php/Darth_Malak
Möge die Macht mit uns sein!