Vieleicht sind meine Ansprüche auch so verquert, dass ich das was ich möchte nie finden werde.
Das könnte gut so sein. Erkläre doch mal bitte, was du mit Moderatoren meinst, die
zwar die Begabung und das nötige Handwerkszeug besitzen, aber vom Stil her vor 10 oder mehr Jahren stehen geblieben sind.
Das erinnert mich doch sofort an unsere Diskussion bzgl. der Hook-Container-Geschichte und den heftigen Gegenwind, den du da erhalten hattest. Es schien so zu sein, als ob hier einige von Stil her "stehengeblieben" wären, weil sie Claimerei, Jingling-Baby, Bimmel-Betten und Gimmicks wie Hook-Container und dererlei Späße, mit denen die Kommerziellen bis zum Brechreiz nerven, einfach ablehnen.
Aber was war denn noch vor 10 oder mehr Jahren an Moderationsstilen im Rundfunk so furchtbar, dass du es für dich nicht akzeptieren kannst?
Ebenfalls relativieren würde ich, dass einige
schlichtweg überhaupt keine Ahnung haben und trotzdem überzeugt sind sie sind unschlagbar.
Nein, ich sage nicht, dass das nicht so sei. Vielmehr muss man da hinschauen, wovon genau offenkundig keine Ahnung vorhanden ist. Sind es rein technische Dinge? Ist es ein Mindestmaß an Fachwissen. Wenn ja, welcher Art sollte das denn sein und was ist ein Mindestmaß?
Was das angeht, krankt Webradio prinzipbedingt schon immer an der Tatsache, dass jeder Moderator selbst den Job eines halben Senders machen muss, wo gewisse Aufgaben aus gutem Grund verteilt sind. Da gibt es den Technik-Verantwortlichen, allen anderen ist es verboten, selbstständig außer den Fadern den Mixers irgendwelche Regler nach Gutdünken zu verstellen. Im Normalfall kommen zu vermittelnde Inhalte auch aus einer Redaktion, sodass der Moderator nicht gezwungen ist, sich wirklich jedweden Mist aus den Fingern zu saugen. Selbst über Musik muss sich dieser auch keine Gedanken machen, denn entweder ist die Playlist ohnehin schon im Rechner, oder er muss bestenfalls noch nach Vorgaben das entsprechende in die Warteschleife schubsen. Selbst wie er was zu sagen hat, ist per Gehirnwäsche eingetrichtert und klingt deshalb auch ewig gleich und ausgestanzt.
Im Webradio dagegen muss ein Moderator über Kompetenzen auf allen Gebieten verfügen und diese auch noch konsequent zum Einsatz bringen. Aber wer hat schon all diese Kompetenzen gleich mehrerer Fulltimejobs in seiner Person vereint?
Was hier wirklich vielmehr problematisch ist, ist zum einen ein ganz natürlicher Generalegoismus nach dem Motto: "Ich mache Radio in MEINEM Heim mit MEINER Technik in MEINER Freizeit!" Also ist alles MEINEEEEEEE (!!!) und was ich damit mache, geht niemanden etwas an. Klar, stimmt ja auch erstmal, aber das führt eben zum Beispiel zu dem Phänomen, dass
die technische Qualität die von einzelenen Studios beim Hörer ankommt.
jeweils so extrem verschieden ist.
Angefangen bei der extremen Bandbreite an Technik, die man erwerben kann, und den entsprechenden Möglichkeiten, Signalwege zu gestalten, geht der Blick sofort übers verfügbare Budget. Der eine kann gar nicht ohne weiteres alles mögliche kaufen, andere schmeißen mit Geld um sich, stellen sich ganze 19"-Schränke mit bunten Lichtern und unzähligen Knöpfen hin. Der eine kann demnach sein Signal nicht aufwendig verhunzen, der andere stellt jedes Gerät so ein, dass sein Einfluss aufs Signal möglichst gut zu hören ist. Klar, man hat ja investiert, also muss das auch zu hören sein. Also tönt der eine wohl eher etwas dünn, der andere völlig versaut.
Nun schreib' beiden mal vor, sich klanglich anzunähern. Das wird niemals passieren! Der eine wird nicht Geld in Klamotten investieren, das ihm nicht zu Verfügung steht, und der andere wird niemals nur zwei statt drei Kompressoren und nur zwei statt drei EQs verwenden. Das Zeug ist bezahlt, sieht auf dem Studiobild beeindruckend aus, also muss es laufen!
So hat der Betreiber eines Webradios, sollte er Standards setzen, das gleiche Problem wie du, Anna:
Setzt er Standards, findet er kaum noch Moderatoren, die alle diese erfüllen, und lässt statt dessen nichts als eine Automation laufen. -> Kein Radio.
Knickt er ein und macht an allen Ecken und Enden Kompromisse, damit mehr Radio passiert, fängt er sich automatisch und zwangsläufig Individualisten ein. Der eine kann gut unterhalten, klingt aber zum kotzen, bei einem anderen stimmen Sound und Fahrstil, aber zu erzählen hat er gar nichts, und... und... und...
Was ich mit diesen Ausschweifungen sagen will, ist: Den anderen geht es auch nicht besser! Unterm Strich kann ich nur wiederholen: Entweder, du einigst dich mit dir tatsächlich darauf, einfach überzeugt von dem zu sein, was du tust, dich einfach nicht darum zu kümmern, dass die Kollegen bei deinem Radio einfach anders sind, und dich vor allem (ganz dringender Rat) vom internen
konsequent fernzuhalten, oder es bleibt bei den ewigen Feststellungen, dass du wohl ein Individuum (wie die anderen auch) bist und den Fremdschämeffekten, die übrigens durchaus auch etwas mit Eingenommenheit von sich selbst zu tun haben können. Nicht, dass ich das verurteile. Ich kanns ja nachvollziehen. Es ist halt nur furchtbar hinderlich.